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Vor 50 Jahren
Vor 50 Jahren

Vor 50 Jahren

1974-10-02
SÜDAFRIKA MEIDET DIE KONFRONTATION

New York – Die schwarzafrikanischen Staaten stecken erneut ihre Politik gegenüber Südafrika in den Vereinten Nationen ab. Die Situation ist von beträchtlicher Konfusion gezeichnet. Auf der einen Seite wollen die militanten afrikanischen Staaten eine scharfe Kampagne führen, ein Südafrika aus den Vereinten Nationen herauszudrängen. Dann wird wieder darauf hingewiesen, dass Südafrika nur bis zur äußersten Grenze der Verlegenheit gebracht werden soll, ohne dass sein Auszug provoziert wird. Letzten Endes, so wird in diesem Zusammenhang argumentiert, will man Südafrika gar nicht die Mitgliedschaft entziehen, sondern man will lediglich die weiße südafrikanische Regierung beseitigen.

Eine lautstarke Gruppe innerhalb der afrikanischen Staaten, angeführt von Tansania, wünscht allerdings Südafrikas Entfernung aus den Vereinten Nationen. Diese Gruppe weiß nur nicht, wie sie ihr Ziel erreichen soll. Man spricht bereits von einer zweiten Konfrontation in der Generalversammlung. Diese soll erfolgen, wenn ein Mitglied der südafrikanischen Delegation sich zu Wort meldet. Dann will man von Seiten der afrikanischen Länder Protest erheben und auf das Ausschlußverfahren verweisen, das sich vor dem Sicherheitsrat abspielen soll. Bis zum Zusammentreten des Sicherheitsrates sollen Südafrikas Rechte auf Teilnahme einer Debatte ausgesetzt werden.



HEREROS AN EINEM TISCH

Windhoek – Jefta Kamaarianda Maharero, der von der Vereinigung zur Erhaltung des Königshauses Tjamuaha/Maharero als Kronprinz der Hereros gewählt worden ist, hat einen Appell zur Einheit unter den Hereros erlassen. Er will die drei Hererostämme an einen Tisch bringen, um die Gegensätze auszuräumen. Eine Einladung soll demnächst ausgesprochen werden, Jefta Mahaero appellierte an die Hereros, die Vergangenheit zu vergessen. Das Volk könne sich weitere Zwietracht nicht leisten.

Einladungen sollen gerichtet werden an die Hereros mit der roten Flagge (Maharero-Hereros, die von Kapuuo geführt werden), die Mbanderus mit der grünen Flagge, die von Munjuku angeführt werden, und die westlichen Hereros mit der weiß-schwarzen Fahne unter Zeraua.

Der Appell beginnt mit einem Hinweis auf einen Vorfall bei dem letzten Hererotag in Okahandja. Dabei sollen die Hereros zu den Gräbern ihrer Vorfahren aus dem Hause Maharero gegangen sein, während die Mbanderus nur das Grab des Kahimemua besuchten. Jefta Maharero meint, dass so etwas noch nie vorgekommen sei und es jetzt an der Zeit sei, Zwistigkeiten auszuräumen. Jefta vertritt den Standpunkt, dass Hereros and Mbanderus ein Volk sind.



LORD CHALFONT VERLIESS LABOURPARTEI

London – Lord Chalfont, der frühere „Europa-Minister" der ersten Regierung Wilson, hat am 22. September überraschend seinen Austritt aus der Labour-Party erklärt. Der 54-jährige ehemalige Offizier und Publizist, der als Foreign Office-Staatsminister für Abrüstungsfragen und später für die Europa-Politik auch international bekannt wurde, begründete seinen Schritt mit dem wachsenden Einfluß der Linken und der Gewerkschaften auf die Labour-Politik, vor allem aber mit der Haltung der Partei gegenüber Europa. Auch mit den geplanten Verteidigungseinsparungen ist der Militärexperte Chalfont nicht einverstanden.

Chalfonts Austritt unmittelbar rum Beginn des Wahlkampfes ist für die Labourpartei um so peinlicher, als sein Austrittsschreiben an Parteiführer Harold Wilson die Vorwürfe bestätigt, die nicht nur von den politischen Gegnern, sondern. auch von vielen Kommentatoren seit Monaten gegen die Labourpartei erhoben werden. Chalfont will allerdings „zumindest vorläufig" nicht zu einer anderen Partei überwechseln, wie er vor Journalisten erklärte. Wenn aber, dann würde er sich für die Liberalen entscheiden.



LETZTE MELDUNGEN

Windhoek – SWAPO hat die „sogenannten vielrassigen Diskussionen hinsichtlich der Zukunft Südwestafrikas total zurückgewiesen". Dies geht aus einer Erklärung des SWAPO Sekretärs A. Johannes hervor. Die Erklärung träg die Übersehrift: ,,Dies Ist ein Judaskuß". SWAPO bezeichnet die Anwesenheit der Nationalen Partei in Südwestafrika als „illegal"

Okahandja – Das Damara Exekutiv-Komitee Iehnt ebenfalls die Initiative der Nationalen Partei ab. Das Damara Exekutiv-Komitee wünscht ein unabhängiges Südwestafrika unter der Nationalen Konvention.



SPINOLA SOLLTE ERMORDET WERDEN

Lissabon – Etwa 7 000 jubilierende Gewerkschaftsmitglieder und Anhänger der Linkskreise trafen am Dienstagabend in der Stierkampf-Arena zusammen, um den Sturz des Prasidenten Spinola zu feiern. Eine hochstehende politische Persönlichkeit, die nicht mit Namen genannt werden will, erklärte Journalisten, dass extrem rechtsstehende Revolutionäre am letzten Wochenende General Spinola ermorden wollten. Dies solle dann als Vorwand für einen Aufstand der Rechtskreise dienen. Der aus 21 Mitgliedern bestehende Staatsrat habe am Samstag einen Antrag des Generals Spinola zurückgewiesen, ihm ausgedehnte Vollmachten zu erteilen und den Belagerungszustand zu erklären. Spinola habe selber die große 'Versammlung, die von der „schweigsamen Mehrheit" veranstaltet werden sollte, abgeblasen.

Die 7 000 Demonstranten in der Arena feierten eigentlich den vierten Jahrestag der Gründung der portugiesischen Gewerkschaft, aber es war von Anfang an klar, dass die Ersetzung Spinolas durch General Costa Gomes gefeiert werden sollte. Die Demonstranten marschierten durch die Arena und trugen Plakate mit sich, auf denen stand: „Nieder mit den Reaktionären!", „Seid wachsam!" und „Arbeiter vereinigt euch!". Mit erhobener Faust sangen sie „Lang lebe die Bewegung der bewaffneten Streitkräfte".



SO VIELE TÜREN WIE MÖGLICH ÖFFNEN

New York – Mburumba Kerina, Vorsitzender von SWANUF im Exil, hat aus Anlass der nationalen Konferenz von SWANUF, die am vergangenen Wochenende in Katutura stattfand, eine Botschaft erlassen. Darin setzt sich Kerina für eine friedliche Lösung der Probleme des südlichen Afrikas ein. „An unsere europäischen Freunde und Landsleute“ gewandt erklärte Kerina, dass eine Demokratie geschaffen werden müsse, die auf der Gleichheit der Rechte und Pflichten aller beruhe. „Über verschiedene Dekaden haben Sie sich, selbst Südafrikaner genannt. Wir werden Ihnen dieses Rech nicht vorenthalten. Aber bedenken Sie, dass, wenn Südwestafrika ihr Vaterland wird, wie Sie mit Recht beanspruchen Namibia nicht aufhört, ein afrikanisches Land zu sein. Namibia für die Namibianer, für alle Namibianer, ohne Rücksicht auf ihre Hautfarbe, ihre Stammeszugehörigkeit, Rasse und Herkunft. Dies ist keine Fiktion. Dies ist lebende Wirklichkeit, beruhend auf der Lebenserfahrung.“

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-12-26

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