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Foto: Pixabay
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Der weiße Buschmann

Vom Wilderer zum Wildhüter
Im Jahre 1929 in Windhoek geboren, lernt Peter Stark, wie so viele „Südwester", schon als Kind den Umgang mit einer Jagdwaffe und von einem Farmarbeiter das Verhalten des Wildes. Sein Leben zur freien Natur, dem Reitsport und vor allem der Jagd, verführten ihn zu Abenteuern, die ihn oft in Schwierigkeiten brachten. Seine Einstellung zur Jagd ändert sich drastisch, als er von der Abteilung dar damaligen Administraion für Naturschutz angestellt wird und er nun die Wilddiebe aufspüren muss, um das Wild im Etoscha-Nationalpark als Wildhüter zu beschützen.
37. Folge Die Gemsbockkuh und die Leoparden

Ich war noch mit Hermann beschäftigt den Brunnen am Grenzposten zu vertiefen. Wir hatten viele Schwierigkeiten mit diesem Brunnen, er war besonders tief. Es war gefährlich darin zu arbeiten, da der lose Sand in großen Fladen herunterfiel und immer wieder nachspülte. Wir mussten uns durch aufgestapelte Zementringe schützen. Die Buschleute nannten diesen Brunnen !uri kai tsuxutsaub, weißer großer Nachtbrunnen, weiß, wegen des weißen Sandes, großer Nachtbrunnen wegen der Tiefe und weil es so dunkel unten war.

Eines Nachts hörten wir in der Ferne das Grollen eines Leoparden und das Klagen eines Gemsbockkalbes. Am nächsten Morgen gingen Hermann und ich mit Willie und zwei Helfern in die Richtung, wo wir nachts den Lärm gehört hatten. Wir fanden bald frische Leopardenfährten und folgten ihnen. Nach ungefähr einer halben Stunden hörten wir das Warnungsschnauben eines Gemsbocks. Vor uns, unter einem großen Apfelblattbaum, stand eine große Gemsbockkuh, äugte zu uns hin und schnaubte warnend. Das war ein außergewöhnliches Verhalten. Wir blieben stehen und schauten uns verwundert die Gemsbockkuh an. Als wir uns der Kuh weiterhin näherten, verließ sie fluchtartig und warnungsschnaubend den Baum. Dann plötzlich sprangen zwei große Leoparden aus der Baumkrone und flüchteten in großen Sprüngen. Als wir bei dem Baum ankamen, lag am Fuße des Stammes ein kleines Gemsbockkalb in den letzten Zügen. Kehle und Kopf waren von den Leoparden arg zerbissen, aber es lebte noch. Da keine Hoffnung mehr bestand, erlösten wir das Kalb. Wir schickten Willie und Willem Hartmann zum Posten, um ein Schlageisen zu holen und die Falle zu stellen. Am nächsten Morgen gingen wir früh, um nachzusehen. In der Falle saß ein ausgewachsener Leopard. Ich hatte zwei Kirries (Schlagknüppel) mitgenommen, einer kurz und schwer, der andere länger. Der längere Knüppel zum Betäuben, der kurze schwere zum Töten. Ich wollte mich wieder einmal vor mir selbst beweisen und wissen, ob ich einen Leoparden mit einer Schlagkeule töten konnte. Hermann bezweifelte das und gerade deshalb wollte ich es tun. Es klappte gut. Zuerst erschrak ich über das mächtige Brüllen des Raubtieres. Das Eisen war schwer, aber nicht fest. Als der Leopard mit dem Eisen auf mich zukam, schlug ich erst mit dem langen Kirrie zu. Der Leopard sackte betäubt zusammen, danach folgte gleich der zweite Schlag mit dem kurzen, schweren Knüppel und der Leopard war tot. Ich hatte allen Mut zusammennehmen müssen, aber mir nichts anmerken lassen. Wir gingen wieder zu der Brunnenarbeit zurück. Willie und Willem mussten den Leoparden aus der Decke schlagen und das Eisen noch einmal stellen. Die beiden kamen auch mit dem abgehäuteten Kadaver zurück, da sie ihn verspeisen wollten. Später probierte auch ich davon, es war gar nicht so übel, bloß der Raubtiergeruch schreckte mich etwas ab. Jedenfalls war es viel schmackhafter als Löwenfleisch.

Am nächsten Morgen saß auch der zweite Leopard im Eisen. Ich erschlug ihn genauso wie den Ersten. Als wir ihn abhäuteten, bemerkten wir zwei Löcher hinter seinen Blättern. Das Loch auf der einen Seite war erheblich größer als das andere. Niemand hatte geschossen. Als ich Willie fragend anschaute, sagte er nur: „Das war die Gemsbockkuh; als der eine Leopard das Kalb gegriffen hatte, hat die Kuh ihr Kalb verteidigt und den Leoparden geforkelt!“ Danach waren beide Leoparden auf den Baum geflüchtet, bis wir kamen. Erst als die Kuh vor uns flüchtete, sprangen die Leoparden vom Baum. Mir war es ein absolutes Rätsel, wie der Leopard diese Verwundung überleben konnte und ich hielt deshalb eine Obduktion ab. Das Horn war hinter dem Blatt des Leoparden eingedrungen und hatte Lungen und Arterien verfehlt. Auf der anderen Seite, auf der das Horn herausgetreten war, war das Loch viel kleiner. Der Leopard war also vollkommen durchstoßen worden, ohne dass dabei lebens-wichtige Teile verletzt waren. Im Gegenteil, er war so hungrig, dass er zum Kalb zurückkam und dabei in das abermals gestellte Eisen getreten war. Seinem Auftreten und seiner Angriffslust nach war er noch frisch und munter. Es gibt halt immer wieder Wunder in der Natur.

Meine Frau behält die Nerven Während meiner Dienstzeit auf Onguma war ich fast zwei Jahre zur Reitausbildung in Deutschland. Darüber schreibe ich später ausführlich. In Deutschland hatte ich meine zukünftige Frau, Elke Müller, kennengelernt, die mir nach einem Jahr Prüfzeit nach Südwestafrika folgte. Als sie also nach einem Jahr auf On-guma ankam, musste sie als erstes mit Gewehren umgehen und gut schießen lernen und mit dem Busch vertraut werden. Sie lernte verhältnismäßig schnell. Wie das so bei Jungverliebten üblich ist, folgte sie mir damals auf Schritt und Tritt, sehr zum Kummer von Tante Ella, die in ihr lieber einen Küchenbesen gesehen hätte. So kam es, dass eines Morgens der Buschmann von Ekaka meldete, dass er einen Leoparden im Eisen habe. Dies war eine günstige Gelegenheit für meine Frau, ihren ersten Leoparden zu schießen. Wir fuhren also mit der Maultierkarre zur Fangstelle, Willie kam mit. Dort angekommen, sahen wir, dass die Schleif-spuren von dem Eisen in ein Erdschweinloch führten. Leise besprach ich mit Elke, was sie zu tun habe. Während wir uns unterhielten, fing der Leopard an drohend im Erdschweinloch zu knurren. Er hatte also unsere Gegenwart wahrgenommen. Ich wollte ins Erdschweinloch gucken, um mich zu vergewissern, wie tief er in dem Loch saß. Dann tat ich etwas Unverzeihliches; etwas, was nur ein Jungverliebter tut, um seiner Gefährtin zu imponieren. Ich ging zum Loch und schaute von oben hinein. Knapp zwei Meter vor mir sah ich in die gelben Augen eines böse fauchenden und grollenden Leoparden. Geradezu als ob er mich erwartet hätte, kam er mit einem erschreckenden Brüllen wie eine Rakete auf mich zu. Blitzschnell sprang ich auf, um wegzurennen, als ich sogleich in ein anderes Erdschweinloch hinter mir trat und rückwärts hintenüber fiel. Zeit zum Aufstehen war nicht mehr. Ich rollte so schnell ich konnte in Richtung meiner Frau, die einige Meter weiter mit der geladenen .303 wartete und brüllte ihr zu: „Schieß, Elke, schieß!!!“ Während ich so rollte, erwartete ich entweder die scharfen Zähne des Leoparden in meinem Genick oder den lähmenden Schuss meiner Frau. Der Schuss knallte. Ich fühlte nichts und der Leopard war still. Beschämt stand ich auf. Ich fühlte mich alles andere als eine Heldenfigur! Im Eingang seines Loches lag der tote Leopard. Aus dem Einschussloch, genau zwischen seinen Lichtern, quoll Blut und Gehirnmasse. Einen besseren Schuss hätte niemand platzieren können. Elke sagte nur: „Hui, das war knapp!“. Willie, der gelassen etwas abseits stand, schaute mir mit einem Grinsen und schiefgehaltenem Kopf spöttisch in die Augen, sagte aber nichts. Auf seinem Gesicht las ich die Worte: „Idiot, das hättest du wissen sollen!“

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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