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Einsames Farmhaus mit großem Garten (ca. 1909)
Einsames Farmhaus mit großem Garten (ca. 1909)

Blauer Diamant

34. Folge
Olaf Mueller
34. Folge

Ich stellte mich vor und erläuterte ihm meine Aufgabe, erwähnte aber bei dem Gespräch natürlich nicht, dass ich ihn schon einmal auf der Windhuk gesehen hatte. Das erschien mir nicht angebracht.

Es wurde eine etwas eigenartige Unterhaltung, weil mein Gegenüber völlig arglos war und mir über die Farm und seine Vorhaben erzählte, während ich nur an Julia dachte. Ich wunderte mich, dass Julias Mann sich trotz des Klassenunterschieds so ausführlich mit mir unterhielt. Vielleicht war er froh über die unerwartete Abwechslung.

Doch im Laufe der Unterhaltung wurde mir klar, dieser Mann hatte einen Drang, sich selbst und damit den anderen seine Überlegenheit darzustellen. Der Geschäftssinn dieses Mannes war erstaunlich, das musste ich eingestehen und insgeheim Julia Recht geben. Er hatte offensichtlich den Instinkt für Geld, den nur wenige Menschen haben, von denen man dann sagt, alles, was sie anfassen wird zu Geld. Nebenbei bemerkt hatte er, wie soll ich es beschreiben, eine bestimmende, keinen Widerspruch duldende, aber auch gleichzeitig wiederum beeindruckende Art, mit der er sicherlich anfangs Julia fasziniert hatte. Ebenso konnte ich mir auch vorstellen, dass bei diesem Mann das Geld die oberste Priorität besaß. Julias Einschätzung damals auf der Windhuk, sie würde von ihm letztendlich nur als sein Besitz, vielleicht noch gleichrangig mit einem schönen Pferd, angesehen und nicht als ihm gleichwertiger Mensch, war sicherlich nicht ganz abwegig. Ich konnte mir ebenso auch vorstellen, dass er sehr ungemütlich werden konnte, sollte sich jemand an seinem Besitz, egal welcher Art vergreifen. Mir war etwas unwohl bei der Vorstellung. Im weiteren Verlauf der Unterhaltung merkte ich sehr schnell, wie stolz er auf das war, was er bisher geschaffen hatte und auf das, was er noch vorhatte. Er konnte, wenn er wollte oder es ihm notwendig erschien, von einer geschäftsmäßigen Höflichkeit sein, im Gegensatz dazu aber auch verletzende, boshafte Bemerkungen machen. Ich erkannte, hier saß vor mir auch der Prototyp eines egozentrischen, selbstgefälligen Mannes, der von allen seinen Gesprächspartnern uneingeschränkte Anerkennung erwartete und gleichzeitig alle anderen Menschen anscheinend gering schätzte. Er war für mich der Prototyp eines rücksichtslosen Geschäftsmannes. Doch so souverän, wie ich ihn eingeschätzt hatte, so erhaben über den menschlichen Schwächen stehend, war er zu meiner Überraschung aber nicht. Er brauchte die Anerkennung der anderen. Etwas schizophren fand ich das schon. Seine Farm, so erklärte er mir, umfasste eine Fläche von 14 000 Hektar, davon große Flächen bestes Weide- und Farmland. Für mich unvorstellbar groß. Wir besaßen zu Hause eine Fläche von ungefähr 2 000 Quadratmetern. Über 50 Arbeiter waren auf seiner Farm beschäftigt, von denen er aber ziemlich abfällig sprach. Dumm und faul seien sie und man müsse sie ständig antreiben. Dabei ignorierte er, dass er selber in der sommerlichen Hitze jede körperliche Anstrengung, bis auf Reiten, vermied und sich bedienen ließ. Ich war froh, nicht für ihn arbeiten zu müssen.

Geschäftstüchtig, wie er war, hatte er den Trend der Zeit erkannt und bereits mit neuen, aussichtsreichen Objekten begonnen. So hatte er unlängst zwölf Karakulschafe für eine Zucht angeschafft. Diese Schafe sind, wie ich schon gehört hatte, äußerst genügsam, fühlen sich auf den hiesigen Weiden wohl und vertragen die unterschiedlichen heißen und kalten Temperaturen ohne Probleme. Persianerfelle waren bei den Damen in Europa groß in Mode und die gelockten, schwarzen Felle der kleinen Lämmer entsprechend gefragt. Seidig glänzend und geschmeidig sind diese Felle.

Ebenso war bereits eine stattliche Anzahl von Straußen auf der Farm. Sie lieferten einerseits die begehrten Straußenfedern, ohne die eine Dame nun einmal keine Dame war. Auch lieferten die schwanzlosen und damit wertlosen Tiere, eventuell noch zur Zucht geeigneten Strauße zumindest ein hochwertiges Fleisch. Auch der Verkauf von Straußenküken war ein lohnendes Geschäft, brachte doch ein kräftiges Küken dem Züchter bis zu 250 Mark. Auf seiner Farm weideten außerdem über 400 Rinder. Aber sein besonderer Stolz war die Zucht edler Pferde, die er aus Warendorf in Westfalen eingeführt hatte. Das für die Tiere benötigte Futter erzeugte die Farm selbst, sie war darin autark.

Im nächsten Jahr wollte er Tabak pflanzen und demnächst auch eigenen Wein erzeugen. Die Rebstöcke würden aus Frankreich kommen und dann würde er auch ein oder zwei Fachleute kommen lassen, um Wein zu produzieren. Ich war tatsächlich beeindruckt von der geschäftlichen Dynamik dieses Mannes, von dem gleichzeitig wiederum manchmal eine eisige Kälte ausging, die alle Menschen auf Distanz hielt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er zu irgendjemandem ein herzliches und freundschaftliches Empfinden entwickeln konnte. Jedenfalls wurde hier nicht gekleckert, hier wurde richtig geklotzt. Ihn zum Feind zu haben, war sicher nicht gerade günstig für das Wohlergehen. Mir wurde ganz mulmig, als ich daran dachte, was wohl wäre, wenn er von dem Schäferstündchen auf der Windhuk erführe. Doch wie sollte er das? Ich glaube nicht, dass Julia ihm das jemals beichten würde. Bei aller Leidenschaft würde sie sicher ihr sehr sorgenfreies Leben nicht ohne weiteres aufgeben. Ich konnte das verstehen, denn an Luxus kann man sich sehr schnell gewöhnen. Und ich, warum sollte ich ihm von meiner schönsten Stunde mit seiner Frau erzählen?

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-12-18

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