Von den Alpen an den Brandberg
Er hat viele Menschen gekannt, einige Orte gesehen und zahllose Geschichten gehört. Die Rede ist vom Schweizerclub Namibia, der am 19. März 2024 seinen 55. Jahrestag hatte. Doch die Zukunft des Clubs ist ungewiss. Der Zahn der Zeit nagt an dem Zusammenschluss der Eidgenossen, denn aktive Mitglieder werden selten jünger und die jüngeren selten aktiv.
Es war sicherlich ein feierlicher Abend in der Kaiserkrone, als 19 Schweizer sich unter dem Namen „Schweizerclub Windhoek“ am 19. März 1969 die Clubschaft schworen. Obwohl dies die Geburtsstunde des Vereins war, kamen zur offiziellen Gründung knapp einen Monat später 28 schweizer Freunde zusammen und besiegelten das Schicksal des umbenannten „Schweizerclub Südwestafrika“. Gründervater war Dr. Hans Walter Hartmann, ein langjähriger Journalist, der in den 1950er Jahren nach Südafrika und schließlich ins heutige Namibia ausgewandert war.
Hartmann wurde 1905 in Zürich geboren, wo er zunächst Geschichte und deutsche Literatur studierte, bevor es ihn in die weite Welt hinaustrieb. Nach Studienaufenthalten in Portugal und den USA und Promotion begann Hartmann als Auslandsredakteur für die Neue Zürcher Zeitung zu schreiben. Diese Tätigkeit brachte den Schweizer in viele Ecken des Globus und ein Jungfernflug einer niederländischen Fluggesellschaft 1947 nach Johannesburg. In den Folgejahren entschied er sich zur Auswanderung nach Südafrika. Später zog er nach Südwestafrika, wo er als Wirtschaftsredakteur der AZ sein Geld verdiente. Die Club-Gründung vollzog er mit Schweizer Kameraden, die in der Druckerei John Meinert tätig waren.
Zeit zu schwätzen
In den kommenden 55 Jahren sollten drei verschiedene Präsidentinnen und drei Präsidenten Hartmann seines Amtes beerben. Dass er dabei alle Erlebnisse, die die Clubmitglieder miteinander teilen sollten, vorhersah, ist unwahrscheinlich. In den Erinnerungen der alten Freunde kommen Kegelabende, Fastnachtsbälle und vor allem natürlich die Bundesfeiern hoch. Immer am ersten August, sofern es der namibische Kalender zeitlich zulässt, begehen die Exilanten den Feiertag ihrer Heimat. Doch eines war im Club immer am schönsten, erinnert sich Peter Hess: „Dass man einfach mal wieder so schwätzen kann, wie man’s von daheim gewohnt ist.“
Hess war von 1994 bis 2013 Präsident des Clubs. Er und seine Frau Christa kamen im Zuge einiger Reisen erstmals nach Namibia. Zurück in St. Gallen prallte die Offenheit der Weltenbummler auf die Schweizer Exaktheit. Bei der Planung ihres Traumhauses wurden dem Ingenieur und der Krankenschwester die Vorschriften zu bunt und sie entscheiden sich für die Ausreise ins heutige Namibia. Er beginnt seine Kenntnisse bei den Rössing Uranminen einzusetzen und merkt schnell, dass die beruflichen Möglichkeiten hierzulande groß sind.
Heimat bleibt Heimat
„Namibia war ein Glückstreffer. Manche meiner Kollegen in der Schweiz haben gestaunt, was ich hier unten alles machen durfte“, erinnert sich Hess. Bei der Frage, ob nun die Schweiz oder Namibia für die beiden Heimat ist, zögern Peter und Christa Hess lange, bis sie zugibt: „Also Heimat ist schon die Schweiz.“ Eine Rückkehr können sich die beiden trotzdem nicht vorstellen. „Wir würden Augen machen, so wie sich die Schweiz verändert hat“, sagt Peter Hess in seinem Wohnzimmer in Olympia, das reichlich mit Schweizer Souvenirs dekoriert ist.
2013 übergab Hess das Amt des Clubpräsidenten an Rudolf „Rudi“ Imhof, der bis heute den Schweizerclub verwaltet, allerdings nicht mehr den Titel Präsident trägt, da bei der letzten Generalversammlung kein permanentes Komitee zustande kam. Dem Club fehlt es an neuen Mitgliedern. „Für die Jugend ist das einfach zu langweilig und nicht mehr notwendig“, diagnostiziert Imhof. Die engagierten Figuren des Vereins sind teils schon verstorben. Dazu gehörte das Ehepaar Kurt und Tilly Neuenschwander, das zeitweise ein eigenes Mitteilungsblatt namens „Euses Blettly“ organisierte. Ein Ersatz für solche Leute findet sich nur schwer, obwohl Rudi Imhof betont: „Bei Interesse kann sich jeder und jede sofort melden!“
Schönes Wetter ist ausschlaggebend
Auch Rudi Imhof hat einige Winkel der Welt gesehen bevor es ihn nach Namibia verschlug. Der gelernte Gastronom kam über seinen Beruf nach Israel, Australien und Brasilien. Aber auch nach Südafrika, von wo aus er in den frühen 1990ern eine Reise nach Namibia machte. Dort lernte er eine Tourführerin kennen, mit der er heute verheiratet ist und zwei Kinder hat. Die Frage nach Heimat ist für den 78-Jährigen leicht beantwortet: „Ich bin überall daheim, wo schönes Wetter ist.“ So sei ihm auch die Entscheidung zur Auswanderung nicht schwer gefallen. Doch die Verbindung in die Schweiz ging nie verloren. Seine Tochter zog erst vor kurzem für das Studium zurück in die Schweiz.
Einer der Imhofs Beruf teilt, ist heute Schweizer Honorarkonsul in Namibia, denn hauptberuflich zuständig ist für den südafrikanischen Raum allein die Botschaft in Pretoria. Für Schweizer in Namibia ist Urs Gamma jedoch die Nummer gegen Kummer. Egal ob es um Visa, Behörden oder andere Sorgen geht, bei ihm laufen die Fäden zusammen. Auch Gammas Weg führte über Südafrika und vor allem durch den Magen. Als Besitzer des Craft Bistros und ehemaliger Inhaber des Gathemann Restaurants hat er sich in Windhoek einen Namen gemacht. „Bei uns gingen damals Minister und Botschafter ein und aus und ich kam mit allen ins Gespräch”, schwärmt Gamma über den Standort des Gathemanns neben der deutschen Botschaft.
Über die Schweizer Exilgemeinschaft sagt er: „Es kennt schon jeder jeden!” Es leben laut Gamma heute circa 250 Eidgenossen in Namibia.. Wenn eines dieser 250 Schäfchen ein Problem hat, lädt Gamma auch gern einmal zum Konsulartermin ins Bistro ein. Im Schweizerclub war er stets nur passives Mitglied. Die Gründe für den Nachwuchsmangel kann er mit dem Griff zum Smartphone klarmachen: „Dieses Ding hier hat eine ganze Menge verändert.” Wer via Fingertipp vernetzt sei, brauche keinen klassischen Club mehr. Diese Entwicklung dürfte Hans Walter Hartmann 1969 wohl nicht vorhergesehen haben.
Hartmann wurde 1905 in Zürich geboren, wo er zunächst Geschichte und deutsche Literatur studierte, bevor es ihn in die weite Welt hinaustrieb. Nach Studienaufenthalten in Portugal und den USA und Promotion begann Hartmann als Auslandsredakteur für die Neue Zürcher Zeitung zu schreiben. Diese Tätigkeit brachte den Schweizer in viele Ecken des Globus und ein Jungfernflug einer niederländischen Fluggesellschaft 1947 nach Johannesburg. In den Folgejahren entschied er sich zur Auswanderung nach Südafrika. Später zog er nach Südwestafrika, wo er als Wirtschaftsredakteur der AZ sein Geld verdiente. Die Club-Gründung vollzog er mit Schweizer Kameraden, die in der Druckerei John Meinert tätig waren.
Zeit zu schwätzen
In den kommenden 55 Jahren sollten drei verschiedene Präsidentinnen und drei Präsidenten Hartmann seines Amtes beerben. Dass er dabei alle Erlebnisse, die die Clubmitglieder miteinander teilen sollten, vorhersah, ist unwahrscheinlich. In den Erinnerungen der alten Freunde kommen Kegelabende, Fastnachtsbälle und vor allem natürlich die Bundesfeiern hoch. Immer am ersten August, sofern es der namibische Kalender zeitlich zulässt, begehen die Exilanten den Feiertag ihrer Heimat. Doch eines war im Club immer am schönsten, erinnert sich Peter Hess: „Dass man einfach mal wieder so schwätzen kann, wie man’s von daheim gewohnt ist.“
Hess war von 1994 bis 2013 Präsident des Clubs. Er und seine Frau Christa kamen im Zuge einiger Reisen erstmals nach Namibia. Zurück in St. Gallen prallte die Offenheit der Weltenbummler auf die Schweizer Exaktheit. Bei der Planung ihres Traumhauses wurden dem Ingenieur und der Krankenschwester die Vorschriften zu bunt und sie entscheiden sich für die Ausreise ins heutige Namibia. Er beginnt seine Kenntnisse bei den Rössing Uranminen einzusetzen und merkt schnell, dass die beruflichen Möglichkeiten hierzulande groß sind.
Heimat bleibt Heimat
„Namibia war ein Glückstreffer. Manche meiner Kollegen in der Schweiz haben gestaunt, was ich hier unten alles machen durfte“, erinnert sich Hess. Bei der Frage, ob nun die Schweiz oder Namibia für die beiden Heimat ist, zögern Peter und Christa Hess lange, bis sie zugibt: „Also Heimat ist schon die Schweiz.“ Eine Rückkehr können sich die beiden trotzdem nicht vorstellen. „Wir würden Augen machen, so wie sich die Schweiz verändert hat“, sagt Peter Hess in seinem Wohnzimmer in Olympia, das reichlich mit Schweizer Souvenirs dekoriert ist.
2013 übergab Hess das Amt des Clubpräsidenten an Rudolf „Rudi“ Imhof, der bis heute den Schweizerclub verwaltet, allerdings nicht mehr den Titel Präsident trägt, da bei der letzten Generalversammlung kein permanentes Komitee zustande kam. Dem Club fehlt es an neuen Mitgliedern. „Für die Jugend ist das einfach zu langweilig und nicht mehr notwendig“, diagnostiziert Imhof. Die engagierten Figuren des Vereins sind teils schon verstorben. Dazu gehörte das Ehepaar Kurt und Tilly Neuenschwander, das zeitweise ein eigenes Mitteilungsblatt namens „Euses Blettly“ organisierte. Ein Ersatz für solche Leute findet sich nur schwer, obwohl Rudi Imhof betont: „Bei Interesse kann sich jeder und jede sofort melden!“
Schönes Wetter ist ausschlaggebend
Auch Rudi Imhof hat einige Winkel der Welt gesehen bevor es ihn nach Namibia verschlug. Der gelernte Gastronom kam über seinen Beruf nach Israel, Australien und Brasilien. Aber auch nach Südafrika, von wo aus er in den frühen 1990ern eine Reise nach Namibia machte. Dort lernte er eine Tourführerin kennen, mit der er heute verheiratet ist und zwei Kinder hat. Die Frage nach Heimat ist für den 78-Jährigen leicht beantwortet: „Ich bin überall daheim, wo schönes Wetter ist.“ So sei ihm auch die Entscheidung zur Auswanderung nicht schwer gefallen. Doch die Verbindung in die Schweiz ging nie verloren. Seine Tochter zog erst vor kurzem für das Studium zurück in die Schweiz.
Einer der Imhofs Beruf teilt, ist heute Schweizer Honorarkonsul in Namibia, denn hauptberuflich zuständig ist für den südafrikanischen Raum allein die Botschaft in Pretoria. Für Schweizer in Namibia ist Urs Gamma jedoch die Nummer gegen Kummer. Egal ob es um Visa, Behörden oder andere Sorgen geht, bei ihm laufen die Fäden zusammen. Auch Gammas Weg führte über Südafrika und vor allem durch den Magen. Als Besitzer des Craft Bistros und ehemaliger Inhaber des Gathemann Restaurants hat er sich in Windhoek einen Namen gemacht. „Bei uns gingen damals Minister und Botschafter ein und aus und ich kam mit allen ins Gespräch”, schwärmt Gamma über den Standort des Gathemanns neben der deutschen Botschaft.
Über die Schweizer Exilgemeinschaft sagt er: „Es kennt schon jeder jeden!” Es leben laut Gamma heute circa 250 Eidgenossen in Namibia.. Wenn eines dieser 250 Schäfchen ein Problem hat, lädt Gamma auch gern einmal zum Konsulartermin ins Bistro ein. Im Schweizerclub war er stets nur passives Mitglied. Die Gründe für den Nachwuchsmangel kann er mit dem Griff zum Smartphone klarmachen: „Dieses Ding hier hat eine ganze Menge verändert.” Wer via Fingertipp vernetzt sei, brauche keinen klassischen Club mehr. Diese Entwicklung dürfte Hans Walter Hartmann 1969 wohl nicht vorhergesehen haben.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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