Lichtenstrasser beantragt erneut Kaution
COVID-19-Beschränkungen und neue Beweise – Fluchtgefahr bleibt weiterhin real
Zum dritten Kautionsantrag trat Ernst Joseph Lichtenstrasser selber in den Zeugenstand, um sich und seinen Antrag zu rechtfertigen. Die Staatsanwaltschaft ist nicht überzeugt und liefert einen kritischen neuen Beweis. Lichtenstrasser möchte sich mit eigenen Beratern besprechen.
Von Stefan Noechel
Zum dritten Mal stand Ernst Joseph Lichtenstrasser gestern vor einem Richter im Obergericht in Windhoek, um eine Kaution zu beantragen. Lichtenstrasser, der angeklagt wird, am frühen Morgen des 15. April 2019 die beiden NIMT-Direktoren Eckhart Mueller und seinen Stellvertreter Heimo Hellwig auf dem NIMT-Campus nahe Arandis erschossen zu haben, stand selber im Zeugenstand, um vor der Richterin Claudia Claasen seinen Kautionsantrag zu rechtfertigen.
Im Kern geht es Lichtenstrasser darum, dass ihm durch die COVID-19-Beschränkungen und die daraus resultierenden Lockdowns der Prozess unnötig in die Länge gezogen werde. Er bemängelt auch die Vorgangsweisen der Staatsanwaltschaft und der Strafvollzugsbehörde (Namibian Correctional Services, NCS).
Lichtenstrasser sagte der Richterin, dass die Staatsanwaltschaft 104 Zeugen auf ihrer Liste habe, von denen seit Beginn des Prozesses knapp 15 Zeugen verhört wurden. Die Staatsanklägerin Antonia Verhoef erklärte darauf, dass sie nur noch ungefähr 30 Zeugen in den Stand rufen werde und nicht alle 104.
Im Kreuzverhör erklärte Verhoef der Richterin genau, welche Gerichtstage wegen der Corona-Pandemie ausgefallen seien, da die Richterin nicht die gesamten 400 Seiten der Gerichtsakte in der kurzen Zeit der Vorbereitung durchlesen konnte. Dabei gingen wegen des Lockdowns im Gefängnis gute 15 Prozesstage im vergangenen Jahr verloren. Lichtenstrasser sagte, es sei äußerst schwierig, im Gefängnis mit seinem Rechtsanwalt zu sprechen und/oder zu telefonieren. Er sei tagtäglich der Willkür der Polizisten ausgesetzt und könne sich, zum Beispiel, nicht mit einem ausländischen forensischen Experten telefonisch oder per Email beraten. Den Häftlingen sind jegliche elektronische Geräte verboten. Momentan muss seine Schwester Gabrielle als Lichtenstrassers Mittelmann fungieren.
Er sagte seinem Anwalt, Albert Titus, dass er kein Fluchtrisiko sei und mit Hilfe seiner Schwester aus Österreich könne er 15 000 Namibia Dollar für seine Kaution zahlen. Lichtenstrasser gab auch persönliche gesundheitliche Gründe und ein strapaziertes Familienverhältnis mit seiner jetzigen Frau als Grund für eine Kaution an.
Verhoef brachte ein Beispiel auf, in dem Lichtenstrasser in einem vorhergegangenen Kautionsantrag nicht die Wahrheit über eine Strafftat bekanntgemacht und/oder geleugnet habe. Sie erklärte auch, dass die neuen Beweise, die Lichtenstrassers DNA zu der in der Wüste gefundenen 9mm-Pistole unwiderlegbare Beweise seien und ihn bestimmt zur Flucht drängen könnten. Auch nannte sie die enge Verbindung zu seiner Schwester als ein mögliche Chance zur Flucht. Lichtenstrasser verneinte dies jedoch vehement.
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Allgemeine Zeitung
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