Auf Kupfersuche in Lüderitzland
Nachbetrachtung
Im Oktober des Jahres 1884 betritt der 23-jährige Bergmann Robert Baer in Angra Pequena, dem heutigen Lüderitzbucht, erstmals afrikanischen Boden. Kurz entschlossen hatte er das Angebot angenommen, sich als Assistent des Leiters einer 10-köpfigen Bergbauexpedition an der Suche nach Bodenschätzen in dem erst kurz zuvor unter Reichsschutz gestellten „Lüderitzland" zu beteiligen. Die Expedition stand unter enormem Erfolgsdruck. Das Auffinden von abbauwürdigen Erzen war Lüderitz' letzte Hoffnung, aus dem von ihm erworbenen Landstrich an der südwestafrikanischen Küste doch noch die dringend benötigten Gewinne zu erwirtschaften. Robert Baers Briefe und Tagebucheintragungen bilden die Grundlage dieses Buches, das neue Einblicke in die Anfänge des ehemaligen deutschen Schutzgebietes gewährt.
40. Folge
Bilanz und Kritik (Teil 1/2)
Die Angra Pequena-Bergbauexpedition hatte nicht das von Lüderitz erhoffte durchschlagende Ergebnis erbracht. Durchschlagend wären Funde von ohne großen Aufwand abbaufähigen Lagerstätten von Edelmetallen oder von reichhaltigen Silber- und Kupfererzlagern gewesen. Die gefundenen Erzvorkommen mussten unter den damaligen Bedingungen, vor allem angesichts der noch nicht vorhandenen Verkehrsinfrastruktur, als für einen rentablen Bergbau nicht geeignet bewertet werden.
Die von einzelnen Expeditionsteilnehmern, vor allem aber auch von außenstehenden und vollkommen unbeteiligten Dritten geübte Kritik hat zu einer einseitig negativen Bewertung der Leistungen der Expedition geführt, die leider auch in der Literatur über die Anfänge der deutschen Kolonie Südwestafrika ihren Niederschlag gefunden hat. Zielscheibe war in erster Linie der ungeschickt und z. T. unglücklich agierende Expeditionsleiter Herrmann Pohle. Da war zum einen der bereits zitierte Brief von Dr. Schenck an Lüderitz, in dem er Pohles geologische Kenntnisse anzweifelte und da waren zum anderen die in Deutschland erschienen Zeitungsartikel der sog. „Rotgültigaffäre“. Auch Dr. Schinz, der zweite Wissenschaftler der Expedition, hat in einem Brief an Vogelsang vom 3. April 1885 Pohles Fehl-Analyse der Erzfunde von Angra Pequena spöttisch kommentiert: „...Wenn ich Pohle wäre, so würde ich per Extra Steamer nach meinem Freiberg eilen und mich nach dem Reich der Mitte senden lassen“. In der späteren Veröffentlichung über seine Forschungsreise hat er sich allerdings positiver geäußert: „ ...Das Gelingen meiner Expedition habe ich daher in erster Linie Herrn Pohle zu verdanken und gerne bringe ich diesen Dank hier zum speziellen Ausdruck“. Die von Robert Baer geäußerte Befürchtung, dass die „Rotgültigaffäre“ die gesamte Expedition blamieren könnte, hat sich leider bewahrheitet. Der Spott, der über Pohle hereinbrach und die Enttäuschung darüber, dass keine spektakulären Funde gemacht wurden, haben die unbestreitbaren wissenschaftlichen Forschungs-und Untersuchungsergebnisse weitgehend zurückgedrängt.
„Waschen schmutziger Wäsche“
In übelster Weise hat sich der unbeteiligte ehemalige Firmenangestellte von Pestalozzi in einem Brief an Lüderitz über die Angra Pequena-Expedition ausgelassen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass mit dem „Waschen schmutziger Wäsche“ alte Rechnungen beglichen werden sollten. Von Pestalozzi beruft sich auf mündliche Informationen de Jonghs, der ihn nach Abschluss der Expedition in seinem Wohnsitz in der Nähe von London besuchte. In dem Zusammenhang ist nachzutragen, dass de Jongh während der Oranje- Expedition mit Pohle selbst und später in Aus auch mit dem Bergmann Klaute Auseinandersetzungen gehabt hatte.
Jedenfalls finden sich in von Pestalozzis Brief massive Anschuldigungen. Es wird der Vorwurf erhoben, dass die Expedition nicht länger am Oranje geblieben sei, Pohle habe fast nirgends nach Kupfer gesucht, habe geschlafen und geraucht, die Arbeiter hätten sich untereinander gestritten und wollten Tage lang oft keine Arbeit tun. Der „River“ sei nicht untersucht worden und es seien keine Exkursionen stromab- und aufwärts gemacht worden ... „Eine solche Räuber- und Gaunerbande, wie Pohle hatte, ist ja der Verderb von Allem und dieser Pohle, dieser schauderhafte Schurke, bitte Herr Lüderitz verfolgen sie den Mann aufs Äußerste, ... das Elend ist, daß die Expedition Pohle mit viel Geschrei und Hurrah einen Anlauf machte und dann anstatt zu arbeiten, zu bohren, sich einfach hinsetzte, einschlief und nichts tat ...“. Die Vorwürfe werden abgerundet durch die Behauptung, die Arbeiter hätten während der Oranje-Exkursion aus den Zelten allerlei gestohlen. Auch Vogelsang und Wegner, von Pestalozzis Vorgesetzter aus den Jahren 1883/84, werden in diesem Brief beschimpft. Schließlich wird auch Lahnstein denunziert und ihm vorgeworfen, für die Heimfahrt eine 1. Klasse Schiffsreise verlangt zu haben. Kurz danach bricht er auch mit de Jongh, der sich wie Vogelsang mit Lüderitz im Streit über finanzielle Angelegenheiten entzweit hat. Leider endete die Geschichte des knapp drei Jahre vorher so glorreich gestarteten Teams der ersten Südwestafrikapioniere in Hass, Intrige und Missgunst. Von Pestalozzi gibt Lüderitz schließlich eine Empfehlung, die diesen in seiner Absicht bestärkte, den Oranje River nochmals zu untersuchen: „Könnten Sie nicht einen einfachen und guten Bergmann, der schon im Leben gehungert und gedürstet hat und ehrlich unter Mühsale sein Brot verdienen will, noch einmal nach dem Oranje schicken ...“. In einem weiteren Brief bietet er an, einen „richtig eifrigen Kupfersucher“ aus einer britischen Kupfermine vermitteln zu können. Er hätte es eigentlich besser wissen müssen. Dass man mit Hungern und Dürsten allein nicht weit kommt, hatte von Pestalozzi als Begleiter Vogelsangs bei dessen übereiltem Versuch erfahren, Aus von Angra Pequena zu Fuß zu erreichen.
Leider ist dieser durch und durch unsachliche und verleumderische Brief veröffentlicht und als Grundlage für Beschreibung und Bewertung der Expedition in der Literatur herangezogen worden, während der in Kapitel II 7 zitierte ausführliche Bericht der Pohle-Expedition zum Oranje bisher ignoriert wurde, obwohl er im Lüderitznachlass vorhanden ist. Dadurch ist ein Eindruck entstanden, der der wirklichen Arbeit der Expedition nicht im Entferntesten gerecht wird. Auch Esterhuyse zitiert in seiner ansonsten sehr gründlich wissenschaftlich recherchierten Arbeit über die Anfänge der deutschen Herrschaft in Südwestafrika aus diesem Brief und leitet aus der polemischen Darstellung eines unbeteiligten Dritten her, dass die Expedition „schlecht organisiert war und wenig erreichte“. Neben den wörtlichen Zitaten aus dem v. Pestalozzi-Brief findet sich bei Esterhuyse auch die Behauptung, die Expedition habe sich nach den ersten Funden in Angra Pequena 3 Monate lang bis zur Abreise zum Oranje mit „Drinking Parties“ beschäftigt.
Alle diese Behauptungen, insbesondere die verhängnisvollen und unkritisch zitierten Anschuldigungen von Pestalozzis, können mit den Berichten Robert Baers widerlegt oder zumindest deutlich relativiert werden. Die Glaubwürdigkeit und die Genauigkeit seiner Berichterstattung kann u. a. dadurch untermauert werden, dass Schinz in seinem eigenen Reisebericht an mehreren Stellen eine inhaltlich übereinstimmende Beschreibung abgegeben hat.
Bilanz und Kritik (Teil 1/2)
Die Angra Pequena-Bergbauexpedition hatte nicht das von Lüderitz erhoffte durchschlagende Ergebnis erbracht. Durchschlagend wären Funde von ohne großen Aufwand abbaufähigen Lagerstätten von Edelmetallen oder von reichhaltigen Silber- und Kupfererzlagern gewesen. Die gefundenen Erzvorkommen mussten unter den damaligen Bedingungen, vor allem angesichts der noch nicht vorhandenen Verkehrsinfrastruktur, als für einen rentablen Bergbau nicht geeignet bewertet werden.
Die von einzelnen Expeditionsteilnehmern, vor allem aber auch von außenstehenden und vollkommen unbeteiligten Dritten geübte Kritik hat zu einer einseitig negativen Bewertung der Leistungen der Expedition geführt, die leider auch in der Literatur über die Anfänge der deutschen Kolonie Südwestafrika ihren Niederschlag gefunden hat. Zielscheibe war in erster Linie der ungeschickt und z. T. unglücklich agierende Expeditionsleiter Herrmann Pohle. Da war zum einen der bereits zitierte Brief von Dr. Schenck an Lüderitz, in dem er Pohles geologische Kenntnisse anzweifelte und da waren zum anderen die in Deutschland erschienen Zeitungsartikel der sog. „Rotgültigaffäre“. Auch Dr. Schinz, der zweite Wissenschaftler der Expedition, hat in einem Brief an Vogelsang vom 3. April 1885 Pohles Fehl-Analyse der Erzfunde von Angra Pequena spöttisch kommentiert: „...Wenn ich Pohle wäre, so würde ich per Extra Steamer nach meinem Freiberg eilen und mich nach dem Reich der Mitte senden lassen“. In der späteren Veröffentlichung über seine Forschungsreise hat er sich allerdings positiver geäußert: „ ...Das Gelingen meiner Expedition habe ich daher in erster Linie Herrn Pohle zu verdanken und gerne bringe ich diesen Dank hier zum speziellen Ausdruck“. Die von Robert Baer geäußerte Befürchtung, dass die „Rotgültigaffäre“ die gesamte Expedition blamieren könnte, hat sich leider bewahrheitet. Der Spott, der über Pohle hereinbrach und die Enttäuschung darüber, dass keine spektakulären Funde gemacht wurden, haben die unbestreitbaren wissenschaftlichen Forschungs-und Untersuchungsergebnisse weitgehend zurückgedrängt.
„Waschen schmutziger Wäsche“
In übelster Weise hat sich der unbeteiligte ehemalige Firmenangestellte von Pestalozzi in einem Brief an Lüderitz über die Angra Pequena-Expedition ausgelassen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass mit dem „Waschen schmutziger Wäsche“ alte Rechnungen beglichen werden sollten. Von Pestalozzi beruft sich auf mündliche Informationen de Jonghs, der ihn nach Abschluss der Expedition in seinem Wohnsitz in der Nähe von London besuchte. In dem Zusammenhang ist nachzutragen, dass de Jongh während der Oranje- Expedition mit Pohle selbst und später in Aus auch mit dem Bergmann Klaute Auseinandersetzungen gehabt hatte.
Jedenfalls finden sich in von Pestalozzis Brief massive Anschuldigungen. Es wird der Vorwurf erhoben, dass die Expedition nicht länger am Oranje geblieben sei, Pohle habe fast nirgends nach Kupfer gesucht, habe geschlafen und geraucht, die Arbeiter hätten sich untereinander gestritten und wollten Tage lang oft keine Arbeit tun. Der „River“ sei nicht untersucht worden und es seien keine Exkursionen stromab- und aufwärts gemacht worden ... „Eine solche Räuber- und Gaunerbande, wie Pohle hatte, ist ja der Verderb von Allem und dieser Pohle, dieser schauderhafte Schurke, bitte Herr Lüderitz verfolgen sie den Mann aufs Äußerste, ... das Elend ist, daß die Expedition Pohle mit viel Geschrei und Hurrah einen Anlauf machte und dann anstatt zu arbeiten, zu bohren, sich einfach hinsetzte, einschlief und nichts tat ...“. Die Vorwürfe werden abgerundet durch die Behauptung, die Arbeiter hätten während der Oranje-Exkursion aus den Zelten allerlei gestohlen. Auch Vogelsang und Wegner, von Pestalozzis Vorgesetzter aus den Jahren 1883/84, werden in diesem Brief beschimpft. Schließlich wird auch Lahnstein denunziert und ihm vorgeworfen, für die Heimfahrt eine 1. Klasse Schiffsreise verlangt zu haben. Kurz danach bricht er auch mit de Jongh, der sich wie Vogelsang mit Lüderitz im Streit über finanzielle Angelegenheiten entzweit hat. Leider endete die Geschichte des knapp drei Jahre vorher so glorreich gestarteten Teams der ersten Südwestafrikapioniere in Hass, Intrige und Missgunst. Von Pestalozzi gibt Lüderitz schließlich eine Empfehlung, die diesen in seiner Absicht bestärkte, den Oranje River nochmals zu untersuchen: „Könnten Sie nicht einen einfachen und guten Bergmann, der schon im Leben gehungert und gedürstet hat und ehrlich unter Mühsale sein Brot verdienen will, noch einmal nach dem Oranje schicken ...“. In einem weiteren Brief bietet er an, einen „richtig eifrigen Kupfersucher“ aus einer britischen Kupfermine vermitteln zu können. Er hätte es eigentlich besser wissen müssen. Dass man mit Hungern und Dürsten allein nicht weit kommt, hatte von Pestalozzi als Begleiter Vogelsangs bei dessen übereiltem Versuch erfahren, Aus von Angra Pequena zu Fuß zu erreichen.
Leider ist dieser durch und durch unsachliche und verleumderische Brief veröffentlicht und als Grundlage für Beschreibung und Bewertung der Expedition in der Literatur herangezogen worden, während der in Kapitel II 7 zitierte ausführliche Bericht der Pohle-Expedition zum Oranje bisher ignoriert wurde, obwohl er im Lüderitznachlass vorhanden ist. Dadurch ist ein Eindruck entstanden, der der wirklichen Arbeit der Expedition nicht im Entferntesten gerecht wird. Auch Esterhuyse zitiert in seiner ansonsten sehr gründlich wissenschaftlich recherchierten Arbeit über die Anfänge der deutschen Herrschaft in Südwestafrika aus diesem Brief und leitet aus der polemischen Darstellung eines unbeteiligten Dritten her, dass die Expedition „schlecht organisiert war und wenig erreichte“. Neben den wörtlichen Zitaten aus dem v. Pestalozzi-Brief findet sich bei Esterhuyse auch die Behauptung, die Expedition habe sich nach den ersten Funden in Angra Pequena 3 Monate lang bis zur Abreise zum Oranje mit „Drinking Parties“ beschäftigt.
Alle diese Behauptungen, insbesondere die verhängnisvollen und unkritisch zitierten Anschuldigungen von Pestalozzis, können mit den Berichten Robert Baers widerlegt oder zumindest deutlich relativiert werden. Die Glaubwürdigkeit und die Genauigkeit seiner Berichterstattung kann u. a. dadurch untermauert werden, dass Schinz in seinem eigenen Reisebericht an mehreren Stellen eine inhaltlich übereinstimmende Beschreibung abgegeben hat.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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