Grüner Wasserstoff – Realität oder Phantasie?
Teil 2: Zahlreiche offene Fragen zur Einführung einer Wasserstoffindustrie
Dreiteiliger Gastbeitrag von Bertchen Kohrs, Earthlife Namibia
Es gibt noch viele unbeantwortete Fragen: Wie realistisch sind die Erwartungen? Und wie denkt die namibische Bevölkerung darüber, dass GH2 und Ammoniak (NH3) exportiert werden sollen, während das Land bis zu 60 Prozent des benötigten Stroms teuer importiert? Wird Namibia für Elektrizität selbstversorgend? Und werden die Stromkosten erschwinglich sein für alle? Wird die Bevölkerung wirklich an dem versprochenen Wohlstand teilhaben können? Oder verschwindet der Profit wie bekannt in den Taschen weniger? Wird Lüderitzbucht und eventuell auch Aus die vielen Arbeiter und ihre Familien aufnehmen und versorgen können? Was geschieht mit ihnen, wenn der Hype vorüber ist? Begibt Namibia sich in eine neue Abhängigkeit der früheren Kolonialmacht Deutschland? Wer bestimmt die GH2 Strategien? Namibia? Deutschland? Oder Hyphen? Oder werden sie gemeinsam erarbeitet? Wieweit wächst der künftige Bedarf an GH2? Wird der Markt eines Tages gesättigt sein und Namibia auf den vielen Infrastrukturen sitzen bleiben? Eine der wichtigsten Fragen ist, wie das Projekt finanziert werden soll. Werden langfristige Abnehmerverträge abgeschlossen, die auch einen stabilen Preis sichern? Wie wird Korruption vorgebeugt, die große Projekte in der Regel begleitet? Lauter ungeklärte Fragen, die noch beantwortet werden müssen.
90% der Arbeitnehmer lokal
Noch gibt es keine Infrastruktur für dieses Mammutprojekt. Rechtliche Rahmenbedingungen und Regelungen für die Herstellung, den Transport, die Lagerung und den Nutzen von grünem Wasserstoff (GH2) und Ammoniak (NH3) müssen erst geschaffen werden. Gibt es genügend lokale Arbeitskräfte mit den nötigen Qualifikationen? In den vier bis fünf Jahren der Bauphase werden laut Hyphen 15 000 Arbeiter benötigt, in der Produktionsphase werden 3 000 hochqualifizierte Fachkräfte benötigt. 90% der Arbeitskräfte sollen Namibier sein. Um das zu erfüllen, müssen tausende Fachkräfte geschult werden, wobei die angestrebten Qualifikationen für die Bauphase weitgehend vorhanden sind. Besonders für die hochtechnischen Konstruktionen und für die Produktionsphase müssen qualifizierte Arbeitskräfte und Wissenschaftler geschult werden. Diese Weiterbildung wird zweifellos positiv zur Unterstützung der Menschen in Namibia beitragen und das Einkommen für tausende Familien sichern, solange GH2 in Namibia produziert wird.
Wird das kleine verschlafene Küstenstädtchen Lüderitzbucht den Ansturm von derart vielen Arbeitern und ihren Familien aus allen Teilen Namibias bewältigen können? Völlig neue Infrastrukturen werden entstehen müssen.
Herstellung von GH2
Erforderlich sind riesige Wind- und Solaranlagen, eine Entsalzungsanlage (gleichzeitig soll die örtliche Bevölkerung mit ausreichend sauberem Trinkwasser versorgt werden), Elektrolyseure, Betriebe zur Verflüssigung von Wasserstoff, wenn er über große Entfernungen transportiert werden soll, Pipelines nach Südafrika, hauptsächlich zu SASOL in Sekunda und nach Kapstadt, Eisenbahnlinien, Anlagen, die GH2 in Gas zurückverwandeln. Der Energieverlust ist enorm und nimmt zu, je mehr Umwandlungsprozesse stattfinden, ebenso die Kosten.
GH2 wird durch Elektrolyse aus Wasser gewonnen. Dabei werden Wassermoleküle in ihre Elemente Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Für die gute Qualität des Wassers wird eine Entsalzungsanlage gebaut. Normales Trinkwasser ist für die Umwandlung zu H2 nicht geeignet, es enthält verschiedene Mineralien, die den Vorgang stören würden. Um ein Kilogramm GH2 zu produzieren, sind neun Kilogramm Meerwasser erforderlich. Bei der Elektrolyse bleibt, je nach Zugabe von Chemikalien, eine Lauge zurück. Beim Entsalzungsprozess entsteht ebenfalls ein hochkonzentrierter Rückstand, sogenanntes Brine (hochgradige Salzlösung). Die giftigen Rückstände sowohl bei der Entsalzung als auch bei der Elektrolyse müssen sicher entsorgt werden und sollten nicht ins Meer geleitet werden.
GH2 muss CO2-frei sein und zu 100 Prozent aus erneuerbaren Ressourcen hergestellt werden. Allerdings, bei der gesamten Konstruktion der riesigen Anlagen und Betonbauten, der Herstellung von Solarzellen und Windmotoren, beim Transport von GH2 und NH3 über weite Strecken (nach Südafrika und Deutschland) werden große Mengen CO2 freigesetzt. Es kann nicht gänzlich verhindert werden, dass H2 bei der Herstellung, der Lagerung, beim Transport und bei der Nutzung entweicht. H2 in der Atmosphäre soll elf Mal klimaschädlicher sein als CO2.
Sicherer Transport
GH2 wird in Hochdruckbehältern gelagert. Für den sicheren Transport muss er auf minus 250 Grad Celsius gekühlt und verflüssigt werden, ein aufwändiger und energieintensiver Vorgang. GH2 kann aber auch mit geringem energetischem Aufwand durch Aufnahme von Stickstoff aus der Luft in NH3 umgewandelt und so sicher per Schiff transportiert werden. NH3 eignet sich besonders gut zur Düngemittelherstellung. In den Zielländern kann NH3 wieder in GH2 und Stickstoff aufgespalten oder direkt genutzt werden. Jeder Schritt erfordert entsprechende Anlagen, bedeutet Energieverlust und verteuert das Produkt.
Schiffe, die GH2 transportieren können, müssen konzipiert und gebaut werden. Bisher gibt es nur ein Schiff dieser Art, das unter japanischer Flagge fährt. Terminals für GH2 gibt es zurzeit noch nicht. Um mit der Konstruktion zu beginnen, müssen erst die endgültigen Bedingungen bekannt sein. Es gibt sowohl bei der Herstellung als auch bei der Anwendung von GH2 noch viele offene Fragen, besonders auf dem technischen Gebiet. Neben der Finanzierung muss es auch eine Garantie für Langzeitabnehmer und gute Preise geben.
Anwendung von GH2
GH2 ist ein wertvoller und teurer Energieträger und sollte am effizientesten zum Einsatz kommen, wo er die höchste Emissionseinsparung bewirkt. GH2 kann den grauen H2 ersetzen und zu einer klimafreundlichen Industrie beitragen. Als effizienter Energieträger kann er zur Speicherung von Strom und anschließender Rückverstromung dienen.
Generell sollte GH2 dort verwendet werden, wo vollständige Elektrifizierung nicht möglich ist, wie z.B. in den gefräßigen Industrien der Stahlherstellung, der Zement- und Glasproduktion und in der Chemie.
Im Mobilitätssektor, besonders in schweren Transportfahrzeugen, können mit GH2 betriebene Brennstoffzellen mit großer Reichweite eingesetzt werden und die Batterien in Elektrofahrzeugen ersetzen. In den Brennstoffzellen fusionieren Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser, dabei entsteht Elektrizität.
GH2 kann zu Ammoniak, Methanol, Biodiesel, Kerosin und synthetischen Treibstoffen wie E-Fuel umgewandelt werden. Jeder Schritt geht einher mit einem enormen Energieverlust.
E-Fuel ist ein synthetischer Kraftstoff, der fossile Kraftstoffe ersetzen soll. Bei der Herstellung von E-Fuel wird GH2 mit aus der Luft gewonnenem CO2 gebunden; bei der Verbrennung wird etwa die gleiche Menge CO2 in die Atmosphäre freigesetzt, so dass die CO2-Bilanz insgesamt geringer ausfällt als bei fossilen Kraftstoffen. E-Fuel ist daher eine Option zur Verringerung der Treibhausgasemissionen im Verkehr, insbesondere im Güterfernverkehr sowie in der See- und Luftfahrt. Ein großer Nachteil ist der enorme Energieverlust, der bei der Umwandlung entsteht. Nur etwa 13 Prozent der eingesetzten Energie können schließlich als E-Fuel genutzt werden.
Es gibt noch viele unbeantwortete Fragen: Wie realistisch sind die Erwartungen? Und wie denkt die namibische Bevölkerung darüber, dass GH2 und Ammoniak (NH3) exportiert werden sollen, während das Land bis zu 60 Prozent des benötigten Stroms teuer importiert? Wird Namibia für Elektrizität selbstversorgend? Und werden die Stromkosten erschwinglich sein für alle? Wird die Bevölkerung wirklich an dem versprochenen Wohlstand teilhaben können? Oder verschwindet der Profit wie bekannt in den Taschen weniger? Wird Lüderitzbucht und eventuell auch Aus die vielen Arbeiter und ihre Familien aufnehmen und versorgen können? Was geschieht mit ihnen, wenn der Hype vorüber ist? Begibt Namibia sich in eine neue Abhängigkeit der früheren Kolonialmacht Deutschland? Wer bestimmt die GH2 Strategien? Namibia? Deutschland? Oder Hyphen? Oder werden sie gemeinsam erarbeitet? Wieweit wächst der künftige Bedarf an GH2? Wird der Markt eines Tages gesättigt sein und Namibia auf den vielen Infrastrukturen sitzen bleiben? Eine der wichtigsten Fragen ist, wie das Projekt finanziert werden soll. Werden langfristige Abnehmerverträge abgeschlossen, die auch einen stabilen Preis sichern? Wie wird Korruption vorgebeugt, die große Projekte in der Regel begleitet? Lauter ungeklärte Fragen, die noch beantwortet werden müssen.
90% der Arbeitnehmer lokal
Noch gibt es keine Infrastruktur für dieses Mammutprojekt. Rechtliche Rahmenbedingungen und Regelungen für die Herstellung, den Transport, die Lagerung und den Nutzen von grünem Wasserstoff (GH2) und Ammoniak (NH3) müssen erst geschaffen werden. Gibt es genügend lokale Arbeitskräfte mit den nötigen Qualifikationen? In den vier bis fünf Jahren der Bauphase werden laut Hyphen 15 000 Arbeiter benötigt, in der Produktionsphase werden 3 000 hochqualifizierte Fachkräfte benötigt. 90% der Arbeitskräfte sollen Namibier sein. Um das zu erfüllen, müssen tausende Fachkräfte geschult werden, wobei die angestrebten Qualifikationen für die Bauphase weitgehend vorhanden sind. Besonders für die hochtechnischen Konstruktionen und für die Produktionsphase müssen qualifizierte Arbeitskräfte und Wissenschaftler geschult werden. Diese Weiterbildung wird zweifellos positiv zur Unterstützung der Menschen in Namibia beitragen und das Einkommen für tausende Familien sichern, solange GH2 in Namibia produziert wird.
Wird das kleine verschlafene Küstenstädtchen Lüderitzbucht den Ansturm von derart vielen Arbeitern und ihren Familien aus allen Teilen Namibias bewältigen können? Völlig neue Infrastrukturen werden entstehen müssen.
Herstellung von GH2
Erforderlich sind riesige Wind- und Solaranlagen, eine Entsalzungsanlage (gleichzeitig soll die örtliche Bevölkerung mit ausreichend sauberem Trinkwasser versorgt werden), Elektrolyseure, Betriebe zur Verflüssigung von Wasserstoff, wenn er über große Entfernungen transportiert werden soll, Pipelines nach Südafrika, hauptsächlich zu SASOL in Sekunda und nach Kapstadt, Eisenbahnlinien, Anlagen, die GH2 in Gas zurückverwandeln. Der Energieverlust ist enorm und nimmt zu, je mehr Umwandlungsprozesse stattfinden, ebenso die Kosten.
GH2 wird durch Elektrolyse aus Wasser gewonnen. Dabei werden Wassermoleküle in ihre Elemente Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Für die gute Qualität des Wassers wird eine Entsalzungsanlage gebaut. Normales Trinkwasser ist für die Umwandlung zu H2 nicht geeignet, es enthält verschiedene Mineralien, die den Vorgang stören würden. Um ein Kilogramm GH2 zu produzieren, sind neun Kilogramm Meerwasser erforderlich. Bei der Elektrolyse bleibt, je nach Zugabe von Chemikalien, eine Lauge zurück. Beim Entsalzungsprozess entsteht ebenfalls ein hochkonzentrierter Rückstand, sogenanntes Brine (hochgradige Salzlösung). Die giftigen Rückstände sowohl bei der Entsalzung als auch bei der Elektrolyse müssen sicher entsorgt werden und sollten nicht ins Meer geleitet werden.
GH2 muss CO2-frei sein und zu 100 Prozent aus erneuerbaren Ressourcen hergestellt werden. Allerdings, bei der gesamten Konstruktion der riesigen Anlagen und Betonbauten, der Herstellung von Solarzellen und Windmotoren, beim Transport von GH2 und NH3 über weite Strecken (nach Südafrika und Deutschland) werden große Mengen CO2 freigesetzt. Es kann nicht gänzlich verhindert werden, dass H2 bei der Herstellung, der Lagerung, beim Transport und bei der Nutzung entweicht. H2 in der Atmosphäre soll elf Mal klimaschädlicher sein als CO2.
Sicherer Transport
GH2 wird in Hochdruckbehältern gelagert. Für den sicheren Transport muss er auf minus 250 Grad Celsius gekühlt und verflüssigt werden, ein aufwändiger und energieintensiver Vorgang. GH2 kann aber auch mit geringem energetischem Aufwand durch Aufnahme von Stickstoff aus der Luft in NH3 umgewandelt und so sicher per Schiff transportiert werden. NH3 eignet sich besonders gut zur Düngemittelherstellung. In den Zielländern kann NH3 wieder in GH2 und Stickstoff aufgespalten oder direkt genutzt werden. Jeder Schritt erfordert entsprechende Anlagen, bedeutet Energieverlust und verteuert das Produkt.
Schiffe, die GH2 transportieren können, müssen konzipiert und gebaut werden. Bisher gibt es nur ein Schiff dieser Art, das unter japanischer Flagge fährt. Terminals für GH2 gibt es zurzeit noch nicht. Um mit der Konstruktion zu beginnen, müssen erst die endgültigen Bedingungen bekannt sein. Es gibt sowohl bei der Herstellung als auch bei der Anwendung von GH2 noch viele offene Fragen, besonders auf dem technischen Gebiet. Neben der Finanzierung muss es auch eine Garantie für Langzeitabnehmer und gute Preise geben.
Anwendung von GH2
GH2 ist ein wertvoller und teurer Energieträger und sollte am effizientesten zum Einsatz kommen, wo er die höchste Emissionseinsparung bewirkt. GH2 kann den grauen H2 ersetzen und zu einer klimafreundlichen Industrie beitragen. Als effizienter Energieträger kann er zur Speicherung von Strom und anschließender Rückverstromung dienen.
Generell sollte GH2 dort verwendet werden, wo vollständige Elektrifizierung nicht möglich ist, wie z.B. in den gefräßigen Industrien der Stahlherstellung, der Zement- und Glasproduktion und in der Chemie.
Im Mobilitätssektor, besonders in schweren Transportfahrzeugen, können mit GH2 betriebene Brennstoffzellen mit großer Reichweite eingesetzt werden und die Batterien in Elektrofahrzeugen ersetzen. In den Brennstoffzellen fusionieren Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser, dabei entsteht Elektrizität.
GH2 kann zu Ammoniak, Methanol, Biodiesel, Kerosin und synthetischen Treibstoffen wie E-Fuel umgewandelt werden. Jeder Schritt geht einher mit einem enormen Energieverlust.
E-Fuel ist ein synthetischer Kraftstoff, der fossile Kraftstoffe ersetzen soll. Bei der Herstellung von E-Fuel wird GH2 mit aus der Luft gewonnenem CO2 gebunden; bei der Verbrennung wird etwa die gleiche Menge CO2 in die Atmosphäre freigesetzt, so dass die CO2-Bilanz insgesamt geringer ausfällt als bei fossilen Kraftstoffen. E-Fuel ist daher eine Option zur Verringerung der Treibhausgasemissionen im Verkehr, insbesondere im Güterfernverkehr sowie in der See- und Luftfahrt. Ein großer Nachteil ist der enorme Energieverlust, der bei der Umwandlung entsteht. Nur etwa 13 Prozent der eingesetzten Energie können schließlich als E-Fuel genutzt werden.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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