Auf Kupfersuche in Lüderitzland
Nachbetrachtung
Im Oktober des Jahres 1884 betritt der 23-jährige Bergmann Robert Baer in Angra Pequena, dem heutigen Lüderitzbucht, erstmals afrikanischen Boden. Kurz entschlossen hatte er das Angebot angenommen, sich als Assistent des Leiters einer 10-köpfigen Bergbauexpedition an der Suche nach Bodenschätzen in dem erst kurz zuvor unter Reichsschutz gestellten „Lüderitzland" zu beteiligen. Die Expedition stand unter enormem Erfolgsdruck. Das Auffinden abbauwürdige Erzen war Lüderitz' letzte Hoffnung, aus dem von ihm erworbenen Landstrich an der südwestafrikanischen Küste doch noch die dringend benötigten Gewinne zu erwirtschaften. Robert Baers Briefe und Tagebucheintragungen bilden die Grundlage dieses Buches, das neue Einblicke in die Anfänge des ehemaligen deutschen Schutzgebietes gewährt.
42. Folge
Verschollen (Teil 1/2)
Während die Deutsche Kolonialgesellschaft für Südwestafrika, angesichts der Ergebnisse der Pohle-Expedition und der Empfehlung Dr. Schencks folgend, ihre Aktivitäten auf die bekannten Minen im Damaraland verlagerte, ließ Lüderitz sich von seinem Traum, am Oranje Bodenschätze auszubeuten und dort auch eine Siedlungskolonie aufzubauen nicht abbringen. Wie Schinz es später ausdrückte, „befangen(!) von der Ansicht, dass das Ergebnis der von Pohle am Oranje geleiteten Untersuchung kein abschließendes Urteil gestatte“, entschloss er sich, erneut ein jetzt kleineres Expeditionsteam unter seiner eigenen Führung auszurüsten. Auch den bisher vorliegenden Berichten über die Unmöglichkeit, vom Atlantik aus den Oranje zu befahren, wollte er keinen Glauben schenken. Seine Begleiter waren der Bergingenieur Heinrich Iselin aus Basel, der Steuermann Joseph Steingröver und der schottische Bergmann Hodkins, letzterer wohl durch von Pestalozzi wie angekündigt vermittelt.
Am 13.06.1886 traf Lüderitz in Angra Pequena ein. Iselin und Hodkins begannen damit, die Schürfstellen der Pohle-Expedition zu überprüfen und dort weitere Sprengungen vorzunehmen. Neue Ergebnisse wurden dabei nicht erzielt. Dass der bereits von den sächsischen Bergleuten gefundene Bleiglanzgang Spuren von Silber enthielt, wie Lüderitz in einem Brief an seine Frau vom 28.07.1886 berichtete, war ebenfalls längst bekannt und von Robert Baer schon ein Jahr vorher erwähnt worden.
Ab 17. Juli folgt Lüderitz mit zwei Ochsenwagen den Spuren der Pohle-Expedition über Nagama (Ugama), Kaukausib und Kubub bis nach Aus. Steingröver erkundet mit dem Nama Isaac den Weg zur ca. 70 km südlich von Angra Pequena gelegenen Walbai, wo Salpeterlager vermutet werden. In einem mutigen Fußmarsch, nur von einem Tragochsen begleitet, kommen sie über vier halbversiegte Wasserstellen mit salzigem Brackwasser bis nach Pomona. Von dort schlagen sie sich in nordwestlicher Richtung bis zum Ugamatal durch, wo sie wieder auf Lüderitz und die übrigen Expeditionsteilnehmer treffen.
Auch in Aus werden lediglich die Untersuchungen wiederholt, welche die Vorgängerexpedition bereits vor einem Jahr umfassender und gründlicher vorgenommen hatte. Die Resultate sind, wie nicht anders zu erwarten war, auch hier ernüchternd. Lüderitz muss feststellen, dass „Iselin ein tätiger Mann ist, der aber mit einem Bergmann natürlich nicht große Resultate erzielen kann.... Leider sind die Resultate bis soweit nicht besonders, da er wohl etwas Blei, Silber und Kupfer fand, aber nicht genug, um ein lohnendes Geschäft zu machen“.
Mit den zwei Ochsenwagen geht es schließlich weiter Richtung Bethanien. Die Wagenladung wird von Lüderitz in seinem Brief akribisch genau aufgelistet, darunter auch das, was man der Pohle-Expedition vorgeworfen hatte, nämlich nicht unerhebliche Spirituosenvorräte (fünf Kisten Gin, eine Kiste Whiskey und zwei Kisten Cognac!) Dabei diente der Alkohol beiden Expeditionen, wie es damals üblich war, auch als Tausch- und Zahlungsmittel für Dienste oder Waren der Eingeborenen.
Auf halber Strecke folgen Lüderitz, Iselin, Hodkins und ein Nama dem Weg, den Paul Prescher und Robert Baer bei ihrem „Pfingstausflug“ im Vorjahre genommen hatten und reiten nach Gaju Gami (Langwasser), um schließlich das Matjes-Rivier zu erreichen. Der dortige kurze Aufenthalt erlaubt keine eingehende Suche, sodass die von Prescher, Robert und Dr. Schenck bereits untersuchten Kupfervorkommen gar nicht gefunden werden.
Am 24. August erreicht Lüderitz mit seiner Expedition Bethanien. Nach Auffüllen der Vorräte geht es zusammen mit 50 Hammeln und Ziegen als Schlachtvieh in südliche Richtung zum Oranje River, den man bei Nabus-Drift erreicht. Von dort fahren die vier Europäer mit zwei kleinen, leichten Booten (Canvas) den Oranje abwärts, während der Rest der Expedition auf dem Landweg mit einem Packochsen bis zum Fischfluss folgt, von dort aber nach Bethanien zurückgeht. Danach fährt Lüderitz mit seinen drei Gefährten, den beiden Booten und dem notwendigsten Gepäck allein weiter flussabwärts. Noch vor Antritt der Reise hatte Steingröver zur Bestätigung der Auffassung seines Chefs die Erkundungsergebnisse der Pohle-Expedition angezweifelt: „ Dr. Pohle hat auf seiner Reise zum Oranjeriver die Mündung ebenfalls besucht, nennt den Fluss zu seicht und die Barre zu gefährlich. Abgesehen davon, daß ihm das seemännische Urteil darüber abgeht, gibt er an anderer Stelle an, daß er ein Floß habe bauen müssen, um einen Boten über den Fluß zu spedieren“. Lüderitz und Steingröver hatten vor Antritt ihrer Bootsreise nach wie vor die Hoffnung, dass der Oranje schiffbar sei.
Sie wurden eines besseren belehrt. Beide berichten in ihren letzten Briefen von Aris Drift, dass auf der gesamten zurückgelegten Flussstrecke „mehr oder weniger gefährliche Stromschnellen“ zu überwinden waren, häufig mussten die Boote über Land getragen werden. Unterwegs wurde mehrfach angehalten, ein Zelt aufgeschlagen und vom Ufer aus zu Fuß Exkursionen landeinwärts durchgeführt, freilich ohne Pferde in sehr begrenztem Radius und erneut ohne die erhofften Mineralfunde.
In Aris Drift fasst Lüderitz einen verhängnisvollen Entschluss. Er will mit Steingröver in einem der beiden segelfähigen Boote über den Atlantik bis nach Angra Pequena fahren. Von dort sollen Packochsen nach Aris Drift geschickt werden, um Iselin und Hodkins samt Gepäck abzuholen.
Verschollen (Teil 1/2)
Während die Deutsche Kolonialgesellschaft für Südwestafrika, angesichts der Ergebnisse der Pohle-Expedition und der Empfehlung Dr. Schencks folgend, ihre Aktivitäten auf die bekannten Minen im Damaraland verlagerte, ließ Lüderitz sich von seinem Traum, am Oranje Bodenschätze auszubeuten und dort auch eine Siedlungskolonie aufzubauen nicht abbringen. Wie Schinz es später ausdrückte, „befangen(!) von der Ansicht, dass das Ergebnis der von Pohle am Oranje geleiteten Untersuchung kein abschließendes Urteil gestatte“, entschloss er sich, erneut ein jetzt kleineres Expeditionsteam unter seiner eigenen Führung auszurüsten. Auch den bisher vorliegenden Berichten über die Unmöglichkeit, vom Atlantik aus den Oranje zu befahren, wollte er keinen Glauben schenken. Seine Begleiter waren der Bergingenieur Heinrich Iselin aus Basel, der Steuermann Joseph Steingröver und der schottische Bergmann Hodkins, letzterer wohl durch von Pestalozzi wie angekündigt vermittelt.
Am 13.06.1886 traf Lüderitz in Angra Pequena ein. Iselin und Hodkins begannen damit, die Schürfstellen der Pohle-Expedition zu überprüfen und dort weitere Sprengungen vorzunehmen. Neue Ergebnisse wurden dabei nicht erzielt. Dass der bereits von den sächsischen Bergleuten gefundene Bleiglanzgang Spuren von Silber enthielt, wie Lüderitz in einem Brief an seine Frau vom 28.07.1886 berichtete, war ebenfalls längst bekannt und von Robert Baer schon ein Jahr vorher erwähnt worden.
Ab 17. Juli folgt Lüderitz mit zwei Ochsenwagen den Spuren der Pohle-Expedition über Nagama (Ugama), Kaukausib und Kubub bis nach Aus. Steingröver erkundet mit dem Nama Isaac den Weg zur ca. 70 km südlich von Angra Pequena gelegenen Walbai, wo Salpeterlager vermutet werden. In einem mutigen Fußmarsch, nur von einem Tragochsen begleitet, kommen sie über vier halbversiegte Wasserstellen mit salzigem Brackwasser bis nach Pomona. Von dort schlagen sie sich in nordwestlicher Richtung bis zum Ugamatal durch, wo sie wieder auf Lüderitz und die übrigen Expeditionsteilnehmer treffen.
Auch in Aus werden lediglich die Untersuchungen wiederholt, welche die Vorgängerexpedition bereits vor einem Jahr umfassender und gründlicher vorgenommen hatte. Die Resultate sind, wie nicht anders zu erwarten war, auch hier ernüchternd. Lüderitz muss feststellen, dass „Iselin ein tätiger Mann ist, der aber mit einem Bergmann natürlich nicht große Resultate erzielen kann.... Leider sind die Resultate bis soweit nicht besonders, da er wohl etwas Blei, Silber und Kupfer fand, aber nicht genug, um ein lohnendes Geschäft zu machen“.
Mit den zwei Ochsenwagen geht es schließlich weiter Richtung Bethanien. Die Wagenladung wird von Lüderitz in seinem Brief akribisch genau aufgelistet, darunter auch das, was man der Pohle-Expedition vorgeworfen hatte, nämlich nicht unerhebliche Spirituosenvorräte (fünf Kisten Gin, eine Kiste Whiskey und zwei Kisten Cognac!) Dabei diente der Alkohol beiden Expeditionen, wie es damals üblich war, auch als Tausch- und Zahlungsmittel für Dienste oder Waren der Eingeborenen.
Auf halber Strecke folgen Lüderitz, Iselin, Hodkins und ein Nama dem Weg, den Paul Prescher und Robert Baer bei ihrem „Pfingstausflug“ im Vorjahre genommen hatten und reiten nach Gaju Gami (Langwasser), um schließlich das Matjes-Rivier zu erreichen. Der dortige kurze Aufenthalt erlaubt keine eingehende Suche, sodass die von Prescher, Robert und Dr. Schenck bereits untersuchten Kupfervorkommen gar nicht gefunden werden.
Am 24. August erreicht Lüderitz mit seiner Expedition Bethanien. Nach Auffüllen der Vorräte geht es zusammen mit 50 Hammeln und Ziegen als Schlachtvieh in südliche Richtung zum Oranje River, den man bei Nabus-Drift erreicht. Von dort fahren die vier Europäer mit zwei kleinen, leichten Booten (Canvas) den Oranje abwärts, während der Rest der Expedition auf dem Landweg mit einem Packochsen bis zum Fischfluss folgt, von dort aber nach Bethanien zurückgeht. Danach fährt Lüderitz mit seinen drei Gefährten, den beiden Booten und dem notwendigsten Gepäck allein weiter flussabwärts. Noch vor Antritt der Reise hatte Steingröver zur Bestätigung der Auffassung seines Chefs die Erkundungsergebnisse der Pohle-Expedition angezweifelt: „ Dr. Pohle hat auf seiner Reise zum Oranjeriver die Mündung ebenfalls besucht, nennt den Fluss zu seicht und die Barre zu gefährlich. Abgesehen davon, daß ihm das seemännische Urteil darüber abgeht, gibt er an anderer Stelle an, daß er ein Floß habe bauen müssen, um einen Boten über den Fluß zu spedieren“. Lüderitz und Steingröver hatten vor Antritt ihrer Bootsreise nach wie vor die Hoffnung, dass der Oranje schiffbar sei.
Sie wurden eines besseren belehrt. Beide berichten in ihren letzten Briefen von Aris Drift, dass auf der gesamten zurückgelegten Flussstrecke „mehr oder weniger gefährliche Stromschnellen“ zu überwinden waren, häufig mussten die Boote über Land getragen werden. Unterwegs wurde mehrfach angehalten, ein Zelt aufgeschlagen und vom Ufer aus zu Fuß Exkursionen landeinwärts durchgeführt, freilich ohne Pferde in sehr begrenztem Radius und erneut ohne die erhofften Mineralfunde.
In Aris Drift fasst Lüderitz einen verhängnisvollen Entschluss. Er will mit Steingröver in einem der beiden segelfähigen Boote über den Atlantik bis nach Angra Pequena fahren. Von dort sollen Packochsen nach Aris Drift geschickt werden, um Iselin und Hodkins samt Gepäck abzuholen.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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