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Bisher verläuft das Protestcamp auf Sylt gegen „Yuppietum“ ruhig. Dennoch sind einige Sylter verärgert, andere reagieren gelassen und sind zufrieden, dass die Protestler nicht im Brunnen auf Westerland (Foto) rumplantschen. Foto: Addi Kirsch
Bisher verläuft das Protestcamp auf Sylt gegen „Yuppietum“ ruhig. Dennoch sind einige Sylter verärgert, andere reagieren gelassen und sind zufrieden, dass die Protestler nicht im Brunnen auf Westerland (Foto) rumplantschen. Foto: Addi Kirsch

Gegen Yuppietum

Punk-Protestcamp 3.0 auf Sylt bisher friedlich
Das billige Bahnticket zog 2022 ungezählte Punks auf die Nordseeinsel. Jetzt läuft hier die Protestcamp-Auflage Nummer drei - einige Sylter macht das wütend, andere sind gelassen.
dpa
Von Lea Sarah Albert, dpa

Westerland/Husum

Freudig johlend hüpfen sie mit pink-grünen Stachelhaaren und Dosenbier in der Hand in die Nordsee, sammeln in Springerstiefeln im Sonnenuntergang Muscheln am Sylter Strand und spielen Gitarre in der Fußgängerzone in Westerland. Im inzwischen dritten Sommer in Folge mischen Punks aus ganz Deutschland das Straßenbild auf der Insel der Reichen und Schönen auf.



„Wir sind sehr zufrieden und mehr Menschen als letztes Jahr, gerade arbeiten wir an weiteren Aktionen - geplant ist ein CSD und eine Aktion in Kampen“, sagte Protestcamp-Anmelder und -sprecher Marvin Bederke (24) aus Frankfurt der Deutschen Presse-Agentur. Eine Verlängerung des Camps sei, anders als im vergangenen Jahr, 2024 nicht geplant.



Rund drei Wochen nach dem offiziellen Start ihres dritten Punk-Protestcamps auf der größten deutschen Nordseeinsel, haben die rund 170 Bewohner hier im August eine Art Mini-Festival etabliert - mit Konzerten, Workshops, Lesungen und politischen Aktionen. Unter dem Motto „Protestcamp für ein solidarisches Miteinander - Klimagerecht und inklusiv in eine gemeinsame Zukunft ohne Gentrifizierung“ (sozioökonomischer Strukturwandel) üben die Teilnehmer aus ganz Deutschland nach Angaben der Gruppe ‚Aktion Sylt“ Kritik am Kapitalismus.



Das Protestcamp auf der Urlaubsinsel geht bereits in die dritte Runde. Mit dem Neun-Euro-Ticket hatte auf der Nordseeinsel im Sommer 2022 alles begonnen. Damals campierten rund 100 Punks in Zelten vor dem Rathaus in Westerland. Die dritte Auflage, außerhalb des touristischen Zentrums der Insel, ist deutlich professioneller: Es gibt Toiletten, ein Küchenzelt und eine Bühne.



„Das Camp hat eine Selbstfindungsphase hinter sich. Letztes Jahr wusste niemand so richtig, was erwartet wird - in diesem Jahr hat sich die Masse homogenisiert: Wir haben eine bessere Struktur insgesamt, aber auch für Konzerte“, sagte Mit-Organisator Jonas Hötger (24) aus Frankfurt. Ein Punk-Camp 4.0 im kommenden Jahr schließe er nicht aus. Mit-Organisator Pissrinne (21) ist vom Bodensee angereist und stimmt Hötger zu: „Wir haben in diesem Jahr mehr Technik und einen Stromanschluss, das heißt, wir können richtige Konzerte geben“, sagte er.



Lage ist weitgehend ruhig

Die Lage rund um das Protestcamp sei zur Halbzeit überwiegend friedlich, teilte Philipp Renoncourt, Sprecher der Polizeidirektion in Flensburg, mit. „Die hauptsächlichen Einsatzgründe sind Ruhestörungen und Streitigkeiten wie beispielsweise aggressives Betteln.“ Die Zahl der Einsätze im und rund um das Protestcamp liegen demnach derzeit ‚im mittleren zweistelligen Bereich“.



Bei einigen Syltern sorgen das Camp 3.0 und seine Bewohner für wachsenden Unmut. Öffentlich wollten sich die befragten Passanten gegenüber dpa am Dienstag aber nicht äußern. „Grundsätzlich nehmen wir als Gemeinde Sylt einen gewissen Unmut in Teilen der Bevölkerung hinsichtlich des Protestcamps wahr“, teilte Florian Korte, Sprecher der Gemeinde Sylt, der dpa mit.



Andere Menschen zeigen sich angesichts der ungewohnten Sylt-Klientel entspannt: „Ich finde, das Camp ist ein bunter Kontrastpunkt zu den sonst homogenen Sylt-Urlaubern. Ich werbe für Toleranz auf allen Seiten“, sagte Urlauberin Carola Bollenhaupt. Auch eine 80-jährige Sylterin, die nah am Camp wohnt, stören die Gäste auf der Wiese nicht: „Die machen ja nichts und sind ruhig - und es ist hier besser, als wenn sie an der Wilhelmine (Brunnenfigur in Westerland) sitzen“, sagte sie.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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