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Barbarossa – How Hitler lost the War –  von Jonathan Dimbleby, 2021.  Broschürte Ausgabe, 600 Seiten mit historischen Aufnahmen und Landkarten des Frontverlaufs. Penguin Random House, Gr. Britannien. Druck: Clays Ltd. Trade Paperback ISBN 978-0-24-97918-1. Unverbindlicher Richtpreis: 420,00 N$
Barbarossa – How Hitler lost the War – von Jonathan Dimbleby, 2021. Broschürte Ausgabe, 600 Seiten mit historischen Aufnahmen und Landkarten des Frontverlaufs. Penguin Random House, Gr. Britannien. Druck: Clays Ltd. Trade Paperback ISBN 978-0-24-97918-1. Unverbindlicher Richtpreis: 420,00 N$

Russland und Ukraine Teil I Angriffskriege auf Ukraine

Der Angriff auf und Stellvertreterkrieg 2022 in der Ukraine hat unvermittelt zwei Geschichtswerke in den Brennpunkt gerückt. Erstens: Als der Historiker Jonathan Dimbleby 2021 das kolossale Epos „Barbarossa – how Hitler lost the war“ in Druck gegeben hat, hat kaum jemand angenommen, dass 77 Jahre nach dem 2. Weltkrieg zwei eng verwandte Völker auf dem Boden der ehemaligen Sowjetunion und des Tsarenreichs in einen Angriffskrieg verwickelt würden. Es war schlicht undenkbar, zumal die Rote Armee unter Stalin den massiven Angriff von Hitlers Wehrmacht ab Dezember 1941 – mit vollständiger Besetzung der Ukraine - bis zur Zerstörung von Berlin im Mai 1945 umgekehrt hatte. Nun erfährt Dimblebys Werk gesteigerte Relevanz.

Zweitens: Nur wenige Jahre vor Dimbleby, 2017, hat die Autorin Anne Applebaum die Peinigung der Ukraine während der Bolschewiken-Repression unter Stalin aufgearbeitet: „Red Famine – Stalin´s War on the Ukraine“ – (Rote Hungersnot – Stalins Krieg gegen die Ukraine). Ein Einblick in ihr Werk folgt nach der Besprechung von „Barbarossa“.

Heimkehr aus Gefangenschaft

Nach der Verhandlung, die der damalige deutsche Bundeskanzler Adenauer 1955 in Moskau geführt hatte, um die Freilassung verbliebener deutscher Kriegsgefangener zu erwirken, erregte ein Spätheimkehrer in Tsumeb großes Aufsehen. Er hatte Krieg und russische Gefangenschaft überlebt. Auch der namibische Fahrer von General Rommel in Nordafrika hat nach seinem darauffolgenden Einsatz in Russland die Heimkehr ins damalige Südwestafrika geschafft. Der Autor des biographischen Romans „Der Eukalyptusbaum“, Arthur Ignatius, hat seinerseits Kriegserfahrung und Heimkehr nach Südwestafrika beschrieben, nachdem er die sibirische Gefangenschaft überlebt hatte. Aus dem fatalen Russlandfeldzug Hitlers beschreibt Dimbleby vielschiochtig die entscheidende Phase von Juni bis Dezember 1941.

Quellen von allen Seiten

Dazu hat er riesige Mengen an Quellenmaterial der Kriegsparteien – darunter viele Schriften, die mit der Auflösung der Sowjetunion zugänglich wurden - durchkämmt. Ferner hat er Quellen der westlichen Alliierten sowie der Deutschen ausgewertet. In packender Weise nimmt er den Leser an die 1 600 Kilometer ausgestreckte deutsche Front, in den anfänglichen Rückzug der Roten Armee und in die Befehlsquartiere beider Seiten hinein.

Er schildert Stimmung und Dialoge um Hitler und Stalin sowie Churchill und Roosevelt, dazu historisch-diplomatische Vorgänge mit Emissären und Unterhändlern zwischen London und Moskau– manche reisen mit einem Koffer voller Arznei wegen ihrer labilen Gesundheitsverfassung. Landser und Rotarmisten kommen aus Briefen vom Kriegsschauplatz authentisch zu Wort. Der Autor befasst sich mit Hitlers Lebensraum-Motiv, das ganz gezielt auf die fruchtbare Ukraine gerichtet warAus besetzten Gebieten in Russland und der Ukraine schickten die Besatzer russische Arbeiter sowie junge Frauen nach Deutschland, die Bauernhöfen und Fabriken zugeteilt wurden.

Größte Kesselschlacht des 2. Weltkriegs

Durch Putins Angriffskrieg Ende Februar 2022 auf die Ukraine, wo im September 1941 im Raum Kiew die größte Kesselschlacht des 2. Weltkriegs stattgefunden hat, stellt Dimblebys Werk eine relevante Kulisse zur sogenannten „militärischen Operation“ des jetzigen russischen Präsidenten dar. Dimbleby beschränkt sich den deutschen Angriff vom 22. Juni 1941 bis zum Stillstand des Vormarsches Anfang Dezember 1941, 30 Kilometer vor Moskau. Der Autor ist bemüht darzulegen, dass für die Wehrmacht und damit gleichzeitig für Hitlers Kriegsziele bereits zu dem Zeitpunkt und nicht erst bei Stalingrad im Januar 1943 der Wendepunkt zur Niederlage gekommen war. Dimbleby beeilt sich hinzuzufügen, dass er damit den Einsatz der Westalliierten mit der Invasion in Frankreich im Juni 1944 nicht verniedlichen wolle.

Der Autor schildert die größte Kesselschlacht des 2. Weltkriegs, die September 1941 um die ukrainische Hauptstadt Kiew stattfand. Fünf sowjetische Armeen waren von der Wehrmacht umzingelt. Dimbleby unterscheidet bei den russischen Verlusten nicht zwischen Kategorien, sondern nennt unter gefallen, verletzt, und gefangen insgesamt die Ziffer 616 000. Deutsche Gefallene gibt er für diese Schlacht mit 128 000 Mann an.

Stalin hatte seinen Befehlshabern den Rückzug, bzw. den Ausbruch aus dem Kessel verboten. 15 000 sowjetischen Soldaten gelang dennoch der Ausbruch. Als die deutschen Generäle Anfang Dezember vor Moskau nicht weiter konnten und wollten, verbot Hitler ihnen ebenso den Rückzug, den sie trotzdem vor dem Gegenschlag der Roten Armee fluchtartig und in extremer Kälte bis zu -30˚ C antreten mussten.

Massaker hinter der Front

Das extreme Schlusskapitel nach der Einkreisung von Kiew bildet unter Befehl von Reinhard Heydrich das Massaker an 33 771 Juden durch deutsche „Einsatzgruppen“ hinter der Front außerhalb der Stadt bei der Schlucht von Babi Yar. Dimbleby verweist auf angeschlagene Plakate, wonach die Juden aufgefordert wurden, sich an bestimmten Stellen zu melden. Die ukrainische Polizei hat sich an der Ausführung des Aufrufs und mit dem deutschen Sonderkommando an der Massen-Erschießung der Juden beteiligt. Der Abtransport bzw. die Vernichtung der Juden wurde in allen besetzten Gebieten durchgeführt. In Polen droht die Regierung seit vor Kurzem unter Strafe an, dass Historikern nicht erlaubt sei, über polnische Kollaborateure bei der Verfolgung und Vernichtung der Juden zu berichten.

Dimbleby schildert im Detail die diplomatischen Kontakte zwischen London und Moskau sowie zwischen London und Washington, die vom Überfall der Wehrmacht auf Russland ausgelöst wurden. Eine Empfehlung des britischen Militärbefehls an den Premier Churchill, dass die Diktaturen der Bolschewisten und der Nazis sich ruhig gegenseitig zerfleischen sollten, ohne englisches Engagement, kam bei ihrem Premier nicht an. Churchill trat mit dem US-Präsidenten Roosevelt in Verbindung, der während der ersten sechs Monate des Hitler-Feldzugs in Russland noch nicht am Krieg beteiligt war, um die Lieferung von Waffen an Stalin auf den Weg zu bringen, obwohl er (Churchill) ein erklärter Anti-Bolschewist war. Mit dem japanischen Angriff auf Pearl Harbour auf der Insel Hawai, sind die USA dann schnell in den Krieg eingestiegen.

Britische und amerikanische Militärs hielten es für möglich, dass die Wehrmacht nach ersten spektakulären Schlachterfolgen in Kürze Moskau erreichen könne. Churchill gab den Amerikanern aber deutlich zu verstehen, dass Großbritannien so gut wie kein Waffen an die Sowjets liefern könne, um selbst genügend gerüstet zu sein, um Empire-Belange im Mittelmeerraum, aber auch die britische Insel vor einer deutschen Invasion abzusichern. Vor dem Einmarsch in Russland hatte die Wehrmacht bereits die Balkan-Länder und Griechenland überrannt. Ein britisches Expeditionskorps hatte vor Ankunft der Wehrmacht Griechenland schnellstens verlassen müssen.

Stalin lässt sich nicht beraten

Ähnlich wie der Westen Anfang 2022 noch fest davon ausgegangen war, dass Putins Aufmarsch mit russischen Truppen an den Grenzen der Ukraine eher als Machtmanöver zu verstehen sei, so hielt Stalin entgegen wiederholter Warnung seines Geheim- und Nachrichtendiensts bis zum Grenzübertritt der Wehrmacht am 22. Juni 1941an seiner Überzeugung fest, dass Hitler die Sowjetunion nicht angreifen werde. Stalin hat laut Dimbleby jedoch damit gerechnet, dass früher oder später ein Krieg mit Deutschland ausbrechen werde.

Noch bevor die deutsche Heeresgruppe „Mitte“ Anfang Dezember 1941 ca 30 km vor Moskau zum Stillstand kam, hatte Stalin 210 000 Industriearbeiter sowie Fabriken aus dem Raum Moskau nach Sibirien verlagert. Neun Monate lang, ab Juli 1941, hat die Luftwaffe Moskau sporadisch bombardiert. Die Einwohner haben zuerst dicht gedrängt in U-Bahnschächten übernachtet, aber viele haben die Schutzvorkehrung bald gelassen, weil die Bombardierung nicht die Intensität erreichte wie später das Bombardement deutscher Städte durch die Alliierten.

Aus der Geschichte der wiederholt umkämpften Ukraine als Teil des Zarenreichs und der Sowjetunion lässt sich das Begehren Moskaus teilweise erklären, das Land nicht in Richtung Westen abdriften zu sehen, aber das rechtfertigt weder Krieg noch Vernichtung noch Terror. Eberhard Hofmann

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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