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Der weiße Buschmann

Vom Wilderer zum Wildhüter
Im Jahre 1929 in Windhoek geboren, lernt Peter Stark, wie so viele „Südwester", schon als Kind den Umgang mit einer Jagdwaffe und von einem Farmarbeiter das Verhalten des Wildes. Seine Liebe zur freien Natur, dem Reitsport und vor allem der Jagd, verführten ihn zu Abenteuern, die ihn oft in Schwierigkeiten brachten. Seine Einstellung zur Jagd ändert sich drastisch, als er von der Abteilung Naturschutz der ehemaligen SWA-Administration angestellt wird und er nun die Wilddiebe aufspüren muss, um das Wild im Etoscha-Nationalpark als Wildhüter zu beschützen.
71. Folge

Ein Häuptling straft seine Untertanen

Wir inspizierten Windmotoren als wir bei Narawandu frische Pferdespuren an der Tränke fanden. Narawandu liegt nördlich von Okaukuejo und ist nicht sehr weit von der Grenze entfernt.

Ich fuhr sofort wieder zurück, um Pferde und Reiter zu holen. Als wir zurückkamen, luden wir kurz vor Narawandu die Pferde ab und ritten auf Spurensuche. Wir fanden die Spuren von den Pferden, die bei Narawandu getränkt worden waren und uns nun zum Lager führen mussten. Nicht sehr weit entfernt fanden wir bei einem Vley das verlassene Lager. Die Wilddiebe hatten wohl das Auto gehört als wir das erste Mal zur Inspektion gekommen waren und hatten in aller Eile die Esel mit dem Fleisch beladen. Wir fanden die Überreste von drei Giraffen und einem Elandbullen. Da noch minderwertige Stücke Fleisch herumlagen, mussten die Wilddiebe es sehr eilig gehabt haben. Normalerweise lassen die Wilddiebe nichts, aber auch gar nichts von dem schwer erbeuteten Fleisch zurück. Wir verfolgten die Spuren eine Zeit lang, alles deutete darauf hin, dass die Esel in aller Eile angetrieben wurden, denn hier und da fanden wir noch Stücke verlorenen Fleisches. Die Spuren führten direkt nach Norden zur Grenze. Ich hielt mich nicht länger mit der Verfolgung zu Pferde auf. Wenn die Wilddiebe nicht schon über die Grenze waren, so mussten sie ganz kurz davor sein. Wir ritten zurück, luden die Pferde wieder auf und fuhren zurück nach Okaukuejo. In Okaukuejo berichtete ich Stoffel Rochér, dem damaligen Hauptwildwart, von den Eindringlingen. Wir beschlossen, sie über die Grenze zu verfolgen und, falls wir sie fangen würden, dem damaligen Häuptling von Ongandjera, Oshona Shimi, zu überlassen. Oshona Shimi war der damaligen weißen Regierung sehr wohlgesonnen, was ihm dann später auch zum Verhängnis wurde.

Die Regel bestand, dass man die Grenzen respektieren solle. Wenn aber triftige Gründe bestanden und man Übeltäter im Ovamboland fing, mussten wir sie bei dem jeweiligen Häuptling des Gebietes abliefern. Je nach Gesinnung des Häuptlings wurden sie entweder bestraft oder als Helden gefeiert. Wir kannten Oshona von vorherigen Fällen und konnten es wagen, die Übeltäter im Ongandjeragebiet zu fangen. Wir verfolgten die Spuren mit zwei Autos, meinem Ford und Rochérs Landrover. Rochér und ich fuhren vorneweg, die Spurenleser Tobias und Stefanus saßen vorne auf der Kühlerhaube des Fords und mit Handzeichen gaben sie uns die Richtung an. Da es eine ganze Menge Esel und die Pferde waren, waren die Spuren im Sand gut sichtbar und die Verfolgung ging flott vonstatten. Wir hatten bald die Grenze erreicht und verfolgten die Spuren weiter. Als wir nicht weit von der Grenze in das erste Dorf hineinfuhren, waren die Diebe eben dabei, die noch mit Fleisch vollgepackten Esel und Pferde zu tränken. Ohne uns aufzuhalten, fuhren wir in das Tierbündel hinein und griffen die umstehenden Personen. Sehr unsanft wurden sie zum Ford gebracht, machten eine kurze Luftreise auf die Ladefläche, wo sie von Tobias und Stefanus mit Handschellen empfangen wurden. Diejenigen, die aufmuckten und protestieren wollten, wurden schnell zur Ruhe gebracht. Es ging alles außergewöhnlich flott. Ehe die Wilddiebe sich versahen, war eine ganze Fracht voll wie Sardinen auf dem Ford verstaut. Unsere Leute hatten den tollsten Spaß und nur zu deutlich offenbarte sich der Hass unserer Spurenleser gegenüber den Wilddieben.

Als wir alle Wilddiebe einkassiert hatten, fuhren wir zu Oshona Shimi nach Ongandjera. Dort wurden die Wilddiebe vor seinem Palast ausgeladen und aufgereiht. Wir sprachen mit Oshona Shimi. Er war ein besonders kleiner, schmächtiger Mann. An seinem Gesicht und seinen Augen aber konnte man sehen, dass er nicht zu Späßen aufgelegt war.

Denga!

Die Wilddiebe waren ein Gemisch aus Hereros und Ovambos. Als wir mit Oshona zu den aufgereihten Wilddieben gingen, warfen die Ovambos sich vor ihm nieder und flehten: „Gnade, oh Herr!“ Die Hereros blieben hochnäsig stehen. Oshona fragte: „Ich sehe, ihr seid in Handschellen, warum?“ Da die Hereros noch immer standen, ließ er sie von seinen stämmigen Leibwächtern auf die Erde werfen und man zog ihnen Hemden und Hosen aus. Dann gab Oshona seinen Leibwächtern den Befehl: „Denga!“ (Schlagt). Mit zwei Händen wurden die dornigen Palmenstängel bedient. Die ersten drei Schläge sausten mit voller Wucht auf die Hinterteile der Hereros. Dann ließ Oshona die Hereros wieder sitzen und sagte: „Wenn ihr mit mir redet, nur im Sitzen!“ Dann fragte er wieder: „Warum seid ihr in Handschellen?“ „Wir haben im Reservat gejagt, oh Herr!“ antworteten die Ovambos. „Denga!“ gab Oshona wieder den Befehl. Jeder bekam seine drei Schläge auf das Hinterteil. Nach jedem Schlag schien die geschlagene Stelle aufzuschwellen und fing, wegen der Dornen, an zu bluten. „Hab ich euch nicht gesagt, ihr dürft im Reservat nicht jagen! Denga!“ und wieder waren drei Schläge fällig. Die Geschlagenen wimmerten und stöhnten. Manche fingen vor Schmerz an, sich einzunässen. Oshona stellte noch einige Fragen, worauf es dann jedes Mal drei Schläge auf Hintern oder Rücken gab. Die meisten fingen vor Schmerz an, sich stöhnend im Sande herumzuwälzen. Nachdem jeder Ovambo neun Schläge und jeder Herero seine zwölf Schläge verabreicht bekommen hatte, hörte Oshona auf zu fragen. Wir Beamten kämpften gegen Übelkeit. Oshona ließ die Gefangenen in sein Gefängnis abführen. Alle Pferde und Esel sowie das Fleisch wurden einkassiert.

Feuchtfröhliches Gelage

Dann lud Oshona uns in seinen Palast zu einem „Trunk“ ein. Er muss an unseren bestürzten Gesichtern wohl gesehen haben, wie uns zumute war. „Ihr Weißen könnt nicht mit Schwarzen umgehen. Dies war nur ein Vorgespräch, um die Übeltäter zum Reden zu bringen, die Verhandlung kommt noch; ihr seid herzlichst eingeladen!“ sagte Oshona. Dann wurde es ein feuchtfröhliches Gelage. An Getränken ließ er auftischen, was man wünschte, vom selbstgebrauten Palmenwein bis zum edelsten Whisky. Seine Behausung war peinlich sauber. Die bedienenden Frauen flitzten emsig umher und schleppten Getränke und Essen heran. In seinem Gewehrschrank prunkten die schönsten, teuersten Jagdgewehre. Es wurde auch gleich ein Wettschießen veranstaltet, höflichkeitshalber ließen wir ihn gewinnen.

Am Nachmittag, als alle schon gut benebelt waren, traten wir den Nachhauseweg an. Wenn wir länger geblieben wären, wären uns sonst noch die Bäume in den Weg gelaufen.

Beim Abschied lud Oshona uns nochmals ein, zur Gerichtsverhandlung zu kommen. Herr Rochér wohnte dieser Verhandlung bei, ich war irgendwo im Busch beschäftigt. Als Rochér nach Hause kam, erzählte er: „Zur Verhandlung mussten 96 Wilddiebe erscheinen. Alle hatten bei vorigen Gelegenheiten mal im Reservat gejagt. Oshona hatte seine Stammpolizei ausgeschickt, um alle zu holen, die mal gejagt hatten. Eine Gruppe musste immer die Namen der vorigen Gruppe bekannt geben und so ging es die Leiter rauf. Oshona ließ alle verknacken. Wer gejagt hatte, musste Strafe in Form von Rindern, Pferden, Eseln und Ziegen bezahlen. Alle Tiere kamen in den sogenannten Stammfonds. Später betonte Oshona nochmals, dass wir (die Weißen) nicht wüssten, wie man Diebe behandelt. Danach war lange Zeit Ruhe in jenem Teil des Gebiets. Leider fiel Oshona Shimi nicht lange darauf einem „Autounfall“ zum Opfer. In weißen Kreisen munkelte man, dass Terroristen ihren Anteil daran hatten. Eins ist sicher, die Wilddiebe bei Oshona Shimi abzuliefern, war tausend Mal besser als sie sechs oder neun Monate bei uns im „Fünfsternehotel“ unterzubringen.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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