Der weiße Buschmann
Vom Wilderer zum Wildhüter
Im Jahre 1929 in Windhoek geboren, lernt Peter Stark, wie so viele „Südwester", schon als Kind den Umgang mit einer Jagdwaffe und von einem Farmarbeiter das Verhalten des Wildes. Seine Liebe zur freien Natur, dem Reitsport und vor allem der Jagd, verführten ihn zu Abenteuern, die ihn oft in Schwierigkeiten brachten. Seine Einstellung zur Jagd ändert sich drastisch, als er von der Abteilung Naturschutz der ehemaligen SWA-Administration angestellt wird und er nun die Wilddiebe aufspüren muss, um das Wild im Etoscha-Nationalpark als Wildhüter zu beschützen.
65. Folge
Ein kleiner Blutstropfen verrät einen erfahrenen Wilddieb (Teil 2/2)
Vom Auto aus schickte ich Moses zu Flips Buschmannwerft. Ich gab Moses den Auftrag, mit Bluff zu arbeiten. Moses sollte forsch auftreten und den Buschleuten gleich einen Schrecken einjagen und ihnen sagen, dass wir alles wüssten, sie sollten nur schnell gestehen und den Vorgang der Jagd erzählen, dann würden wir sie nicht im Gefängnis abliefern, zur Verstärkung gaben wir Moses Sikspens mit. Der Erfolg war wider Erwarten gut, die Buschleute gaben bereitwilligst Auskunft. Moses brachte einen ganzen Sack voller stinkender Beweisstücke mit. Flip hatte bei einer vorigen Gelegenheit noch ein Zebra und einen starken Springbock im Reservat geschossen. Moses brachte auch einen alten Buschmann mit, der mir die ganzen Jagden schilderte, ich hatte jetzt handfeste Beweise und Zeugen. Nun musste ich die Robbertse konfrontieren. Ich ging zum Haus und fragte Vater und Sohn, wer denn den Gemsbock auf der Reservatseite geschossen hätte. Von den Beweisstücken sagte ich vorläufig nichts, natürlich stritten sie alles ab. Sie schoben die Schuld dem Viehinspektor in die Schuhe, der war Tage vorher an der Grenze entlang gefahren. Dann erwähnte ich ganz beiläufig, dass ich die .303 Hülsen von dem Jäger gefunden hätte. Das wirkte wie ein Donnerschlag. „O, die dom donder!“, entfuhr es Oom Jopie und der arme alte Mann sackte zusammen. (Oh, der Idiot. Er hatte natürlich seinen Sohn gemeint). Flip half seinem Vater wieder auf die Beine. Der Vater zitterte noch mehr und Flip war kreidebleich, sagte aber nichts. Ich hatte ihnen die Chance zum Geständnis gegeben, sie hatten sie aber nicht gebraucht.
Mit den Worten „Ich komme morgen mit der Polizei wieder“, verabschiedete ich mich. Es sollte eine versteckte Warnung sein. Ich konnte es mir jedoch erlauben, da ich ja bereits alle Beweise hatte, ihnen davon aber nichts gesagt hatte. Ich fuhr nach Okaukuejo zurück und übergab den Fall der Polizei, behielt aber den Sack mit all den Beweisstücken vorläufig im Auto. Mit der damaligen Polizei vertrug ich mich gar nicht. Jedes Mal, wenn ich gefangene Wilddiebe bei ihnen ablieferte, schnauzte der Sergeant mich an, ich solle aufhören, so ohne jegliche Skrupel, Wilddiebe zu fangen. Der Tag sei nicht mehr weit, dann müssten sie meine verstreuten Gebeine im Busch suchen! Man war natürlich unwahrscheinlich eifersüchtig auf mich. Jedes Mal, wenn sie mit ihrem Landrover unterwegs gewesen waren und niemanden erwischt hatten, kam ich gleich danach mit meiner Pferdepatrouille und brachte gefangene Wilddiebe mit. Für „Stark“ hatten sie keine Zeit und versuchten alles Mögliche, mich in Ungunst zu bringen.
Peter und der Konstabel
Am nächsten Morgen gab man mir ausgerechnet den dicken, fetten Konstabel mit. Wir konnten uns schon gar nicht riechen. Er musste neben mir auf dem Beifahrersitz sitzen. Direkt vor ihm stand der Sack mit den stinkenden, fliegenübersäten Beweisstücken von Gemsbock, Springbock und Zebra. Seine massigen Oberschenkel lagen teilweise auf dem Sack. Der schlechte Weg, Kalkhügel über Kalkhügel, verbesserte seine Laune schon gar nicht und der gute Mann fluchte wie ein betrunkener Matrose. Komischerweise sagte er nichts über den Gestank im Auto und den Sack vor ihm schien er nicht zu bemerken. Es wäre mir ein Leichtes gewesen, diesen Sack hinten auf die Ladefläche zu verbannen, aber, da er nichts fragte, blieb der Sack da stehen. Gegenüber Mooiplaas hielt ich unter einem schattigen Baum und sagte dem Konstabel, er solle nun seine Arbeit tun. Er blieb lange beim Haus. Als er zurückkam, kochte er vor Wut und sagte mir: „Du hast alles versaut!“ Die Robbertse hätten ihm hohnlachend gesagt, dass sie gewusst hätten, dass er kommt und das ganze Biltong an die Hunde verfüttert. Er solle erst die Hunde erschießen und das Biltong aus deren Mägen herausholen, dann hätte er vielleicht Beweise! Da er aber keine Beweise hatte, weigerten sie sich auch, das Gewehr herauszugeben. Als er sich endlich beruhigte, meinte ich, er solle doch mal erst in den stinkenden Sack gucken. Ihm fielen bald die Augen aus dem Kopf. Dann schnauzte er mir zu: „Ich habe Lust, dich anzuklagen wegen Verhinderung von Beweisen!“ (Dwarsboming van die gereg). Daraufhin meinte ich, dass er auf den Beweisen gesessen hätte, er hätte eigentlich mal fragen können, was in dem stinkenden Sack sei! Ich hatte den Eindruck, dass er vor Wut ersticken würde. Als er sich etwas beruhigt hatte, sagte ich: „Komm, wir holen das Gewehr und klagen den Mann formell an!“ Als wir nun wieder bei den Robbertse ankamen, sagte ich Flip auf den Kopf zu, was ich wusste und dass seine Buschleute bereits ausgesagt hätten. Ihm schienen die Augen aus dem Kopf zu fallen. Widerstandslos übergab er uns sein Gewehr und der Polizist überreichte ihm die Anklage.
Der Termin für die Verhandlung in Outjo wurde festgelegt. Ich hatte kurz davor einige Wilddiebe gefangen. Am Morgen vor der Verhandlung brachte ich die Wilderer hinten auf meinem Ford mit, um sie der Polizei in Outjo zu übergeben.
Vorne im Ford, hauptsächlich unter dem Sitz, waren all die abgenommenen Waffen. Ich hielt vor der Polizeistation und war im Begriff, all die Waffen unter dem Sitz herauszuklauben, als mir jemand von hinten auf die Schulter tippte, hinter mir stand Flip. Im ersten Moment dachte ich, er wolle aus Rache zuschlagen, aber dann sagte er freundlich: „Piet, ich habe dein Vertrauen missbraucht, es tut mir leid! Ich bin schuldig und werde meine Schuld bekennen. Wie die Verhandlung auch verlaufen mag, bitte, bleib mit uns befreundet und komme wie früher zu einem Schwatz und einer Tasse Kaffee. Du hast uns wie ein Mann gefangen, als Mann werde ich dich empfangen!“
Die ganze Verhandlung war kurz und bündig. Ich hatte Flip nur wegen des Gemsbocks angeklagt. Flip bekannte sich schuldig. Der Richter verdonnerte Flip zu 100 Pfund Geldbuße und er durfte seine Waffen behalten. Als Entschuldigung führte er an, dass er vom Haus aus die Gemsböcke neben dem Zaun hatte stehen sehen und dass die Versuchung einfach zu groß war.
Nach der Verhandlung wollte ich noch einige Lebensmittel einkaufen und brauchte dazu Geld. Ich ging zur Bank, um Geld abzuheben. Vor mir war Oom Jopie, er stand noch am Schalter, seine Hände zitterten noch mehr als gewöhnlich und die Tränen rannen über sein Gesicht. „Was ist los, Oom Jopie?“ fragte ich ihn. „Wir haben nicht genug Geld, um die Strafe zu zahlen, jetzt muss Flip ins Gefängnis und ich bin allein auf der Farm.“ Ich sprach mit dem Kassierer und bat ihn, den noch ausstehenden Betrag von meinem Konto zu nehmen und Oom Jopie zu geben. In der Trockenzeit hatte ich gesehen, wie die toten Rinder auf Mooiplaas herumlagen. Die Familie hatte fast alles verloren, sie waren wirklich arme Schlucker. Ich sah es als meine menschliche Pflicht an, ihnen zu helfen.
Ein kleiner Blutstropfen verrät einen erfahrenen Wilddieb (Teil 2/2)
Vom Auto aus schickte ich Moses zu Flips Buschmannwerft. Ich gab Moses den Auftrag, mit Bluff zu arbeiten. Moses sollte forsch auftreten und den Buschleuten gleich einen Schrecken einjagen und ihnen sagen, dass wir alles wüssten, sie sollten nur schnell gestehen und den Vorgang der Jagd erzählen, dann würden wir sie nicht im Gefängnis abliefern, zur Verstärkung gaben wir Moses Sikspens mit. Der Erfolg war wider Erwarten gut, die Buschleute gaben bereitwilligst Auskunft. Moses brachte einen ganzen Sack voller stinkender Beweisstücke mit. Flip hatte bei einer vorigen Gelegenheit noch ein Zebra und einen starken Springbock im Reservat geschossen. Moses brachte auch einen alten Buschmann mit, der mir die ganzen Jagden schilderte, ich hatte jetzt handfeste Beweise und Zeugen. Nun musste ich die Robbertse konfrontieren. Ich ging zum Haus und fragte Vater und Sohn, wer denn den Gemsbock auf der Reservatseite geschossen hätte. Von den Beweisstücken sagte ich vorläufig nichts, natürlich stritten sie alles ab. Sie schoben die Schuld dem Viehinspektor in die Schuhe, der war Tage vorher an der Grenze entlang gefahren. Dann erwähnte ich ganz beiläufig, dass ich die .303 Hülsen von dem Jäger gefunden hätte. Das wirkte wie ein Donnerschlag. „O, die dom donder!“, entfuhr es Oom Jopie und der arme alte Mann sackte zusammen. (Oh, der Idiot. Er hatte natürlich seinen Sohn gemeint). Flip half seinem Vater wieder auf die Beine. Der Vater zitterte noch mehr und Flip war kreidebleich, sagte aber nichts. Ich hatte ihnen die Chance zum Geständnis gegeben, sie hatten sie aber nicht gebraucht.
Mit den Worten „Ich komme morgen mit der Polizei wieder“, verabschiedete ich mich. Es sollte eine versteckte Warnung sein. Ich konnte es mir jedoch erlauben, da ich ja bereits alle Beweise hatte, ihnen davon aber nichts gesagt hatte. Ich fuhr nach Okaukuejo zurück und übergab den Fall der Polizei, behielt aber den Sack mit all den Beweisstücken vorläufig im Auto. Mit der damaligen Polizei vertrug ich mich gar nicht. Jedes Mal, wenn ich gefangene Wilddiebe bei ihnen ablieferte, schnauzte der Sergeant mich an, ich solle aufhören, so ohne jegliche Skrupel, Wilddiebe zu fangen. Der Tag sei nicht mehr weit, dann müssten sie meine verstreuten Gebeine im Busch suchen! Man war natürlich unwahrscheinlich eifersüchtig auf mich. Jedes Mal, wenn sie mit ihrem Landrover unterwegs gewesen waren und niemanden erwischt hatten, kam ich gleich danach mit meiner Pferdepatrouille und brachte gefangene Wilddiebe mit. Für „Stark“ hatten sie keine Zeit und versuchten alles Mögliche, mich in Ungunst zu bringen.
Peter und der Konstabel
Am nächsten Morgen gab man mir ausgerechnet den dicken, fetten Konstabel mit. Wir konnten uns schon gar nicht riechen. Er musste neben mir auf dem Beifahrersitz sitzen. Direkt vor ihm stand der Sack mit den stinkenden, fliegenübersäten Beweisstücken von Gemsbock, Springbock und Zebra. Seine massigen Oberschenkel lagen teilweise auf dem Sack. Der schlechte Weg, Kalkhügel über Kalkhügel, verbesserte seine Laune schon gar nicht und der gute Mann fluchte wie ein betrunkener Matrose. Komischerweise sagte er nichts über den Gestank im Auto und den Sack vor ihm schien er nicht zu bemerken. Es wäre mir ein Leichtes gewesen, diesen Sack hinten auf die Ladefläche zu verbannen, aber, da er nichts fragte, blieb der Sack da stehen. Gegenüber Mooiplaas hielt ich unter einem schattigen Baum und sagte dem Konstabel, er solle nun seine Arbeit tun. Er blieb lange beim Haus. Als er zurückkam, kochte er vor Wut und sagte mir: „Du hast alles versaut!“ Die Robbertse hätten ihm hohnlachend gesagt, dass sie gewusst hätten, dass er kommt und das ganze Biltong an die Hunde verfüttert. Er solle erst die Hunde erschießen und das Biltong aus deren Mägen herausholen, dann hätte er vielleicht Beweise! Da er aber keine Beweise hatte, weigerten sie sich auch, das Gewehr herauszugeben. Als er sich endlich beruhigte, meinte ich, er solle doch mal erst in den stinkenden Sack gucken. Ihm fielen bald die Augen aus dem Kopf. Dann schnauzte er mir zu: „Ich habe Lust, dich anzuklagen wegen Verhinderung von Beweisen!“ (Dwarsboming van die gereg). Daraufhin meinte ich, dass er auf den Beweisen gesessen hätte, er hätte eigentlich mal fragen können, was in dem stinkenden Sack sei! Ich hatte den Eindruck, dass er vor Wut ersticken würde. Als er sich etwas beruhigt hatte, sagte ich: „Komm, wir holen das Gewehr und klagen den Mann formell an!“ Als wir nun wieder bei den Robbertse ankamen, sagte ich Flip auf den Kopf zu, was ich wusste und dass seine Buschleute bereits ausgesagt hätten. Ihm schienen die Augen aus dem Kopf zu fallen. Widerstandslos übergab er uns sein Gewehr und der Polizist überreichte ihm die Anklage.
Der Termin für die Verhandlung in Outjo wurde festgelegt. Ich hatte kurz davor einige Wilddiebe gefangen. Am Morgen vor der Verhandlung brachte ich die Wilderer hinten auf meinem Ford mit, um sie der Polizei in Outjo zu übergeben.
Vorne im Ford, hauptsächlich unter dem Sitz, waren all die abgenommenen Waffen. Ich hielt vor der Polizeistation und war im Begriff, all die Waffen unter dem Sitz herauszuklauben, als mir jemand von hinten auf die Schulter tippte, hinter mir stand Flip. Im ersten Moment dachte ich, er wolle aus Rache zuschlagen, aber dann sagte er freundlich: „Piet, ich habe dein Vertrauen missbraucht, es tut mir leid! Ich bin schuldig und werde meine Schuld bekennen. Wie die Verhandlung auch verlaufen mag, bitte, bleib mit uns befreundet und komme wie früher zu einem Schwatz und einer Tasse Kaffee. Du hast uns wie ein Mann gefangen, als Mann werde ich dich empfangen!“
Die ganze Verhandlung war kurz und bündig. Ich hatte Flip nur wegen des Gemsbocks angeklagt. Flip bekannte sich schuldig. Der Richter verdonnerte Flip zu 100 Pfund Geldbuße und er durfte seine Waffen behalten. Als Entschuldigung führte er an, dass er vom Haus aus die Gemsböcke neben dem Zaun hatte stehen sehen und dass die Versuchung einfach zu groß war.
Nach der Verhandlung wollte ich noch einige Lebensmittel einkaufen und brauchte dazu Geld. Ich ging zur Bank, um Geld abzuheben. Vor mir war Oom Jopie, er stand noch am Schalter, seine Hände zitterten noch mehr als gewöhnlich und die Tränen rannen über sein Gesicht. „Was ist los, Oom Jopie?“ fragte ich ihn. „Wir haben nicht genug Geld, um die Strafe zu zahlen, jetzt muss Flip ins Gefängnis und ich bin allein auf der Farm.“ Ich sprach mit dem Kassierer und bat ihn, den noch ausstehenden Betrag von meinem Konto zu nehmen und Oom Jopie zu geben. In der Trockenzeit hatte ich gesehen, wie die toten Rinder auf Mooiplaas herumlagen. Die Familie hatte fast alles verloren, sie waren wirklich arme Schlucker. Ich sah es als meine menschliche Pflicht an, ihnen zu helfen.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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