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Dunkles Rotgültigerz
Dunkles Rotgültigerz

Auf Kupfersuche in Lüderitzland

Die „Rotgültigaffäre“
Im Oktober des Jahres 1884 betritt der 23-jährige Bergmann Robert Baer in Angra Pequena, dem heutigen Lüderitzbucht, erstmals afrikanischen Boden. Kurz entschlossen hatte er das Angebot angenommen, sich als Assistent des Leiters einer 10-köpfigen Bergbauexpedition an der Suche nach Bodenschätzen in dem erst kurz zuvor unter Reichsschutz gestellten „Lüderitzland" zu beteiligen. Die Expedition stand unter enormem Erfolgsdruck. Das Auffinden von abbauwürdigen Erzen war Lüderitz' letzte Hoffnung, aus dem von ihm erworbenen Landstrich an der südwestafrikanischen Küste doch noch die dringend benötigten Gewinne zu erwirtschaften. Robert Baers Briefe und Tagebucheintragungen bilden die Grundlage dieses Buches, das neue Einblicke in die Anfänge des ehemaligen deutschen Schutzgebietes gewährt.
33. Folge

Die „Rotgültigaffäre“ (Teil 1/2)

Mit „Rotgültigerzen“ wird eine bestimmte Gruppe von Silbererzmineralien bezeichnet, die nach ihrer chemischen Definition zu den sog. komplexen Sulfiden zählen. Es werden Pyrargyrit und Prousit unterschieden. Ersteres wird als im auffallenden Licht dunkelrot bis grauschwarz, im durchfallenden Licht als rot durchscheinend beschrieben, während Prousit scharlach- bis zinoberrot und ebenfalls durchscheinend ist.

Am 6. Juni, auf dem Rückweg von Laus, erzählt Pohle Robert erstmals von einer gegen ihn gerichteten Berichterstattung in der heimischen Presse. Die Vergangenheit hatte ihn eingeholt. Es handelte sich um jene in Angra Pequena gefundenen Erzgänge, die Pohle voreilig optimistisch bewertet hatte. Allerdings war er in seiner ersten Berichterstattung an Lüderitz, die Eingang in dessen Denkschrift an die Deutsche Kolonialgesellschaft für Südwestafrika vom 25.02.1885 fand, zunächst eher vorsichtig optimistisch. „Die Berichte von Direktor Pohle, vom 20. November a.p. (die letzten, die ich erhalten habe) melden, daß bei der Bay selbst Blei, Magnesium und Spuren von Kupfer gefunden wurden“. Kurz zuvor war in der Tat, wie auch von Robert berichtet, ein Gang mit Bleiglanz entdeckt worden. Als der Wert der ersten Funde von Dr. Schenck relativiert worden war, hätte Pohle eigentlich noch vorsichtiger werden müssen. Ein Ergebnis der zur Untersuchung nach Freiberg geschickten Proben lag noch nicht vor. Dennoch erschien am 22.03.1885 im „Dresdner Anzeiger“ ein Artikel, der im Folgenden auszugsweise wiedergegeben wird. Auffallend ist, dass die Veröffentlichung im zeitlichen Zusammenhang mit Lüderitz‘ Verhandlungen zum Verkauf von Angra Pequena und seiner anderen südwestafrikanischen Besitzungen an die neue Kapitalgesellschaft stand.

Alle Diejenigen, welche dem Unternehmen bis jetzt ihr Interesse zugewandt haben, haben es lediglich aus patriotischem Gefühle gethan, um der deutschen Colonialpolitik in Afrika einen bestimmten Halt zu gewähren. Indessen ist ein Gewinn bei dem Gesamtunternehmen durchaus nicht ausgeschlossen.......

Herr Bergwerksdirektor Pohle aus Freiberg, der zu einer bergmännischen Expedition nach dem Oranjeflusse besonders ausgesandt worden, berichtet darüber in heute eingegangenen Briefen vom 3. und 17. Januar und 4. und 8. Februar d. J. wie folgt:

3. Januar: Ich und meine Leute sind bei dem prachtvollen Klima wohl und munter.......... Ich habe bis jetzt, also in acht Wochen, einen Flächenraum von 10 000 qm hier (in Angra Pequena) und ca. 9 000 qm am Nordkap untersucht und bin schon zu ganz leidlichen Resultaten gekommen, wie aus den mitgesandten Mineralien zu ersehen ist. Auch westlich von den Lagunen habe ich eine Tagesexcursion vorgenommen, wo ein Kupfer führender Quarzgang verfolgt wurde (ca. 7 m tief), aber ohne wesentliches Resultat bis jetzt. Der von mir gefundene Erzgang (Rothgültigerz) ist bis jetzt bei 3 m Teufe 0,5 m mächtig. Das Terrain hat von Süd nach Nord eine wenig abweichende Höhenlage, eine Ausdehnung von 5 000 m und eine Breite von 2 500 m. Ich halte das Ganze für eine edle Quarzformation, Verwerfungen und sonstige Störungen habe ich bis jetzt nicht finden können.

17. Januar: Ich habe die größte Hoffnung auf guten Erfolg, nur gehen die Arbeiten langsam voran, da ich zu tief hinein muß. Am Nordkap habe ich 2,2 m tiefe Schürfe machen lassen, wo sich der sogenannte Eisenhut zeigte, bis jetzt Brauneisenstein, worunter Kupfer zu vermuten ist. Wenn sich meine Vermuthungen durch die Analyse der Erze bestätigen, so würden die Gewinnungs- und Transportkosten sehr gering sein. Ich habe hier schon nicht unbedeutende Erzhaufen stehen.

(Anmerkung: Diese Bewertung steht im krassen Widerspruch zu Roberts Bewertung in Tagebuchnotizen vom 28.11. und 08.12., wonach die Arbeiten am Nordkap („Robertsburg“) abgebrochen wurden, da dort der Gehalt an Erzen im ungünstigen Verhältnis zu Abbau- und Transportkosten stehe.) In Pohles Bericht hört sich das auch in den folgenden Passagen ganz anders an:

Es ist eine alte Bergmannsregel, daß ein Gang nie allein auftritt. Jetzt gilt es die anderen ausfindig zu machen. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie ich mich gefreut habe, hier einen edlen Gang zu finden, und zwar in so unmittelbarer Nähe der Küste. Wenn die Erze lieferbar sind, so kann ich alles ohne kostspielige Maschinen auf kurzem Wege direkt auf das Schiff verladen, ebenso am Nordkap.

4. Februar: Der Erzgang hat bis jetzt eine nachgewiesene Länge von 1 000 m und eine bis jetzt verfolgte Mächtigkeit von 0,5 m. Am 29. Januar habe ich 350 m nach Norden denselben Gang wieder angetroffen, sehr schön und mächtig. Wenn das Erz lieferbar ist, so ist der Transport an Bord sehr leicht, da derselbe bergab geht und kaum 1 000 m nach der Küste hat.

8. Februar: Gestern habe ich hier in der Nähe von hier gediegenes Bleierz gefunden, der zweite schöne Gang hier. Ich sende Ihnen eine Probe davon und auch von dem in der Nähe gefundenen Kupfer. Die Fundstelle liegt in der Nähe des Thales, das links vom Wege nach Bethanien abzweigt und sich bis zum Nordkap fortsetzt. Ich bin glücklich mit meinen schönen Funden und denke noch mehr zu finden. Diese edlen Quarzgänge sind unbezahlbar.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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