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Vor 50 Jahren
Vor 50 Jahren

Vor 50 Jahren

1974-11-21
Ronja Lyhs
ALLE BEVÖLKERUNGSGRUPPEN HABEN RECHTE

Windhoek – Dirk Mudge verwies nicht nur auf die Rechte der Weißen, sondern auch der anderen Bevölkerungsgruppen Südwestafrikas. „Auch die anderen Bevölkerungsgruppen haben hier Rechte. Sie waren hier, bevor der Weiße hierherkam. Sie sind hier niemandes Gast. Sie haben auch einen großen Anteil an der Entwicklung Südwestafrikas gehabt, auch wenn dies meist in der Rolle eines ungeschulten Arbeiters erfolgte. Ohne sie wäre es nicht möglich gewesen, dieses Land so weit zu entwickeln. Audi sie haben kein anderes Land, wohin sie gehen können oder wollen.

Ich möchte heute namens der Weißen die Hand der Freundschaft and Zusammenarbeit ausstrecken und sie einladen, zusammen mit uns an einer politischen Lösung zu arbeiten, bei der für uns alle ein Platz ist. Sie müssen zusammen mit uns die Verantwortung akzeptieren. Vorurteile und Hass müssen aus dem Weg geräumt werden.”

SABOTAGE KANN AUSGESCHLOSSEN WERDEN

Nairobi – Mehr als 73 Millionen Menschen sind von Jumbo-Jets (Boeing 747) in fünf Jahren befördert worden, bevor der erste Unfall eintrat, bei dem Menschen ums Leben kamen. Das erste Unglück mit Toten ereignete sich gestern in Nairobi, als eine Boeing 747 der Lufthansa auf dem Wege nach Johannesburg unmittelbar nach dem Start Bodenberührung bekam, die Tanks explodierten und das Flugzeug in Flammen aufging. An Bord befanden sich 157 Personen. 59 wurden getötet, 98 kamen mit dem Leben davon, darunter der Flugkapitän und 15 Besatzungsmitglieder. Nach wie vor gilt die Boeing 747 als das sicherste Verkehrsflugzeug der Welt. Die Unfalluntersuchung ist in vollem Gange. Die Lufthansa allein hat 80 Spezialisten unter Führung ihres Chefpiloten Werner Utter nach Nairobi entsandt, ferner trafen Beamte der obersten deutschen Luftfahrtbehörde sowie Polizisten aus Frankfurt in der Haupt-stadt Kenias ein. Zusammen mit den zuständigen Stellen Kenias untersuchen sie die Ursache des Unglücks. Nach Angaben zuständiger Stellen in Kenia kann Sabotage ausgeschlossen werden.

VERHAFTUNGEN IN LUANDA

Luanda – Der Vorsitzende der Militärjunta in Angola, Admiral Rosa Coutinho, teilte mit, dass in Luanda einige bedeutende Persönlichkeiten wegen „wirtschaftlicher Sabotage" verhaftet worden seien. Namen wurden nicht genannt, außer Dr. Fernandes Viera, einer der Direktoren der Handelskammer und Chef des Büros für Wirtschaftliche Studien. Die Handelskammer hatte letzte Woche die Junta heftig kritisiert, weil sie zu wenig gegen die Unruhen in Luanda unternehme. Gestern sind wiederum zwei Personen getötet und 21 verletzt worden, darunter drei Weiße.

Die 16 Geiseln, die von der Front für die Befreiung Cabindas (FLEC) festgenommen worden waren, sind von kongolesischen Truppen befreit worden, als die Entführer auf das Territorium von Kongo-Brazzaville eindrangen. Der Rundfunk in Brazzaville teilte mit, dass insgesamt 21 Soldaten verhaftet worden seien.

BRANDT KEINE DIREKTE SCHULD

Bonn – Eine Untersuchungskommission in Sache Brandt – Guillaume gab am Montag in der Bundeshaupt-stadt ihren Befund bekannt:

Ex-Bundeskanzler Willy Brandt tragt keine direkte Schuld an dem Spionageskandal, der ihn zum Rücktritt bewogen hatte. Die größte Schuld schiebt die Kommission dem ehemaligen Chef der Bundeskanzlei, Horst Ehmke, zu, und dem deutschen Sicherheitsdienst, dem Schnelligkeit über Vorsicht zu gehen schien, als sie Guillaume im Januar 1970 zur „sicheren" Person erklärten.

Die Kommission unter Leitung des Jura-Professors Theodor Eschenburg schlug in ihrem 120-Seiten-Bericht eine eingreifende Reform des Sicherheitsdienstes vor. Guillaume war im April dieses Jahres als ostdeutscher Spion verhaftet worden. Brandt trat zwei Wochen später zurück und erklärte sich persönlich verantwortlich für Deutsch-lands aufsehenerregendsten Spionagefall nach dem Krieg:

BEDINGUNGEN FÜR SUEZKANAL-ÖFFNUNG

Kairo – Der ägyptische Außenminister Ismail Fahmi hat die Wiederöffnung des Suezkanals von einem weiteren Rückzug Israels in die Sinaihalbinsel abhängig gemacht. Vor dem außenpolitischen Ausschuss des Kairoer Parlaments sagte Fahmi, die Israelis mussten sich weit genug zurückziehen, um die Sicherheit der Schifffahrt und der Kanalstädte zu gewährleisten. Israelische Schiffe dürften den Kanal erst nach einer vollständigen Lesung des Nahost‑Problems benutzen.

Bislang war allgemein mit einer Wiederöffnung im kommenden Frühjahr gerechnet worden.

BOMBENDROHUNG IN FRANKFURT

Frankfurt – Wegen einer anonymen Bombendrohung musste am Morgen des 13. November das sogenannte technische Rathaus in Frankfurt geräumt werden. Mehr als tausend Beschäftigte und Besucher hatten den zwischen Dom und „Römer" gelegenen Gebäudekomplex in aller Eile verlassen, dessen Durchsuchung allerdings nach Angaben der Polizei ohne Ergebnis blieb. Gleichzeitig wurde auch gegen das Gebäude des Frankfurter Societats-Verlags telefonisch eine Bombendrohung ausgesprochen, die sich ebenfalls als „leer" erwies.

3 000 TRAUERGÄSTE

Hamburg – Am Montag sangen auf dem Hamburger Friedhof 3 000 Demonstranten die „Internationale" anlässlich der Beerdigung von Holger Meins. Meins, von dem behauptet wird, dass er ein Mitglied der Baader-Meinhof-Gruppe war, die als städtische Guerillagruppe ihr Unwesen in der Bundesrepublik treibt, war letzte Woche nach einem Hungerstreik im Gefängnis gestorben. Auf diese Art hatte er 56 Tage lang mit zwei weiteren Mitgliedern der Baader-Meinhof-Gruppe dagegen protestiert, dass er von anderen Gefängnisinsassen ferngehalten wurde. Am Tag nach dem Tode von Meins wurde der Berliner Oberrichter von Drenkmann in seiner Haustür erschossen. Die Polizei vermutet, dass es sich bei diesem Mord um einen Racheakt handelte. Anwesend bei der Beerdigung von Meins war auch Alt-Revolutionär Ruth Dutschke, der am Grab versprach: „Wir werden weiterkämpfen, Holger."

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-12-26

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