Der weiße Buschmann
Vom Wilderer zum Wildhüter
Im Jahre 1929 in Windhoek geboren, lernt Peter Stark, wie so viele „Südwester", schon als Kind den Umgang mit einer Jagdwaffe und von einem Farmarbeiter das Verhalten des Wildes. Sein Leben zur freien Natur, dem Reitsport und vor allem der Jagd, verführten ihn zu Abenteuern, die ihn oft in Schwierigkeiten brachten. Seine Einstellung zur Jagd ändert sich drastisch, als er vom Ministerium für Naturschutz angestellt wird und er nun die Wilddiebe aufspüren muss, um das Wild im Etoscha-Nationalpark als Wildhüter zu beschützen.
35. Folge
Freudloser Erfolg
Die Palmenfläche liegt nördlich von Onguma, ist ziemlich frei von Busch, dafür aber mit hunderten ausgewachsener Makalanipalmen bewachsen. Sehr oft weiden Eland und Gemsböcke auf dieser Fläche. Es war an einem Sonntag, als ich mit meiner Neuanstellung, Buschmann Hans, dort auf Jagd ging. Willie hatte mir Hans besorgt. Er war ein kräftiger junger Buschmann, wie Willie voller Humor und hatte immer eine treffende Antwort auf Lager. Wir verstanden uns glänzend. Er war in meinem persönlichen Dienst und war mein Pferde- und Jagdjunge, lernte gut reiten und schießen. Wir beide liefen nordöstlich der Palmenfläche durch den Busch auf der Suche nach einem Gemsbock. Plötzlich stießen wir auf frische Löwenspuren von einem ziemlich großen Rudel. Wir waren den Löwenspuren ungefähr eine Stunde lang gefolgt, als Hans plötzlich stehen blieb und nach vorne zeigte. Ungefähr zwanzig Meter vor uns, unter einem Dornbusch, lag ein junger, fast ausgewachsener Löwe und war dabei, sich die Vorderpfoten zu lecken. Er lag mit dem Vorderteil schräg vor uns. Wenn Tiere in solcher Position stehen oder liegen, schieße ich gerne auf den Halsansatz, dort wo das Genick aus der Schulter herauskommt. Ich führte an jenem Tag meine neue 9.3 mm, bei der ich sechs Patronen laden konnte, eine im Lauf, fünf im Magazin.
Ich zielte auf den liegenden Löwen und drückte ruhig ab. Zu meinem Erstaunen stand der Löwe auf. Ich lud nach. Da ich links schieße, muss ich beim Nachladen mit der rechten Hand das Gewehr etwas nach links kanten, mit der linken Hand über das Schloss greifen und den Schlossbügel bedienen und nachladen. In solchem Augenblick sehe ich immer schnell nach dem Schloss, um sicher zu stellen, dass sich die nächste Patrone beim Nachladen in den Lauf schiebt. Das ist dann der Augenblick wo ich meine Augen von dem zu schießenden Wild abwende. Als ich nachgeladen hatte, schoss ich wieder auf den nun stehenden Löwen. Er brach zusammen, stand zu meinem Erstaunen wieder auf. Wieder lud ich nach und schoss zum dritten Mal auf den vermeintlich selben Löwen. Dieser brach endgültig zusammen. Etwa fünf Meter hinter dem jungen Löwen stand eine große Löwin und fauchte uns an. Ich gab ihr einen schnellen Blattschuss. Sie brüllte auf und sprang in die Luft. Hinter ihr flüchtete schräg von uns weglaufend noch eine große Löwin, die den Schuss schräg von hinten bekam, zu weit hinter dem Blatt. Im Sprung zog sie sich zusammen, Aufschlag und die Löwin brüllte auf und flüchtete weiter. „Da hinter uns läuft noch einer“, schrie Hans und deutete auf einen Löwen, der hinter uns in langen Sätzen davoneilte. Er war schon gut dreißig Meter entfernt, nur sein Kopf kam nach jedem Sprung aus dem hohen Gras zum Vorschein. Ich zielte sorgfältig und schoss. Der Löwe überschlug sich nach vorne und blieb liegen.
Danach war mein Magazin leergeschossen und ich musste vom Gürtel aus nachladen. „Vier Löwen“ sagte ich zu Hans. „Nein, sechs“, erwiderte er. „Wieso?“ fragte ich. „Hier vorne liegen doch drei“ war seine Antwort. Ungläubig ging ich auf die Stelle zu, wo das „Stehaufmännchen“ liegen musste. Anstelle des einen, lagen da drei tote Löwen friedlich nebeneinander. Es sah so aus, als ob sie schliefen. Ein Gefühl des Mitleids kam in mir auf. Das war einfach zuviel, es grenzte schon an Mord. Alles war so schnell abgelaufen, ein ungeheurer Erfolg, ich war nicht glücklich. Noch musste die Nachsuche nach der einen Löwin gehalten werden. Wir gingen erst zu dem Tier mit dem Kopfschuss. Dieses lag tot in einer Lache Blut und Gehirnmasse. Dann gingen wir zu der Löwin mit dem Blattschuss. Sie war nicht weit gekommen und lag kurz nach dem Anschuss tot auf der Seite. Da die Mittagstunde schon vorüber war, beschlossen wir erst die große Löwin aus der Decke zu schlagen, um danach auf die Nachsuche zu gehen.
Nach einer Stunde begannen wir die Nachsuche. Vorsichtig folgten wir der Schweißspur, da das Gras sehr hoch und dicht war und wir keine Hunde bei uns hatten. Plötzlich erhob sie sich ungefähr fünfzehn Meter vor uns mit einem mächtigen, furchteinflößenden Brüllen. Ich gab ihr einen Kopfschuss, sechs Löwen mit sieben Schuss erlegt, wahrlich eine gute Leistung, aber ich konnte mich einfach nicht an dem Erfolg erfreuen. Da es spät geworden war und uns noch ein langer Heimweg bevorstand, verkleideten wir die Löwen erst, ehe wir eilends den langen Weg nach Hause antraten. Hans musste die Decke der Löwin tragen und dann früh morgens mit zwei Buschleuten und der Ochsenkarre losziehen, um die Kadaver der sechs Löwen zu holen. Da Winter war, konnten wir es uns zeitmäßig leisten.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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