Vor 50 Jahren
1974-02-27
NUTZEN DIE DEUTSCHEN IHRE RECHTE?
Windhoek – Das Fortbestehen der deutschen Sprache und Kultur in Südwestafrika ist heute eine Sache der deutsch sprachigen Gemeinschaft, erklärte Dr. O. K. Günther (Erongo) in seiner Abschiedsansprache am Dienstag im Südwestafrikanischen Landesrat. Die Regierung habe den Deutschen des Landes großzügige Rechte eingeräumt, aber er bezweifle, ob die Gemeinschaft vollen Nutzen daraus ziehe. Nirgendwo in der Welt seien deutschen Gemeinschaften derart viele Rechte zugestanden worden. Die südafrikanische Regierung habe Deutsch sogar zur Landessprache Südwestafrikas erklärt.
In seiner Abschiedsrede betonte Dr. Günther, dass die deutschsprachige Gemeinschaft Südwestafrikas der Exekutive äußerst dankbar für die Einrichtung von zwei deutschen Regierungsschulen in Windhoek und Swakopmund bis Standard VII sei. Die Deutsche Schule Windhoek entfalte sich besonders gut. Dasselbe dürfte auch auf eine zukünftige deutsche Regierungsschule in Swakopmund zutreffen.
Die Bundesrepublik Deutschland habe im vergangenen Jahr beschlossen, keine Lehrkräfte mehr für Regierungsschulen nach Südwestafrika zu entsenden. Dennoch sei es der Exekutive gelungen, den größten Teil der freien Stellen an den Schulen zu besetzen. Dr. Günther meinte, man solle deutsche Lehrkräfte als Einwanderer nach Südwestafrika Iocken. Wenn sie sich einmal in dem Land niedergelassen hätten, würden sie ansässig werden. Er wiederholte seinen Aufruf an die deutschsprachigen Matrikulanten, sich für den Lehrerberuf zu entscheiden. Er wäre dankbar, wenn dieser Aufruf nicht auf taube Ohren fallen würde, denn ohne Lehrkräfte aus der eigenen Bevölkerung werde man immer auf Lehrer aus dem Ausland angewiesen sein.
GROSSER AIRLIFT
Windhoek – 700 Rekruten mit abgeschlossener Wehrpflicht werden heute und morgen mit dem wahrscheinlich bisher größten Airlift in Südafrika von Walvis Bay in die Republik geflogen. Um neun Uhr starteten heute Morgen vier Truppentransporter vom Militärflughafen Rooibank. Drei weitere Maschinen werden die übrigen Rekruten morgen aus Walvis Bay abholen. Ein Sprecher der Kommandantur in Windhoek teilte der Allgemeinen Zeitung heute Vormittag mit, dass diese Maßnahme, infolge der Überschwemmungen und Bahndammverspülungen im Süden Südwestafrikas notwendig wurde. Die südafrikanischen Wochenschau hat dieses außergewöhnliche Ereignis auf Film festgehalten.
DAS „ALTE MUSEUM“ ABREISSEN
Windhoek – Das Schicksal des „Alten Museums“ an der Kaiserstraße dürfte heute Abend auf der Sitzung des Windhoeker Stadtrates besiegelt werden. In einer Empfehlung der städtischen Exekutive heißt es ausdrücklich, dass dieses „Gebäude so schnell wie möglich abgerissen wird". Das Grundstück soll dann zwischenzeitlich als Parkplatz dienen. In einem späteren Gebäude soli in geeigneter Art und Weise daran erinnert werden, dass auf diesem Grundstück einmal das erste Privathaus Windhoeks gestanden habe.
Es kann fest damit gerechnet werden, dass der Stadtrat sich – vielleicht nicht ganz einstimmig – zu diesem Schritt entscheiden wird. Die Allgemeine Zeitung hat bekanntlich in diesem Zusammenhang eine Umfrage durchgeführt. Insgesamt 215 Personen haben ihre Stimme abgegeben, davon 159 – also wenigstens eine Zweidrittelmehrheit für den Abriss des „Alten Museums". Wenn man dieses Abstimmungsergebnis auf den deutschsprachigen Bevölkerungsteil projiziert, kann man mit Gewissheit sagen, dass eine große Mehrheit gegen die Erhaltung des Gebäudes ist.
AM FRIEDEN BAUEN
Windhoek – Wenn am 1. März um sieben Uhr die Glocken der Windhoeker Kirchen lauten, künden sie den Weltgebetstag der Frauen an. In allen Kontinenten, in rund 170 Ländern der Welt, kommen Menschen aller Sprachen an diesem ersten Freitag im März zum Weltgebetstag zusammen. Im Getriebe der Großstädte, in der Stille abgelegener Dörfer beten sie um Frieden. Zwischen Eltern und Kindern, unter Menschen verschiedener Hautfarbe und Nationalität, zwischen großen Religionsgemeinschaften und kleinen Minderheiten, zwischen den Interessen der Großmächte und der Bewohner eines Landes will Frieden tagtäglich Wirklichkeit werden. An diesem Freitag werden sich auch in Windhoek die Frauen aller Konfessionen um 20 Uhr in der Methodistenkirche zu einem Gottesdienst unter dem Gedanken „Am Frieden bauen" treffen. Die Kollekte ist für das Bibelhaus in Umtata bestimmt.
MILITÄRAUFSTAND IN ÄTHIOPIEN
Addis Abeba – Aufständische Truppen, die wegen zu geringen Soldes protestieren, besetzten am Montag die 180 000 Einwohner zählende Stadt Asmara, Hauptstadt der Eritrea-Provinz im Norden Äthiopiens. Asmara war früher die Hauptstadt der italienischen Kolonie Eritrea. Die Aufständischen gehören zu der 50 000 Mann zählenden Zweiten Division. Sie besetzten den Flughafen, die Hauptstraßen und die Post und schnitten alle Verbindungen mit der Außenwelt ab. Die höheren Offiziere, darunter Generalmajor Seyourn Tedle Griogis, Befehlshaber der Zweiten Division, wurden im Hauptquartier unter Arrest gesteilt. Führer des Aufstandes sind insbesondere jüngere Offiziere. In der Stadt kam es jedoch zu keinen Unruhen, und das Geschäftsleben erscheint vollkommen normal.
Kaiser Haile Selassie hatte vor ein paar Tagen den Sold auf umgerechnet 33 Rand im Monat erhöht. Dies wird von den Offizieren als ungenügend betrachtet, besonders angesichts der steigenden Lebensmittelpreise. Die hohen Kosten hatten letzte Woche in der Hauptstadt Addis Abeba bereits zu Unruhen geführt, so dass der Kaiser gezwungen war, die Preise von Benzin, Reis, Mehl und Brot zu senken, die sich in den letzten drei Monaten verdoppelt hatten. Für alle lebenswichtigen Güter wurde eine Preiskontrolle angeordnet. Die Aufständischen sind damit jedoch nicht zufrieden. Sie finden, dass ihnen eine weitere Zulage gebühre, weil sie an der Frontlinie im Kampf gegen eritreische Rebellen stünden.
Windhoek – Das Fortbestehen der deutschen Sprache und Kultur in Südwestafrika ist heute eine Sache der deutsch sprachigen Gemeinschaft, erklärte Dr. O. K. Günther (Erongo) in seiner Abschiedsansprache am Dienstag im Südwestafrikanischen Landesrat. Die Regierung habe den Deutschen des Landes großzügige Rechte eingeräumt, aber er bezweifle, ob die Gemeinschaft vollen Nutzen daraus ziehe. Nirgendwo in der Welt seien deutschen Gemeinschaften derart viele Rechte zugestanden worden. Die südafrikanische Regierung habe Deutsch sogar zur Landessprache Südwestafrikas erklärt.
In seiner Abschiedsrede betonte Dr. Günther, dass die deutschsprachige Gemeinschaft Südwestafrikas der Exekutive äußerst dankbar für die Einrichtung von zwei deutschen Regierungsschulen in Windhoek und Swakopmund bis Standard VII sei. Die Deutsche Schule Windhoek entfalte sich besonders gut. Dasselbe dürfte auch auf eine zukünftige deutsche Regierungsschule in Swakopmund zutreffen.
Die Bundesrepublik Deutschland habe im vergangenen Jahr beschlossen, keine Lehrkräfte mehr für Regierungsschulen nach Südwestafrika zu entsenden. Dennoch sei es der Exekutive gelungen, den größten Teil der freien Stellen an den Schulen zu besetzen. Dr. Günther meinte, man solle deutsche Lehrkräfte als Einwanderer nach Südwestafrika Iocken. Wenn sie sich einmal in dem Land niedergelassen hätten, würden sie ansässig werden. Er wiederholte seinen Aufruf an die deutschsprachigen Matrikulanten, sich für den Lehrerberuf zu entscheiden. Er wäre dankbar, wenn dieser Aufruf nicht auf taube Ohren fallen würde, denn ohne Lehrkräfte aus der eigenen Bevölkerung werde man immer auf Lehrer aus dem Ausland angewiesen sein.
GROSSER AIRLIFT
Windhoek – 700 Rekruten mit abgeschlossener Wehrpflicht werden heute und morgen mit dem wahrscheinlich bisher größten Airlift in Südafrika von Walvis Bay in die Republik geflogen. Um neun Uhr starteten heute Morgen vier Truppentransporter vom Militärflughafen Rooibank. Drei weitere Maschinen werden die übrigen Rekruten morgen aus Walvis Bay abholen. Ein Sprecher der Kommandantur in Windhoek teilte der Allgemeinen Zeitung heute Vormittag mit, dass diese Maßnahme, infolge der Überschwemmungen und Bahndammverspülungen im Süden Südwestafrikas notwendig wurde. Die südafrikanischen Wochenschau hat dieses außergewöhnliche Ereignis auf Film festgehalten.
DAS „ALTE MUSEUM“ ABREISSEN
Windhoek – Das Schicksal des „Alten Museums“ an der Kaiserstraße dürfte heute Abend auf der Sitzung des Windhoeker Stadtrates besiegelt werden. In einer Empfehlung der städtischen Exekutive heißt es ausdrücklich, dass dieses „Gebäude so schnell wie möglich abgerissen wird". Das Grundstück soll dann zwischenzeitlich als Parkplatz dienen. In einem späteren Gebäude soli in geeigneter Art und Weise daran erinnert werden, dass auf diesem Grundstück einmal das erste Privathaus Windhoeks gestanden habe.
Es kann fest damit gerechnet werden, dass der Stadtrat sich – vielleicht nicht ganz einstimmig – zu diesem Schritt entscheiden wird. Die Allgemeine Zeitung hat bekanntlich in diesem Zusammenhang eine Umfrage durchgeführt. Insgesamt 215 Personen haben ihre Stimme abgegeben, davon 159 – also wenigstens eine Zweidrittelmehrheit für den Abriss des „Alten Museums". Wenn man dieses Abstimmungsergebnis auf den deutschsprachigen Bevölkerungsteil projiziert, kann man mit Gewissheit sagen, dass eine große Mehrheit gegen die Erhaltung des Gebäudes ist.
AM FRIEDEN BAUEN
Windhoek – Wenn am 1. März um sieben Uhr die Glocken der Windhoeker Kirchen lauten, künden sie den Weltgebetstag der Frauen an. In allen Kontinenten, in rund 170 Ländern der Welt, kommen Menschen aller Sprachen an diesem ersten Freitag im März zum Weltgebetstag zusammen. Im Getriebe der Großstädte, in der Stille abgelegener Dörfer beten sie um Frieden. Zwischen Eltern und Kindern, unter Menschen verschiedener Hautfarbe und Nationalität, zwischen großen Religionsgemeinschaften und kleinen Minderheiten, zwischen den Interessen der Großmächte und der Bewohner eines Landes will Frieden tagtäglich Wirklichkeit werden. An diesem Freitag werden sich auch in Windhoek die Frauen aller Konfessionen um 20 Uhr in der Methodistenkirche zu einem Gottesdienst unter dem Gedanken „Am Frieden bauen" treffen. Die Kollekte ist für das Bibelhaus in Umtata bestimmt.
MILITÄRAUFSTAND IN ÄTHIOPIEN
Addis Abeba – Aufständische Truppen, die wegen zu geringen Soldes protestieren, besetzten am Montag die 180 000 Einwohner zählende Stadt Asmara, Hauptstadt der Eritrea-Provinz im Norden Äthiopiens. Asmara war früher die Hauptstadt der italienischen Kolonie Eritrea. Die Aufständischen gehören zu der 50 000 Mann zählenden Zweiten Division. Sie besetzten den Flughafen, die Hauptstraßen und die Post und schnitten alle Verbindungen mit der Außenwelt ab. Die höheren Offiziere, darunter Generalmajor Seyourn Tedle Griogis, Befehlshaber der Zweiten Division, wurden im Hauptquartier unter Arrest gesteilt. Führer des Aufstandes sind insbesondere jüngere Offiziere. In der Stadt kam es jedoch zu keinen Unruhen, und das Geschäftsleben erscheint vollkommen normal.
Kaiser Haile Selassie hatte vor ein paar Tagen den Sold auf umgerechnet 33 Rand im Monat erhöht. Dies wird von den Offizieren als ungenügend betrachtet, besonders angesichts der steigenden Lebensmittelpreise. Die hohen Kosten hatten letzte Woche in der Hauptstadt Addis Abeba bereits zu Unruhen geführt, so dass der Kaiser gezwungen war, die Preise von Benzin, Reis, Mehl und Brot zu senken, die sich in den letzten drei Monaten verdoppelt hatten. Für alle lebenswichtigen Güter wurde eine Preiskontrolle angeordnet. Die Aufständischen sind damit jedoch nicht zufrieden. Sie finden, dass ihnen eine weitere Zulage gebühre, weil sie an der Frontlinie im Kampf gegen eritreische Rebellen stünden.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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