Der weiße Buschmann

55. FolgeMein erster ElefantNach der Maul- und Klauenseuche in Südwest fing man mit den Wildzäunen an. Auch die Südgrenze von Etoscha wurde mit einem Zaun versehen. Obwohl der Aufbau eines Wildzaunes sehr kostspielig ist, störten die Elefanten sich nicht daran und brachen die Zäune, als ob es Spinnengewebe wären. Ich bekam zu all meiner Arbeit noch den Auftrag, den Wildzaun instandzuhalten und regelmäßig zu patrouillieren, von Renex bis Otjovazandu, ± 180 Meilen. Das war eine Menge zusätzliche Arbeit.Die meisten Probleme hatten wir an der Südgrenze gegenüber den Farmen Grensplaas und Renex. Gewohnheitsmäßig zogen die Elefanten von Etoscha in der Regenzeit in das Otavi Bergland. Dabei richteten sie auf den Farmen viel Schaden an. Die Windmotoren wurden umgeworfen, Zäune aufgerollt und Blechbassins auseinandergezogen. Meist waren es Einzelgängerbullen, die den Schaden anrichteten und die sollten dann, wenn sie identifiziert waren, abgeschossen werden. Der Grund, dass die Elefanten sich in der Regenzeit in den Bergen aufhielten, war das klare Bergwasser und die Speck- und Marulabäume, die eine beliebte Nahrung bildeten. So war da auch ein Elefantenbulle, der sich fast ständig auf den Farmen Grensplaas und Renex aufhielt. Auf Renex hatte er bereits einen Windmotor in eine Ziehharmonika verwandelt. Ich bekam den Auftrag, diesen Bullen zu töten. Ich hatte noch nie einen Elefanten geschossen und wollte die Gelegenheit nutzen, um für meine Arbeiter und für mich selbst recht viel Biltong und Fleisch zu besorgen.Zu Fuß hatte ich seit dem Erlebnis auf Onguma einen gesunden Respekt Elefanten gegenüber. Ich konnte einfach noch nicht glauben, dass so ein kleines Geschoss ein derartiges Riesentier strecken könnte. Als eines Tages wieder der Zaun gegenüber Grensplaas zertrampelt war, nahmen wir die Fährte auf. In dieser steinigen Gegend war es nicht immer leicht, selbst die Trittsiegel der Elefanten zu halten, aber Tobias entpuppte sich als ausgezeichneter Fährtenleser und er hatte eine unwahrscheinliche Anziehungskraft auf Löwen.Nachdem wir über Berge und Schluchten der Fährte gefolgt waren, sahen wir von einem Bergrücken aus den Elefanten dösend unter einem großen Baum in einer Schlucht stehen. Ich hatte meine 9.3 mm mit. Oben auf dem Berg weht der Wind meist anders als in den Schluchten. Aber die Jagdgöttin Diana war uns hold und wir konnten uns bis auf 30 Meter an den noch stets dösenden Bullen heranpirschen. An einem günstigen Baum konnte ich meine 9.3 mm für einen sicheren Schuss anstreichen. Ich zielte ruhig und genau, von der Seite eine Handbreit vor dem Gehöreingang, direkt über dem Wangenknochen. Auf den Schuss hin brach er im Feuer zusammen, so dass die Stosszähne sich in den Boden bohrten und der Elefant wie ein kleiner Berg auf dem Bauche lag. Ich lud sofort nach. Vorsichtig und auf der Hut näherten wir uns dem gefällten Riesen, aber er war mausetot. Da ich auf den schlafenden Elefanten geschossen hatte, glaube ich, dass er den Schuss selbst gar nicht mehr gefühlt hatte.Nun begann eine Riesenarbeit. Mein immer scharfes Halbschwert lieferte dabei unschätzbare Dienste. Erst wurde der Elefant am Rückgrat entlang geöffnet. Dann mussten wir mit Hilfe des inzwischen herangeholten Autos den Elefanten auf die eine Seite ziehen, nachdem die Ohren vom Schädel abgetrennt waren. Der Elefant lag ja noch immer auf Bauch und Knien. Dann wurden die Säulen am Knie abgetrennt, um fein säuberlich ausgeschält zu werden, eine Sauarbeit. Die Haut an den Ohren wurde säuberlich abgezogen. Der Rüssel wurde abgetrennt, die wertvollen dicken Schweifhaare nahm ich für mich selbst. Auch Oom Danie und seine Helfer hatten wir herangeholt. Unter jedem Baum saß eine Gruppe Buschmänner und war mit Biltongschneiden oder dem Ausschälen der Säulen tätig. Es war schon fast Winter und wir konnten es zwei Tage lang am Kadaver aushalten. Alle Bäume hingen schwarz und dicht bepackt voll Biltong. Ich wollte soviel wie möglich Fleisch nutzbar verwenden. Das Fleisch ist sehr grobfaserig und zäh. Am besten, man dreht es durch den Fleischwolf. Im Geschmack ähnelt es dem Rindfleisch, es hat ein bisschen Beigeschmack von Eland. Lecker gewürzt kann man aus dem Hack die schmackhaftesten Klopse herstellen. Das Biltong kann man im getrockneten Zustand feinklopfen und im Dreifusstopf mit Elefantenfett oder Butter bei leichter Hitze und fortwährendem Rühren leicht braun werden lassen. Es ist die Lieblingsspeise alter Buschleute. Am dritten Tag packten wir unsere Sachen. Die Därme rochen inzwischen penetrant. Der nagelneue 1 Tonner Ford war hochbeladen mit Biltong. Eine Delikatesse vom Elefanten sind die fettartigen Sohlen innerhalb der Sohle selbst. Man muss die Stücke allerdings zwei Tage langsam im Dreifußtopf kochen, dann zergehen sie wie Butter auf der Zunge. Die alten Angolaburen betrachteten die Elefantensäulen als Leckerbissen. Sie gruben große Löcher in die Erde, sodass die Säulen je in ein Loch passten. Dann wurde Feuer mit gutem Hartholz gemacht, das die Löcher gut erhitzte. In je ein erhitztes Loch wurde die Säule hineingepackt und das Ganze mit glühender Kohle bedeckt. Die Säulen wurden 24 Stunden in so einem Loch gebacken. Als Trophäe konnte man diese Säulen natürlich nicht mehr gebrauchen. Das innere, zarte, fetthaltige Fleisch wurde ausgelöffelt. Jedem Tierchen sein Pläsierchen; andere Völker, andere Sitten! Der erste Elefant hatte, zugegeben, für Aufregung gesorgt. Mir taten diese Riesentiere leid. Für mich sind sie die wahren Könige der Wildnis; von Natur aus sehr friedliche Tiere, man muss nur ihren Status respektieren.

Der weiße Buschmann

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-15

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