Auf Kupfersuche in Lüderitzland
Nachbetrachtung
Im Oktober des Jahres 1884 betritt der 23-jährige Bergmann Robert Baer in Angra Pequena, dem heutigen Lüderitzbucht, erstmals afrikanischen Boden. Kurz entschlossen hatte er das Angebot angenommen, sich als Assistent des Leiters einer 10-köpfigen Bergbauexpedition an der Suche nach Bodenschätzen in dem erst kurz zuvor unter Reichsschutz gestellten „Lüderitzland" zu beteiligen. Die Expedition stand unter enormem Erfolgsdruck. Das Auffinden abbauwürdiger Erze war Lüderitz' letzte Hoffnung, aus dem von ihm erworbenen Landstrich an der südwestafrikanischen Küste doch noch die dringend benötigten Gewinne zu erwirtschaften. Robert Baers Briefe und Tagebucheintragungen bilden die Grundlage dieses Buches, das neue Einblicke in die Anfänge des ehemaligen deutschen Schutzgebietes gewährt.
46. Folge
„Glück auf, der Steiger kommt!“
Es wird am 12. oder 13. Oktober 1885 gewesen sein, als Robert Baer nach 1 Jahr und 2 Monaten wieder glücklich und wohlbehalten in seiner sächsischen Heimat eintraf. Die Eltern waren froh und erleichtert, ihren Sohn früher als erwartet und bei guter Gesundheit wieder in die Arme schließen zu können. Auch Marie Bellmann, die sich auf eine zwei-jährige Abwesenheit ihres Roberts eingestellt hatte und sogar bereit gewesen wäre, ihm nach Afrika zu folgen, war glücklich, dass die Zeit der Trennung zu Ende war.
Die Entscheidung Roberts, sich an der Folgeexpedition ins Damaraland nicht mehr zu beteiligen, stellte sich im Nachhinein als richtig heraus. Nicht nur, dass er sich mit der ebenfalls weniger erfolgreich verlaufenen Untersuchung der Hope-Mine eine weitere Enttäuschung ersparte; sein weiterer beruflicher Werdegang gestaltete sich so erfolgreich, wie er es erhofft hatte. Bereits in einem Brief vom Sommer 1885 hatte ihm sein Vater mitgeteilt, dass sich seine Aussichten auf weiteres Fortkommen verbessert hätten. Die damalige Sitte oder Unsitte, persönliche Briefe anderen zum Lesen zu geben, die Robert wenige Wochen vorher in so große Schwierigkeiten gebracht hatte, sollte ihm jetzt zugute kommen. Dem Freiherrn Karl Christian Arthur Dathe zu Burgk, Besitzer und Leiter der gleichnamigen Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke, war selbstverständlich bekannt, dass einer seiner jungen Bergwerkskandidaten an der Südwestafrika-Expedition teilnahm. Er hatte sich an Roberts Briefen sehr interessiert gezeigt, hatte sie mit Aufmerksamkeit gelesen und immer wieder nach Roberts Befinden gefragt. Roberts Vater empfahl seinem Sohn, sich nach Rückkehr bei dem Baron zurückzumelden und sich persönlich vorzustellen. Obwohl es darüber keine weiteren Überlieferungen gibt, wird Robert dieser Empfehlung selbstverständlich gefolgt sein und dabei den Bergwerksbesitzer überzeugt haben. Nachdem er noch einige Monate im Lugau-Oelsnitzer Revier als Steiger gearbeitet hatte, erhielt er im November 1886 die nächste freiwerdende Steigerstelle bei den Steinkohlenwerken seines Heimatortes.
In der „Deubener Zeitung“ vom 12. November 1885 findet sich auf der ersten Seite unter der Rubrik „Aus unserer Gegend“ ein Artikel über einen Vortrag Robert Baers, in dem er seine afrikanischen Reiseerlebnisse einem örtlichen Diskussionsforum berichtete. Dieser Vortrag stand noch ganz unter den unmittelbaren Eindrücken, die er während der Expedition erhalten hatte und war demzufolge von einer gewissen Skepsis bezüglich der weiteren Entwicklungsmöglichkeiten der neuen Kolonie geprägt. Der Vortrag brachte, wie zu lesen ist, „den Eindruck hervor, dass der Wert der von Deutschland erworbenen Besitzung ein sehr fraglicher ist, falls man nur die Küste des Angra Pequena-Landes im Auge habe. Das Innere mag sicher schöner sein und zur Kolonisation mehr verlocken. Erst aber muss der sandige vegetationslose Küstensaum zugänglicher für menschliche Arbeit und Gewinn geschaffen werden. Und so dürften gewiss noch Jahrzehnte vergehen, ehe sich der Auswandererstrom nach den Südosten des Atlantischen Ozeans ergießen wird“.
Robert war bezüglich der zeitlichen Prognose zu pessimistisch. Südwestafrika wurde unter den deutschen Kolonien die einzige, die die Bezeichnung „Siedlungskolonie“ verdient. Allerdings nicht, wie Lüderitz erhofft hatte, am Oranje River, sondern weiter nördlich und im Landesinneren, wo landwirtschaftliche Nutzung möglich war. Dennoch – obwohl sich ab Ende der 90-er Jahre die Möglichkeiten, nach Südwest überzusiedeln deutlich verbesserten, hat Robert diese Option, die er vor und während seines dortigen Aufenthaltes durchaus ernsthaft in Erwägung gezogen hatte, aus seiner weiteren Lebensplanung gestrichen. Zu sehr war er in seiner Heimat und seinem unmittelbaren sozialen Umfeld verwurzelt. Außerdem gestaltete sich seine berufliche und persönliche Entwicklung weiterhin erfolgreich.
Robert heiratet
Die Verbindung mit seiner Marie hatte die mehr als einjährige Trennung gut überstanden. Am 29. April 1886 war im „Glückauf“, dem Anzeiger für den Plauenschen Grund zu lesen, dass sich „der Cassierer Bellmann und Frau sowie der Kohlenschreiber Bär und Frau beehren, die Verlobung ihrer Kinder Marie und Robert anzuzeigen“. Am 25. Oktober grüßten Robert Bär und Marie Bär geb. Bellmann als Vermählte (mit Datum vom 22. Okt. 1887) in den „Dresdner Nachrichten“.
Aus der Ehe gingen ein Sohn (Walter, geb. 1889) und drei Töchter (Grete, Dora und Lotte) hervor. Ein wesentliches verbindendes Element war sicherlich die gemeinsame Liebe zur Musik. Marie war wie Robert eine gute Pianistin und auch eine talentierte Sängerin. Sohn Walter wurde, erblich somit doppelt gefördert, Kirchenmusiker, Organist und Lehrer.
Robert Baer war sein ganzes berufliches Leben über bei den Freiherrlich von Burgk’schen Steinkohlen- und Eisenhüttenwerken beschäftigt. Im Jahre 1901 wurde er zum Vizeobersteiger, ein Jahr später zum Obersteiger befördert. Dem Bergwerksdirektor direkt verantwortlich, gehörte er zusammen mit zwei weiteren Obersteigern zur Leitungsspitze des Bergwerkes und trug die Verantwortung für den 456 Meter tiefen „Segen Gottes-Schacht“.
Im Jahre 1904, 19 Jahre nach Rückkehr von seinem Afrika-Abenteuer, wurde er nochmals gebeten, einen Vortrag über seine damaligen Erlebnisse zu halten. Das Manuskript dieses Vortrages, das ebenfalls noch im Familienbesitz ist, zeigt, dass der zeitliche Abstand zur Expedition zu einer abgeklärten und sachlichen Sicht geführt hat, in der nicht ohne Stolz auf die damalige Pionierleistung verwiesen wird.
Zum 01.07.1916 wurde Robert Baer mit 55 Jahren in den Ruhestand versetzt, nachdem kurz zuvor die Invalidität anerkannt worden war. Die Jahre des täglichen Untertagefahrens mit all den Belastungen eines Kohlebergwerkes werden auch an ihm und seiner Gesundheit Spuren hinterlassen haben. Nach dem Umzug nach Radebeul durfte er noch die Geburt von sechs Enkelkindern erleben.
Am 4. März 1925 musste sich Marie von ihrem Robert, auf dessen gesunde Rückkehr aus Afrika sie 40 Jahre vorher über ein Jahr lang in bangem Hoffen gewartet hatte, für immer verabschieden. Sie folgte ihm acht Jahre später, am 30. Juni 1933.
Dies war die letzte Folge von „Auf Kupfersuche in Lüderitzland“. In der nächsten Ausgabe wird die erste Folge des Buches „Blauer Diamant“ abgedruckt.
„Glück auf, der Steiger kommt!“
Es wird am 12. oder 13. Oktober 1885 gewesen sein, als Robert Baer nach 1 Jahr und 2 Monaten wieder glücklich und wohlbehalten in seiner sächsischen Heimat eintraf. Die Eltern waren froh und erleichtert, ihren Sohn früher als erwartet und bei guter Gesundheit wieder in die Arme schließen zu können. Auch Marie Bellmann, die sich auf eine zwei-jährige Abwesenheit ihres Roberts eingestellt hatte und sogar bereit gewesen wäre, ihm nach Afrika zu folgen, war glücklich, dass die Zeit der Trennung zu Ende war.
Die Entscheidung Roberts, sich an der Folgeexpedition ins Damaraland nicht mehr zu beteiligen, stellte sich im Nachhinein als richtig heraus. Nicht nur, dass er sich mit der ebenfalls weniger erfolgreich verlaufenen Untersuchung der Hope-Mine eine weitere Enttäuschung ersparte; sein weiterer beruflicher Werdegang gestaltete sich so erfolgreich, wie er es erhofft hatte. Bereits in einem Brief vom Sommer 1885 hatte ihm sein Vater mitgeteilt, dass sich seine Aussichten auf weiteres Fortkommen verbessert hätten. Die damalige Sitte oder Unsitte, persönliche Briefe anderen zum Lesen zu geben, die Robert wenige Wochen vorher in so große Schwierigkeiten gebracht hatte, sollte ihm jetzt zugute kommen. Dem Freiherrn Karl Christian Arthur Dathe zu Burgk, Besitzer und Leiter der gleichnamigen Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke, war selbstverständlich bekannt, dass einer seiner jungen Bergwerkskandidaten an der Südwestafrika-Expedition teilnahm. Er hatte sich an Roberts Briefen sehr interessiert gezeigt, hatte sie mit Aufmerksamkeit gelesen und immer wieder nach Roberts Befinden gefragt. Roberts Vater empfahl seinem Sohn, sich nach Rückkehr bei dem Baron zurückzumelden und sich persönlich vorzustellen. Obwohl es darüber keine weiteren Überlieferungen gibt, wird Robert dieser Empfehlung selbstverständlich gefolgt sein und dabei den Bergwerksbesitzer überzeugt haben. Nachdem er noch einige Monate im Lugau-Oelsnitzer Revier als Steiger gearbeitet hatte, erhielt er im November 1886 die nächste freiwerdende Steigerstelle bei den Steinkohlenwerken seines Heimatortes.
In der „Deubener Zeitung“ vom 12. November 1885 findet sich auf der ersten Seite unter der Rubrik „Aus unserer Gegend“ ein Artikel über einen Vortrag Robert Baers, in dem er seine afrikanischen Reiseerlebnisse einem örtlichen Diskussionsforum berichtete. Dieser Vortrag stand noch ganz unter den unmittelbaren Eindrücken, die er während der Expedition erhalten hatte und war demzufolge von einer gewissen Skepsis bezüglich der weiteren Entwicklungsmöglichkeiten der neuen Kolonie geprägt. Der Vortrag brachte, wie zu lesen ist, „den Eindruck hervor, dass der Wert der von Deutschland erworbenen Besitzung ein sehr fraglicher ist, falls man nur die Küste des Angra Pequena-Landes im Auge habe. Das Innere mag sicher schöner sein und zur Kolonisation mehr verlocken. Erst aber muss der sandige vegetationslose Küstensaum zugänglicher für menschliche Arbeit und Gewinn geschaffen werden. Und so dürften gewiss noch Jahrzehnte vergehen, ehe sich der Auswandererstrom nach den Südosten des Atlantischen Ozeans ergießen wird“.
Robert war bezüglich der zeitlichen Prognose zu pessimistisch. Südwestafrika wurde unter den deutschen Kolonien die einzige, die die Bezeichnung „Siedlungskolonie“ verdient. Allerdings nicht, wie Lüderitz erhofft hatte, am Oranje River, sondern weiter nördlich und im Landesinneren, wo landwirtschaftliche Nutzung möglich war. Dennoch – obwohl sich ab Ende der 90-er Jahre die Möglichkeiten, nach Südwest überzusiedeln deutlich verbesserten, hat Robert diese Option, die er vor und während seines dortigen Aufenthaltes durchaus ernsthaft in Erwägung gezogen hatte, aus seiner weiteren Lebensplanung gestrichen. Zu sehr war er in seiner Heimat und seinem unmittelbaren sozialen Umfeld verwurzelt. Außerdem gestaltete sich seine berufliche und persönliche Entwicklung weiterhin erfolgreich.
Robert heiratet
Die Verbindung mit seiner Marie hatte die mehr als einjährige Trennung gut überstanden. Am 29. April 1886 war im „Glückauf“, dem Anzeiger für den Plauenschen Grund zu lesen, dass sich „der Cassierer Bellmann und Frau sowie der Kohlenschreiber Bär und Frau beehren, die Verlobung ihrer Kinder Marie und Robert anzuzeigen“. Am 25. Oktober grüßten Robert Bär und Marie Bär geb. Bellmann als Vermählte (mit Datum vom 22. Okt. 1887) in den „Dresdner Nachrichten“.
Aus der Ehe gingen ein Sohn (Walter, geb. 1889) und drei Töchter (Grete, Dora und Lotte) hervor. Ein wesentliches verbindendes Element war sicherlich die gemeinsame Liebe zur Musik. Marie war wie Robert eine gute Pianistin und auch eine talentierte Sängerin. Sohn Walter wurde, erblich somit doppelt gefördert, Kirchenmusiker, Organist und Lehrer.
Robert Baer war sein ganzes berufliches Leben über bei den Freiherrlich von Burgk’schen Steinkohlen- und Eisenhüttenwerken beschäftigt. Im Jahre 1901 wurde er zum Vizeobersteiger, ein Jahr später zum Obersteiger befördert. Dem Bergwerksdirektor direkt verantwortlich, gehörte er zusammen mit zwei weiteren Obersteigern zur Leitungsspitze des Bergwerkes und trug die Verantwortung für den 456 Meter tiefen „Segen Gottes-Schacht“.
Im Jahre 1904, 19 Jahre nach Rückkehr von seinem Afrika-Abenteuer, wurde er nochmals gebeten, einen Vortrag über seine damaligen Erlebnisse zu halten. Das Manuskript dieses Vortrages, das ebenfalls noch im Familienbesitz ist, zeigt, dass der zeitliche Abstand zur Expedition zu einer abgeklärten und sachlichen Sicht geführt hat, in der nicht ohne Stolz auf die damalige Pionierleistung verwiesen wird.
Zum 01.07.1916 wurde Robert Baer mit 55 Jahren in den Ruhestand versetzt, nachdem kurz zuvor die Invalidität anerkannt worden war. Die Jahre des täglichen Untertagefahrens mit all den Belastungen eines Kohlebergwerkes werden auch an ihm und seiner Gesundheit Spuren hinterlassen haben. Nach dem Umzug nach Radebeul durfte er noch die Geburt von sechs Enkelkindern erleben.
Am 4. März 1925 musste sich Marie von ihrem Robert, auf dessen gesunde Rückkehr aus Afrika sie 40 Jahre vorher über ein Jahr lang in bangem Hoffen gewartet hatte, für immer verabschieden. Sie folgte ihm acht Jahre später, am 30. Juni 1933.
Dies war die letzte Folge von „Auf Kupfersuche in Lüderitzland“. In der nächsten Ausgabe wird die erste Folge des Buches „Blauer Diamant“ abgedruckt.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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