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Uber stellt sich gegen strengere Regeln

Geschäftsführer weist vor Ausschuss auf gelungene Reformen hin
Vor einem Jahr hatten die Uber Files die rigorosen Lobbypraktiken des Unternehmens Uber aufgedeckt. Vor einem parlamentarischen Ausschuss in Frankreich betonte Geschäftsführer Khosrowshahi, Uber habe sich tiefgreifend verändert. Strengere Regeln zugunsten der Fahrer lehnt er aber ab.
Katharina Moser
Von Katharina Moser, Frankfurt

In Frankreich ist die Untersuchung des parlamentarischen Ausschusses zu Ende gegangen, der sich mit dem chaotischen Aufstieg und den dubiosen Geschäftspraktiken des Unternehmens Uber befasst hat. Wie das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) berichtete, verurteilte Uber-Geschäftsführer Dara Khosrowshahi in seiner Aussage vor dem Ausschuss Ubers aggressive Geschäftstaktiken in der Vergangenheit, hielt aber weitere Arbeitsreformen für unangebracht.

Uber (benannt nach dem englischen Germanismus uber für „über“) ist ein US-amerikanisches Dienstleistungsunternehmen mit Sitz in San Francisco. Es bietet in vielen Städten der Welt Online-Vermittlungsdienste zur Personenbeförderung an. Es wurde vielfach für seine hemmungslosen Geschäftspraktiken kritisiert. Im Jahr 2017 stufte der Europäische Gerichtshof Uber als Verkehrsdienstleister ein statt als reinen Vermittler und machte damit das ursprüngliche Geschäftsmodell zunichte. Der Dienst unterscheidet sich nun rechtlich nicht mehr wesentlich von klassischen Taxidiensten, so dass auch Uber-Fahrer eine Lizenz benötigen dürften – eine markante Niederlage für das Unternehmen.

Uber Files decken aggressive Lobbypraktiken auf

2022 waren die sogenannten Uber Files öffentlich geworden, 124 000 geleakte interne Dokumente, die Ubers aggressive Lobby-Praktiken im Zeitraum von 2013 bis 2017 aufzeigen. Die Daten zeigen, dass Uber bei seinen Expansionsbestrebungen systematisch Gesetze missachtete, Polizisten täuschte, Gewalt gegen Fahrer ausnutzte und Regierungen beeinflusste. Die Dokumente wurden der britischen Tageszeitung The Guardian zugespielt, die diese dann zusammen mit dem Internationalen Konsortium Investigativer Journalisten analysierte.

Wie das ICIJ berichtet, stand an der Spitze des Unternehmens damals Mitbegründer Travis Kalanick, der darauf drängte, die globale Vorherrschaft von Uber mit einer aggressiven Taktik zu sichern. In Frankreich versuchte er unter anderem, die Möglichkeit von Gewalt gegen Uber-Fahrer als Mittel zum Aufbau öffentlicher Unterstützung darzustellen, wie aus den durchgesickerten Daten hervorgeht. Nach Protesten von Taxifahrern hatte Frankreich Uber 2015 zunächst verboten. Wie ICIJ berichtet, zeigen die Datenleaks, dass daraufhin wohl Ubers Top-Lobbyist für Europa, Mark MacGann (der sich inzwischen als der Whistleblower der Uber Files zu erkennen gegeben hat), den damaligen aufsteigenden Regierungsminister Emmanuel Macron kontaktiert und um Hilfe gebeten hatte. Das Verbot wurde zwölf Tage später aufgehoben. Nachdem Kalanick in Ungnade gefallen war, wurde Khosrowshahi 2017 Geschäftsführer von Uber.

Geschäftsführer verweist vor Ausschuss auf gelungene Änderungen

Als Reaktion auf die Investigativrecherche zu den Uber-Files 2022 wurde in Frankreich der parlamentarische Ausschuss eingesetzt, der sich mit den besagten Geschäftspraktiken von 2013 bis 2017 befasste. Vor wenigen Tagen sagte nun Khosrowshahi vor dem Ausschuss aus – das erste Mal seit einem Statement im Juli 2022, dass sich Uber öffentlich zu der ICIJ-Recherche äußert.

In seiner Aussage gab Khosrowshahi an, dass Uber den Forderungen nach Veränderungen nachgekommen sei. „Ich bin nicht hier, um die Fehler von Uber in der Vergangenheit zu verteidigen“, sagte Khosrowshahi via Zoom, wie ICIJ berichtete. „Tatsächlich wurde ich gebeten, bei Uber einzusteigen, um fast jeden Aspekt des Geschäftsbetriebs zu verändern.“

In seiner Rede vor den Parlamentariern wiederholte Khosrowshahi laut ICIJ das Versprechen seines Unternehmens, dass es „von einer Ära der Konfrontation zu einer Ära der Zusammenarbeit übergegangen ist und die Bereitschaft gezeigt hat, sich mit früheren Gegnern wie Gewerkschaften und Taxiunternehmen an einen Tisch zu setzen und eine gemeinsame Basis zu finden“. „Uber ist heute ein völlig anderes Unternehmen, im wahrsten Sinne des Wortes“, zitiert ihn ICIJ. „Neunzig Prozent der derzeitigen Mitarbeiter wurden erst nach der Krise von 2017 eingestellt."

Uber lehnt arbeiterfreundliche Regulierungen ab

Khosrowshahi wurde auch gebeten, sich zu den neuen, von der EU-Kommission vorgeschlagenen strengeren Regeln für Gig-Economy-Unternehmen wie Uber und den Essenslieferdienst Deliveroo zu äußern. Diese sähen vor, dass die schätzungsweise 5,5 Millionen Beschäftigten solcher Plattformen in Europa als Arbeitnehmer eingestuft werden, was ihnen Zugang zu einer Reihe von Ansprüchen, vom Mindestlohn bis zum Urlaubsgeld, gewähren würde. Derzeit werden solche Arbeitnehmer als unabhängige Auftragnehmer behandelt, aber nicht alle sind nach der EU-Definition wirklich selbständig. Träten die Regeln in Kraft, läge es in Zukunft in der Verantwortung der Unternehmen zu beweisen, dass die Arbeitnehmer nicht die Schwelle erreichen, um als Arbeitnehmer zu gelten.

Während Gewerkschaften die vorgeschlagenen Richtlinien befürwortet haben, sagte Khosrowshahi laut ICIJ, dass die Uber-Fahrer und -Kuriere „Flexibilität über alles schätzen". Für Uber würden die neuen Regelungen wahrscheinlich zusätzliche Kosten in Milliardenhöhe bedeuten, und Uber hat sich gegen die Reformen positioniert.

„Ich frage mich, ob die Leute, die die Richtlinie ausgearbeitet haben, den Mitarbeitern der Plattform tatsächlich zugehört haben, denn eines versteht man in jedem einzelnen Gespräch: Unabhängigkeit ist der Kern des Wertes, den diese Art von Arbeit mit sich bringt", sagte Khosrowshahi laut ICIJ.

Auch die französische Regierung hat sich gegen die neuen Regelungen gewandt und schlägt stattdessen ein Verhandlungsmodell zwischen Uber und Arbeitsvertretern vor. Der Untersuchungsausschuss hat seine Arbeit mit Khosrowshahis Aussage nun beendet. Seine Ergebnisse sollen im Juli veröffentlicht werden.

Unterdessen hat Lobbyist und Whistleblower MacGann, der im März vor dem Ausschuss aussagte, die französische Regierung kritisiert und behauptet, Frankreich schwäche die Bemühungen der EU, Uber und seine Konkurrenten endlich zu regulieren, und wiederhole seine Fehler, wie ICIJ berichtet. „Ich bin besorgt, dass es die französische Regierung ist, die diese Verwässerung unterstützt und diese Bewegung sogar antreibt", sagte MacGann.

Mehr zu dem Thema unter www.icij.org.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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