Auf Kupfersuche in Lüderitzland
Auf nach der Heimat
Im Oktober des Jahres 1884 betritt der 23-jährige Bergmann Robert Baer in Angra Pequena, dem heutigen Lüderitzbucht, erstmals afrikanischen Boden. Kurz entschlossen hatte er das Angebot angenommen, sich als Assistent des Leiters einer 10-köpfigen Bergbauexpedition an der Suche nach Bodenschätzen in dem erst kurz zuvor unter Reichsschutz gestellten „Lüderitzland" zu beteiligen. Die Expedition stand unter enormem Erfolgsdruck. Das Auffinden von abbauwürdigen Erzen war Lüderitz' letzte Hoffnung, aus dem von ihm erworbenen Landstrich an der südwestafrikanischen Küste doch noch die dringend benötigten Gewinne zu erwirtschaften. Robert Baers Briefe und Tagebucheintragungen bilden die Grundlage dieses Buches, das neue Einblicke in die Anfänge des ehemaligen deutschen Schutzgebietes gewährt.
38. Folge
Auf nach der Heimat (Teil 1/2)
Der Brief vom 8. August ist Roberts letzter Brief aus Afrika. Darin geht er noch davon aus, ein weiteres Jahr in Südwestafrika zu verbringen. Der nächste Brief datiert vom 30. September, geschrieben auf dem britischen Dampfer Hawarden Castle98 und aufgegeben am 4. Oktober in Lissabon.
„Hawarden Castle“, den 30. September 1885
Meine Lieben!
Wir sind auf der Rückreise und seit 14 Tagen bereits an Bord des Ozeandampfers „Hawarden Castle“, des größten und feinsten Dampfers der überhaupt zwischen England und Afrika verkehrt. Die Expedition ist beendet, d. h. Namaqualand überhaupt aufgegeben worden. Der größte Teil der Expedition mit Herrn Direktor Pohle befindet sich auf der Rückreise. Näheres und Ausführlicheres mündlich. Angra Pequena haben wir mit dem Dampfer „Namaqua“ am 28. August verlassen und sind mit demselben nach Sandwich Harbour und Walfischbai gefahren. In Walfischbai, am 2. September, haben wir drei Freiberger zurück gelassen, alle guten Worte und eine Lohnerhöhung von 50 % konnten uns und speziell mich nicht verführen länger hier auszuhalten. Gründe später mündlich. Den 4. September hat uns die „Namaqua“ an Bord genommen und über Port Nolloth nach Cape Town gebracht. Nach achttägiger Rast sind wir am 16. September mit „Hawarden Castle“ von Cape Town weg. Bis dato haben wir gutes Wetter gehabt, eine unerträgliche Hitze unterm Äquator ausgenommen. Noch jetzt ist es erschreckliche Wärme, sodass wir nachts gewöhnlich an Deck schlafen. Morgen oder übermorgen legen wir in Lissabon an, wo ich diesen Brief zur Post geben werde. Meinen Plan, in Salamanka zu überwintern, habe ich aufgegeben, will die Gefahr nicht mutwillig suchen. (Anmerkung: Roberts Vater hatte ihn auf die gesundheitlichen Gefahren in Bleibergwerken hingewiesen, sein Freund Theodor hatte ihn vor der Cholera in Spanien gewarnt).
Nach meiner Rechnung werden wir den 8. Oktober in London sein, von wo ich telegrafiere, wann ich in Hamburg eintreffen kann. Gebt mir sofort nach Empfang dieses Briefes nach Hamburg Nachricht, ob Ihr Lieben kommt.
Adresse ist: Robert Baer, Hamburg Hotel Meyer, Zimmerstr. 1. Gedenke spätestens den 10. resp. 11. Oktober in Hamburg einzutreffen. Näheres von London.
Lissabon, den 4. Oktober 85
Letzte Tage schlechtes Wetter. Heute früh 9 Uhr Anker vor Lissabon. Prachtvoll! Wollen gleich ans Land, warten hier acht Stunden. Passt es, telegrafiere ich von hier, sollte mich glücklich machen, Euch morgen schon von mir benachrichtigt zu wissen.
Herzliche Grüße an alle
Euer Robert
Was war geschehen? Was hatte Robert dazu bewogen entgegen seiner ursprünglichen Planung doch die Heimreise anzutreten?
Alle waren gespannt gewesen auf den neuen Reichskommissar und den Bevollmächtigten der Kolonialgesellschaft. Die unerträglich lange Wartezeit auf das Einlaufen der Namaqua hatte Robert wieder zum Grübeln gebracht. War es wirkliche die richtige Entscheidung noch ein Jahr dranzuhängen und mit ins Damaraland zu gehen?
Am 28. August war die Namaqua endlich eingelaufen. Am folgenden Tag hat sich Robert wohl endgültig entschieden, die Heimreise anzutreten. In seinem Tagebuch hat er zwar einen Hinweis für die ausschlaggebenden Gründe seines Entschlusses gegeben, dennoch lässt der relativ knappe und nüchterne Eintrag Spekulationen für weitere Hintergründe seines Sinneswandels zu.
Freitag, den 28. August 85
Vormittags mit Rau und Barth auf Bleiglanzgang. Mittag kommt Klaute mit der Nachricht, daß Namaqua da sei. Glauben es erst nicht, sind so oft schon getäuscht worden. Um 1 Uhr Mittag gehen wir herein. Da noch dichter Nebel hängt, sehen wir N. noch nicht im Hafen von Elisabethberg. Bald tauchen jedoch die schlanken Masten aus dem Nebel empor. Mit dem Schiffe sind gekommen der Vertreter der südwestafrikanischen Kolonialgesellschaft August Lüderitz, Gerichtsrat Göring und Curator Nels, als Gerichtsvollzieher von Goldammer.
Sonnabend, den 29. August 85
Beginn des Verladens des Gepäcks. Alle, die nicht beschäftigt, harren der Dinge, die da kommen sollen. Mittag bringt mir Direktor Theodors Brief und fragt mich, ob ich noch länger hier bleiben wolle, er ginge nach Hause. Ich erkläre mich, daß ich erst klaren Wein haben will, wie es werden soll. Die Expedition ist beendet, in Damaraland soll die hinter Walfischbai gelegene Hope Mine untersucht werden. Dr. Schenck wird die Untersuchung leiten, an der Hope Mine ist bereits ein Steiger Spengler, ferner macht Prescher das 5. Rad am Wagen. Soll ich das 6. machen? Da freie Rückreise, gehe ich nach Spanien oder nach Hause. Conrad mit seinen Leuten und Prescher gehen zurück nach Aus und von da nach Damaraland zu Wagen. Von uns lassen sich nur Glöditzsch, Barth und Rau bereden, für 7½ Pfund und freier, besserer Ration als bisher mitzugehen.
Offensichtlich war mit Eintreffen der neuen Verantwortlichen bekanntgegeben worden, dass nicht Pohle, sondern Dr. Schenck die Expedition ins Damaraland leiten würde, dies allerdings nur vorübergehend. Wie einem Brief von August Lüderitz an seine Frau vom 12. August aus Kapstadt zu entnehmen ist, war diese Entscheidung bereits vor Ankunft der Namaqua getroffen worden.
„Wir gehen nun wahrscheinlich nächsten Mittwochmorgen von hier weg. Direktor Pohle kommt zurück. Dr. Schenck übernimmt vorläufig dessen Platz und Ende Oktober kommt ein Dr. Friedrich Stapff heraus, der die Oberleitung der Minen übernimmt ...“
Interessant sind auch seine weiteren Mitteilungen, die er später, nach kurzem Aufenthalt in Angra Pequena, auf der Fahrt zur Walfishbay niedergeschrieben hat:
„... Ich freue mich Adolfs wegen, daß er Müller in Angra hat, der A.’s Interessen wirklich wahrzunehmen scheint. Müller, der Ordnung schaffen muß und schafft, ist selbstverständlich verhaßt, Direktor Pohle gleichfalls an Bord, geht zurück.“
„... für Adolf ist’s ein Glück, daß er aus der Geschichte hier heraus ist, wenigstens solange Vogelsangs, Höpfners etc. hier für seine Rechnung sind“.
Auf nach der Heimat (Teil 1/2)
Der Brief vom 8. August ist Roberts letzter Brief aus Afrika. Darin geht er noch davon aus, ein weiteres Jahr in Südwestafrika zu verbringen. Der nächste Brief datiert vom 30. September, geschrieben auf dem britischen Dampfer Hawarden Castle98 und aufgegeben am 4. Oktober in Lissabon.
„Hawarden Castle“, den 30. September 1885
Meine Lieben!
Wir sind auf der Rückreise und seit 14 Tagen bereits an Bord des Ozeandampfers „Hawarden Castle“, des größten und feinsten Dampfers der überhaupt zwischen England und Afrika verkehrt. Die Expedition ist beendet, d. h. Namaqualand überhaupt aufgegeben worden. Der größte Teil der Expedition mit Herrn Direktor Pohle befindet sich auf der Rückreise. Näheres und Ausführlicheres mündlich. Angra Pequena haben wir mit dem Dampfer „Namaqua“ am 28. August verlassen und sind mit demselben nach Sandwich Harbour und Walfischbai gefahren. In Walfischbai, am 2. September, haben wir drei Freiberger zurück gelassen, alle guten Worte und eine Lohnerhöhung von 50 % konnten uns und speziell mich nicht verführen länger hier auszuhalten. Gründe später mündlich. Den 4. September hat uns die „Namaqua“ an Bord genommen und über Port Nolloth nach Cape Town gebracht. Nach achttägiger Rast sind wir am 16. September mit „Hawarden Castle“ von Cape Town weg. Bis dato haben wir gutes Wetter gehabt, eine unerträgliche Hitze unterm Äquator ausgenommen. Noch jetzt ist es erschreckliche Wärme, sodass wir nachts gewöhnlich an Deck schlafen. Morgen oder übermorgen legen wir in Lissabon an, wo ich diesen Brief zur Post geben werde. Meinen Plan, in Salamanka zu überwintern, habe ich aufgegeben, will die Gefahr nicht mutwillig suchen. (Anmerkung: Roberts Vater hatte ihn auf die gesundheitlichen Gefahren in Bleibergwerken hingewiesen, sein Freund Theodor hatte ihn vor der Cholera in Spanien gewarnt).
Nach meiner Rechnung werden wir den 8. Oktober in London sein, von wo ich telegrafiere, wann ich in Hamburg eintreffen kann. Gebt mir sofort nach Empfang dieses Briefes nach Hamburg Nachricht, ob Ihr Lieben kommt.
Adresse ist: Robert Baer, Hamburg Hotel Meyer, Zimmerstr. 1. Gedenke spätestens den 10. resp. 11. Oktober in Hamburg einzutreffen. Näheres von London.
Lissabon, den 4. Oktober 85
Letzte Tage schlechtes Wetter. Heute früh 9 Uhr Anker vor Lissabon. Prachtvoll! Wollen gleich ans Land, warten hier acht Stunden. Passt es, telegrafiere ich von hier, sollte mich glücklich machen, Euch morgen schon von mir benachrichtigt zu wissen.
Herzliche Grüße an alle
Euer Robert
Was war geschehen? Was hatte Robert dazu bewogen entgegen seiner ursprünglichen Planung doch die Heimreise anzutreten?
Alle waren gespannt gewesen auf den neuen Reichskommissar und den Bevollmächtigten der Kolonialgesellschaft. Die unerträglich lange Wartezeit auf das Einlaufen der Namaqua hatte Robert wieder zum Grübeln gebracht. War es wirkliche die richtige Entscheidung noch ein Jahr dranzuhängen und mit ins Damaraland zu gehen?
Am 28. August war die Namaqua endlich eingelaufen. Am folgenden Tag hat sich Robert wohl endgültig entschieden, die Heimreise anzutreten. In seinem Tagebuch hat er zwar einen Hinweis für die ausschlaggebenden Gründe seines Entschlusses gegeben, dennoch lässt der relativ knappe und nüchterne Eintrag Spekulationen für weitere Hintergründe seines Sinneswandels zu.
Freitag, den 28. August 85
Vormittags mit Rau und Barth auf Bleiglanzgang. Mittag kommt Klaute mit der Nachricht, daß Namaqua da sei. Glauben es erst nicht, sind so oft schon getäuscht worden. Um 1 Uhr Mittag gehen wir herein. Da noch dichter Nebel hängt, sehen wir N. noch nicht im Hafen von Elisabethberg. Bald tauchen jedoch die schlanken Masten aus dem Nebel empor. Mit dem Schiffe sind gekommen der Vertreter der südwestafrikanischen Kolonialgesellschaft August Lüderitz, Gerichtsrat Göring und Curator Nels, als Gerichtsvollzieher von Goldammer.
Sonnabend, den 29. August 85
Beginn des Verladens des Gepäcks. Alle, die nicht beschäftigt, harren der Dinge, die da kommen sollen. Mittag bringt mir Direktor Theodors Brief und fragt mich, ob ich noch länger hier bleiben wolle, er ginge nach Hause. Ich erkläre mich, daß ich erst klaren Wein haben will, wie es werden soll. Die Expedition ist beendet, in Damaraland soll die hinter Walfischbai gelegene Hope Mine untersucht werden. Dr. Schenck wird die Untersuchung leiten, an der Hope Mine ist bereits ein Steiger Spengler, ferner macht Prescher das 5. Rad am Wagen. Soll ich das 6. machen? Da freie Rückreise, gehe ich nach Spanien oder nach Hause. Conrad mit seinen Leuten und Prescher gehen zurück nach Aus und von da nach Damaraland zu Wagen. Von uns lassen sich nur Glöditzsch, Barth und Rau bereden, für 7½ Pfund und freier, besserer Ration als bisher mitzugehen.
Offensichtlich war mit Eintreffen der neuen Verantwortlichen bekanntgegeben worden, dass nicht Pohle, sondern Dr. Schenck die Expedition ins Damaraland leiten würde, dies allerdings nur vorübergehend. Wie einem Brief von August Lüderitz an seine Frau vom 12. August aus Kapstadt zu entnehmen ist, war diese Entscheidung bereits vor Ankunft der Namaqua getroffen worden.
„Wir gehen nun wahrscheinlich nächsten Mittwochmorgen von hier weg. Direktor Pohle kommt zurück. Dr. Schenck übernimmt vorläufig dessen Platz und Ende Oktober kommt ein Dr. Friedrich Stapff heraus, der die Oberleitung der Minen übernimmt ...“
Interessant sind auch seine weiteren Mitteilungen, die er später, nach kurzem Aufenthalt in Angra Pequena, auf der Fahrt zur Walfishbay niedergeschrieben hat:
„... Ich freue mich Adolfs wegen, daß er Müller in Angra hat, der A.’s Interessen wirklich wahrzunehmen scheint. Müller, der Ordnung schaffen muß und schafft, ist selbstverständlich verhaßt, Direktor Pohle gleichfalls an Bord, geht zurück.“
„... für Adolf ist’s ein Glück, daß er aus der Geschichte hier heraus ist, wenigstens solange Vogelsangs, Höpfners etc. hier für seine Rechnung sind“.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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