Der weiße Buschmann
Vom Wilderer zum Wildhüter
Im Jahre 1929 in Windhoek geboren, lernt Peter Stark, wie so viele „Südwester", schon als Kind den Umgang mit einer Jagdwaffe und von einem Farmarbeiter das Verhalten des Wildes. Seine Liebe zur freien Natur, dem Reitsport und vor allem der Jagd, verführten ihn zu Abenteuern, die ihn oft in Schwierigkeiten brachten. Seine Einstellung zur Jagd ändert sich drastisch, als er von der Abteilung Naturschutz der ehemaligen SWA-Administration angestellt wird und er nun die Wilddiebe aufspüren muss, um die Tiere im Etoscha-Nationalpark als Wildhüter zu beschützen.
51. Folge
Anfang beim Naturschutz (Teil 1/2)
Gegen Ende Mai war es dann soweit. Durch Buschpost bekam ich über Vergenoeg den Bescheid, dass man mich abholen und nach Okaukuejo bringen werde. Abends zuvor packten Elke und ich unsere Siebensachen. Ganz früh am nächsten Morgen, im Dunkeln noch, wurden die Pferde gesattelt und bepackt. Wir führten die Pferde quer durch den Busch, von Operet nach Vergenoeg. Die Gewehre hatten wir uns um den Hals gehängt. Zum Reiten war kein Platz in den Sätteln. Als wir bei Tageslicht morgens auf Vergenoeg ankamen, wartete der Naturschutzbeamte von Namutoni schon bei einer Tasse Kaffee auf uns. Als Elke und ich in die Lichtung vor dem Haus traten, soll der Naturschutzbeamte zu Ulrich Trappe gesagt haben: „Da kommt der größte Wilddieb Südwestafrikas und ausgerechnet den hat mein Chef als Wildwart angestellt!“
Die Pferde ließen wir vorläufig auf Vergenoeg. Mit dem Beamten fuhren wir nach Okaukuejo. Es wurde eine schweigsame Fahrt, der Beamte verhielt sich reserviert. Auf Okaukuejo wurden wir von Herrn de la Bat freundlich empfangen. Um seinen Mund spielte ein verlegenes Lächeln, denn anscheinend waren er und seine Kollegen sich nicht einig wegen meiner Anstellung.
Als Wohnung bekamen wir einen der fünf Backsteinbungalows. So ein Bungalow bestand aus einem Raum, einer kleinen Veranda und einer Feuerstelle neben dem Gebäude. Das war die Küche. Toiletten und Duschen waren 100 m entfernt. Vorläufig reichte das für Elke und mich. Die Betten stellten wir auf die Veranda, die gerade eben dafür ausreichte. Gekocht und gebacken wurde draußen, Anfangsgehalt 67 Pfund, zehn Schilling. Fleisch und Lebensmittel konnte man einmal im Monat in Outjo einkaufen.
Ich lerne das Autofahren
Als erstes musste ich lernen, Auto zu fahren. Dazu bekam ich einen uralten 2-Tonner Austin Frachtwagen mit platter Ladefläche. Damit musste Brennholz für die Touristen angefahren werden. Mein Lehrmeister war der damalige Buschmann-Vormann Simon. Er hatte auch keinen Führerschein, es ging weglos über Geröll quer durch den Busch in Richtung Ombika. Ich musste bloß aufpassen, dass mir keine Bäume über den Weg liefen. Ein paar Buschleute saßen hinten und johlten Beifall. Hochbepackt mit Holz kamen wir zurück und fuhren jedes Mal an der Polizeistation vorbei, die Polizisten beobachteten uns argwöhnisch. Nach ungefähr zwei Wochen sollte ich dann bei der Polizei meinen Führerschein machen. Dafür bekam ich eine Woche Zeit und musste eine Broschüre mit all den Verkehrsregeln und Wegezeichen studieren. Als ich dann soweit war, musste ich mich mit Auto und Papieren bei der Polizei melden, um die Prüfung abzulegen.
Der Polizist, der die mündliche Prüfung abnahm, war selbst nicht sicher. Im Verlauf der Fragerei stellte ich mich schräg hinter ihn. Aus dieser Position konnte ich selbst die Antworten seiner Fragen ablesen. Ich absolvierte die mündliche Prüfung hundertprozentig. Ich bekam den Führerschein, Kode 9, für schwere Frachter, dieser Schein ist heute noch gültig.
Als ich nun meinen Führerschein hatte, bekam ich einen alten grauen Fargo als leichten Dienstwagen zugeteilt. Der Fargo sah aus, als ob er mit Jan van Riebeeck zusammen am Kap abgeladen worden war. Aber – er fuhr, jedenfalls wenn es ihm passte. Mit dem Fargo musste ich jeden Mittwoch und jeden Sonnabend ein Zebra oder ein Gnu für das Löwenrudel auf Leeubron schießen und holen. Leeubron war ungefähr zwölf Meilen nördlich von Okaukuejo. Dort stand einer der ältesten Windmotoren, ein alter Climax, der Wasser in eine Steintränke pumpte. Diese Tränke soll von deutschen Schutztrupplern gebaut sein, um ihre Pferde auf dem Weg ins Ovamboland zu tränken.
Der Herrscher dieses Löwenrudels, es waren meist zwölf – sechzehn Löwen, war ein alter, betagter Mähnenlöwe mit dem Namen Kastor. Kastor war ein ruhiger, freundlicher Bürger Etoschas und man konnte zehn Schritt von ihm entfernt die Wildköder anketten und durch Vorwärtsfahren vom Auto herunterziehen. Einer seiner Söhne hatte sein eigenes Königreich auf Okondeka gegründet. Er hatte all die Gene seiner Mutter, Isabella, geerbt; kurzum, er war ein Mistviech. In seiner Nähe war es lebensgefährlich auch nur die Autotür zu öffnen; er griff sofort ernsthaft an. Auf Okondeka und Umgebung wurde mehr als einer der, von der Arbeit weggelaufenen, Ovambos getötet und aufgefressen. Die Wildkadaver mussten immer kurz vor Sonnenuntergang bei Leeubron abgeladen werden. Waren keine Löwen dort, konnte man die Löwenparty um elf Uhr nachts abblasen; kamen die Löwen fünf Minuten vor elf, musste man bis zwei Uhr morgens sitzen. Zugelassen wurden jeweils zwölf Autos (Personenzahl unbegrenzt). Niemand durfte sein Auto verlassen, Personen auf unsicheren, offenen Ladeflächen waren nicht erlaubt. Man musste nachts streng Aufsicht halten, während am nächsten Morgen jedermann Leeubron besuchen konnte.
Anfang beim Naturschutz (Teil 1/2)
Gegen Ende Mai war es dann soweit. Durch Buschpost bekam ich über Vergenoeg den Bescheid, dass man mich abholen und nach Okaukuejo bringen werde. Abends zuvor packten Elke und ich unsere Siebensachen. Ganz früh am nächsten Morgen, im Dunkeln noch, wurden die Pferde gesattelt und bepackt. Wir führten die Pferde quer durch den Busch, von Operet nach Vergenoeg. Die Gewehre hatten wir uns um den Hals gehängt. Zum Reiten war kein Platz in den Sätteln. Als wir bei Tageslicht morgens auf Vergenoeg ankamen, wartete der Naturschutzbeamte von Namutoni schon bei einer Tasse Kaffee auf uns. Als Elke und ich in die Lichtung vor dem Haus traten, soll der Naturschutzbeamte zu Ulrich Trappe gesagt haben: „Da kommt der größte Wilddieb Südwestafrikas und ausgerechnet den hat mein Chef als Wildwart angestellt!“
Die Pferde ließen wir vorläufig auf Vergenoeg. Mit dem Beamten fuhren wir nach Okaukuejo. Es wurde eine schweigsame Fahrt, der Beamte verhielt sich reserviert. Auf Okaukuejo wurden wir von Herrn de la Bat freundlich empfangen. Um seinen Mund spielte ein verlegenes Lächeln, denn anscheinend waren er und seine Kollegen sich nicht einig wegen meiner Anstellung.
Als Wohnung bekamen wir einen der fünf Backsteinbungalows. So ein Bungalow bestand aus einem Raum, einer kleinen Veranda und einer Feuerstelle neben dem Gebäude. Das war die Küche. Toiletten und Duschen waren 100 m entfernt. Vorläufig reichte das für Elke und mich. Die Betten stellten wir auf die Veranda, die gerade eben dafür ausreichte. Gekocht und gebacken wurde draußen, Anfangsgehalt 67 Pfund, zehn Schilling. Fleisch und Lebensmittel konnte man einmal im Monat in Outjo einkaufen.
Ich lerne das Autofahren
Als erstes musste ich lernen, Auto zu fahren. Dazu bekam ich einen uralten 2-Tonner Austin Frachtwagen mit platter Ladefläche. Damit musste Brennholz für die Touristen angefahren werden. Mein Lehrmeister war der damalige Buschmann-Vormann Simon. Er hatte auch keinen Führerschein, es ging weglos über Geröll quer durch den Busch in Richtung Ombika. Ich musste bloß aufpassen, dass mir keine Bäume über den Weg liefen. Ein paar Buschleute saßen hinten und johlten Beifall. Hochbepackt mit Holz kamen wir zurück und fuhren jedes Mal an der Polizeistation vorbei, die Polizisten beobachteten uns argwöhnisch. Nach ungefähr zwei Wochen sollte ich dann bei der Polizei meinen Führerschein machen. Dafür bekam ich eine Woche Zeit und musste eine Broschüre mit all den Verkehrsregeln und Wegezeichen studieren. Als ich dann soweit war, musste ich mich mit Auto und Papieren bei der Polizei melden, um die Prüfung abzulegen.
Der Polizist, der die mündliche Prüfung abnahm, war selbst nicht sicher. Im Verlauf der Fragerei stellte ich mich schräg hinter ihn. Aus dieser Position konnte ich selbst die Antworten seiner Fragen ablesen. Ich absolvierte die mündliche Prüfung hundertprozentig. Ich bekam den Führerschein, Kode 9, für schwere Frachter, dieser Schein ist heute noch gültig.
Als ich nun meinen Führerschein hatte, bekam ich einen alten grauen Fargo als leichten Dienstwagen zugeteilt. Der Fargo sah aus, als ob er mit Jan van Riebeeck zusammen am Kap abgeladen worden war. Aber – er fuhr, jedenfalls wenn es ihm passte. Mit dem Fargo musste ich jeden Mittwoch und jeden Sonnabend ein Zebra oder ein Gnu für das Löwenrudel auf Leeubron schießen und holen. Leeubron war ungefähr zwölf Meilen nördlich von Okaukuejo. Dort stand einer der ältesten Windmotoren, ein alter Climax, der Wasser in eine Steintränke pumpte. Diese Tränke soll von deutschen Schutztrupplern gebaut sein, um ihre Pferde auf dem Weg ins Ovamboland zu tränken.
Der Herrscher dieses Löwenrudels, es waren meist zwölf – sechzehn Löwen, war ein alter, betagter Mähnenlöwe mit dem Namen Kastor. Kastor war ein ruhiger, freundlicher Bürger Etoschas und man konnte zehn Schritt von ihm entfernt die Wildköder anketten und durch Vorwärtsfahren vom Auto herunterziehen. Einer seiner Söhne hatte sein eigenes Königreich auf Okondeka gegründet. Er hatte all die Gene seiner Mutter, Isabella, geerbt; kurzum, er war ein Mistviech. In seiner Nähe war es lebensgefährlich auch nur die Autotür zu öffnen; er griff sofort ernsthaft an. Auf Okondeka und Umgebung wurde mehr als einer der, von der Arbeit weggelaufenen, Ovambos getötet und aufgefressen. Die Wildkadaver mussten immer kurz vor Sonnenuntergang bei Leeubron abgeladen werden. Waren keine Löwen dort, konnte man die Löwenparty um elf Uhr nachts abblasen; kamen die Löwen fünf Minuten vor elf, musste man bis zwei Uhr morgens sitzen. Zugelassen wurden jeweils zwölf Autos (Personenzahl unbegrenzt). Niemand durfte sein Auto verlassen, Personen auf unsicheren, offenen Ladeflächen waren nicht erlaubt. Man musste nachts streng Aufsicht halten, während am nächsten Morgen jedermann Leeubron besuchen konnte.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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