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Vor 50 Jahren
Vor 50 Jahren

Vor 50 Jahren

1974-08-19
Ronja Lyhs
ZWEIFEL AN DER ENTFÜHRUNGSGESCHICHTE

Windhoek – Während die Zahl der Ovambos, die Südwestafrika in Richtung Norden verlassen, wahrscheinlich inzwischen bei 1 000 liegt, strömen portugiesische „Ferienreisende" nach Südwestafrika. Noch nie haben so viele Portugiesen aus Angola in Südwestafrika Ferien gemacht. Besonders interessant war der „Ferienflug" eines portugiesischen „Flugzeugentführers", der in Grootfontein endete. Obwohl die offiziellen südafrikanischen Stellen nichts von der Angelegenheit wissen wollen, sind inzwischen weitere Einzelheiten über den geheimnisvollen Flug bekanntgeworden.

Bei dem Fluggast soll es sich um den Chef der Informationsabteilung in Angola L. Texeira gehandelt haben. Wie es heißt, sollen seine Reisedokumente in Ordnung gewesen sein. Er muss also im Zweifel den Zoll und die Gesundheitskontrolle passiert haben. Nicht nur das, auch der Flug muss sorgfältig vorbereitet gewesen sein. Bei der Ankunft des „Entführers" in Grootfontein wartete auf ihn ein roter Jaguar mit angolanischer Nummer, der dem ehemaligen Direktor des Gefangenenlagers von Sao Nikolao bei Luanda gehören soll. Der Gefängnisdirektor Balthasar de Lima soll den Wagen selbst gesteuert haben. De Lima und Texeira sollen mit unbekannter Bestimmung nach Süden gefahren rein. Ob sie sich möglicherweise in Windhoek befinden, wird bezweifelt.

GEHEIME VERHANDLUNGEN ÜBER MOSAMBIK

Daressalam/Lourenço Marques – Nach zweitägigen geheimen Besprechungen hat der portugiesische Augenminister Dr, Mario Soares Daressalam wieder verlassen. Soares war am Freitag mit Überseeminister Dr. Antonio de Almeida Santos und dem neuen Vorsitzenden der Militärjunta in Mosambik, Major Melo Antunes, in der tansanischen Haupt-stadt eingetroffen, um mit dem Frelimo-Vizepräsidenten Marcellino do Santos und dem Frelimo-Vertreter in Tansania, Joachim Chissano, zu unterhandeln. Die tansanische Regierung und die Presse äußerten nichts über die Anwesenheit der portugiesischen Delegation. Im Hotel wurde Soares unter einem anderen Namen eingetragen. Wie verlautet, soll am Schluss der Besprechungen auch Frelimo-Präsident Samara Machel anwesend gewesen sein.

Der portugiesische Außenminister überbrachte die Antwort auf die drei Fragen, die bei den Verhandlungen Lusaka von Frelimo an die Portugiesen gestellt worden waren. Es ist bekannt, dass Frelimo keinen Waffenstillstand abschließen wird, bevor Portugal der Übergabe der Macht an Frelimo zustimmt. Ein Frelimo-Sprecher erklärte, der Waffenstillstand werde in Kraft treten, sobald der Prozess der Machtübernahme beginne. In gewissen Gegenden Mosambiks bestünden bereits lokale Abkommen über die Feuereinstellung.

TÜRKEI IGNORIERT SICHERHEITSRAT

New York/Nikosia/Athen – Der Sicherheitsrat hat am Samstag eine von Frankreich eingebrachte Resolution angenommen, in der die unilateralen militärischen Aktionen auf Zypern verurteilt werden. Elf Mitglieder stimmten für die Resolution. Die Sowjetunion, Weißrussland und Irak enthielten sich der Stimme. China nahm, wie früher, nicht an der Abstimmung teil. Es war die dritte Zypern-Resolution innerhalb 24 Stunden.

Auf Zypern ist die Ruhe noch nicht vollständig wiederhergestellt. Türkische Truppen operieren immer noch weiter, obwohl der Waffenstillstand von Griechenland und der Türkei angenommen wurde. Es ist offensichtlich, dass die Türken nach einer vorteilhaften Waffenstillstandslinie suchen. Ein besonderes Problem bilden jetzt die Flüchtlinge. In den britischen Stützpunkte Episkopi und Dhekelia befinden sich 70 000 griechische und türkische Zyprioten. Die Regierung hat an die UNO-Flüchtlingsorganisation appelliert, sofort Hilfe zu leisten. Die britischen Truppen versahen die Flüchtlinge mit Lebensmitteln

KONSOLIDIERUNG DER TRANSKEI

Kapstadt – Zwischen Ministerprasident Vorster und dem Chefminister der Transkei, Matanzima, fanden Besprechungen über die Konsolidierung der Grenzen der Transkei statt. In einem gemeinsamen Kommuniqué heißt es, die Transkei-Delegation nahm Kenntnis davon, dass die Konsolidierung erst erfolgen könne, wenn das Parlament in Kapstadt die entsprechenden Gesetze angenommen habe.

KURZ BERICHTET

Lourenço Marques – In der Druckerei der Tageszeitung „Noticias" explodierte um 3.30 Uhr früh eine Bombe. Zur Zeit der Explosion befand sich niemand in dem Gebäude, das durch Feuer schwer beschädigt wurde. Die Redakteure der „Noticias" traten in letzter Zeit in ihren Artikeln für Frelimo ein.

„WIR MÜSSEN DIE VERANTWORTUNG AKZEPTIEREN“

Windhoek – In einer richtungweisenden und zukunftsträchtigen Rede befasste sich Dirk Mudge, MdE, am Samstagabend mit der politischen Situation Südwestafrikas. Dirk Mudge sprach im Safari Motel vor dem südwestafrikanischen Verband der südafrikanischen Ärztevereinigung. Mudge verwies zuerst darauf, dass er Südwester ist und Südwestafrika als seine Heimat betrachtet. „Das, was ich an irdischen Gütern besitze, ist unlöslich an den Boden von Südwestafrika gebunden. Ich habe keine finanziellen Interessen außerhalb der Grenzen von Südwestafrika, und ich habe gewiss nicht die Absicht, hieran etwas zu verändern", sagte der Redner einleitend.

Hier einige Auszüge aus der Rede des Seniors der Südwester Exekutive:

„Wir leben in einer schwierigen Zeit. Zugleich erlebt die ganze Welt eine Periode der Prüfung. Und doch habe ich das vollste Vertrauen in die Zukunft von Südwestafrika und seiner Menschen. Es gibt natürlich jene, die Zweifeln, und selbst solche, die sich mit dem Gedanken tragen weg-zugehen. Das sind auch diejenigen, die aus offensichtlichen Gründen probieren, Unsicherheit zu schaffen und Misstrauen zu säen. Ohne diese Leute können wir leben, und wir haben sie nicht nötig. Es ist nicht die Art des Südwesters, vor seinen Problemen zu fliehen, und es ist auch nicht die Art des Südwesters, sein eigenes Nest zu beschmutzen.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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