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Die Wasserstelle Kaukausib
Die Wasserstelle Kaukausib

Auf Kupfersuche in Lüderitzland

Nachlese
40. Folge

Bilanz und Kritik (Teil 2/2)

Dass Pohle immer wieder längere Ruhepausen brauchte, wird auch in Roberts Berichten bestätigt. Dies war aber weniger auf Faulheit, sondern auf die altersbedingt reduzierte körperliche Belastbarkeit des Expeditionsleiters zurückzuführen (12). Seine Weigerung, nach seinem Sturz weiterhin zu reiten, hat seine Mobilität eingeschränkt, er wurde gewissermaßen zum Hemmnis. Schenck und Robert konnten dies aber weitgehend kompensieren. Beide haben während der Oranjeexkursion, auf dem Weg dorthin und zurück und am Oranje selbst, jede Gelegenheit ergriffen, die Gegend in möglichst großen Radien nach Erzvorkommen abzusuchen. Dass es am Oranje zu Phasen der Untätigkeit kam, wird auch in Robert Baers Briefen und im Tagebuch erwähnt. Dies war aber allein dadurch bedingt, dass die Pferde und Ochsen zwischenzeitlich zum Fressen weggeführt werden mussten, da es am Oranje kein geeignetes Gras gab. Dadurch war die Beweglichkeit des Teams zeitweise eingeschränkt. Dieses von Robert beschriebene Problem wird in einem mündlichen Bericht Münzenbergs, den Schinz in seinem Brief an Vogelsang erwähnt hat, bestätigt (13). Ein Bericht von der Exkursion zur Oranjemündung und der absoluten Unmöglichkeit, Mündung und Fluss mit größeren Booten zu befahren, ist abgegeben worden, wurde aber von Lüderitz schlichtweg ignoriert (14).

Der Vorwurf, die Arbeiter hätten sich gestritten und gestohlen, ist ebenfalls aus der Luft gegriffen. Von den sechs Bergleuten waren ohnehin nur Robert Baer als Steiger und Assistent Pohles und sein Freiberger Kollege Klaute mit am Oranje River. Von einem Streit ist nichts dokumentiert, im Gegenteil man muss von einem kameradschaftlichen Verhältnis ausgehen. Auch von Diebstahldelikten ist bis auf die Vorkommnisse in Aus, als die Kapstädter Ochsentreiber sich an den Spirituosen der Expedition vergriffen hatten, nichts bekannt. Die Freiberger Bergleute waren sicherlich nicht einfach zu führen. Sie hatten ein großes Selbstbewusstsein, waren nicht ganz anspruchslos und scheuten sich nicht, ihre Forderungen zum Ausdruck zu bringen. Die Tatsache, dass allen die Weiterverpflichtung für die folgende Exkursion ins Damaraland angeboten wurde, zeigt aber, dass sie insgesamt zufriedenstellende Arbeit geleistet haben und sicherlich nicht kriminell auffällig geworden sind. Auch über die neuen Nama-Ochsentreiber sind in Roberts Tagebuch keine diesbezüglichen Berichte enthalten.

Man mag Pohle einiges vorwerfen können, nicht aber die Behauptung, die Expedition habe nichts getan. In den drei Monaten in Angra Pequena bis zur Abreise an den Oranje wurden alle dort gefundenen Erzvorkommen gründlich untersucht und umfangreiche Vermessungsarbeiten durchgeführt. Es trifft zu, dass man sich großzügig mit Spirituosen und Wein versorgt hatte (15), es ist auch während der Skatabende das ein oder andere Glas getrunken worden, die Behauptung, man habe sich während der Wartezeit in Angra Pequena mit „Trinkparties“ beschäftigt, ist aber maßlos übertrieben. Auch die bei Esterhuyse zu lesende Bemerkung, die Expedition sei nach Rückkehr vom Oranje ausbezahlt worden, ist nicht zutreffend. Es wird hierbei impliziert, dass sie damit beendet war. Tatsächlich wurde nach Rückkehr vom Oranje die Region um Aus im Radius von bis zu 100 km fast drei Monate lang abgesucht. Geologische Exkursionen wurden nach Aar, zum Matjes Rivier, in Richtung Kuibes, in Richtung Bethanien, nach Kubub, Laus und Hei Gums durchgeführt. Es wurde jeder Spur und jedem Hinweis von Einheimischen nachgegangen. Alle Erzfunde wurden von Dr. Schenck geologisch begutachtet, d. h. die Gewähr war gegeben, dass sie einer fachmännischen Analyse unterzogen wurden. Das einzige wirkliche Versäumnis bestand darin, dass man nicht gezielt nach Diamanten gesucht hat, wobei der Auftrag eindeutig darin bestand, Metallerze zu finden. Nach Angra Pequena zurückgekehrt, wurde noch ein weiterer Monat an den dortigen Erzgängen gearbeitet.

Die Expedition kann nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass es in Lüderitzland keine abbauwürdigen Kupfererzvorkommen mehr gab. Sie hat diesen Nachweis im Rahmen der damaligen Möglichkeiten erbracht, auch die nachfolgenden Expeditionen haben nichts gefunden. Wie so oft richteten sich Argwohn und Misstrauen gegen den Überbringer der schlechten Nachricht.

Die Untersuchungen an den genannten Orten werden im 1. Jahresbericht der DKGfSWA ausdrücklich bestätigt, einschließlich der Feststellung, dass der Oranje nicht schiffbar ist. Auch Schwabe100 und Leutwein101 haben gewürdigt, dass die Pohle-Expedition mit den Beiträgen von Schenck und Schinz „zum ersten Mal einen allgemeinen, wissenschaftlich begründeten Überblick über das Land und seine Bewohner“ erbrachte (16).

Lüderitz war ganz und gar anderer Auffassung. Sein Vertrauen in Pohle hatte durch die „Rotgültigaffäre“ schweren Schaden genommen. Er war zwar mit dem Verkauf seines Landes und der damit verbundenen Minenrechte seit 1. Mai 1885 nicht mehr direkt für die Expedition verantwortlich, hatte aber bestimmt von den Querelen um die Gehaltsforderungen der Bergleute erfahren. Auch hatten ihn Pannen, wie die Veröffentlichung von Roberts Brief in den Dresdner Nachrichten, erzürnt. Dies alles hatte ihn zutiefst enttäuscht und misstrauisch gemacht. In einem Brief an Rohlfs102 beklagt er, dass die Expedition „eine Masse Geld verschlungen“ habe, ohne die von ihm erhofften Ergebnisse geliefert zu haben (17). Von falschen Beratern wie von Pestalozzi beeinflusst, warf er der Pohle-Expedition vor, nicht gründlich genug geforscht und „nur entlang der bekannten Handelswege, wo relativ bequemes Reisen ist“ und nicht abseits davon nach Erzen gesucht zu haben (18). Ein ganz und gar unzutreffender Vorwurf. Im Gegenteil – nach Aufschlagen des Basislagers in Aus wurde die von Lüderitz vorgegebene Strategie verfolgt, zur Primärerkundung „nach verschiedenen Seiten das Inland zu durchforsten und zwar ohne große Begleitung von Ochsenwagen“ (19). Entsprechend waren die Reisen zum Oranje, zum Matjes Rivier bei Aar, nach Hei Gumms, nach Kuibes und nach Laus nicht mit der kompletten Expedition, sondern mit kleinen Exkursionsteams durchgeführt worden. Es war, wie Robert Baer es später bezeichnete, ein „Jagen von Wasserloch zu Wasserloch“ (20). Oft genug musste mit brackigem und fauligem Wasser der Durst gestillt werden, häufig wurde unter freiem Himmel übernachtet. Von einem „bequemen Reisen“ konnte nicht die Rede sein.

Lüderitz‘ Enttäuschung und seine Ungeduld, endlich die Vision seiner blühenden Kolonie umgesetzt zu sehen, sollten unmittelbare Auswirkungen auf sein weiteres Schicksal haben.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-07

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