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Foto: Facebook
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Blauer Diamant

„Blauer Diamant" ist ein detailreicher und lesenswerter Roman über den Lebensweg eines Einwanderers in Deutsch-Südwestafrika zur Zeit der großen Diamantenfunde. Lassen Sie sich in das Jahr 1909 versetzen und fahren mit Willy, der Hauptperson dieses Romans, nach Südwestafrika nach Lüderitzbucht. In der Nähe hatte man Diamanten entdeckt. Wer ist die schöne Fremde auf dem Schiff Windhuk? Kann der reiche Diamanthändler Alexander Winter, Besitzer der Farm BLAUER DIAMANT, mit seinem von einem Leoparden entstellten Gesicht psychisch fertig werden? Wie war das beim Bau der Bahntrasse von Windhoek nach Keetmanshoop und wie heilte der Medizinmann Willy?
19. Folge

„So ein Mist“, fluchte Atze. „Konnte der Mann nicht, wie alle vernünftigen Wasserleichen im Ozean treiben? Ausgerechnet meinen Platz musste er sich aussuchen!“

Wir fassten beide die Stange und versuchten, mit dem Enterhaken die Jacke zu erwischen. Die Hose hatte die Leiche inzwischen fast verloren. Sie schien nur noch auf einer Seite vom Hosenträger gehalten zu werden. Endlich gelang es uns, den Haken in der Jacke festzukrallen. Viel Platz hatten wir auf unserer Plattform nicht und wir mussten vorsichtig sein, um nicht selber in das Wasser zu fallen. Behutsam versuchten wir, die Leiche samt Korb zu uns herüberzuziehen, aber dummerweise hatten wir die Leine oben an den Eisenpflöcken zu kurz befestigt, so dass wir die Leiche nicht ganz heranziehen konnten.

„Es hilft nichts, einer muss nach oben und die Leine etwas lösen und wieder runter kommen“, sagte Atze. „Willst du rauf, oder soll ich gehen?“

„Rauf, runter und nachher wieder rauf, dann geh du man lieber“, schlug ich vor.

„Aber halte die Leiche am Haken, nicht dass sie abtreibt, wenn ich die Leine löse.“ Atze machte sich an den Aufstieg.

Warum sollte die Leiche mir eigentlich nicht entwischen? Von mir aus konnte sie ruhig wieder ins Meer hinaustreiben. Dann wären wir das Problem wenigstens los.

Doch die Leiche konnte mir gar nicht entkommen, die Wellen drückten sie immer gegen den Fels. Ich sah mir in der Zwischenzeit unseren Fang an, so gut es aus dieser Position möglich war. Es war ganz sicher eine männliche Leiche, soviel war klar. Haar, Hose und Jacke ließen diesen Schluss zu. Aber ein großer Teil des Körpers war bereits abhandengekommen, beziehungsweise, war abgenagt. Die Hose schwappte im Wasser hin und her. Ein Bein fehlte offensichtlich, denn ein Hosenbein war leer, vom anderen Bein, so schien es, gab es nur noch den Ober- und den Unterschenkelknochen. Wahrscheinlich war der Ärmste lange und heftig gegen die Felsen geschleudert worden oder er war einem Hai begegnet.

Von oben rief Atze: „Ich mache jetzt die Leine los und gebe gut drei Meter nach, das muss reichen. Dann mache ich sie vorsichtshalber wieder fest.“

Die Leine lockerte sich und ich hielt die Stange mit beiden Händen fest. Es war makaber, wie sich die Leiche mit dem Korb am Arm in den Wellen auf und ab bewegte. Es sah aus, als würde noch ein Rest Leben in ihr stecken und ein amputierter Kriegsversehrter wäre auf dem Weg zum Markt mit dem Korb am Arm hingefallen. Ich passte auf, dass mir der Fang nicht entwischte, aber weg konnte er ja nicht, da Atze die Leine wieder befestigt hatte.

Leiche wird geborgen

Endlich war Atze wieder unten und ich wunderte mich, wie sachlich, emotionslos und professionell wir in dieser Situation vorgingen. Als wären wir schon seit Jahren bei der kaiserlichen Mordkommission und der Umgang mit toten Zeitgenossen reine Routine. Auf unserer kleinen Plattform stehend, zogen wir die Stange vorsichtig ein und erwischten die Jacke mit einer Hand. An dem abgenagten Beinknochen mochten wir dann doch nicht anfassen, um die Leiche aus dem Wasser zu ziehen. Mit einer Hand am Ende des Drahtseiles mich festhaltend, ging ich ein wenig rückwärts und zog mit Atze den Rest eines Menschen auf den Fels. Unter der Jacke schien sich etwas zu bewegen und plötzlich kroch stinksauer eine große Languste hervor, die wir anscheinend bei ihrer Mahlzeit gestört hatten. Sie krabbelte unzufrieden zum Felsrand und ließ sich frustriert ins Wasser fallen.

Der Mann sah grausam verstümmelt aus. Wellen und fleischliebende Wasserbewohner hatten ihm stark zugesetzt. Vom Gesicht war praktisch nichts mehr übrig. Wo früher einmal Augen waren, befanden sich jetzt nur noch leere Höhlen, von der Nase war auch nichts mehr da und die untere Hälfte des Körpers war auch nicht mehr komplett. Wir befreiten seinen Arm aus unserem Korb und siehe da, es waren noch zwei Langusten darin. Ohne ein Wort zu sagen, drehte Atze den Korb um und ließ die beiden Langusten ins Meer zurück fallen. Dann schmiss er den Korb wieder ins Meer, der hing ja noch an der Leine und musste von oben hochgezogen werden.

Nachdem wir sicher waren, dass die Leiche nicht mehr von den Wellen erreicht und fortgespült werden konnte, kletterten wir wieder nach oben.

„Wir müssen jetzt sofort die Gendarmerie benachrichtigen, die kann den Rest erledigen und die Leiche nach oben schaffen.“

„In Ordnung!“ Ich nickte Atze zu und wir machten uns auf den Rückweg. Allerdings haben wir unsere Fangutensilien gleich mitgenommen und die zuvor gefangenen drei Langusten noch schnell im Hotel abgeliefert. Für heute war uns die Lust erst einmal vergangen.

Es stellte sich auf der Polizeistation später heraus, dass unser Fund der vermisste Aufseher der Diamantenmine war. Die Leiche wies ein Einschussloch im Brustbereich auf. Somit musste anscheinend einer der Wachleute, oder beide, den Aufseher ausgeraubt haben, denn bei der Leiche fand man nicht einen einzigen kleinen Diamanten und die beiden Begleiter blieben verschwunden.

„Willy, du siehst, es ist doch nicht ungefährlich, so viele Diamanten bei sich zu haben, oder damit verschwinden zu wollen. Man muss dann schon verdammt pfiffig sein.“ Ich gab Atze Recht. „Zumindest kannst du keinem trauen, wenn es um derart große Werte geht.“

Wir mussten den Hergang unseres Fundes noch zu Protokoll geben und bestätigen, dass wir bei der Leiche nichts gefunden und nichts unterschlagen oder entwendet hatten. Da Atze ein kaiserlicher Beamter und allein dadurch schon eine Vertrauensperson und außerdem der Administration in Lüderitzbucht allgemein bekannt war, glaubte man uns ohne Probleme. An Hand des sehr mitgenommenen Zustandes der Leiche kamen wir für die Gendarmerie auch nicht als Täter in Frage.

Im Nachhinein fragte ich mich, wie meine Reaktion gewesen wäre, hätte man in den Jackentaschen des Toten nach unserer Meldung noch Diamanten gefunden. Nun, das hätte möglich sein können, noch ein paar Diamanten in einer geheimen kleinen Tasche zu finden. Der Aufseher war ja wohl erschossen worden, weil man ihm die Diamanten abnehmen wollte. Wir waren eigentlich sehr nachlässig gewesen, denn wir hatten nach der Bergung der Leiche die Taschen nicht untersucht. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn sich in den Taschen tatsächlich noch Diamanten befunden hätten. In diesem Fall, so glaube ich, wären die Umstände äußerst günstig für uns gewesen und wir, davon war ich hundertprozentig überzeugt, wären mit dem Fund unbehelligt davon gekommen.

Bleibt noch anzumerken, von den Langusten, die wir an das Hotelrestaurant geliefert hatten, habe ich keine gegessen.

Aber nun, wo ich Erfahrung gesammelt hatte, wie man besonders viele Langusten unter Verwendung eines Riesenköders fängt, aber andererseits hier in Lüderitzbucht jedoch keine Möglichkeit sah, zu wirklichem Reichtum zu kommen, wollte ich etwas anderes in Angriff nehmen. Und in den nächsten Tagen musste ich mich dann auch langsam nach einer Stellung umsehen. Meine finanziellen Mittel waren ja nicht unerschöpflich.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-24

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