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75 Jahre Commonwealth: Doch wer will Charles noch als König?

Das Commonwealth gilt als moderner Nachfahre des britischen Weltreichs. Von mehreren Mitgliedern ist König Charles das offizielle Staatsoberhaupt – doch wie lange noch?
dpa
Es ist ein Geburtstag mit Nebengeräuschen. 75 Jahre ist der Staatenbund Commonwealth in seiner modernen Form letzten Freitag (26. April) geworden – und ist damit so alt wie sein Oberhaupt König Charles III. Der britische Monarch ist noch immer offiziell der Staatschef von einem guten Dutzend der 56 Mitglieder. Doch in mehreren Ländern steigt der Wunsch, die Bande zum Königshaus zu kappen – ausgerechnet wenn der König wegen seiner Krebserkrankung weniger in Erscheinung treten kann.

Bei der Commonwealth-Feier im März wandte sich Charles per Videobotschaft an die Mitglieder und warb um Einheit. Sein Sohn und Thronfolger Prinz William (41) hatte bereits vor Längerem deutlich gemacht, dass die Krone nicht zwingend auf Dauer die Führungsrolle beansprucht und einen Republik-Kurs von Mitgliedern unterstützen würde. Seit dem Tod von Queen Elizabeth II., die nach Ansicht von Experten als einigende Figur gesehen wurde, legen vielerorts die Monarchie-Gegner in den Umfragen zu – auch im Vereinigten Königreich selbst.

Jamaika will Referendum

Kritisch ist die Lage für die Krone vor allem in der Karibik, wo Charles das Oberhaupt von gleich acht Ländern ist. Am deutlichsten wird dies in Jamaika. Als Prinz Harry, der jüngere Sohn von Charles, und seine Ehefrau Herzogin Meghan im Januar in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston bei der Premiere des Spielfilms „Bob Marley: One Love“ waren und dort mit Premierminister Andrew Holness fotografiert wurden, kamen Vorwürfe fehlender Sensibilität in der britischen Presse auf. Denn Holness hatte im März 2022 bei einem Besuch von Harrys Bruder William und dessen Frau Prinzessin Kate, der als PR-Desaster für die Royals endete, eine Abkehr von der Monarchie angedeutet.

Die Vorbereitungen für ein Referendum über eine entsprechende Verfassungsänderung laufen noch in dem Inselstaat, der durch Sklavenarbeit auf Zuckerrohrplantagen früher eine äußerst lukrative Kolonie war und 1962 unabhängig wurde. Jamaikas Regierung will den Prozess vor der Parlamentswahl im kommenden Jahr abschließen. Die Regierungen mehrerer weiterer karibischer Commonwealth-Mitglieder erklärten ihre Absicht, ebenfalls Schritte einzuleiten, um Republiken zu werden – darunter die Bahamas sowie Antigua und Barbuda. Weit fortgeschritten sind diese Pläne dort bislang jedoch nicht.

Allerdings gab in einer Umfrage des britischen Meinungsforschers Lord Ashcroft kurz vor der Krönung von Charles im Mai 2023 eine Mehrheit in drei Karibikländern an, eine Abschaffung der Monarchie zu befürworten. Für Sklaverei und Apartheid in der Kolonialzeit fordert die karibische Gemeinschaft Caricom Wiedergutmachung und eine Entschuldigung.

Keine Royals auf Geldscheinen

In Australien steht mit Premierminister Anthony Albanese ein erklärter Republikaner an der Regierungsspitze, der grundsätzlich für eine Abschaffung der konstitutionellen Monarchie in dem Commonwealth-Land eintritt. Albanese hatte in der Vergangenheit ein neues Referendum angedeutet. 1999 hatten sich die Australier mehrheitlich für die Krone ausgesprochen. Doch zuletzt ließ sich die Regierung nicht mehr festlegen. Die Frage habe keine Priorität, es gebe keinen Zeitplan, sagte das zuständige Kabinettsmitglied Matt Thistlethwaite zu Jahresbeginn. Umfragen deuten auf ein sehr knappes Ergebnis, sollte es noch einmal zu einem Votum kommen.

Das Thema flammt immer wieder auf – so zuletzt nach dem Tod von Queen Elizabeth II. im September 2022. Anlässlich eines nationalen Trauertags zu ihren Ehren protestierten damals Tausende. Fahnen wurden verbrannt, eine Hommage an die Queen in den Farben der Flagge der Ureinwohner übermalt. Denn gerade Aborigines bringen die Monarchie mit der Kolonialisierung und Unterdrückung indigener Völker in Verbindung.

Im vergangenen Jahr wurde dann bekannt, dass König Charles als neues Staatsoberhaupt nicht auf dem australischen Fünf-Dollar-Schein zu sehen sein wird. Das bisherige Porträt der Queen wird mit einem Design ersetzt, das die Kultur und Geschichte der Ureinwohner würdigt. Damit sind die Royals künftig auf keinem australischen Geldschein mehr vertreten – lediglich auf Münzen. Der König plant trotz seiner Krebserkrankung noch in diesem Jahr einen Besuch in Down Under – und will auch an einem Treffen der Commonwealth-Regierungschefs im Pazifik-Inselstaat Tonga teilnehmen.

„God Save the King“ in Kanada

In Kanada gab es zuletzt positive Signale für die Royals. Ein Antrag, die Parlamentarier von ihrem Eid auf den König zu entbinden, scheiterte – woraufhin den Royals freundlich gesonnene Abgeordnete spontan „God Save the King“ anstimmten. Doch in Umfragen sprechen sich regelmäßig mehr Kanadier für ein gewähltes Staatsoberhaupt aus als für die Monarchie. Die Umsetzung dürfte aber schwierig werden, denn die Verfassung sieht sehr hohe Hürden für eine Änderung der Staatsform vor.

Doch für den König gibt es eine Baustelle, mit der bis vor Kurzem kaum zu rechnen war – direkt vor seiner Haustür. Im Vereinigten Königreich steigt langsam die Zahl derjenigen, die die Monarchie abschaffen wollen. Seit dem Tod der Queen treten die Gegner der Institution zudem sichtbarer auf, kaum ein royaler Termin, an dem nicht die gelben „Not my King“-Fahnen der Organisation Republic zu sehen sind.

Auch vor der Westminster Abbey am Commonwealth Day, als Charles' Ehefrau Königin Camilla und Sohn William die Feierlichkeiten anführten, schwenkten sie die Fahnen mit der Aufschrift „Nicht mein König“. Die Royals nutzten das Commonwealth nur als Vehikel für ihre eigene PR, kritisierte Republic-Chef Graham Smith. „Die Plattitüden, die wir von Charles und Camilla hören, dienen nur dazu, ernsthafte Bedenken über Menschenrechtsverletzungen und einen Mangel an Demokratie in vielen Commonwealth-Ländern zu überdecken.“

C. Frentzen, N. Kaiser und B. von Imhoff, dpa

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-12-26

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