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Vor 50 Jahren
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Vor 50 Jahren

1974-04-30
DIE LAGE IN PORTUGAL

Lissabon – Portugal bereitet sich auf eine große Maifeier vor. Der 1. Mai ist soeben zum Nationalen Feiertag erklärt worden. Der Generalsekretär der portugiesischen kommunistischen Partei Alvaro Cunfal wird heute nach 13-jährigem Exil in Lissabon zurückerwartet. Cunfal, 60, verbrachte 20 Jahre in portugiesischen Gefängnissen, bevor er 1961 in die Sowjetunion ging. Anschließend lebte er in verschiedenen Teilen Osteuropas. Wie es heißt, kehrt er jetzt „aus einem sozialistischen Land" in seine Heimat zurück.

In Rom forderten portugiesische und italienische Kommunistenführer gestern Abend die „völlige Befreiung der portugiesischen überseeischen Besitzungen und Unabhängigkeit für ihre Einwohner". In einer gemeinsamen Erklärung wurde der portugiesische Militärputsch begrüßt. Ein Mitglied des Zentralkomitees der portugiesischen kommunistischen Partei informierte seine italienischen Gesinnungsgenossen über die jüngste Entwicklung in Portugal. In der Erklärung der Schwesterparteien wird die „volle Solidarität mit den nationalen Befreiungsbewegungen in den Kolonien in ihren Streben nach voller Unabhängigkeit und Freiheit für ihre Völker“ zum Ausdruck gebracht.

In Lissabon empfing der Chef der Junta gestern die Vertreter von 18 politischen Parteien. Dabei kündigte er an, dass eine provisorische zivile Regierung innerhalb dreier Wochen zusammengestellt werden soll.

Ferner legalisierte die Junta ihre Machtübernahme. Durch eine Regierungsverordnung wurden der bisherige Staatspräsident sowie die Regierung und die Nationalversammlung von ihren Pflichten entbunden.

VON DER AUSSENWELT ABGESCHNITTEN

Addis Abeba – Äthiopien ist seit heute früh 7 Uhr südafrikanischer Zeit völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Infolge eines zeitlich unbefristeten Streiks liegen alle Telefon- und Telexkabel still. Die Bemühungen der Regierung, den Streik in letzter Minute abzuwenden, sind erfolglos verlaufen. Zusätzlich droht ein Streik der Arbeiter in den Elektrizitäts- und Wasserwerken. Dies werde bedeuten, dass nicht einmal mehr die Rundfunkstationen arbeiten können.

LUFTSCHLACHT

Damaskus – Über syrischem Gebiet kam es gestern zur größten Luftsehlacht zwischen israelischen und syrischen Jagdfliegern seit dem Oktoberkrieg. Mindestens vier Flugzeuge sollen abgeschossen worden sein. Israel meldet, dass alle israelischen Jagdflugzeuge zu ihren Basen zurückgekehrt seien. Syrien meldet den Abschuss von zwei israelischen Flugzeugen.

NIXON GIBT DOKUMENTATION FREI

Washington – Trotz eines Risikos der Verlegenheit und eines schweren Rückschlages für Präsident Richard Nixons Regierung wird er im Laufe des heutigen Tages 1 200 Manuskriptseiten über seine vertraulichsten Gespräche im Weißen Haus über die Watergate-Angelegenheit freigeben. Er ist jedoch nicht bereit, die entsprechenden Tonbänder herauszugeben, die das Rechtskomitee des Repräsentantenhauses verlangt. Diese massive Dokumentation, die der Präsident vorbereitet hat, wird jedoch kaum seine Kritiker befriedigen, da sie die Tonbänder selbst hören wollen, um festzustellen, inwiefern Präsident Nixon in den Watergate-Skandal verwickelt ist.

MITARBEITER BRANDTS UNTER SPIONAGEVERDACHT

Bonn – Unter dem Verdacht der Spionage für die DDR ist ein Mitarbeiter im Büro von Bundeskanzler Willy Brandt, Gamer Guillaume (47), verhaftet worden. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe bestätigte am 25. April die bereits am 24. April vorgenommene Festnahme Guillaumes und „mehrerer anderer Personen".

In Bonn wird von insgesamt sechs Festnahmen gesprochen. Zu den Festgenommenen gehört auch Guillaumes Frau, die zuletzt in der hessischen Landesvertretung in Bonn beschäftigt war. Nach zuverlässigen Bonner Informationen hatte Guillaume, zu dessen Aufgaben die Organisierung von Parteiterminen und -reisen sowie die Erledigung des Schriftverkehrs mit Parteigliederungen gehörte, keinen Zugang zu Verschluss- oder Geheimsachen. Der hessische CDU-Vorsitzende Alfred Dregger forderte von den Justizministerien des Bundes und des Landes Hessen eine umfassende Ermittlung der Strafverfolgungsbehörden.

Nach Angaben der Bundesanwaltschaft hat sich GuilIaume selbst als Offizier der Nationalen Volksarmee und Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR bezeichnet. Der Chef des Bundeskanzleramts, Staatssekretär Horst Grabert, erklärte, in der Bundesrepublik werde und müsse jeder Fall von Agententätigkeit ohne Ansehen der Person und des Amtes uneingeschränkt aufgedeckt und verfolgt werden. Er begrüßte, dass es den Sicherheitsbehörden – dem Bundeskriminalamt in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz gelungen sei, diesen Fall aufzudecken. Das Kanzleramt habe den Sicherheitsorganen jede Hilfe geleistet und werde dies auch künftig tun.

REGIERUNG PLANT MINERALBÜRO

Pretoria – Ministerpräsident B J. Vorster kündigte am Montagabend auf dem Sonderkongress der Nationalen Partei in Transvaal an, dass die Uran-Anreicherungsanlage ihrer Vollendung entgegengehe und voraussichtlich demnächst in Betrieb genommen werden könne. Es sei die Überzeugung der Regierung, dass der Uran-Anreicherungsprozess, der von südafrikanischen Wissenschaftlern entwickelt worden sei, im Interesse der freien Welt ausgenutzt werden sollte, und dass dies aber nur für friedliche Zwecke geschehen dürfe.

Er habe kürzlich Valindaba besucht. Nach dieser Besichtigung der Uran-Anreicherungsanlage sei ihm sehr klargeworden, dass dieses Unternehmen die höchsten Anforderungen an Südafrikas Wissenschaftler und Fabrikanten stellen werde, damit sie in der Lage seien, die hochentwickelte Maschinerie für diesen Anreicherungsprozess zu liefern.

Die Öffentlichkeit frage mit voller Berechtigung, wohin dieses alles führen solle. Die Regierung sei sich darüber im Klaren, dass dieser Prozess im Interesse der freien Welt ausgenutzt werden müsse. Soweit Südafrika betroffen sei, dürfe das jedoch nur für friedliche Zwecke geschehen. Da die Anreicherung des Urans für kommerzielle Zwecke von so großer strategischer Bedeutung sei, wird von allen Ländern, die etwas damit zu tun haben, ein großes Maß an Geheimhaltung gewahrt. Das gelte auch für Südafrika.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-13

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