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The Duc Ngo, Spitzenkoch, in seinem Restaurant „Funky Fisch“. Foto: Britta Pedersen, dpa
The Duc Ngo, Spitzenkoch, in seinem Restaurant „Funky Fisch“. Foto: Britta Pedersen, dpa

Wenn der Gast einem stinkt

Duft-Dresscode: Gastronomen sorgen für Gesprächsstoff
Manche Restaurantchefs sagen, penetrant parfümierte Kundinnen und Kunden sollten lieber verduften. Das Geruchsthema bietet gewaltig Gesprächsstoff. Warum riechen viele Leute heute eigentlich so doll?
dpa
Von Gregor Tholl, dpa

Berlin

Puh, wie penetrant parfümiert! Vielen Leuten liegt wohl oft nur auf der Zunge, dass sie die Nase voll haben von ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Jetzt sagt ein prominenter Restaurantbetreiber offen und ehrlich, dass er findet, dass es manche Leute beim Ausgehen mit schweren, süßen Parfum-Wolken übertreiben.

Der Starkoch The Duc Ngo möchte am liebsten keine Gäste mehr in seinen Restaurants, die aufdringlich riechen. Zu starke Parfums seien in seinen Sushi- und Seafood-Restaurants unerwünscht, schrieb der Berliner Gastronom bei Instagram.

„Ich mag ja auch schöne Düfte, aber manchmal ist es einfach zu viel des Guten“, heißt es in dem Post. „Deswegen bitte ich um Rücksicht auf uns Köche und die anderen Gäste und reduziert euer Parfum, wenn ihr zu uns kommt. Danke.“

In feinen Lokalen andernorts gibt es solche Vorgaben schon länger. Das „RyuGin“ in Tokio (drei Michelin-Sterne) hat zum Beispiel neben einem Dresscode und Handy-Regeln auch ein Parfüm-Verbot. In Deutschland war es bisher wohl eher ein unausgesprochener Verhaltenskodex. Man dachte wohl, dass Leute schon von selbst darauf kommen, was andere Gäste stören und die eigenen Sinneswahrnehmungen einschränken könnte.

„Für den Besuch in einem Restaurant, in dem es ganz besonders um das Erleben von Geschmack und Geruch geht, würde ich auf das Auftragen von zu viel Parfum verzichten“, sagte etwa Raphael Reichardt, Restaurantmanager und Head Sommelier des Berliner Sternerestaurants „Tim Raue“, vor kurzem der dpa, noch vor Ngos Einlassung.

Die sogenannte No-Fragrance-Debatte, sie ist wieder da. Sie beschäftigte schon viele Bürogemeinschaften und Freundeskreise und kommt immer wieder mal auf. In den 80ern lästerten Gastronomen in den USA etwa über Patschuli-lastige Düfte oder wollten das arg intensive „Giorgio Beverly Hills“ aus ihren Lokalen verbannen.

Nun kommt die Enttabuisierung des Themas Überparfümierung hierzulande aufgefrischt an. Und Ngos Worte stoßen auf offene Ohren. Rapper Kool Savas schrieb zum Beispiel „Mega!“ drunter, Mario Barth „Yeeeeeeees“. Und Ilka Bessin, bekannt geworden als Cindy aus Marzahn, setzte zwei Daumen nach oben.

Endlich traue sich mal jemand, eine Ansage zu machen, kommentierte ein User und mutmaßte, dass vielen Menschen ihre Übergriffigkeit womöglich gar nicht bewusst sei - Motto: Heute gehen wir chic essen, da muss es besonders viel vom teuren Parfüm sein. So werde mancher Abend durch Schwaden vom Nachbartisch vermiest.

Selbst der Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel wies schon darauf hin, dass Menschen, die regelmäßig einen bestimmten Duft verwendeten, ihn sparsam auftragen sollten. Der Geruchssinn gewöhne sich schnell daran und man nehme ihn dann weniger wahr.

Im Vergleich zu manchen Tieren ist der Geruchssinn des Menschen nicht besonders ausgeprägt, auch wenn er mehr als 1 000 Gerüche unterscheiden kann wie blumig, schweißig, faulig, stechend. Die Zunge hat rund 2 000 Geschmacksknospen, die wie winzige Detektoren arbeiten. Die Grundempfindungen sind süß, sauer, salzig, bitter und die Wahrnehmung umami (herzhaft-würzig wie Glutamat, Käse, Fleisch, Eiweiße).

Alltagserfahrung und Untersuchungen bestätigen, dass Umgebungsgerüche ein umfassendes Geschmackserlebnis stark beeinflussen können. Verkürzt gesagt: Die meisten Aromen kommen aus der Nase.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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