Ein vielseitiger Mann hinterlässt manch Vorbild
Hinrich Reinhard Otto Wilhelm Schneider-Waterberg, meist bekannt als Heiner, ist am 15. Februar 2022 im Alter von 90 Jahren aus seiner Farm Okosongomingo am Kleinen Waterberg verstorben. Er hat seine Frau Anneliese und vier Kinder und fünf Enkel hinterlassen. Ein fünftes Kind, die Tochter Elisabeth, ist im vergangenen Jahr vor ihrem Vater gestorben.
Geboren wurde Heiner Schneider-Waterberg am 22. November 1931 im früheren Elisabethhaus, auch bekannt als „Storchennest“, in Windhoek, heute Teil der technischen Hochschule NUST (Namibia University of Science and Technology). Seine Eltern, Reinhard Heinrich Adalbert und Elisabeth Schneider, bewirtschafteten die Farm Okosongomingo, seit 1909 im Familienbesitz. Den Zusatz „Waterberg“ zum Nachnamen Schneider erwirkte Vater Reinhard Schneider durch einen erfolgreichen Antrag beim südafrikanischen Innenministerium. Mit dem Amtsblatt vom 4. Mai 1951 war der volle Nachname Schneider-Waterberg besiegelt.
Ausbildung
Schneider-Waterberg hat verschiedene Schulen im damaligen Südwestafrika besucht und in Swakopmund den Abschluss geschrieben, worauf 1949 sein Landwirtschaftsstudium in Stellenbosch folgte. Das Studium musste er zunächst unterbrechen, da er seinem Vater ein Jahr lang in Zürich, Schweiz, beistand, der zur ärztlichen Behandlung im Kantonspital angereist war. In der Stadt hat er rege das kulturelle Leben aufgesucht und große Sänger, Instrumentalisten und Schauspieler erlebt. Vor Abschluss des Studiums in Stellenbosch kam durch den Tod seines Vaters 1953 eine weitere Unterbrechung, denn er hatte mit 22 Jahren das Farmerbe anzutreten. Sein Vater hatte in den dreißiger Jahren unter großem Einsatz den Farmbetrieb aus der Zwangsverwaltung retten können und war 1940 knapp – nach einem Verhör durch die südafrikanische Behörde in Südwestafrika – der Internierung in Südafrika entgangen, die über 1 330 deutschsprachige Südwester – „enemy subjects“ – sechs bis sieben Jahre über sich ergehen lassen mussten.
Farmwirtschaft und Gesellschaft
Vor dem ernsten Eintieg in die Nachfolge seines Vaters hat Heiner noch ein Jahr in Europa verbracht, um sich „anderen Wind um die Nase“ wehen zu lassen. So lernte er 1956 in München seine Frau Anneliese, eine Berlinerin, kennen, die ihm 1957 nach Okosongomingo folgte. Die sechziger Jahre waren zu Beginn von Dürre und Maul- und Klauenseuche geprägt, was das junge Farmerehepaar vor die Realitäten der namibischen Farmerei stellte. In den Jahren der weiteren Farmentwicklung kamen neue Rinderrassen auf die Weide, zuerst Bramanen und wenig später Santa Gertrudis, deren renommierte Züchter der Jungfarmer in Texas mehrere Male aufsuchte.
Die generelle Farmwirtschaft mit Schwerpunkt auf Viehzucht und Fleischproduktion hat Heiner Schneider-Waterberg stark geprägt. Sein Wissen und seine Erfahrung hat er in zahlreichen Gremien eingebracht: in der Viehzucht, in der Jagdbranche, in der Wirtschaft und in der Politik – davon sieben Jahre als Abgeordneter der Republikanischen Partei für Swakopmund im damaligen Landesrat vor 1990. In Führung und Vorstand des Fleischexportunternehmens Meatco hat er sich von 1986 bis 1998 aktiv engagiert. Zudem diente er für Otjiwarongo mehrere Jahre als Synodaler der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche.
Beziehungen
Heiner Schneider-Waterberg, der schon als Kind auf Okosongomingo Führungspersönlichkeiten der Herero kennengelernt hatte und mit ihrer Sprache aufgewachsen war, entwickelte sowohl zu Otjiherero-sprachigen Nachbarn als auch unter kulturellen und geschichtlichen Aspekten zu den Ovaherero insgsamt ein besonderes wohlwollendes Verhältnis. Chef Hosea Kutako besuchte bereits den 22-jährigen Erben der Farm. Dessen Nachfolger Clemens Kapuuo und andere Führungskräfte waren des Öfteren auf Besuch. Chef Kuaima Riruako suchte ebenfalls den informierten Austausch. Mit dem Führungshaus Kambazembi vom Waterberg hatte sich schon zu Zeiten seines Vaters eine familiäre Beziehung entwickelt. „Eine lebenslange Freundschaft entwickelte sich zwischen ihm und Dr. Zed Ngavirue, die sich als junge Männer 1960 bei der Beerdigung von Josaphat Kambazembi kennenlernten, zu der der junge Famer als Redner geladen war“, erinnert sich Anneliese Schneider- Waterberg. Dr. Ngavirue war der amtliche namibische Unterhändler in den jüngsten Versöhnungs- und Genozidverhandlungen zwischen Deutschland und Namibia. Dr. Ngavirue war wenige Monate vor seinem Tod noch einmal auf Okosongomingo zu Gast bei Schneider-Waterberg und Familie.
Nach Übernahme des Farmbetriebs durch seinen Sohn Harry widmete sich Hinrich Schneider-Waterberg gute zwei Jahrzehnte der Geschichtsforschung mit Schwerpunkt auf den Hintergründen der Gefechte am Waterberg 1904, was zu dem Buch ,,Der Wahrheit eine Gasse – Anmerkungen zum Kolonialkrieg in Deutsch-Südwestafrika 1904“ führte. Es erschienen acht Auflagen dieser Standardquelle, bis 2012 schließlich eine erweiterte und mit zahlreichen Karten ergänzte Neuauflage folgte. In der Zeit hat er zahlreiche Besucher aus dem In- und Ausland empfangen, darunter Politiker, Journalisten, Diplomaten und andere Interessenten unterschiedlicher Couleur, die sich näher mit dem kolonial-historischen Geschehen am Waterberg und der Kolonialgeschichte auseinandersetzen wollten. Anwürfe dogmatischer Historiker, die zu Sachkritik außerstande sind und dafür in Häme befangen bleiben, hat er souverän hingenommen.
Heiner Schneider-Waterberg war ein Mann, tief mit Namibia, seiner Geschichte und Gegenwart sowie den Menschen verbunden. Sein Einsatz, seine Stellungnahmen in den Gremien und Verbänden waren auf konkrete Ergebnisse gerichtet und mit fundierten Grundlagen versehen. Eberhard Hofmann
Geboren wurde Heiner Schneider-Waterberg am 22. November 1931 im früheren Elisabethhaus, auch bekannt als „Storchennest“, in Windhoek, heute Teil der technischen Hochschule NUST (Namibia University of Science and Technology). Seine Eltern, Reinhard Heinrich Adalbert und Elisabeth Schneider, bewirtschafteten die Farm Okosongomingo, seit 1909 im Familienbesitz. Den Zusatz „Waterberg“ zum Nachnamen Schneider erwirkte Vater Reinhard Schneider durch einen erfolgreichen Antrag beim südafrikanischen Innenministerium. Mit dem Amtsblatt vom 4. Mai 1951 war der volle Nachname Schneider-Waterberg besiegelt.
Ausbildung
Schneider-Waterberg hat verschiedene Schulen im damaligen Südwestafrika besucht und in Swakopmund den Abschluss geschrieben, worauf 1949 sein Landwirtschaftsstudium in Stellenbosch folgte. Das Studium musste er zunächst unterbrechen, da er seinem Vater ein Jahr lang in Zürich, Schweiz, beistand, der zur ärztlichen Behandlung im Kantonspital angereist war. In der Stadt hat er rege das kulturelle Leben aufgesucht und große Sänger, Instrumentalisten und Schauspieler erlebt. Vor Abschluss des Studiums in Stellenbosch kam durch den Tod seines Vaters 1953 eine weitere Unterbrechung, denn er hatte mit 22 Jahren das Farmerbe anzutreten. Sein Vater hatte in den dreißiger Jahren unter großem Einsatz den Farmbetrieb aus der Zwangsverwaltung retten können und war 1940 knapp – nach einem Verhör durch die südafrikanische Behörde in Südwestafrika – der Internierung in Südafrika entgangen, die über 1 330 deutschsprachige Südwester – „enemy subjects“ – sechs bis sieben Jahre über sich ergehen lassen mussten.
Farmwirtschaft und Gesellschaft
Vor dem ernsten Eintieg in die Nachfolge seines Vaters hat Heiner noch ein Jahr in Europa verbracht, um sich „anderen Wind um die Nase“ wehen zu lassen. So lernte er 1956 in München seine Frau Anneliese, eine Berlinerin, kennen, die ihm 1957 nach Okosongomingo folgte. Die sechziger Jahre waren zu Beginn von Dürre und Maul- und Klauenseuche geprägt, was das junge Farmerehepaar vor die Realitäten der namibischen Farmerei stellte. In den Jahren der weiteren Farmentwicklung kamen neue Rinderrassen auf die Weide, zuerst Bramanen und wenig später Santa Gertrudis, deren renommierte Züchter der Jungfarmer in Texas mehrere Male aufsuchte.
Die generelle Farmwirtschaft mit Schwerpunkt auf Viehzucht und Fleischproduktion hat Heiner Schneider-Waterberg stark geprägt. Sein Wissen und seine Erfahrung hat er in zahlreichen Gremien eingebracht: in der Viehzucht, in der Jagdbranche, in der Wirtschaft und in der Politik – davon sieben Jahre als Abgeordneter der Republikanischen Partei für Swakopmund im damaligen Landesrat vor 1990. In Führung und Vorstand des Fleischexportunternehmens Meatco hat er sich von 1986 bis 1998 aktiv engagiert. Zudem diente er für Otjiwarongo mehrere Jahre als Synodaler der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche.
Beziehungen
Heiner Schneider-Waterberg, der schon als Kind auf Okosongomingo Führungspersönlichkeiten der Herero kennengelernt hatte und mit ihrer Sprache aufgewachsen war, entwickelte sowohl zu Otjiherero-sprachigen Nachbarn als auch unter kulturellen und geschichtlichen Aspekten zu den Ovaherero insgsamt ein besonderes wohlwollendes Verhältnis. Chef Hosea Kutako besuchte bereits den 22-jährigen Erben der Farm. Dessen Nachfolger Clemens Kapuuo und andere Führungskräfte waren des Öfteren auf Besuch. Chef Kuaima Riruako suchte ebenfalls den informierten Austausch. Mit dem Führungshaus Kambazembi vom Waterberg hatte sich schon zu Zeiten seines Vaters eine familiäre Beziehung entwickelt. „Eine lebenslange Freundschaft entwickelte sich zwischen ihm und Dr. Zed Ngavirue, die sich als junge Männer 1960 bei der Beerdigung von Josaphat Kambazembi kennenlernten, zu der der junge Famer als Redner geladen war“, erinnert sich Anneliese Schneider- Waterberg. Dr. Ngavirue war der amtliche namibische Unterhändler in den jüngsten Versöhnungs- und Genozidverhandlungen zwischen Deutschland und Namibia. Dr. Ngavirue war wenige Monate vor seinem Tod noch einmal auf Okosongomingo zu Gast bei Schneider-Waterberg und Familie.
Nach Übernahme des Farmbetriebs durch seinen Sohn Harry widmete sich Hinrich Schneider-Waterberg gute zwei Jahrzehnte der Geschichtsforschung mit Schwerpunkt auf den Hintergründen der Gefechte am Waterberg 1904, was zu dem Buch ,,Der Wahrheit eine Gasse – Anmerkungen zum Kolonialkrieg in Deutsch-Südwestafrika 1904“ führte. Es erschienen acht Auflagen dieser Standardquelle, bis 2012 schließlich eine erweiterte und mit zahlreichen Karten ergänzte Neuauflage folgte. In der Zeit hat er zahlreiche Besucher aus dem In- und Ausland empfangen, darunter Politiker, Journalisten, Diplomaten und andere Interessenten unterschiedlicher Couleur, die sich näher mit dem kolonial-historischen Geschehen am Waterberg und der Kolonialgeschichte auseinandersetzen wollten. Anwürfe dogmatischer Historiker, die zu Sachkritik außerstande sind und dafür in Häme befangen bleiben, hat er souverän hingenommen.
Heiner Schneider-Waterberg war ein Mann, tief mit Namibia, seiner Geschichte und Gegenwart sowie den Menschen verbunden. Sein Einsatz, seine Stellungnahmen in den Gremien und Verbänden waren auf konkrete Ergebnisse gerichtet und mit fundierten Grundlagen versehen. Eberhard Hofmann
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Allgemeine Zeitung
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