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Die Faktorei von Angra Pequena
Die Faktorei von Angra Pequena

Auf Kupfersuche in Lüderitzland

Die Angra Pequena-Expedition
Im Oktober des Jahres 1884 betritt der 23-jährige Bergmann Robert Baer in Angra Pequena, dem heutigen Lüderitzbucht, erstmals afrikanischen Boden. Kurz entschlossen hatte er das Angebot angenommen, sich als Assistent des Leiters einer 10-köpfigen Bergbauexpedition an der Suche nach Bodenschätzen in dem erst kurz zuvor unter Reichsschutz gestellten „Lüderitzland" zu beteiligen. Die Expedition stand unter enormem Erfolgsdruck. Das Auffinden von abbauwürdigen Erzen war Lüderitz' letzte Hoffnung, aus dem von ihm erworbenen Landstrich an der südwestafrikanischen Küste doch noch die dringend benötigten Gewinne zu erwirtschaften. Robert Baers Briefe und Tagebucheintragungen bilden die Grundlage dieses Buches, das neue Einblicke in die Anfänge des ehemaligen deutschen Schutzgebietes gewährt.
15. Folge

Angra Pequena

Am Freitag, den 24.10.1884 kommt Lüderitzland in Sicht. Nachmittags halb 3 läuft die Formica, nachdem sie die Diazspitze passiert hat, bei ziemlich heftigem Sturm in den Hafen von Angra Pequena ein und geht 100 Meter vom Strand entfernt vor Anker.

Der erste Eindruck, den man vom Meer aus hat, ist trostlos und beeindruckend zugleich. „Fort Vogelsang“ besteht aus den vier Holzhäusern der Lüderitzschen Faktorei und ca. 12 Namakrals. Die kleine Siedlung, auf einem öden, sandigen Strand gelegen, wird eingerahmt von der 93 Meter hohen Nautilusspitze auf der rechten Seite und kleineren, namenlosen Höhenzügen zur Linken. Im Hintergrund erhebt sich der Elisabethberg, am Horizont gewaltige Sanddünen, deren Konturen von den ständigen Sandstürmen verwaschen sind. Weit und breit nur nackte Felsen und Sand, weit und breit, soweit das Auge reicht, kein grünes Blatt.

Der Sturm am Nachmittag ist zu heftig, um mit dem kleinen Boot an Land zu fahren, sodass die Passagiere gezwungen sind, noch eine Nacht auf der Formica zu verbringen. Am nächsten Morgen erst können das Anlanden und das Entladen des Schiffes beginnen. Dr. Schinz beschreibt sehr anschaulich die letzte Etappe der Anlandung der weißen Passagiere:

Da der Strand unmittelbar vor der Faktorei sehr flach ist, so ist man gezwungen, sich, ehe man trockenen Boden gewinnt, den Schultern eines Hottentotten anzuvertrauen. Aufrecht im Schiffchen stehend und mühsam balancierend wartet man den richtigen Moment ab; schnell, ehe jene große Woge uns erfasst, schwingen wir uns auf das zweibeinige Reitpferd und grinsend trägt dieses seine wertvolle Last ans Ufer. Wer sich eines größeren Körperumfanges zu erfreuen hat, wird bis zuletzt aufgespart und die Chancen, unbenetzt über das Wasser getragen zu werden, sind für ihn bedeutend geringer als für uns, er mag sich glücklich schätzen, wenn der Träger nicht halbwegs, sei’s aus Entkräftung, sei’s aus Spaß, zusammenknickt!

Die Expedition wird von Herrn Franke, dem Stellvertreter des Faktoreiverwalters in Empfang genommen. Vogelsang selbst ist mit dem deutschen Generalkonsul Dr. Nachtigal auf politischer Mission in Bethanien. Zweck und Ziel sind, wie Robert schreibt, „Geheimnis und es dürften außer Herrn Lüderitz nur einige Persönlichkeiten in Berlin näheres darüber wissen“.

Kaufverträge mit Nama-Häuptlingen

Als die Expedition ihren ersten Bestimmungsort erreichte, hatte Lüderitz durch seine Beauftragten damit begonnen, seine Erwerbungen durch Kaufverträge mit anderen Nama-Häuptlingen über das eigentliche Lüderitzland hinaus nach Norden und Osten auszudehnen. So war am 19. August ein entsprechender Vertrag mit Piet Haibib vom Stamme der Topnaars mit Sitz in Scheppmannsdorf abgeschlossen worden. Es handelte sich um das Land südöstlich der Walfishbay, auf dem auch die Hope-Mine lag, eine Region, wo die Höpfner-Expedition im Einsatz war.

Gleichzeitig sollten die kaiserlichen Beauftragten durch den Abschluss von sog. „Schutz- und Freundschaftsverträgen“ den deutschen Gebietsansprüchen die völkerrechtliche Legitimation verleihen und diese auf das Hinterland der südwestafrikanischen Küste erweitern. Dem setzte die Regierung der Kapkolonie, die eine Verbindung des deutschen Schutzgebietes mit dem Burenstaat Transvaal befürchtete, eine eigene Initiative entgegen. Sie entsandte die Kommissare John Eustace und William Pelgrave mit dem Ziel, den Deutschen zuvorzukommen und möglichst viele Häuptlinge an sich zu binden. Die Mission, die Nachtigal und Vogelsang nach Bethanien führte, war Teil dieses beginnenden Konkurrenzkampfes, der allerdings später durch die britische Zentralregierung gestoppt wurde. Eustace und Pelgrave wurden zurückgepfiffen. Großbritannien erkannte die deutsche Vorherrschaft im Nama- und Hereroland an. Stattdessen besetzten im November 1884 britische Truppen das zwischen Südwestafrika und Transvaal gelegene Betschuanaland. Die Sorgen der Kapländer waren nämlich nicht unbegründet. In seinem unermüdlichen Expansionsdrang hatte Lüderitz Mitte 1884 mit Aktivitäten begonnen, die St. Lucia Bay an der Südostküste Afrikas zu erwerben. Hierbei wollte er wie in Südwestafrika vorgehen. Dem Landkauf sollte der anschließende Reichsschutz und damit verbundene territoriale Ansprüche Deutschlands folgen.

Am 28. Oktober, die Expedition war noch dabei, sich in Angra Pequena einzurichten, gelang es Vogelsang und Nachtigal mit Kapitän Josef Fredericks in Bethanien den ersten Schutz- und Freundschaftsvertrag abzuschließen, ein Vertrag, der als Muster für weitere Verträge mit anderen Häuptlingen dienen sollte.

Mit dem Vertrag übernahm der Kaiser die „Schutzherrlichkeit“ über das Gebiet der Bethanier. Gleichzeitig sicherte er seinen „allerhöchsten Schutz zu“. Fredricks akzeptierte, dass als äußeres Zeichen die deutsche Flagge über seinem Territorium wehen sollte. Er selbst hatte bei der Vertragsunterzeichnung eine deutsche Militäruniform an, sehr wahrscheinlich die Ulanenuniform, die er bei Abschluss des zweiten Kaufvertrages im August des Vorjahres als Zugabe erhalten hatte. Vom kaiserlichen Schutz erhoffte sich der Nama-Kapitän vor allem militärische Unterstützung im Kampf gegen seine Feinde, die Herero. Hierin sollte er aber enttäuscht werden, da die deutsche militärische Präsenz bis zu Beginn der 90er Jahre marginal war und sich de facto auf das unregelmäßige Anlaufen eines Kanonenbootes in Angra Pequena beschränkte.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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