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Die Landungsbrücke von Swakopmund

Alte Liebe rostet nicht
Die deutsche Bauforscherin und Buchautorin Yoko Rödel ist Chefredakteurin der Fachmagazine METALL und COLOR in Wien. Für die AZ wirft sie einen Blick auf die vielschichtige Vergangenheit der Swakopmunder Hafenbauten. Erst kürzlich veröffentlichte sie das Buch „Die Landungsbrücke von Swakopmund", das die Entwicklungsgeschichte jener Anlagen von der Grundsteinlegung bis in die Gegenwart wiedergibt.
Teil 7/7

Die Landungsbrücke von Swakopmund feierte letztes Jahr 110-jähriges Jubiläum ihrer Grundsteinlegung und ist ein außergewöhnliches Beispiel deutscher Ingenieurskunst.

Um der gleisenden Hitze der Hochebene Namibias zu entfliehen, zieht es insbesondere in den Sommermonaten zahlreiche Urlauber in das beschauliche Swakopmund – das einst das ,,Tor zur Kolonie" Deutsch-Südwestafrika bildete. Dann herrscht für kurze Zeit ein reges Treiben in den beschaulichen Straßen jenes sonst so verträumten Küstenortes – fast so wie zu alten Zeiten, als die Stadt den wichtigsten Hafenstandort des Schutzgebietes ausbildete und die Schiffe der Woermann-Linie vor der Küste vor Anker gingen. Einiges hat sich seitdem verändert und doch ist vieles auch gleich geblieben: Im vergangenen Jahr feierte Swakopmund ein seltenes Doppeljubiläum: Die Stadt wurde 130 Jahre alt und auch die Swakopmunder Landungsbrücke feierte ihr 110-jähriges Bestehen (siehe Reportage vom 25. Juli 2022). Unter äußerst schwierigen Rahmenbedingungen wurde das Bauwerk zur Kolonialzeit von den beiden Brückenbaufirmen Grün & Bilfinger aus Mannheim und Flender aus Benrath nach mustergültiger Bauart und unter Anwendung modernster Fertigungsweisen errichtet. Tatsächlich haben die Ingenieure gute Arbeit geleistet – denn seitdem hat die Brücke sämtlichen Sturmfluten standgehalten und ist als Teil des deutschnamibischen Kulturerbes seit jeher untrennbar mit der Historie Swakopmunds, und somit auch mit derselben des ehemaligen Schutzgebietes Deutsch-Südwestafrika verbunden. Ein Swakopmund ohne Jetty, das erscheint allen unvorstellbar. Umso fataler ist der Umstand, dass in den vergangenen Jahrzehnten nur wenig für den Erhalt jenes geschichtsträchtigen Bauwerks unternommen worden ist. Nachdem der ehemalige Schiffsanleger infolge Baufälligkeit bereits in den 1980er Jahren restauriert werden musste, folgten zwischen 2006 und 2010 nochmals umfangreiche Sanierungsarbeiten, bei welchen jedoch erheblich viel historische Bausubstanz verloren ging. Zumindest was den Bereich des Brückenkopfes betrifft (das ist der Abschnitt, auf welchem sich heute das Restaurant ,,Jetty 1905" befindet).

Nichts ist für die Ewigkeit

,,Das ist nun mal der Lauf der Zeit. Schließlich ist alles im Leben ein Kommen und ein Gehen", werden Sie jetzt möglicherweise denken. Und ja, tatsächlich ist nichts auf dieser Welt für die Ewigkeit. Dennoch dürfen wir die Landungsbrücke deswegen noch lange nicht ihrem Schicksal überlassen. Erstens deswegen, weil die Debatten rund um die Historie Deutsch-Südwestafrikas nie präsenter waren als jetzt. Gemeint ist keineswegs irgendein Kolonialrevisionismus, oder ein merkwürdiger Anflug von Nostalgie. Letzteres war vielleicht noch zur Zeit der Weimarer Republik noch ein Thema, als man dem Verlust der Kolonien infolge des sogenannten ,,Schanddiktates von Versailles" nachtrauerte. Vielmehr ist mit diesem Hinweis die neuerliche historische Aufarbeitung jener Epoche gemeint, die jetzt endlich auch vor einem sachdienlichen Diskurs stattfinden darf. Doch dieser kann nur dann fortgesetzt werden, wenn die visuellen Zeitzeugnisse jener Ära vorhanden sind – ergo muss auch das deutsche Bauerbe und die Landungsbrücke von Swakopmund erhalten bleiben. Zweitens: Die Brücke ist als ein außergewöhnliches Beispiel der deutschen Technikgeschichte zu werten – zumal die Ingenieure mit dem verwendeten Eisen- und Betonwerkstoff seinerzeit (zumindest aus deutscher Sicht) relativ unerforschte Materialien zur Anwendung brachten und dieselben daher interessante Erkenntnisse für die Materialforschung bereithalten könnten. Darüber hinaus zeugt die Formensprache jenes Bauwerks ästhetisch von einer frühmodernen Architekturströmung, welche im damaligen Deutsch-Südwestafrika einzigartig war. Zu Guter Letzt – und das ist ein häufig marginalisierter Aspekt – darf nicht vergessen werden, dass vergleichbare historische Bauten wie diese seinerzeit auf dem Boden des Deutschen Reiches zu finden waren, insbesondere während des zweiten Weltkrieges fast gänzlich zerstört worden sind. Somit spiegelt auch die Swakopmunder Landungsbrücke ein Stück Architekturgeschichte wider, das es so auf deutschem Boden aus den genannten Gründen nicht mehr gibt.

Historische relevant

Die Liste an Kriterien, die für einen Erhalt dieses einzigartigen Pionierbauwerks sprechen, könnte noch ewig fortgeführt werden. Und dennoch: Obwohl die Jetty seit jeher als eines der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt Swakopmund gilt und sich jedes Jahr tausende Besucher auf ihr tummeln, hält sich das Bewusstsein für ihre besondere historische Relevant hierzulande weiterhin in Grenzen. Manch einer winkt jetzt ab und denkt: ,,Die Jetty, die war schon immer da und wird es auch in Zukunft sein." Doch weit gefehlt. So stabil sich auch die eisernen Profile der Jetty in den vergangenen Jahrzehnten erwiesen haben – ohne regelmäßige Pflege wird das Bauwerk früher oder später dem Rost zum Opfer fallen. Und dann – so viel steht schon jetzt fest – wird es erst richtig teuer. Was gilt es jetzt also zu tun? Welche Maßnahmen braucht es, damit die Jetty einer regelmäßigen Wartung unterliegt, damit sie auch den nachfolgenden Generationen erhalten bleibt?

Eine pauschale Antwort kann es hierauf nicht geben. Wohl ist die Erkenntnis der erste Schritt, um eine Veränderung bewirken zu können – nur wird auch das nicht viel helfen, wenn es nur bei dieser Erkenntnis bleibt. Was es vielmehr braucht, sind Taten. Doch diese – und das hat der Blick in die Geschichte immer wieder bewiesen – lässt sich nicht erzwingen. Bleibt also nur noch zu hoffen und darauf zu vertrauen, dass sich die Dinge zur rechten Zeit fügen werden. Zugegeben, das klingt jetzt etwas lapidar, eine Überlegung sind jene Zeilen jedoch allemal wert. Erinnern Sie sich noch? Als die Jetty in den 1980er Jahren erstmals ,,vor dem Aus" stand und mit dem Schlimmsten zur rechnen war (nämlich mit ihrem Abriss), da zeigten die Swakopmunder erst, was in ihnen steckt. Nachdem sich die Mehrheit der Bevölkerung für einen Erhalt der Brücke ausgesprochen hatte, folgte eine Initiative, wie sie in der Nachkriegsgeschichte von Südwest beispiellos war. Binnen kürzester Zeit wurde mit dem Bündnis ,,Save the Jetty" eine Spendenaktion auf die Beine gestellt, durch welche die Sanierung der Brücke ermöglicht wurde. Hieran zeigt sich zweierlei: Zum einen wird deutlich, dass der Mensch immer erst den Weg des geringsten Widerstandes geht und erst dann handelt, wenn es keinen anderen Ausweg mehr gibt. Ist der ,,Point of no return" erreicht, werden die Karten neu gemischt: Konkret wird damit der Zeitpunkt beschrieben, ab dem eine historische Entwicklung nicht mehr unumkehrbar erscheint. Wir dürfen sicher sein, dass es auch in der Causa Landungsbrücke diesen Moment geben wird, an dem sprichwörtlich der Rubikon überschritten ist. Doch bis es soweit ist, fließt wohl noch viel imaginäres Wasser den Swakop hinunter.

Yoko Rödel

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-01-10

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