Der weiße Buschmann
Vom Wilderer zum Wildhüter
Im Jahre 1929 in Windhoek geboren, lernt Peter Stark, wie so viele „Südwester", schon als Kind den Umgang mit einer Jagdwaffe und von einem Farmarbeiter das Verhalten des Wildes. Seine Liebe zur freien Natur, dem Reitsport und vor allem der Jagd verführten ihn zu Abenteuern, die ihn oft in Schwierigkeiten brachten. Seine Einstellung zur Jagd ändert sich drastisch, als er von der Abteilung Naturschutz der ehemaligen SWA-Administration angestellt wird und er nun die Wilddiebe aufspüren muss, um das Wild im Etoscha-Nationalpark als Wildhüter zu beschützen.
89. Folge
Höhepunkt als Spurenleser 1/3
Bei der Scheidung von Elke wurden meine Kinder mir zugesprochen. Sie gingen in Swakopmund in die Schule. Meine zweite Frau, Leona, und ich waren in den Ferien nach Swakopmund gefahren, um meine Kinder dort abzuholen und nach Hause zu bringen. Wir kamen an einem Donnerstag in Swakopmund an.
Ganz Swakopmund stand Kopf, weil ein deutscher Besucher, Dr. Klaus von der Ropp, sich in der Namibwüste verirrt hatte und noch nicht gefunden war. Er war mit einem Safariunternehmen in die Wüste gefahren. Anscheinend waren die Besucher unter der Leitung eines Südwester Safarileiters am vorigen Montag früh in die Wüste zur Welwitschiafläche gefahren und von da aus weiter in die Berge. Die Landrovermaschine war heiß geworden und der Landrover blieb in den Bergen stehen. Der Safarileiter hatte keinen Notvorrat mitgenommen, weder Wasser noch Getränke; ein grober Fehler.
Eigentlich wollten sie ja nur bis zur Welwitschiafläche fahren, waren aber danach weiter in die Berge gefahren. Das hatte der Safarileiter seinen Leuten im Büro nicht bekannt gegeben; das war sein zweiter Fehler.
In dem Park steht ein besonders rötlich leuchtender Berg, genannt die Blutkuppe, dort wird in einer Mine Erz abgebaut. Der Safarileiter wollte zu dieser Mine laufen und Hilfe holen. Da er schon ein etwas älterer Mann war, bot von der Ropp an, den Safarileiter zu begleiten. Er wollte die Sonne Afrikas genießen, zog sein Hemd aus und der Safarileiter ließ den Besucher, nur mit kurzer Hose bekleidet, mitgehen; der dritte grobe Fehler.
Der Rest der Besucher, es waren Amerikaner, blieben beim Landrover zurück. Nach einiger Zeit konnten die Amerikaner den Landrover wieder starten und sie fuhren auf ihren Spuren zum Hauptweg zurück und von da nach Swakopmund. Der Safarileiter und sein Begleiter gingen in Richtung Blutkuppe. Nach einiger Zeit stellte sich heraus, dass es nicht die Blutkuppe war und der Safarileiter schickte den Besucher zum Auto zurück; der vierte, sehr grobe Fehler. Der Safarileiter ging weiter auf Suche nach der Mine, von der Ropp hingegen suchte nun in den Bergen nach dem Landrover, der schon lange weggefahren war. Er verirrte sich hoffnungslos und musste in einer Höhle übernachten, nur mit kurzer Hose bekleidet. Und die Nächte in der Namib werden kalt!
Den Safarileiter fand man zufällig am Mittwoch, auf einem verlassenen Autoweg kriechend. Er sprach wirr durcheinander und man konnte zu diesem Zeitpunkt nichts aus ihm herausbekommen.
Der Deutsche blieb verschwunden, keiner wusste, was aus ihm geworden war. Inzwischen hatte man verschiedene Suchkommandos auf die Beine gebracht. Fast die gesamte Polizei von Swakopmund und Walvis Bay war im Einsatz. Viele Freiwillige aus beiden Orten hatten sich gemeldet. In der Luft waren zwei Hubschrauber von der Polizei und mehrere Privatflugzeuge. Alles tobte in den Bergen herum auf der Suche nach von der Ropp.
Immo, mein Neffe, bei dessen Familie Leona und ich am Donnerstag übernachteten, bat mich abends, mitzuhelfen. Ich wollte den nächsten Tag mit Leona und den Kindern am Meer verbringen, dort fischen und schwimmen. Von der Ropp wurde schon seit Dienstag gesucht und hunderte Menschen hatten etwaige alte Spuren vom Montag zertreten oder die Fährten waren vom Wüstenwind in den Bergen verwischt. Die Hoffnung, noch eine Spur zu finden, war gleich Null. Aber Immo flehte mich an: „Bitte, hilf. Du bist der Einzige, der das noch schaffen kann!“ Vorläufig lehnte ich ab, denn ich hatte keinerlei Hoffnung, noch Spuren zu finden. Als Hauptnaturschutzwart war der Park meine Verantwortung gewesen und ich kannte die harten steinigen Wildwechsel und die Wüstenwinde. Eine fünf-Tage-alte Spur war „vom Winde verweht.“ Immo kannte mich aber als besonders guten Spurenleser und ließ nicht locker: „Bitte, hilf uns doch!“ Schließlich gab ich nach und sagte: „Gut, ich will’s versuchen“. Sofort fuhr er zu Woermann Brock, wo der Besitzer des Safariunternehmens arbeitete und verabredete mit ihm, dass er (Immo) mich zum Befehlshaber der Suchkräfte bringen sollte. Was ich brauchte, fragte der Besitzer von Woermann Brock. „Dir steht alles zur Verfügung: Kaviar, Lachs, Sardinen, usw. usw.“ Ich lehnte lachend ab. „Ein Behälter für eine halbe Gallone Wasser und ein paar Tennisschuhe, die ich kaputt schneiden kann. Mehr hab ich nicht nötig!“ war meine Antwort. Man schaute mich erst dumm an, gab mir aber das Gewünschte. Danach fuhren Immo und ich in die Wüste zum Namib Park. Dort suchten wir den Befehlshaber der Suchaktion. Es war Kapitän Naudé von der Walvisbay Polizei. Als wir in sein Zelt eintraten, war er dabei Landkarten zu studieren. „Ob ich helfen könnte“ fragten Immo und ich, nachdem ich mich vorgestellt hatte. Geistesabwesend antwortete er: „Nee, hier sind schon zu viele Menschen!“ Er blickte dabei kaum auf. Dann plötzlich schaute er mir gerade in die Augen und fragte: „Wer bist du?“ Ich wiederholte deutlich meinen Namen. „Bist du der Stark, der in Etosha war?“ kam dann seine eindringliche Frage. Ich bejahte es. „Ja, vielleicht kannst du uns doch helfen! Aber was willst du machen?“ wollte er wissen. „Nach Spuren suchen“ erwiderte ich. Er lachte verzweifelt und antwortete: „Kannst du vergessen. Das sieht hier aus wie ein Schafkral, hier sind hunderte Menschen herumgelaufen. Die Spuren sind von Montag und schon lange verwischt“. Dann fragte ich, in welche Richtung der Besucher gegangen war und wie er aussähe? Kaptein Naudé meinte, dass er nach Norden gegangen sei und dass es ein sehr langer, hagerer Mann sei. Das gab mir einen Anhalt.
Höhepunkt als Spurenleser 1/3
Bei der Scheidung von Elke wurden meine Kinder mir zugesprochen. Sie gingen in Swakopmund in die Schule. Meine zweite Frau, Leona, und ich waren in den Ferien nach Swakopmund gefahren, um meine Kinder dort abzuholen und nach Hause zu bringen. Wir kamen an einem Donnerstag in Swakopmund an.
Ganz Swakopmund stand Kopf, weil ein deutscher Besucher, Dr. Klaus von der Ropp, sich in der Namibwüste verirrt hatte und noch nicht gefunden war. Er war mit einem Safariunternehmen in die Wüste gefahren. Anscheinend waren die Besucher unter der Leitung eines Südwester Safarileiters am vorigen Montag früh in die Wüste zur Welwitschiafläche gefahren und von da aus weiter in die Berge. Die Landrovermaschine war heiß geworden und der Landrover blieb in den Bergen stehen. Der Safarileiter hatte keinen Notvorrat mitgenommen, weder Wasser noch Getränke; ein grober Fehler.
Eigentlich wollten sie ja nur bis zur Welwitschiafläche fahren, waren aber danach weiter in die Berge gefahren. Das hatte der Safarileiter seinen Leuten im Büro nicht bekannt gegeben; das war sein zweiter Fehler.
In dem Park steht ein besonders rötlich leuchtender Berg, genannt die Blutkuppe, dort wird in einer Mine Erz abgebaut. Der Safarileiter wollte zu dieser Mine laufen und Hilfe holen. Da er schon ein etwas älterer Mann war, bot von der Ropp an, den Safarileiter zu begleiten. Er wollte die Sonne Afrikas genießen, zog sein Hemd aus und der Safarileiter ließ den Besucher, nur mit kurzer Hose bekleidet, mitgehen; der dritte grobe Fehler.
Der Rest der Besucher, es waren Amerikaner, blieben beim Landrover zurück. Nach einiger Zeit konnten die Amerikaner den Landrover wieder starten und sie fuhren auf ihren Spuren zum Hauptweg zurück und von da nach Swakopmund. Der Safarileiter und sein Begleiter gingen in Richtung Blutkuppe. Nach einiger Zeit stellte sich heraus, dass es nicht die Blutkuppe war und der Safarileiter schickte den Besucher zum Auto zurück; der vierte, sehr grobe Fehler. Der Safarileiter ging weiter auf Suche nach der Mine, von der Ropp hingegen suchte nun in den Bergen nach dem Landrover, der schon lange weggefahren war. Er verirrte sich hoffnungslos und musste in einer Höhle übernachten, nur mit kurzer Hose bekleidet. Und die Nächte in der Namib werden kalt!
Den Safarileiter fand man zufällig am Mittwoch, auf einem verlassenen Autoweg kriechend. Er sprach wirr durcheinander und man konnte zu diesem Zeitpunkt nichts aus ihm herausbekommen.
Der Deutsche blieb verschwunden, keiner wusste, was aus ihm geworden war. Inzwischen hatte man verschiedene Suchkommandos auf die Beine gebracht. Fast die gesamte Polizei von Swakopmund und Walvis Bay war im Einsatz. Viele Freiwillige aus beiden Orten hatten sich gemeldet. In der Luft waren zwei Hubschrauber von der Polizei und mehrere Privatflugzeuge. Alles tobte in den Bergen herum auf der Suche nach von der Ropp.
Immo, mein Neffe, bei dessen Familie Leona und ich am Donnerstag übernachteten, bat mich abends, mitzuhelfen. Ich wollte den nächsten Tag mit Leona und den Kindern am Meer verbringen, dort fischen und schwimmen. Von der Ropp wurde schon seit Dienstag gesucht und hunderte Menschen hatten etwaige alte Spuren vom Montag zertreten oder die Fährten waren vom Wüstenwind in den Bergen verwischt. Die Hoffnung, noch eine Spur zu finden, war gleich Null. Aber Immo flehte mich an: „Bitte, hilf. Du bist der Einzige, der das noch schaffen kann!“ Vorläufig lehnte ich ab, denn ich hatte keinerlei Hoffnung, noch Spuren zu finden. Als Hauptnaturschutzwart war der Park meine Verantwortung gewesen und ich kannte die harten steinigen Wildwechsel und die Wüstenwinde. Eine fünf-Tage-alte Spur war „vom Winde verweht.“ Immo kannte mich aber als besonders guten Spurenleser und ließ nicht locker: „Bitte, hilf uns doch!“ Schließlich gab ich nach und sagte: „Gut, ich will’s versuchen“. Sofort fuhr er zu Woermann Brock, wo der Besitzer des Safariunternehmens arbeitete und verabredete mit ihm, dass er (Immo) mich zum Befehlshaber der Suchkräfte bringen sollte. Was ich brauchte, fragte der Besitzer von Woermann Brock. „Dir steht alles zur Verfügung: Kaviar, Lachs, Sardinen, usw. usw.“ Ich lehnte lachend ab. „Ein Behälter für eine halbe Gallone Wasser und ein paar Tennisschuhe, die ich kaputt schneiden kann. Mehr hab ich nicht nötig!“ war meine Antwort. Man schaute mich erst dumm an, gab mir aber das Gewünschte. Danach fuhren Immo und ich in die Wüste zum Namib Park. Dort suchten wir den Befehlshaber der Suchaktion. Es war Kapitän Naudé von der Walvisbay Polizei. Als wir in sein Zelt eintraten, war er dabei Landkarten zu studieren. „Ob ich helfen könnte“ fragten Immo und ich, nachdem ich mich vorgestellt hatte. Geistesabwesend antwortete er: „Nee, hier sind schon zu viele Menschen!“ Er blickte dabei kaum auf. Dann plötzlich schaute er mir gerade in die Augen und fragte: „Wer bist du?“ Ich wiederholte deutlich meinen Namen. „Bist du der Stark, der in Etosha war?“ kam dann seine eindringliche Frage. Ich bejahte es. „Ja, vielleicht kannst du uns doch helfen! Aber was willst du machen?“ wollte er wissen. „Nach Spuren suchen“ erwiderte ich. Er lachte verzweifelt und antwortete: „Kannst du vergessen. Das sieht hier aus wie ein Schafkral, hier sind hunderte Menschen herumgelaufen. Die Spuren sind von Montag und schon lange verwischt“. Dann fragte ich, in welche Richtung der Besucher gegangen war und wie er aussähe? Kaptein Naudé meinte, dass er nach Norden gegangen sei und dass es ein sehr langer, hagerer Mann sei. Das gab mir einen Anhalt.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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