Vor 50 Jahren
1974-09-13
KAISER HAILE SELASSIE ABGESETZT
Äthiopien teilte in einem Kommuniqué mit, dass Kaiser Haile Selassie abgesetzt und das Land unter provisorische militärische Verwaltung gesetzt worden sei. Der Text des Kommuniqués lautet:
„1. Dieses Dekret trägt die Nummer 1 der Dekrete der provisorischen Militärverwaltung Äthiopiens.
2. Vom 12. September an ist Seine Majestät Haile Selassie als Kaiser abgesetzt.
3. (a) Der Kronprinz Merid Azmatch Asfa Wossen wird Ktinig von Äthiopien.
(b) Die Krönungszeremonie wird stattfinden, sobald der Kronprinz ins Land zurückgekehrt ist.
(c) Der König wird nur ,ein Aushängeschild‘ sein und keine Autorität über die Verwaltung und die Politik ausüben.
4. Das Parlament wird aufgelöst. Ein neues Parlament wird erst gewählt, wenn das Volk in freier demokratischer Weise die wahren Repräsentanten wählen kann, die die Interessen des Volkes vertreten.
5. Die Verfassung ist aufgehoben.
6. Das Komitee der Streitkräfte wird die Regierung übernehmen und das Land führen, bis die Wahlen stattgefunden haben, eine neue Verfassung proklamiert und eine neue Regierung gebildet ist."
Das Dekret trat am Donnerstag, 12. September, in Kraft und ist von Vertretern des Komitees der Streitkräfte, der Polizei und der Territorialarmee unterzeichnet.
Es ist nicht bekannt, wo sich der 82-jährige abgesetzte Kaiser befindet. Zuerst hieß es, dass der Kaiser und seine Familie im Nationalpalast festgehalten würden. Panzertruppen nehmen Donnerstag früh um 3.30 Uhr Aufstellung vor dem Palast. Alle Flugverbindungen mit Äthiopien sind eingestellt. Telefon- und Telexverbindungen sind unterbrochen.
KURZ BERICHTET
Lissabon – Präsident Antonio de Spinola traf am Samstag auf der kapverdischen Insel Sal mit Präsident Mobutu Sese Seko von Zaire zusammen. Die Unterredung dauerte 90 Minuten. Spinala war vom Überseeminister und dem Verteidigungsminister begleitet, die mit der Begleitung Mobutus konferierten. Nach sechs Stunden flogen die Zairianer wieder ab. Laut Kommuniqué soll die Dekolonisierung der portugiesischen Territorien besprochen worden sein.
Paris – Der portugiesische Außenminister Mario Soares erklärte bei einem Zwischenhalt auf dem Flug nach New York, er sei mit dem senegalesischen Präsidenten Sedar Songhor zusammengetroffen. Er habe den Präsidenten zu einem offiziellen Besuch in Lissabon eingeladen.
Bonn – Am Sonntag und Montag weilte Sowjetaugen-minister Andrei Gromyko in Bonn, wo er Verhandlungen Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher über europäische Fragen führte. Genscher forderte besonders eine Normalisierung im Berlin-Verkehr. Am Montag traf Gromyko such mit Bundeskanzler Helmut Schmidt zusammen und stattete dem Bundespräsidenten Walter Scheel einen Höflichkeitsbesuch ab.
San Clemente – Der Gesundheitszustand des Expräsidenten Richard Nixon hat sich verschlechtert. Im linken Oberschenkel, der stark angeschwollen ist, entwickelte sich neuer Blutklumpen, der starke Schmerzen verursacht. Nixon weigerte sich, ins Krankenhaus gebracht zu werden, da er befürchtet, er würde nicht mehr lebend herauskommen.
ARABISCHER STAHLGIGANT IM NAHEN OSTEN?
Die arabischen Staaten, und besonders ihre erdölreichen oder starker industrialisierten Führungsnationen, haben in diesem Jahr verschiedene Beschlüsse zur Investierung ihres finanziellen Überschusses in der Entwicklung anderer Montanindustrien zur Vermeidung einseitiger Abhängigkeit von der Petrochemie gefasst: Die Beiruter Programme für die Erschließung der Bauxit-, Zink- und Uranlager im Nahen Osten (Resolution der OAPEC-Minister vom 18.4.74) und zur Bildung einer „Arabischen Stahl-Union" sind dabei in internationalen Wirtschaftskreisen bisher eher belächelt worden. In der Tat ist das erstgenannte Projekt inzwischen noch nicht fiber Planungsansätze hinausgekonnten. Hingegen erscheint die noch Mitte Juli vom Generalsekretär des Internationalen Eisen- und Stahlinstituts in Brüssel, Baker, geäußerte Skepsis über die Durchführbarkeit der arabischen „Hütten-Union" mit einer Jahres Kapazität von 25 Millionen Rohstahl durch ganz entscheidende Schritte in dieser Richtung überholt.
NORMALISIERUNG IN MOSAMBIK
Lourenço Marques – Allmählich kehrt in Mosambik die Ruhe wieder zurück. Die Angaben über Todesopfer and Verletzte gehen noch weit auseinander, und ebenso gibt es noch keine Anhaltspunkte, wie hock infolge der Plünderungen und Zerstörungen, die Sachschaden sind.
Frelimo-Einheiten arbeiten mit den portugiesischen Truppen zusammen, um besonders die Ruhe in den Eingeborenensiedlungen wiederherzustellen und weitere Plünderungen zu verhindern. In der Stadt herrscht Lebensmittelmangel und es fehlt besonders an Milch, Brot und anderen lebenswichtigen Dingen. In den Krankenhäusern fehlen Medikamente.
Viel zur Beruhigung trug die Ankunft des Hochkommissars Admiral Victor Crespo ein, der zugleich Befehlshaber der Streitkräfte ist. Das politischen Machtvakuum ist nun beseitigt, denn seit dem Umsturz in Lissabon stand an der Spitze von Mosambik nur eine machtlose provisorische Verwaltung. Die vorgesehene Militärjunta hat ihr Amt nie angetreten. Der Hochkommissar wird nun die neue provisorische Regierung bilden, in der zwei Drittel Frelimo-Mitglieder sind. Die Frelimo-Vertreter werden demnächst in Lourenço Marques eintreffen.
„NOCH ZEIT FÜR FRIEDLICHE LÖSUNG“
New York – Er hoffe, die Ereignisse in den portugiesischen Überseeterritorien würden die letzten Minderheitsregime im südlichen Afrika überzeugen, dass noch immer Zeit für eine friedliche Lösung und für eine wirkliche Übereinstimmung unter den Rassen vorhanden sei, sagte UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim in New York. Die weißen Regierungen schienen sich des „unerbittlichen Druckes der Geschichte" und dessen, was in Afrika geschehe, nicht bewusst zu sein. Waldheim begrüßte die Änderung der portugiesischen Politik in Afrika, die ein günstiges Ereignis in einem Jahr voller dramatischer Gefahren darstelle. Diese Entwicklung werfe ein scharfes Licht auf die Situationen „im südlichen Rhodesien, in Namibia und Südafrika". Wie lange könne dies noch dauern? fragte Waldheim. Die Geschichte der letzten 30 Jahre habe immer und immer wieder demonstriert, wie Rassenharmonie, Zusammenarbeit und Freundschaft erreicht werden können.
Äthiopien teilte in einem Kommuniqué mit, dass Kaiser Haile Selassie abgesetzt und das Land unter provisorische militärische Verwaltung gesetzt worden sei. Der Text des Kommuniqués lautet:
„1. Dieses Dekret trägt die Nummer 1 der Dekrete der provisorischen Militärverwaltung Äthiopiens.
2. Vom 12. September an ist Seine Majestät Haile Selassie als Kaiser abgesetzt.
3. (a) Der Kronprinz Merid Azmatch Asfa Wossen wird Ktinig von Äthiopien.
(b) Die Krönungszeremonie wird stattfinden, sobald der Kronprinz ins Land zurückgekehrt ist.
(c) Der König wird nur ,ein Aushängeschild‘ sein und keine Autorität über die Verwaltung und die Politik ausüben.
4. Das Parlament wird aufgelöst. Ein neues Parlament wird erst gewählt, wenn das Volk in freier demokratischer Weise die wahren Repräsentanten wählen kann, die die Interessen des Volkes vertreten.
5. Die Verfassung ist aufgehoben.
6. Das Komitee der Streitkräfte wird die Regierung übernehmen und das Land führen, bis die Wahlen stattgefunden haben, eine neue Verfassung proklamiert und eine neue Regierung gebildet ist."
Das Dekret trat am Donnerstag, 12. September, in Kraft und ist von Vertretern des Komitees der Streitkräfte, der Polizei und der Territorialarmee unterzeichnet.
Es ist nicht bekannt, wo sich der 82-jährige abgesetzte Kaiser befindet. Zuerst hieß es, dass der Kaiser und seine Familie im Nationalpalast festgehalten würden. Panzertruppen nehmen Donnerstag früh um 3.30 Uhr Aufstellung vor dem Palast. Alle Flugverbindungen mit Äthiopien sind eingestellt. Telefon- und Telexverbindungen sind unterbrochen.
KURZ BERICHTET
Lissabon – Präsident Antonio de Spinola traf am Samstag auf der kapverdischen Insel Sal mit Präsident Mobutu Sese Seko von Zaire zusammen. Die Unterredung dauerte 90 Minuten. Spinala war vom Überseeminister und dem Verteidigungsminister begleitet, die mit der Begleitung Mobutus konferierten. Nach sechs Stunden flogen die Zairianer wieder ab. Laut Kommuniqué soll die Dekolonisierung der portugiesischen Territorien besprochen worden sein.
Paris – Der portugiesische Außenminister Mario Soares erklärte bei einem Zwischenhalt auf dem Flug nach New York, er sei mit dem senegalesischen Präsidenten Sedar Songhor zusammengetroffen. Er habe den Präsidenten zu einem offiziellen Besuch in Lissabon eingeladen.
Bonn – Am Sonntag und Montag weilte Sowjetaugen-minister Andrei Gromyko in Bonn, wo er Verhandlungen Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher über europäische Fragen führte. Genscher forderte besonders eine Normalisierung im Berlin-Verkehr. Am Montag traf Gromyko such mit Bundeskanzler Helmut Schmidt zusammen und stattete dem Bundespräsidenten Walter Scheel einen Höflichkeitsbesuch ab.
San Clemente – Der Gesundheitszustand des Expräsidenten Richard Nixon hat sich verschlechtert. Im linken Oberschenkel, der stark angeschwollen ist, entwickelte sich neuer Blutklumpen, der starke Schmerzen verursacht. Nixon weigerte sich, ins Krankenhaus gebracht zu werden, da er befürchtet, er würde nicht mehr lebend herauskommen.
ARABISCHER STAHLGIGANT IM NAHEN OSTEN?
Die arabischen Staaten, und besonders ihre erdölreichen oder starker industrialisierten Führungsnationen, haben in diesem Jahr verschiedene Beschlüsse zur Investierung ihres finanziellen Überschusses in der Entwicklung anderer Montanindustrien zur Vermeidung einseitiger Abhängigkeit von der Petrochemie gefasst: Die Beiruter Programme für die Erschließung der Bauxit-, Zink- und Uranlager im Nahen Osten (Resolution der OAPEC-Minister vom 18.4.74) und zur Bildung einer „Arabischen Stahl-Union" sind dabei in internationalen Wirtschaftskreisen bisher eher belächelt worden. In der Tat ist das erstgenannte Projekt inzwischen noch nicht fiber Planungsansätze hinausgekonnten. Hingegen erscheint die noch Mitte Juli vom Generalsekretär des Internationalen Eisen- und Stahlinstituts in Brüssel, Baker, geäußerte Skepsis über die Durchführbarkeit der arabischen „Hütten-Union" mit einer Jahres Kapazität von 25 Millionen Rohstahl durch ganz entscheidende Schritte in dieser Richtung überholt.
NORMALISIERUNG IN MOSAMBIK
Lourenço Marques – Allmählich kehrt in Mosambik die Ruhe wieder zurück. Die Angaben über Todesopfer and Verletzte gehen noch weit auseinander, und ebenso gibt es noch keine Anhaltspunkte, wie hock infolge der Plünderungen und Zerstörungen, die Sachschaden sind.
Frelimo-Einheiten arbeiten mit den portugiesischen Truppen zusammen, um besonders die Ruhe in den Eingeborenensiedlungen wiederherzustellen und weitere Plünderungen zu verhindern. In der Stadt herrscht Lebensmittelmangel und es fehlt besonders an Milch, Brot und anderen lebenswichtigen Dingen. In den Krankenhäusern fehlen Medikamente.
Viel zur Beruhigung trug die Ankunft des Hochkommissars Admiral Victor Crespo ein, der zugleich Befehlshaber der Streitkräfte ist. Das politischen Machtvakuum ist nun beseitigt, denn seit dem Umsturz in Lissabon stand an der Spitze von Mosambik nur eine machtlose provisorische Verwaltung. Die vorgesehene Militärjunta hat ihr Amt nie angetreten. Der Hochkommissar wird nun die neue provisorische Regierung bilden, in der zwei Drittel Frelimo-Mitglieder sind. Die Frelimo-Vertreter werden demnächst in Lourenço Marques eintreffen.
„NOCH ZEIT FÜR FRIEDLICHE LÖSUNG“
New York – Er hoffe, die Ereignisse in den portugiesischen Überseeterritorien würden die letzten Minderheitsregime im südlichen Afrika überzeugen, dass noch immer Zeit für eine friedliche Lösung und für eine wirkliche Übereinstimmung unter den Rassen vorhanden sei, sagte UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim in New York. Die weißen Regierungen schienen sich des „unerbittlichen Druckes der Geschichte" und dessen, was in Afrika geschehe, nicht bewusst zu sein. Waldheim begrüßte die Änderung der portugiesischen Politik in Afrika, die ein günstiges Ereignis in einem Jahr voller dramatischer Gefahren darstelle. Diese Entwicklung werfe ein scharfes Licht auf die Situationen „im südlichen Rhodesien, in Namibia und Südafrika". Wie lange könne dies noch dauern? fragte Waldheim. Die Geschichte der letzten 30 Jahre habe immer und immer wieder demonstriert, wie Rassenharmonie, Zusammenarbeit und Freundschaft erreicht werden können.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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