Der weiße Buschmann
Vom Wilderer zum Wildhüter
Im Jahre 1929 in Windhoek geboren, lernt Peter Stark, wie so viele „Südwester", schon als Kind den Umgang mit einer Jagdwaffe und von einem Farmarbeiter das Verhalten des Wildes. Seine Liebe zur freien Natur, dem Reitsport und vor allem der Jagd, verführten ihn zu Abenteuern, die ihn oft in Schwierigkeiten brachten. Seine Einstellung zur Jagd ändert sich drastisch, als er von der Abteilung Naturschutz der ehemaligen SWA-Administration angestellt wird und er nun die Wilddiebe aufspüren muss, um das Wild im Etoscha-Nationalpark als Wildhüter zu beschützen.
82. Folge
Sorgen um das Leben unserer Kinder
Es war wieder einmal ein Trockenjahr und die Quellen fingen an zu versiegen. Ich hatte mir vorgenommen, die Elefantenquellen Onandera, Onautinda, Onangombati und Onaiso auszuschaufeln, den Modder und Elefantenmist aufzuladen und wegzufahren. Ich war bei Onangombati beschäftigt und hatte Elke und meine zwei ältesten Kinder Udo und Ingo mitgenommen. In einem gesäuberten Benzinfass hatte ich Trinkwasser mitgenommen, welches wir hauptsächlich für die Kinder gebrauchten. Wir selbst gebrauchten das grüne Wasser aus den Quellen zum Waschen, Kochen und Trinken. Das Wasser schmeckte stark nach Elefantenmist, ich war das gewohnt. Wenn die Hereros das trinken konnten, konnten wir das wohl auch. Während wir Fracht um Fracht Schmutz aus der Onangombatiquelle wegfuhren, ging das rote Warnlicht für die Batterie an. Der Generator lud also nicht mehr. Ich wollte jedoch die Quelle fertig sauber machen, ehe ich am Wochenende nach Hause fuhr. Während der letzten Frachten vermied ich das Starten und wir schoben das Auto an. Vor dem Heimweg mussten wir das Auto mit all unserem Hausrat und Werkzeug beladen und bekamen erst nach langem Hin und Her den Frachter gestartet. Die Pferde ließ ich zum nächsten Windmotor reiten, denn dort stand der Anhänger. Udo, unser Ältester, war schon zwei Tage vorher mit schwerem Durchfall krank geworden und magerte zusehends ab. Beim ersten Windmotor versagte das Frachtauto vollkommen. Sogar das Warnlicht zeigte nicht mehr an und es wurde schon Abend. Udos Zustand wegen musste ich nach Okaukuejo reiten, um Hilfe zu holen. Es waren gut 90 Meilen dorthin und größtenteils löwenreiches Gebiet. Um jeden Windmotor hatten wir breite Schlote gegraben, damit die Elefanten sie nicht umwerfen konnten. Nachts kamen immer viele Elefanten zu den Tränken. Die Zurückbleibenden (Elke, Kinder und die Buschleute) mussten sich auf der Windmotorinsel ein Lager einrichten und ich gab Elke mein Gewehr.
Dann sattelte ich Bento, mein Patrouillenpferd, und ritt in der Dämmerung los. Es wurde stockdunkel, kein Mond schien. Ich musste mich auf Bentos Gehör und Geruchssinn verlassen. Immer, wenn Bento die Ohren spitzte und zu schnaufen anfing, ritt ich langsamer und erwartete einen Löwenangriff. Ich redete dann laut vor mich hin oder machte Geräusche als ob ich Vieh antrieb. Zu sehen war nichts, aber auch nichts. So ritt ich bis zu dem Windmotor Bitterwasser. Dort wollte ich absatteln und Bento verschnaufen lassen und warten, bis die letzte Mondsichel in den frühen Morgenstunden aufkommen würde. Bei Bitterwasser hatte ich einen Pferdekamp, aber die Elefanten hatten damit ihr Spiel getrieben. In der Dunkelheit erkannte ich einen Pfahl, der noch stand, all die anderen Pfähle und der Draht lagen zertrampelt auf dem Boden. Trotzdem sattelte ich ab und hielt Bento mit der Hand fest. Immer wenn ich die Augen schloss, sah ich im Geiste das hohlwangige, bleiche Gesicht meines Sohnes. Zu allem Überfluss fing ein Löwe ganz in der Nähe an zu brüllen. Als das Brüllen von der Tränke her erschallte, sattelte ich wieder auf und ritt auf einem Umweg zu dem Weg zurück.
Der Löwe hatte die noch warme Spur von Bento gerochen und war auf dem Wege zu mir. Es war immer noch vollkommen dunkel. Halbwegs auf dem Wege nach Ozonjuitji m’bari kam die letzte Mondsichel auf, nun konnte ich wenigstens etwas sehen. Im Morgengrauen ritt ich bei Ozonjuitji m’bari vorbei und danach über den Charl Marais Damm. Als die Sonne hochkam und ich gut sehen konnte, verließ ich den Autoweg und ritt querbusch geradewegs auf Okaukuejo zu, wo ich um elf Uhr vormittags ankam. Ich übergab meinen treuen Bento einem Pferdejungen und stieg ohne Zeit zu versäumen in meinen Ford. Ich nahm Mynard Blom mit einer neuen Batterie mit, um die zurückgebliebenen Pferde, Menschen und Ausrüstung nach Okaukuejo zu bringen. Mit Elke und den beiden Kindern fuhr ich so schnell ich konnte wieder nach Okaukuejo. Udo sah schlimm aus. Die Augen lagen tief in den Höhlen und sein Kopf baumelte kraftlos hin und her. Ich war dabei, die Hoffnung zu verlieren. Beim Aussteigen auf Okaukuejo sagte Elke mir noch, dass Ingo auch anfinge krank zu werden, dass er aber noch gut bei Kräften sei.
Ich fuhr so schnell ich konnte mit Udo nach Otjiwarongo ins Krankenhaus, wo gute Schwestern und Ärzte arbeiteten. Zu dem Staatsarzt von Outjo hatte ich kein Vertrauen, da ich mich wegen eines gestorbenen Buschmannkindes (Simons Tochter) mit ihm schwer in der Wolle gehabt hatte. Als ich Udo beim Arzt abgegeben hatte, fuhr ich sofort wieder nach Okaukuejo zurück, wo ich spätnachmittags ankam.
Nur, inzwischen war Ingo beinahe eben so krank wie Udo geworden. Ohne etwas zu essen, jagte ich nun mit Ingo ebenfalls nach Otjiwarongo. Als ich Ingo ins Krankenhaus trug, bekam ich einen eisigen Schrecken, Udos Name war nicht auf der Patiententafel. Ich dachte, er wäre inzwischen gestorben und man hätte deshalb seinen Namen ausgewischt. Eine freundliche Schwester beruhigte mich und sagte, dass er in der Intensivstation sei, wo man ihn intravenös ernährte, es ginge ihm schon besser, die Schwester nahm sich Ingos an.
Udo lag noch völlig teilnahmslos in seinem Krankenbett, aber er hatte schon einen leichten Schimmer Farbe im Gesicht. Mit mehr Hoffnung fuhr ich den langen Weg nach Okaukuejo zurück. Erst in Okaukuejo wurde mir bewusst, dass ich nun schon zwei Tage weder gegessen noch geschlafen hatte. Die Angst um meine Kinder hatte mich zum Roboter werden lassen. Blutproben von den Kindern zeigten, dass sie an einer schweren Bleivergiftung litten. Das „saubere“ Wasser aus dem Benzinfass war viel schlimmer als das grüne Wasser aus der Onangombatiquelle gewesen. Einige Tage später konnten wir die Kinder wieder in Otjiwarongo abholen.
Sorgen um das Leben unserer Kinder
Es war wieder einmal ein Trockenjahr und die Quellen fingen an zu versiegen. Ich hatte mir vorgenommen, die Elefantenquellen Onandera, Onautinda, Onangombati und Onaiso auszuschaufeln, den Modder und Elefantenmist aufzuladen und wegzufahren. Ich war bei Onangombati beschäftigt und hatte Elke und meine zwei ältesten Kinder Udo und Ingo mitgenommen. In einem gesäuberten Benzinfass hatte ich Trinkwasser mitgenommen, welches wir hauptsächlich für die Kinder gebrauchten. Wir selbst gebrauchten das grüne Wasser aus den Quellen zum Waschen, Kochen und Trinken. Das Wasser schmeckte stark nach Elefantenmist, ich war das gewohnt. Wenn die Hereros das trinken konnten, konnten wir das wohl auch. Während wir Fracht um Fracht Schmutz aus der Onangombatiquelle wegfuhren, ging das rote Warnlicht für die Batterie an. Der Generator lud also nicht mehr. Ich wollte jedoch die Quelle fertig sauber machen, ehe ich am Wochenende nach Hause fuhr. Während der letzten Frachten vermied ich das Starten und wir schoben das Auto an. Vor dem Heimweg mussten wir das Auto mit all unserem Hausrat und Werkzeug beladen und bekamen erst nach langem Hin und Her den Frachter gestartet. Die Pferde ließ ich zum nächsten Windmotor reiten, denn dort stand der Anhänger. Udo, unser Ältester, war schon zwei Tage vorher mit schwerem Durchfall krank geworden und magerte zusehends ab. Beim ersten Windmotor versagte das Frachtauto vollkommen. Sogar das Warnlicht zeigte nicht mehr an und es wurde schon Abend. Udos Zustand wegen musste ich nach Okaukuejo reiten, um Hilfe zu holen. Es waren gut 90 Meilen dorthin und größtenteils löwenreiches Gebiet. Um jeden Windmotor hatten wir breite Schlote gegraben, damit die Elefanten sie nicht umwerfen konnten. Nachts kamen immer viele Elefanten zu den Tränken. Die Zurückbleibenden (Elke, Kinder und die Buschleute) mussten sich auf der Windmotorinsel ein Lager einrichten und ich gab Elke mein Gewehr.
Dann sattelte ich Bento, mein Patrouillenpferd, und ritt in der Dämmerung los. Es wurde stockdunkel, kein Mond schien. Ich musste mich auf Bentos Gehör und Geruchssinn verlassen. Immer, wenn Bento die Ohren spitzte und zu schnaufen anfing, ritt ich langsamer und erwartete einen Löwenangriff. Ich redete dann laut vor mich hin oder machte Geräusche als ob ich Vieh antrieb. Zu sehen war nichts, aber auch nichts. So ritt ich bis zu dem Windmotor Bitterwasser. Dort wollte ich absatteln und Bento verschnaufen lassen und warten, bis die letzte Mondsichel in den frühen Morgenstunden aufkommen würde. Bei Bitterwasser hatte ich einen Pferdekamp, aber die Elefanten hatten damit ihr Spiel getrieben. In der Dunkelheit erkannte ich einen Pfahl, der noch stand, all die anderen Pfähle und der Draht lagen zertrampelt auf dem Boden. Trotzdem sattelte ich ab und hielt Bento mit der Hand fest. Immer wenn ich die Augen schloss, sah ich im Geiste das hohlwangige, bleiche Gesicht meines Sohnes. Zu allem Überfluss fing ein Löwe ganz in der Nähe an zu brüllen. Als das Brüllen von der Tränke her erschallte, sattelte ich wieder auf und ritt auf einem Umweg zu dem Weg zurück.
Der Löwe hatte die noch warme Spur von Bento gerochen und war auf dem Wege zu mir. Es war immer noch vollkommen dunkel. Halbwegs auf dem Wege nach Ozonjuitji m’bari kam die letzte Mondsichel auf, nun konnte ich wenigstens etwas sehen. Im Morgengrauen ritt ich bei Ozonjuitji m’bari vorbei und danach über den Charl Marais Damm. Als die Sonne hochkam und ich gut sehen konnte, verließ ich den Autoweg und ritt querbusch geradewegs auf Okaukuejo zu, wo ich um elf Uhr vormittags ankam. Ich übergab meinen treuen Bento einem Pferdejungen und stieg ohne Zeit zu versäumen in meinen Ford. Ich nahm Mynard Blom mit einer neuen Batterie mit, um die zurückgebliebenen Pferde, Menschen und Ausrüstung nach Okaukuejo zu bringen. Mit Elke und den beiden Kindern fuhr ich so schnell ich konnte wieder nach Okaukuejo. Udo sah schlimm aus. Die Augen lagen tief in den Höhlen und sein Kopf baumelte kraftlos hin und her. Ich war dabei, die Hoffnung zu verlieren. Beim Aussteigen auf Okaukuejo sagte Elke mir noch, dass Ingo auch anfinge krank zu werden, dass er aber noch gut bei Kräften sei.
Ich fuhr so schnell ich konnte mit Udo nach Otjiwarongo ins Krankenhaus, wo gute Schwestern und Ärzte arbeiteten. Zu dem Staatsarzt von Outjo hatte ich kein Vertrauen, da ich mich wegen eines gestorbenen Buschmannkindes (Simons Tochter) mit ihm schwer in der Wolle gehabt hatte. Als ich Udo beim Arzt abgegeben hatte, fuhr ich sofort wieder nach Okaukuejo zurück, wo ich spätnachmittags ankam.
Nur, inzwischen war Ingo beinahe eben so krank wie Udo geworden. Ohne etwas zu essen, jagte ich nun mit Ingo ebenfalls nach Otjiwarongo. Als ich Ingo ins Krankenhaus trug, bekam ich einen eisigen Schrecken, Udos Name war nicht auf der Patiententafel. Ich dachte, er wäre inzwischen gestorben und man hätte deshalb seinen Namen ausgewischt. Eine freundliche Schwester beruhigte mich und sagte, dass er in der Intensivstation sei, wo man ihn intravenös ernährte, es ginge ihm schon besser, die Schwester nahm sich Ingos an.
Udo lag noch völlig teilnahmslos in seinem Krankenbett, aber er hatte schon einen leichten Schimmer Farbe im Gesicht. Mit mehr Hoffnung fuhr ich den langen Weg nach Okaukuejo zurück. Erst in Okaukuejo wurde mir bewusst, dass ich nun schon zwei Tage weder gegessen noch geschlafen hatte. Die Angst um meine Kinder hatte mich zum Roboter werden lassen. Blutproben von den Kindern zeigten, dass sie an einer schweren Bleivergiftung litten. Das „saubere“ Wasser aus dem Benzinfass war viel schlimmer als das grüne Wasser aus der Onangombatiquelle gewesen. Einige Tage später konnten wir die Kinder wieder in Otjiwarongo abholen.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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