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Hafenerweiterung bedroht Erbe

Haifischinsel in Lüderitzbucht kommt nicht zur Ruhe
Gemeinsam mit dem Verein "Forensis" geben die beiden Kommunalvertreter-Organisationen der Nama und Herero – die Nama Traditional Leaders' Association (NTLA) und die Ovaherero Traditional Authority (OTA) – eine Erklärung zu den neusten Befindungen rund um den Genozid mit Bezug auf die Haifisch-Insel bei Lüderitzbucht heraus.
Frank Steffen
Von Frank Steffen, Windhoek

Aufgrund des Gebrauchs der Insel als Konzentrationslager durch die deutsche Kolonialregierung zu Anfang des 20. Jahrhunderts war die Haifisch-Insel 2019 zum Nationalen Kulturerbe erklärt worden. Doch werde die historische Bedeutung durch moderne Infrastruktur und die Nutzung der Insel als Tourismuslager relativiert, glauben Forensis sowie die NTLA und OTA. Ferner bestehe die Gefahr, dass alle wichtigen verbliebenen Indizien für das Bestehen eines solchen Lagers vernichtet werden. Die geplante Erweiterung der Kaimauer des Lüderitzbuchter Hafens würde ferner diesen Standort einem Risiko aussetzen, ganz abgesehen von der Ruhestörung der dort begrabenen Nama und Herero.

Im April hatte die Namibische Hafenbehörde NamPort erklärt, dass der Platz des Lüderitzbuchter Hafens zu 95% ausgenutzt und die Kaimauer 65% der Zeit besetzt sei. Die letzte große Erweiterung des Hafens war vor 25 Jahren erfolgt, weshalb die Erweiterung der Kaimauer des „Robert Harbor” wichtig sei. Laut Elzevir Gelderbloem, Hafeningenieur von Namport, wird Phase 1 der geplanten Erweiterung (zu etwa zwei Milliarden N$) die Frachtumschlagskapazität des Hafens von drei auf sechs Millionen Tonnen pro Jahr verdoppeln (AZ berichtete).

Die vorige Erweiterung war entlang- und vor der Straße, die zur Insel führt, geschehen – diese Mauer soll nun nochmals verlängert werden.

Auf der Internetseite von Forensis wird erklärt: „Forensis wurde 2021 in Berlin als nichtstaatlicher, gemeinnütziger Verein gegründet und arbeitet für und in Zusammenarbeit mit Einzelpersonen und Gemeinschaften, die von staatlicher und unternehmerischer Gewalt betroffen sind, um ihre Forderungen nach Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Rechenschaftspflicht zu unterstützen.”

Dabei bedient sich der Verein der Techniken und Methoden von „Forensic Architecture” (FA), einer multidisziplinären Forschungsgruppe mit Sitz an der Goldsmiths University of London. Dabei werden architektonische Techniken und Technologien eingesetzt „um Fälle staatlicher Gewalt und Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt zu untersuchen”, heißt es im Netz. Die Gruppe wird vom Architekten Eyal Weizman geleitet.

Forensis erklärt sich indessen zu einem interdisziplinaren Forscherteam mit Fachkenntnissen in räumlicher und visueller Untersuchung, zeitbasierten 3D-Rekonstruktionen, kartografischen Plattformen und Open-Source-Untersuchungen. „Wir erstellen Beweise für die Vorlage vor nationalen und internationalen Gerichten, Menschenrechtsforen, parlamentarischen Untersuchungen, Wahrheitskommissionen und Volkstribunalen”, heißt es auf der Internetpräsenz.

Weizmann leitet indessen nicht nur FA, sondern eben auch das Foresnsis-Team, zu dem auch Forscher wie Dimitra Andritsou, Ashkan Sheheltan, Tobechukwu Onwukeme, Mark Mushiba und andere gehören – momentan umfasst das Team 14 Mitarbeiter.

Während sich die Untersuchungen auf der Internetseite hauptsächlich mit Fällen aus der Neuzeit befassen (letzten fünf Jahre), ist der Genozid in Namibia scheinbar der einzige „alte” Fall, der untersucht wird und wurde. Spezifisch der „Kolonial-Deutsche Genozid auf der Haifisch-Insel” (Lüderitzbucht) und der „Kolonial-Deutsche Genozid mit Bezug zum Hornkranz-Massaker” (Khomas) werden aufgeführt.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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