Blauer Diamant
„Blauer Diamant" ist ein detailreicher und lesenswerter Roman über den Lebensweg eines Einwanderers in Deutsch-Südwestafrika zur Zeit der großen Diamantenfunde. Lassen Sie sich in das Jahr 1909 versetzen und fahren mit Willy, der Hauptperson dieses Romans, nach Südwestafrika nach Lüderitzbucht. In der Nähe hatte man Diamanten entdeckt. Wer ist die schöne Fremde auf dem Schiff Windhuk? Kann der reiche Diamanthändler Alexander Winter, Besitzer der Farm BLAUER DIAMANT, mit seinem von einem Leoparden entstellten Gesicht psychisch fertig werden? Wie war das beim Bau der Bahntrasse von Windhoek nach Keetmanshoop und wie heilte der Medizinmann Willy?
14. Folge
Nach der Klärung der Diskrepanz zwischen Werbeplakat und Realität schwelgten wir zunächst in Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse in Dresden. Dann hieß es immer: Wisst Ihr noch, damals.... Und dann wollte jeder wissen, was der andere in der Zwischenzeit erlebt hatte. Natürlich reichte der Abend nicht für die Feier des zufälligen Wiedersehens, wir brauchten dafür die ganze Nacht und eine Menge Alkohol.
Atze erzählte, wie er in Dresden ebenfalls durch ein paradiesisches Plakat auf die Idee kam, zum Zoll nach Deutsch-Südwestafrika zu gehen. Wenn schon arbeiten, dann am liebsten unter Palmen und unter südlicher Sonne. Dafür musste er sich allerdings für mindestens drei Jahre zum Kolonialdienst verpflichten.
Und dann kamen wir endlich auf das aktuelle und wichtigste Thema zu sprechen, das uns alle brennend interessierte, nämlich Diamanten und Diamantenschmuggel und vor allem, wie werde ich schnell reich. Das war für uns natürlich ein sehr spannendes, uns interessierendes Thema und jeder wollte von Atze genauer wissen, ob es leicht wäre, günstig an Diamanten zu kommen, und wenn ja, wie. Hier war man immerhin an der Quelle! Wir vier hofften auf Tipps von Atze, der inzwischen Insider sein musste.
„Da seid ihr nicht die Einzigen, die durch Diamanten reich werden wollen, aber ihr kommt zu spät.“
Atze sah die fragende Enttäuschung in unseren Gesichtern. Es kommen zurzeit immer noch viele jüngere Leute an, die glauben, hier auf die Schnelle ihr Glück machen zu können. Aber nur wenigen gelingt es wirklich. Wenn das so einfach wäre, würde ich ganz sicher nicht mehr im Zollbüro sitzen. Oder?“ Das war Atzes ernüchternde Einleitung für einen längeren Informationsvortrag.
Hintergrund zwecks Diamanten
„Die Diamantenzeit begann vor etwa eineinhalb oder zwei Jahren, ich glaube im Dezember 1908, jedenfalls zu der Zeit war ein Trupp Bahnarbeiter unter der Aufsicht des Bahnmeisters August Stauch zwischen Lüderitzbucht und Keetmanshoop unterwegs. Sie sollten die Bahngleise sandfrei halten. Ihr müsst wissen, dass die Bahntrasse von hier nach Keetmanshoop durch etwa 80 Kilometer Wüste führt, bevor sie das felsige Hügelland erreicht. Durch den ständigen Wind gibt es immer wieder Sandverwehungen auf der Strecke und das bringt den Bahnverkehr natürlich zum Erliegen. Aber die Bahn ist äußerst wichtig für uns, sie bringt uns das lebensnotwendige Trinkwasser und so ist ständig ein Trupp unterwegs, die Trasse freizuschaufeln.
Da seine Leute Stauchs Leidenschaft für schöne Steine kannten, gab ihm der Streckenarbeiter Zacharias Lewala einen Stein, den er im Sand gefunden hatte. Zwar wurde bis dahin immer behauptet, in der Namib gäbe es keine Diamanten, ein diamantenhaltiges Land sähe völlig anders aus. Man kennt das von Südafrika, wo Diamanten nur in Eruptivgestein oder verwitterten Eruptivgesteinen vorkommen. Trotzdem ließ Stauch den Stein in Swakopmund untersuchen und der Bergrat Scheibe bestätigte ihm, es sei einwandfrei ein Diamant. Daraufhin legte der Bahnbeamte August Stauch seine Eisenbahnermütze in die Ecke und begab sich auf Diamantensuche. Er war clever und hat sich umgehend die Schürfrechte für ein riesiges Gebiet von ungefähr 70 Quadratkilometern reservieren lassen. Drei Wochen war er bei glühender Hitze mit Bergrat Scheibe aus Berlin und einigen Namas in der Wüste unterwegs gewesen, bis der Trupp dann endlich Silvester 1907 fündig wurde. In kurzer Zeit hatten sie mehrere tausend Karat feinster Diamanten gefunden. Ein Karat sind, wie ihr sicher wisst, 0,2 g. Heute sind Stauch und Scheibe im wahrsten Sinne des Wortes steinreiche Leute.
Bis zu der Zeit hatte man weiter südlich schon nach Diamanten gesucht. Nachdem sich die Diamantenfunde hier bei Kolmanskuppe herumgesprochen hatten, sind viele Anwohner umgehend in die Wüste gezogen, um den Sand abzusuchen. Glücksritter und Abenteurer aus allen Ecken strömten hierher. Die Häuser schossen wie Pilze aus dem Boden. Ihr seht ja, wie hier überall gebaut wird. Einige haben sozusagen in der ersten Stunde tatsächlich ihr Glück gemacht.
In der ersten Zeit waren Diamanten in den Kneipen und Bars sogar zu einem normalen Zahlungsmittel geworden. Da gab es dann clevere Aufkäufer, die dem einfachen Mann die Diamanten weit unter Wert abkauften und reich wurden, ohne selbst im Sand suchen zu müssen. Aber wie das bei Diamanten so ist, nicht lange nach dem Fund hier in der Nähe, genauer gesagt, am 22. September 1908, haben sich ganz schnell die neu gegründeten, großen Diamantengesellschaften, die Deutsche-Diamantengesellschaft, die Kolonial- Bergbaugesellschaft, die Kolmannskop-Diamantengesellschaft und andere, das restliche Land unter den Nagel gerissen. Hier in der Gegend ist kein Claim mehr zu bekommen, das ganze Land ist bereits restlos aufgeteilt und streng bewacht. Ihr kommt leider etwas zu spät. Die Diamantminen-Gesellschaften sehen es überhaupt nicht gern, wenn jemand auf ihrem Gebiet unbefugt Diamanten sucht. Sie überwachen ihr Gebiet und vertreiben die Eindringlinge, die anfangen zu graben, mit Waffengewalt.“
„Aber man kann doch nicht das gesamte Gebiet kontrollieren“, warf Werner ein. „Ich werde mich bei nächster Gelegenheit einmal umsehen. Und die schwarzen Arbeiter liefern doch bestimmt nicht jeden Stein, den sie finden, ab. Es gibt doch auch Diamantenschmuggler, wie du selber sagst. Wenn man einen Diamanten am Körper versteckt, zum Beispiel im Haar oder unter der Zunge oder auch im nicht gegessenen Frühstücksbrot, wer soll den schon entdecken? Man kann doch nicht alles und jeden untersuchen!“
„Hört euch diesen Amateurschmuggler an! Sehr gut, deine Ideen. Sie haben nur einen Nachteil“, Atze grinste breit. „Glaubst du, diese Verstecke, die dir sofort spontan eingefallen sind, würden die Minenbesitzer nicht kennen? Auch der Schmuggel in Wasserflaschen ist ihnen bereits bekannt. Sie haben längst alle Möglichkeiten durchdacht, wie eventuell Diamanten geschmuggelt werden könnten und entsprechende Maßnahmen ergriffen. Wie soll ich dir das erklären. Die Sachen, die du als Arbeiter auf dem Diamantenfeld trägst, werden dir gestellt, haben keine geheimen Taschen und bleiben im Camp. Also kannst du darin schon mal nichts herausschmuggeln und die Haare werden gekämmt. Den Mund musst du auch aufmachen. Selbst wenn du einen Diamanten verschlucken würdest, um ihn später im Nachttopf auszuwaschen, es würde dir nicht unbedingt gelingen. Nachdem du vom Diamantenfeld in das Camp gebracht wurdest, musst du dort solange bleiben, bis du dort dein „Geschäft“ gemacht hast. Und wenn du unter Verdacht stehst, Diamanten verschluckt zu haben und an Verstopfung leidest, bekommst du eben Rizinusöl eingeflößt. Ich will nicht behaupten, dass das Herausschmuggeln von Diamanten absolut unmöglich ist, denn es gelangen doch schätzungsweise zehn bis zwanzig Prozent der Diamanten irgendwie auf den schwarzen Markt. Aber es ist nicht einfach, das muss gut organisiert sein.
Nach der Klärung der Diskrepanz zwischen Werbeplakat und Realität schwelgten wir zunächst in Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse in Dresden. Dann hieß es immer: Wisst Ihr noch, damals.... Und dann wollte jeder wissen, was der andere in der Zwischenzeit erlebt hatte. Natürlich reichte der Abend nicht für die Feier des zufälligen Wiedersehens, wir brauchten dafür die ganze Nacht und eine Menge Alkohol.
Atze erzählte, wie er in Dresden ebenfalls durch ein paradiesisches Plakat auf die Idee kam, zum Zoll nach Deutsch-Südwestafrika zu gehen. Wenn schon arbeiten, dann am liebsten unter Palmen und unter südlicher Sonne. Dafür musste er sich allerdings für mindestens drei Jahre zum Kolonialdienst verpflichten.
Und dann kamen wir endlich auf das aktuelle und wichtigste Thema zu sprechen, das uns alle brennend interessierte, nämlich Diamanten und Diamantenschmuggel und vor allem, wie werde ich schnell reich. Das war für uns natürlich ein sehr spannendes, uns interessierendes Thema und jeder wollte von Atze genauer wissen, ob es leicht wäre, günstig an Diamanten zu kommen, und wenn ja, wie. Hier war man immerhin an der Quelle! Wir vier hofften auf Tipps von Atze, der inzwischen Insider sein musste.
„Da seid ihr nicht die Einzigen, die durch Diamanten reich werden wollen, aber ihr kommt zu spät.“
Atze sah die fragende Enttäuschung in unseren Gesichtern. Es kommen zurzeit immer noch viele jüngere Leute an, die glauben, hier auf die Schnelle ihr Glück machen zu können. Aber nur wenigen gelingt es wirklich. Wenn das so einfach wäre, würde ich ganz sicher nicht mehr im Zollbüro sitzen. Oder?“ Das war Atzes ernüchternde Einleitung für einen längeren Informationsvortrag.
Hintergrund zwecks Diamanten
„Die Diamantenzeit begann vor etwa eineinhalb oder zwei Jahren, ich glaube im Dezember 1908, jedenfalls zu der Zeit war ein Trupp Bahnarbeiter unter der Aufsicht des Bahnmeisters August Stauch zwischen Lüderitzbucht und Keetmanshoop unterwegs. Sie sollten die Bahngleise sandfrei halten. Ihr müsst wissen, dass die Bahntrasse von hier nach Keetmanshoop durch etwa 80 Kilometer Wüste führt, bevor sie das felsige Hügelland erreicht. Durch den ständigen Wind gibt es immer wieder Sandverwehungen auf der Strecke und das bringt den Bahnverkehr natürlich zum Erliegen. Aber die Bahn ist äußerst wichtig für uns, sie bringt uns das lebensnotwendige Trinkwasser und so ist ständig ein Trupp unterwegs, die Trasse freizuschaufeln.
Da seine Leute Stauchs Leidenschaft für schöne Steine kannten, gab ihm der Streckenarbeiter Zacharias Lewala einen Stein, den er im Sand gefunden hatte. Zwar wurde bis dahin immer behauptet, in der Namib gäbe es keine Diamanten, ein diamantenhaltiges Land sähe völlig anders aus. Man kennt das von Südafrika, wo Diamanten nur in Eruptivgestein oder verwitterten Eruptivgesteinen vorkommen. Trotzdem ließ Stauch den Stein in Swakopmund untersuchen und der Bergrat Scheibe bestätigte ihm, es sei einwandfrei ein Diamant. Daraufhin legte der Bahnbeamte August Stauch seine Eisenbahnermütze in die Ecke und begab sich auf Diamantensuche. Er war clever und hat sich umgehend die Schürfrechte für ein riesiges Gebiet von ungefähr 70 Quadratkilometern reservieren lassen. Drei Wochen war er bei glühender Hitze mit Bergrat Scheibe aus Berlin und einigen Namas in der Wüste unterwegs gewesen, bis der Trupp dann endlich Silvester 1907 fündig wurde. In kurzer Zeit hatten sie mehrere tausend Karat feinster Diamanten gefunden. Ein Karat sind, wie ihr sicher wisst, 0,2 g. Heute sind Stauch und Scheibe im wahrsten Sinne des Wortes steinreiche Leute.
Bis zu der Zeit hatte man weiter südlich schon nach Diamanten gesucht. Nachdem sich die Diamantenfunde hier bei Kolmanskuppe herumgesprochen hatten, sind viele Anwohner umgehend in die Wüste gezogen, um den Sand abzusuchen. Glücksritter und Abenteurer aus allen Ecken strömten hierher. Die Häuser schossen wie Pilze aus dem Boden. Ihr seht ja, wie hier überall gebaut wird. Einige haben sozusagen in der ersten Stunde tatsächlich ihr Glück gemacht.
In der ersten Zeit waren Diamanten in den Kneipen und Bars sogar zu einem normalen Zahlungsmittel geworden. Da gab es dann clevere Aufkäufer, die dem einfachen Mann die Diamanten weit unter Wert abkauften und reich wurden, ohne selbst im Sand suchen zu müssen. Aber wie das bei Diamanten so ist, nicht lange nach dem Fund hier in der Nähe, genauer gesagt, am 22. September 1908, haben sich ganz schnell die neu gegründeten, großen Diamantengesellschaften, die Deutsche-Diamantengesellschaft, die Kolonial- Bergbaugesellschaft, die Kolmannskop-Diamantengesellschaft und andere, das restliche Land unter den Nagel gerissen. Hier in der Gegend ist kein Claim mehr zu bekommen, das ganze Land ist bereits restlos aufgeteilt und streng bewacht. Ihr kommt leider etwas zu spät. Die Diamantminen-Gesellschaften sehen es überhaupt nicht gern, wenn jemand auf ihrem Gebiet unbefugt Diamanten sucht. Sie überwachen ihr Gebiet und vertreiben die Eindringlinge, die anfangen zu graben, mit Waffengewalt.“
„Aber man kann doch nicht das gesamte Gebiet kontrollieren“, warf Werner ein. „Ich werde mich bei nächster Gelegenheit einmal umsehen. Und die schwarzen Arbeiter liefern doch bestimmt nicht jeden Stein, den sie finden, ab. Es gibt doch auch Diamantenschmuggler, wie du selber sagst. Wenn man einen Diamanten am Körper versteckt, zum Beispiel im Haar oder unter der Zunge oder auch im nicht gegessenen Frühstücksbrot, wer soll den schon entdecken? Man kann doch nicht alles und jeden untersuchen!“
„Hört euch diesen Amateurschmuggler an! Sehr gut, deine Ideen. Sie haben nur einen Nachteil“, Atze grinste breit. „Glaubst du, diese Verstecke, die dir sofort spontan eingefallen sind, würden die Minenbesitzer nicht kennen? Auch der Schmuggel in Wasserflaschen ist ihnen bereits bekannt. Sie haben längst alle Möglichkeiten durchdacht, wie eventuell Diamanten geschmuggelt werden könnten und entsprechende Maßnahmen ergriffen. Wie soll ich dir das erklären. Die Sachen, die du als Arbeiter auf dem Diamantenfeld trägst, werden dir gestellt, haben keine geheimen Taschen und bleiben im Camp. Also kannst du darin schon mal nichts herausschmuggeln und die Haare werden gekämmt. Den Mund musst du auch aufmachen. Selbst wenn du einen Diamanten verschlucken würdest, um ihn später im Nachttopf auszuwaschen, es würde dir nicht unbedingt gelingen. Nachdem du vom Diamantenfeld in das Camp gebracht wurdest, musst du dort solange bleiben, bis du dort dein „Geschäft“ gemacht hast. Und wenn du unter Verdacht stehst, Diamanten verschluckt zu haben und an Verstopfung leidest, bekommst du eben Rizinusöl eingeflößt. Ich will nicht behaupten, dass das Herausschmuggeln von Diamanten absolut unmöglich ist, denn es gelangen doch schätzungsweise zehn bis zwanzig Prozent der Diamanten irgendwie auf den schwarzen Markt. Aber es ist nicht einfach, das muss gut organisiert sein.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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