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Rudolf und Ella Böhme auf Onguma. Foto: Der weiße Buschmann
Rudolf und Ella Böhme auf Onguma. Foto: Der weiße Buschmann

Der weiße Buschmann

Vom Wilderer zum Wildhüter
Im Jahre 1929 in Windhoek geboren, lernt Peter Stark, wie so viele „Südwester", schon als Kind den Umgang mit einer Jagdwaffe und von einem Farmarbeiter das Verhalten des Wildes. Seine Liebe zur freien Natur, dem Reitsport und vor allem der Jagd verführten ihn zu Abenteuern, die ihn oft in Schwierigkeiten brachten. Seine Einstellung zur Jagd ändert sich drastisch, als er vom Ministerium für Naturschutz angestellt wird und er nun Wilddiebe aufspüren muss, um das Wild im Etoscha-Nationalpark als Wildhüter zu beschützen.
34. Folge Der Elandbulle und der heilige Ochsenwagen Es war wieder um die Vollmondzeit und die Unruhe trieb mich an, etwas zu erleben. Ich gedachte bei der Wasserstelle „Zwei Palmen“ anzusetzen. Deshalb nahm ich meine 9,3 mm, die ich inzwischen auch mit einem stattlichen Nachtteleskop versehen hatte und begab mich auf den Weg dorthin. Auf dem direkten Wege von Onguma aus musste man über ein Stück der Farm Vergenoeg laufen. Ich lief eben über diesen Kamp, als ich das deutliche Klicken von Elandhufen hörte. Das Klicken der Hufe kann man nachts sehr weit hören. Die Eland liefen auf einem Wechsel, der nicht weit an mir vorbeiführte. Ich setzte mich flach auf den Boden und wartete. Nach einiger Zeit liefen sieben kapitale Bullen an mir vorüber, von Vergenoeg zu der Wasserstelle, klick klack, klick klack, in aller Ruhe. Mit dem Nachtglas suchte ich mir den schwersten Bullen heraus. Als die Bullen ungefähr 120 Meter parallel zu mir vorbeizogen, zielte ich sorgfältig auf das Genick des ausgesuchten Bullen und drückte ab. Er brach im Feuer zusammen. Als ich zu ihm ging, lag vor mir ein kapitaler schwarzer, ausgewachsener, fast haarloser Elandbulle in bester Kondition. Das schönste und beste Wildbret! Ein ausgewachsener Elandbulle ist schwerer als ein ausgewachsenes Rind. Dieser Bulle lag im „Feindesland“ und musste nun spurlos verschwinden. Da ich allein war, musste ich selbst nach Onguma zurücklaufen und alles organisieren. Erst einmal trommelte ich alle brauchbaren Männer aus ihren Hütten. Geräuschlos gingen wir zum Wohnhaus. Wir wollten den Elandbullen mit Herrn Böhmes Ochsenwagen holen. Das hatte nur einen Haken, dieser Ochsenwagen war absolut tabu und keiner, aber auch keiner, durfte den Ochsenwagen ohne seine spezielle Genehmigung nehmen. So Tabu wie Tante Ellas Jeep, so war auch der neue Ochsenwagen von Onkel Rudolf. Herr Böhme hatte diesen Ochsenwagen speziell bei Diekmann, in Otjiwarongo, bauen lassen. Er war sehr modern, mit Autorädern und Autoreifen. Er durfte nur auf dem Weg Onguma-Namutoni benutzt werden und auch nur, um die Frachten zu holen, die die Eisenbahnbusse bei Namutoni abluden. Der Wagen stand unter einem schattigen Ahnenbaum (Omumborombongabaum) direkt vor dem Schlafzimmerfenster der Böhmes. Wie Terroristen schlichen wir uns an den Wagen heran und schoben ihn lautlos vom offenen Fenster weg. Drinnen im Zimmer schnarchten die beiden. Als wir außer Hörweite waren, spannten wir vier Ochsen ein. Dann ging es ab, Richtung Namutoni. Kurz vor den zwei Palmen drehten wir vom Wege ab zu dem gefallenen Elandbullen, der ja auf Vergenoegboden lag. Mit den geübten Männern ging das Abhäuten und Zerlegen schnell. Alles, aber auch alles, wurde fein säuberlich auf den Ochsenwagen geladen, Spuren verwischt und dann ging es wieder nach Hause. Beim Haus wurde das Fleisch erst auf die Hobelbank gelegt, Ochsen ausgespannt, Wagen gewaschen und zurück auf seinen Platz gestellt. So still wie der Ochsenwagen gegangen war, so still kam er zurück. So etwas war nur mit Buschleuten möglich. In der Nacht noch verarbeiteten wir den ganzen Bullen zu den schönsten Trockenfleischstücken (Biltong), nur die Filets blieben für Steaks. Als Herr Böhme am nächsten Morgen auf die Veranda kam und er das gesalzene Fleisch fertig aufgehängt an den Drähten sah, fragte er erstaunt: „Nanu, wo kommt das denn her?“ „Habe ich heute Nacht hereingeholt, Herr Böhme!“, war meine Antwort. Er schaute mich an, als ob er nicht recht verstanden hätte. Bei mir war er an Kummer gewöhnt, also sagte er nichts mehr. Dass sein geliebter Ochsenwagen einen Ausflug mit uns gemacht hatte, hat er nie erfahren.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-21

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