Auf Kupfersuche in Lüderitzland
Biwak am „Großfluss“ – Über Aus zum Oranje
Im Oktober des Jahres 1884 betritt der 23-jährige Bergmann Robert Baer in Angra Pequena, dem heutigen Lüderitzbucht, erstmals afrikanischen Boden. Kurz entschlossen hatte er das Angebot angenommen, sich als Assistent des Leiters einer 10-köpfigen Bergbauexpedition an der Suche nach Bodenschätzen in dem erst kurz zuvor unter Reichsschutz gestellten „Lüderitzland" zu beteiligen. Die Expedition stand unter enormem Erfolgsdruck. Das Auffinden von abbauwürdigen Erzen war Lüderitz' letzte Hoffnung, aus dem von ihm erworbenen Landstrich an der südwestafrikanischen Küste doch noch die dringend benötigten Gewinne zu erwirtschaften. Robert Baers Briefe und Tagebucheintragungen bilden die Grundlage dieses Buches, das neue Einblicke in die Anfänge des ehemaligen deutschen Schutzgebietes gewährt.
26. Folge
Am 28. März sollte auch der erste Versuch unternommen werden, zu Pferde bis zur Oranjemündung zu gelangen. Ein Expeditionsmitglied muss zurückbleiben, um das Lager zu bewachen. Das Los trifft Robert. Mit Unbehagen muss er hinnehmen, dass sein Pferd „Wilfort“, mit dem er auf dem langen Weg zum Oranje vertraut geworden ist, von einem anderen geritten wird. Dass dieser andere ausgerechnet der im Reiten unerfahrene Expeditionsleiter Pohle ist, bereitet ihm zusätzliche Sorge. Und tatsächlich – Pohle, der kaum imstande ist Galopp zu reiten, stürzt vom Pferde. Zwar ist er bis auf einige Prellungen nicht ernsthaft verletzt, aber er hat genug. Die Exkursion wird abgebrochen, man kehrt ins Lager zurück. Robert hat am selben Abend, wie er seinem Tagebuch anvertraut, „einen Auftritt mit Pohle“. Um was es genau geht, verrät er uns nicht. Möglicherweise hat ihm Pohle Vorhaltungen gemacht, dass dessen Pferd ihn abgeworfen hatte. Erstmals ist im Tagebuch des jungen Bergmannes herauszulesen, dass der Respekt vor seinem Herrn Direktor erste Kratzer erhalten hat. Aber man rauft sich wieder zusammen. Robert ist sehr wohl bewusst, dass der einflussreiche Bergwerksdirektor über ausgezeichnete Beziehungen zum Freiberger Bergamt verfügt und er, der nach Rückkehr aus Afrika auf eine Steigerstelle im Bergwerk seines Heimatortes Burgk hofft, von diesem abhängig ist. Aber auch Pohle weiß, dass er auf die Kenntnisse und die Assistenz des jungen Bergschulabsolventen angewiesen ist, um die gestellten Aufgaben zu bewältigen.
Am 31. März geht Robert mit Dr. Schenck stromaufwärts auf Exkursion. Sie finden Schwefelkies, Eisenglanz, Brauneisen, sowie Spateisenstein. Die Gegend besteht vornehmlich aus Schiefergebirge, in dem auch Quarze und Eisengänge aufsetzen, von sog. edleren Erzen gibt es auch hier keine Spuren.
2. April 85
Heute gehen die Briefe ab. Ein Floß eignet sich nicht zum überfahren, haben zwei gebaut, sind aber nie weiter als bis zur Mitte des Stromes gekommen. Die Strömung ist zu stark. De Jongh wird mit dem Pferde hinüberschwimmen. Von unseren Pferden werden wir uns trennen müssen, sollen zwei Tagesreisen zurückgeführt werden, wo etwas Toagras, ein stachliges, niedriges Gras spärlich wächst. Hier ist kein Halm für die Pferde zu finden und infolge dessen sind sie ganz verhungert, man kann die Rippen zählen. Das Heu aus der Instrumentenkiste und was wir sonst noch zum Verpacken verwendet hatten, ist verfüttert. Augenblicklich begnügen sich die armen Tiere mit Stroh, in dem unser Wein und Cognac verpackt ist. Ich gebe 10 Schilling für ein Gebund Heu... Ein schreckliches Land!
Da der Bau eines Floßes gescheitert ist, wird de Jongh am 2. April auf afrikanische Weise übergesetzt. Die Eingeborenen schwimmen sehr gut, aber nie ohne einen Baumstamm. De Jongh muss sich auf zwei Baumstämme setzen, zwei Nama ziehen, zwei schieben auf den Seiten und einer von hinten. Sattel, Satteltaschen, Decken etc. haben die Eingeborenen bereits vorher auf dem Kopf hinüber gebracht.
Bis Ende April ist die Gegend stromauf- und abwärts und ins Land hinein zum wiederholten Male auf Erze untersucht worden, ohne dass spektakuläre Ergebnisse zu erzielen waren. Dr. Schencks Vorhersage scheint sich leider zu bestätigen. Eintönigkeit und Frustration stellen sich ein. Auch die Monotonie des Essens trägt nicht zur Verbesserung der Stimmung bei. An einem Tag gibt es Schöpsbraten mit Reis, am nächsten Reis mit Schöpsbraten usw. Man vertreibt sich die Abende mit Skat, Whist, Domino und Schach. Am 6. April, es ist 2. Osterfeiertag, findet sich ein interessanter Eintrag in Roberts Tagebuch: „Heute haben sich zwei Fräuleins eingefunden, werden hier Geschäfte machen; es gibt welche, die sich schon längst nach einer Eva gesehnt. Schön sind sie nicht, aber halb nackend. Auffallend an den Hottentottinnen ist ihr gerader, stolzer Gang.“ Mehr verrät er nicht. Da er, wie er berichtet, an den Feiertagen immer wieder die Photographien seiner Lieben, insbesondere die seiner Marie betrachtet hat, glauben wir ihm, dass er die Dienste des sog. ältesten Gewerbes der Welt, das selbst in der entferntesten Einöde Afrikas anzutreffen ist, nicht in Anspruch genommen hat.
Am 12. April kommt de Jongh von Port Nolloth zurück und er hat einiges zu berichten. Port Nolloth besteht aus etwa 300 Holzhäusern und besitzt den Vorteil eines schönen Hafens. Von Nolloth bis O’okiep, der berühmten Kupfermine führt eine schmalspurige Bahn. Die Wagen werden aufwärts mit Mauleseln gezogen, abwärts, O’okiep liegt ca. 3500 Fuß über dem Meer, fahren die Züge ohne Antrieb. Die Minen sind 630 Fuß tief, und beschäftigen 3 000 Menschen. Auch mehrere Deutsche sind da, obwohl der Verdienst relativ gering ist. Es ist genau das Vorbild, das Lüderitz in seinen Vorstellungen auch nördlich des Oranje realisiert sehen will. Aber dies lässt sich nicht erzwingen.
Die Enttäuschung wird noch größer, als Robert am 18. April einen älteren Schurf entdeckt, ein Beweis, dass die Gegend bereits von den Engländern untersucht worden ist. Im späteren Expeditionsbericht Pohles ist zu lesen, dass auch an anderen Stellen ältere Schürfspuren gefunden wurden, daneben, nur teilweise vom Flugsand zugedeckt, leere Cognacflaschen und Sardinenbüchsen. Dem entspricht de Jonghs Bericht, wonach ihm in O‘okiep erzählt worden sei, dass britische Ingenieure stets unterwegs sind, um das Land auf abbauwürdige Erze zu untersuchen. Dass es hier Vorgänger gibt, die bereits erfolglos geschürft haben, ist entmutigend. Roberts kommentierende Bemerkung: „wie immer kommt der Deutsche auch hier 5 Minuten zu spät“ belegt die bereits angesprochene, damals in Deutschland vorherrschende Torschlusspanik beim Wettlauf um die Ressourcen der Dritten Welt, verbunden mit einem gewissen Unterlegenheitsgefühl gegenüber den Engländern. Immerhin – auch hier wird das Gelände mit großer Sorgfalt vermessen, was zu einer Vervollständigung bzw. Verbesserung der bisher verfügbaren Karten führen wird.
Am 22. April kommt wieder Bewegung in die Expedition. Lassen wir Robert wieder berichten:
Auszug aus seinem Brief vom 26. April:
Am Sonnabend vor acht Tagen wurde im Rate der Götter beschlossen nach acht Ochsen und unseren Pferden zu schicken, (dieselben hatten wir, da hier kein Futter, nach Hamus bei Obib, zwei Tagesreisen von hier, bringen lassen) um nach der Mündung des Oranje River zu reisen. Der erste Versuch nach der Mündung zu gelangen bei dem ich zu Hause bleiben musste, mich traf das Los, missglückte dadurch, dass man sich in der Entfernung getäuscht und mit zu wenig Lebensmittel versehen hatte. Zum Unglück stürzte der Herr Direktor Pohle noch mit dem Pferde und waren die dadurch erlittenen Schäden – einige Hautschürfungen – nicht gefährlich, so war doch der Mut weiter vorzudringen gesunken. Diesmal sollte eine zwei-rädrige Karre Dir. Pohle unsere Decken und Proviant für fünf Tage mitbringen. Am Mittwoch früh sind wir dann von hier aufgebrochen, Herr Dr. Schenck, Herr de Jongh und ich zu Pferde, Herr Direktor, der nicht mehr reiten will, im Karren. Donnerstagnachmittag gelangten wir an der Mündung an. Angenehm ist das Reisen hierzulande nun einmal nicht! Diesmal war es aber besonders unangenehm, da wir in der Nähe der Küste den Flugsand zu passieren hatten und unsere Nachtstunden, wir schliefen in verlassenen Hottentottenkraals oder ließen uns solche bauen, ohne Zelte doch etwas kalt waren. Der Anblick der Mündung, so großartig auch derselbe ist, hat bisher erlittenen Enttäuschungen die Krone aufgesetzt. Ich bin kein Seemann und verstehe von dieser edlen Kunst so viel wie gar nichts und doch genügt dies Wenige, um auf den ersten Blick die Unmöglichkeit hier landen zu wollen, sich eingestehen zu müssen. Schiffbar ist der Fluss wie ich Euch schon schrieb, nicht. Wäre er es, die Mündung ist so versandet, die vorliegenden Barren so groß – bis ca. 9 Meter hoch, dass – wie man wohl sagt –, ein Blinder sehen kann, dass ohne Hilfsmittel resp. bedeutender Nachhilfe das Einlaufen eines Schiffes ein Unding ist. Dazu ist die Brandung wie an dem größten Teil der Westküste Afrikas so groß, dass jedes Fahrzeug, das die Einfahrt versuchen sollte, unrettbar verloren wäre. Ein Glück, dass wir hier mit der kleinen „Meta“ nicht auf den Strand gelaufen sind. Mehrere Stunden haben wir uns hier aufgehalten. Der langentbehrte Anblick des blauen Atlantischen Ozeans fesselte uns nicht minder als der imposante Anblick der heftigen Brandung. Unser Ausschauen nach einem Schiffe war vergeblich, wie vorauszusehen war, denn so nah der Küste fährt kein Schiff. Es war aber auch recht gut, vielleicht wäre der bereits laut gewordene Wunsch, ein Schiff möchte jetzt kommen und uns an den heimatlichen Ufern ans Land setzen, stärker geworden und hätte sich womöglich bei Alt und Jung in Sehnsucht und Heimweh verwandelt.
Pohle hat in seinem Bericht die Oranjemündung in ähnlicher Weise beschrieben und zusätzlich eine Skizze beigefügt. (Bild) Als im Vermessungswesen erfahrener Markscheider hatte er sicherlich umfangreiche Erfahrung in der maßstabsgerechten Skizzierung von geographischen Strukturen.
Am 28. März sollte auch der erste Versuch unternommen werden, zu Pferde bis zur Oranjemündung zu gelangen. Ein Expeditionsmitglied muss zurückbleiben, um das Lager zu bewachen. Das Los trifft Robert. Mit Unbehagen muss er hinnehmen, dass sein Pferd „Wilfort“, mit dem er auf dem langen Weg zum Oranje vertraut geworden ist, von einem anderen geritten wird. Dass dieser andere ausgerechnet der im Reiten unerfahrene Expeditionsleiter Pohle ist, bereitet ihm zusätzliche Sorge. Und tatsächlich – Pohle, der kaum imstande ist Galopp zu reiten, stürzt vom Pferde. Zwar ist er bis auf einige Prellungen nicht ernsthaft verletzt, aber er hat genug. Die Exkursion wird abgebrochen, man kehrt ins Lager zurück. Robert hat am selben Abend, wie er seinem Tagebuch anvertraut, „einen Auftritt mit Pohle“. Um was es genau geht, verrät er uns nicht. Möglicherweise hat ihm Pohle Vorhaltungen gemacht, dass dessen Pferd ihn abgeworfen hatte. Erstmals ist im Tagebuch des jungen Bergmannes herauszulesen, dass der Respekt vor seinem Herrn Direktor erste Kratzer erhalten hat. Aber man rauft sich wieder zusammen. Robert ist sehr wohl bewusst, dass der einflussreiche Bergwerksdirektor über ausgezeichnete Beziehungen zum Freiberger Bergamt verfügt und er, der nach Rückkehr aus Afrika auf eine Steigerstelle im Bergwerk seines Heimatortes Burgk hofft, von diesem abhängig ist. Aber auch Pohle weiß, dass er auf die Kenntnisse und die Assistenz des jungen Bergschulabsolventen angewiesen ist, um die gestellten Aufgaben zu bewältigen.
Am 31. März geht Robert mit Dr. Schenck stromaufwärts auf Exkursion. Sie finden Schwefelkies, Eisenglanz, Brauneisen, sowie Spateisenstein. Die Gegend besteht vornehmlich aus Schiefergebirge, in dem auch Quarze und Eisengänge aufsetzen, von sog. edleren Erzen gibt es auch hier keine Spuren.
2. April 85
Heute gehen die Briefe ab. Ein Floß eignet sich nicht zum überfahren, haben zwei gebaut, sind aber nie weiter als bis zur Mitte des Stromes gekommen. Die Strömung ist zu stark. De Jongh wird mit dem Pferde hinüberschwimmen. Von unseren Pferden werden wir uns trennen müssen, sollen zwei Tagesreisen zurückgeführt werden, wo etwas Toagras, ein stachliges, niedriges Gras spärlich wächst. Hier ist kein Halm für die Pferde zu finden und infolge dessen sind sie ganz verhungert, man kann die Rippen zählen. Das Heu aus der Instrumentenkiste und was wir sonst noch zum Verpacken verwendet hatten, ist verfüttert. Augenblicklich begnügen sich die armen Tiere mit Stroh, in dem unser Wein und Cognac verpackt ist. Ich gebe 10 Schilling für ein Gebund Heu... Ein schreckliches Land!
Da der Bau eines Floßes gescheitert ist, wird de Jongh am 2. April auf afrikanische Weise übergesetzt. Die Eingeborenen schwimmen sehr gut, aber nie ohne einen Baumstamm. De Jongh muss sich auf zwei Baumstämme setzen, zwei Nama ziehen, zwei schieben auf den Seiten und einer von hinten. Sattel, Satteltaschen, Decken etc. haben die Eingeborenen bereits vorher auf dem Kopf hinüber gebracht.
Bis Ende April ist die Gegend stromauf- und abwärts und ins Land hinein zum wiederholten Male auf Erze untersucht worden, ohne dass spektakuläre Ergebnisse zu erzielen waren. Dr. Schencks Vorhersage scheint sich leider zu bestätigen. Eintönigkeit und Frustration stellen sich ein. Auch die Monotonie des Essens trägt nicht zur Verbesserung der Stimmung bei. An einem Tag gibt es Schöpsbraten mit Reis, am nächsten Reis mit Schöpsbraten usw. Man vertreibt sich die Abende mit Skat, Whist, Domino und Schach. Am 6. April, es ist 2. Osterfeiertag, findet sich ein interessanter Eintrag in Roberts Tagebuch: „Heute haben sich zwei Fräuleins eingefunden, werden hier Geschäfte machen; es gibt welche, die sich schon längst nach einer Eva gesehnt. Schön sind sie nicht, aber halb nackend. Auffallend an den Hottentottinnen ist ihr gerader, stolzer Gang.“ Mehr verrät er nicht. Da er, wie er berichtet, an den Feiertagen immer wieder die Photographien seiner Lieben, insbesondere die seiner Marie betrachtet hat, glauben wir ihm, dass er die Dienste des sog. ältesten Gewerbes der Welt, das selbst in der entferntesten Einöde Afrikas anzutreffen ist, nicht in Anspruch genommen hat.
Am 12. April kommt de Jongh von Port Nolloth zurück und er hat einiges zu berichten. Port Nolloth besteht aus etwa 300 Holzhäusern und besitzt den Vorteil eines schönen Hafens. Von Nolloth bis O’okiep, der berühmten Kupfermine führt eine schmalspurige Bahn. Die Wagen werden aufwärts mit Mauleseln gezogen, abwärts, O’okiep liegt ca. 3500 Fuß über dem Meer, fahren die Züge ohne Antrieb. Die Minen sind 630 Fuß tief, und beschäftigen 3 000 Menschen. Auch mehrere Deutsche sind da, obwohl der Verdienst relativ gering ist. Es ist genau das Vorbild, das Lüderitz in seinen Vorstellungen auch nördlich des Oranje realisiert sehen will. Aber dies lässt sich nicht erzwingen.
Die Enttäuschung wird noch größer, als Robert am 18. April einen älteren Schurf entdeckt, ein Beweis, dass die Gegend bereits von den Engländern untersucht worden ist. Im späteren Expeditionsbericht Pohles ist zu lesen, dass auch an anderen Stellen ältere Schürfspuren gefunden wurden, daneben, nur teilweise vom Flugsand zugedeckt, leere Cognacflaschen und Sardinenbüchsen. Dem entspricht de Jonghs Bericht, wonach ihm in O‘okiep erzählt worden sei, dass britische Ingenieure stets unterwegs sind, um das Land auf abbauwürdige Erze zu untersuchen. Dass es hier Vorgänger gibt, die bereits erfolglos geschürft haben, ist entmutigend. Roberts kommentierende Bemerkung: „wie immer kommt der Deutsche auch hier 5 Minuten zu spät“ belegt die bereits angesprochene, damals in Deutschland vorherrschende Torschlusspanik beim Wettlauf um die Ressourcen der Dritten Welt, verbunden mit einem gewissen Unterlegenheitsgefühl gegenüber den Engländern. Immerhin – auch hier wird das Gelände mit großer Sorgfalt vermessen, was zu einer Vervollständigung bzw. Verbesserung der bisher verfügbaren Karten führen wird.
Am 22. April kommt wieder Bewegung in die Expedition. Lassen wir Robert wieder berichten:
Auszug aus seinem Brief vom 26. April:
Am Sonnabend vor acht Tagen wurde im Rate der Götter beschlossen nach acht Ochsen und unseren Pferden zu schicken, (dieselben hatten wir, da hier kein Futter, nach Hamus bei Obib, zwei Tagesreisen von hier, bringen lassen) um nach der Mündung des Oranje River zu reisen. Der erste Versuch nach der Mündung zu gelangen bei dem ich zu Hause bleiben musste, mich traf das Los, missglückte dadurch, dass man sich in der Entfernung getäuscht und mit zu wenig Lebensmittel versehen hatte. Zum Unglück stürzte der Herr Direktor Pohle noch mit dem Pferde und waren die dadurch erlittenen Schäden – einige Hautschürfungen – nicht gefährlich, so war doch der Mut weiter vorzudringen gesunken. Diesmal sollte eine zwei-rädrige Karre Dir. Pohle unsere Decken und Proviant für fünf Tage mitbringen. Am Mittwoch früh sind wir dann von hier aufgebrochen, Herr Dr. Schenck, Herr de Jongh und ich zu Pferde, Herr Direktor, der nicht mehr reiten will, im Karren. Donnerstagnachmittag gelangten wir an der Mündung an. Angenehm ist das Reisen hierzulande nun einmal nicht! Diesmal war es aber besonders unangenehm, da wir in der Nähe der Küste den Flugsand zu passieren hatten und unsere Nachtstunden, wir schliefen in verlassenen Hottentottenkraals oder ließen uns solche bauen, ohne Zelte doch etwas kalt waren. Der Anblick der Mündung, so großartig auch derselbe ist, hat bisher erlittenen Enttäuschungen die Krone aufgesetzt. Ich bin kein Seemann und verstehe von dieser edlen Kunst so viel wie gar nichts und doch genügt dies Wenige, um auf den ersten Blick die Unmöglichkeit hier landen zu wollen, sich eingestehen zu müssen. Schiffbar ist der Fluss wie ich Euch schon schrieb, nicht. Wäre er es, die Mündung ist so versandet, die vorliegenden Barren so groß – bis ca. 9 Meter hoch, dass – wie man wohl sagt –, ein Blinder sehen kann, dass ohne Hilfsmittel resp. bedeutender Nachhilfe das Einlaufen eines Schiffes ein Unding ist. Dazu ist die Brandung wie an dem größten Teil der Westküste Afrikas so groß, dass jedes Fahrzeug, das die Einfahrt versuchen sollte, unrettbar verloren wäre. Ein Glück, dass wir hier mit der kleinen „Meta“ nicht auf den Strand gelaufen sind. Mehrere Stunden haben wir uns hier aufgehalten. Der langentbehrte Anblick des blauen Atlantischen Ozeans fesselte uns nicht minder als der imposante Anblick der heftigen Brandung. Unser Ausschauen nach einem Schiffe war vergeblich, wie vorauszusehen war, denn so nah der Küste fährt kein Schiff. Es war aber auch recht gut, vielleicht wäre der bereits laut gewordene Wunsch, ein Schiff möchte jetzt kommen und uns an den heimatlichen Ufern ans Land setzen, stärker geworden und hätte sich womöglich bei Alt und Jung in Sehnsucht und Heimweh verwandelt.
Pohle hat in seinem Bericht die Oranjemündung in ähnlicher Weise beschrieben und zusätzlich eine Skizze beigefügt. (Bild) Als im Vermessungswesen erfahrener Markscheider hatte er sicherlich umfangreiche Erfahrung in der maßstabsgerechten Skizzierung von geographischen Strukturen.
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Allgemeine Zeitung
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