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Aussicht auf Einsicht – 60 Jahre danach

In Namibia ist der Genozid das Thema, doch es gibt auch Parallelen zu anderen Kolonialstaaten, wie zum Beispiel Kenia, wo die Briten Gräueltaten an der Bevölkerung verübten, die ebenso schwerwiegend sind wie das Vergehen der Deutschen in Namibia. Selbst 60 Jahre nach Abzug der Briten aus dem ostafrikanischen Land, gibt es keine offizielle Entschuldigung, wohl wissend, dass diese Reperationszahlungen nach sich ziehen könnten.
Unlängst besuchte der britische König Charles die ehemalige Kolonie Kenia. Von diesem Besuch erwarteten sich viele Kenianer, dass es eine offizielle Entschuldigung der britischen Kolonialherren für die Gräueltaten, die diese während der Regentschaft verübten, geben würde. Ein Trugschluss, allerdings ist König Charles auch nur ein Repräsentant des Königreiches und nicht der Entscheidungsträger von Großbritannien. Dennoch war die Enttäuschung groß.

Zwar bestreiten die Briten es nicht, dass es während der Herrschaft täglich Gewalttaten und Demütigung gegeben habe, damit scheint das Thema aber auch abgehandelt zu sein.

Aus historischen Aufzeichnungen ist benannt, was die Briten Hunderttausenden von Kenianern angetan haben. Schreckliche Gewalttaten wurden vor allem dadurch möglich, als wegen der Mau-Mau-Rebellion (der Kampf der antikolonialen Unabhängigkeitsbewegung Mau-Mau gegen die Herrschaft der weißen Siedler und der Kolonialmacht Großbritannien), der Ausnahmezustand (20. Oktober 1952 bis zum 12. Januar 1960) verhängt wurde. Damit wurden Sonderreglungen in Kraft gesetzt, die einer Bevollmächtigung ähnlich wie in Kriegszeiten galten.

Auslöser der Bewegung, die mit Guerilla-Methoden gegen weiße Siedler und Angehörige der britischen Kolonialverwaltung kämpften, waren die Landenteigungn der Briten. Dieser Kampf der Mau-Mau wurde hauptsächlich von den bäuerlichen Kikuyu in der Zentralregion Kenias getragen.

Deportation

Der Ausnahmezustand machte es für die Kolonialherren möglich, ähnlich wie es in Nazi-Deutschland Massenverhaftungen gab, bei der die Menschen in Konzentrationslager deportiert wurden, Menschen in Gefangenenlager zu verfrachten. Die britische imperialistische Regierung versuchte dies unter dem Deckmantel zu halten.

Die Sonderreglungen und Verordnungen führten zu Massenverhaftungen, Inhaftierungen ohne Gerichtsverfahren, exzessive Todesstrafen, Hinrichtungen im Schnellverfahren, Vertreibungen, Geldstrafen und die Zwangsumsiedlung ganzer Dörfer.

Schätzungen zufolge sollen rund 70.000 bis 150.000 der Rebellion Verdächtige der Unabhängigkeitsbewegung Mau Mau in solchen Gefangenenlagern festgehalten worden sein, Gewalt, Misshandlung, Verstümmelung durch Folter und Demütigung inklusive. Ganz zu schweigen von den katastrophalen Bedingungen die dort herrschten.

Vertuschung der Gäuel

Im Hintergrund verdunkelte eine Propaganda-Maschine diese Gräueltaten der Kolonialherren mit Phrasen wie es handele sich um Briten die rational unter schwierigen Umständen ihren Job machten.

Zu den Methoden der Einschüchterung gehörte das sogenannte Screening. Ganze Gemeinschaften oder Dörfer wurden in Gewahrsam genommen, um herauszufinden welcher politischen Gesinnung sie angehörten oder seien. In den meisten Fällen wurden viele danach inhaftiert. Eine Anklage wegen eines Verbrechens erfolgte nicht. Der einzige Ausweg wieder freizukommen war, durch brutalste Gewalteinwirkung, die Mau-Mau-Aktivitäten zu gestehen.

Eine weitere Technik diese Geständnisse zu erzwingen, war psychologischer Natur. Diejenigen die kooperierten um freizukommen wurden mit denen die dies verweigerten zusammengesperrt. Damit sollten letztere dazu bewegt werden das Rehabilitationsprogramm zu akzeptieren und zu gestehen. Es kam zu Misshandlungen und Gewalt durch mit dem Gefängnispersonal kooperierenden Gefangenen, um die Verweigerer zu brechen.

Zudem wurden Häftlinge zur Arbeit gezwungen, weigerten sich diese, kam es zu körperlicher Züchtigung durch das Gefängnispersonal. Nicht selten kam es dabei auch zu Todesfällen. Diese wurden meist mit verdorbener Nahrung oder Krankheit deklariert. Der Boden war bereitet für die sanktionierte Anwendung von Gewalt gegen Häftlinge. Und wenn Menschen bei der Missachtung einer gesetzlichen Anordnung verletzt oder getötet wurden, konnten diese Folgen von den Lagerbehörden leichter gerechtfertigt werden.

Öffentliche Wahrnehmung

Die gewalttätige Architektur der Lager wurde hinter einer komplizierten bürokratischen Sprache versteckt, die ihre wahre Bedeutung verbarg. Der britischen Öffentlichkeit wurde von der Kolonialregierung ein Narrativ über den „rehabilitierenden“ Charakter der Lager vorgesponnen - eine Möglichkeit, die Menschen von ihrer Mau-Mau-Zugehörigkeit abzubringen.

Als es Mitte des 20. Jahrhunderts mit der Kolonialherrschaft auf das Ende zuging, wurde ein riesiger Apparat in Bewegung gesetzt, um alls möglichen Beweise verschwinden zu lassen. Alle streng geheimen Verschlusssachen wurden rasch in den Exekutivbüros in Kenia zentralisiert und mit dem Vermerk „nur für europäische Augen“ versehen. Bestimmte koloniale Akten wurden vor der kenianischen Unabhängigkeit im Jahr 1963 in einer „Watch“-Serie besonders klassifiziert. Dazu gehörten "alle Unterlagen, die als Beleg für die Rassendiskriminierung von Afrikanern seitens der Regierung ausgelegt werden könnten“.

Aufarbeitung

Zwar führten die britischen Kolonialherren keinen direkten Krieg gegen die kenianische Bevölkerung, dennoch ist die Art und Weise als gleich Brutal darzustellen wie die, der Deutschen beim Völkermord in Namibia. Allerdings und das einen bitteren Nachgeschmack, hat die deutsche Regierung diese Verbrechen eingestanden und Reperationszahlungen angeboten, auch wenn dies immer noch ein heftiger Diskussionspunkt zwischen den traditionellen Führern des Landes und der Regierung ist. Kenia im Gegensatz dazu wartet derweil immer noch „nur“ auf eine Entschuldigung und das Schuldeingeständnis der britischen Regierung diese Verbrechen begangen zu haben.

Es ist allerdings auch in naher Zukunft nicht zu erwarten, dass dies geschieht, denn dies würde einen Rattenschwanz an weiteren Forderungen nach sich ziehen. Wahrscheinlich werden danach andere ehemalige Kolonien folgen. Vielleich hätte König Charles gerne mehr als nur Zugegeben, dass mit der Kolonialherrschaft der Briten Gewalttaten einhergingen, allerdings muss dies vor anderer Stelle kommen. Vielleicht muss aber auch der Internationale Gerichtshof in Den Haag ein Strich unter die Sache ziehen, damit die vielen Opfer ihre Ruhe finden können.

Olaf Mueller

Quellen: Wikipedia/Moina Spooner & Aoife Duffy (The Conversation)

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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