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Buch als Angebot zum Dialog

In Deutschland und Namibia sorgt die Regierungsvereinbarung zur Kolonialvergangenheit für kontroverse Debatten. Für das Erscheinen seines Buches „Namibische Gedenk- und Erinnerungsorte“ hätte der Autor Bernd Heyl daher kaum einen besser geeigneten Zeitpunkt finden können. Der 69-jährige pensionierte Pädagoge aus Groß-Gerau bei Frankfurt lädt mit seinem Buch ein zu einer Rundreise durch Namibia mit Ausflügen in die deutsche Kolonialzeit.

Heyl setzt sich mit jener dunklen Epoche schonungslos auseinander. Zwar stört der empörte Ton und stößt ab, wo er in Fingerzeigen gipfelt. Doch sollte das nicht dazu verleiten, das Buch aus der Hand zu legen. Auch wenn man mit vielem nicht übereinstimmen mag, liefert der kritische Blick Anstöße, das eigene Bild von der Vergangenheit zu überprüfen, zu erweitern und zu schärfen.

Heyl hat viele Informationen, Zitate, Fotos und andere Dokumente zusammengetragen und eine umfangreiche Liste weiterführender Literatur zusammengestellt. Ein wohltuender Beitrag zur öffentlichen Debatte, die sich weitgehend auf die Höhe deutscher Wiedergutmachung konzentriert.

In einem allgemeinen Teil skizziert er die Entwicklungen vor und während der deutschen Kolonialzeit. Dabei stellt er das rücksichtslose Konzept des Kolonialismus vor und beschreibt, wie es in Deutsch-Südwestafrika in die Praxis umgesetzt wurde. Dass der Kolonialismus in Form unfairer internationaler Wirtschaftsbeziehungen noch bis heute nachhallt, wird leider nicht deutlich. Das liegt auch daran, dass Heyl das Motiv des Siedlungsraums überbetont und die Hauptantriebskraft vernachlässigt: die Ausbeutung von Rohstoffen für die aufstrebende Industrie daheim.

In 20 Kapiteln nimmt Heyl den Leser dann mit auf eine Spurensuche vor Ort. Stationen sind nicht nur gängige Tourismusziele wie Windhoek, Okahandja, Swakopmund oder Lüderitz. Auch Orte ab der Pad wie Gibeon und Otjimbingwe werden kenntnisreich besucht.

Das Kapitel zum Waterberg dagegen, jenem Schauplatz, der im Zentrum der Diskussion um die Kolonialzeit steht, fällt enttäuschend kurz (6 Seiten) und inhaltlich flach aus. „Rückzug durch ... die wasserlose Omaheke“, „Absperrung“ des Sandfeldes, Vernichtungsbefehl von Trothas werden auf einer Seite abgehandelt. Kein Hinweis auf die Diskussion.

Vor allem: Kein Hinweis auf das Buch von Matthias Häussler „Der Genozid an den Herero“ von 2018, der das Tagebuch Von Trothas im handschriftlichen Original (!) gesichtet und methodisch sauber analysiert hat. Der auf umfangreicher Quellengrundlage auch bisher umstrittene Punkte in eine plausible Darstellung des Völkermordes aufnimmt.

Und kein Hinweis auf eine Stätte am Waterberg, die man besuchen sollte: Den History Path des privaten Lodgebetriebs Waterberg Wilderness, der zu einem der Gefechtsfelder von August 1904 und zum Ort eines der Sammellager der Rheinischen Mission für Herero von 1906 führt. Nur 8 km vom beschriebenen Rastlager des staatlichen Betreibers NWR entfernt. Und von deutschstämmigen Tourismusunternehmern aufwändig erstellt, denen das Buch generalisierend Kolonialromantik vorwirft.

Der Buchautor Heyl hat zugesichert, diesen Geschichts-Erlebnispfad in eine mögliche zweite Auflage aufzunehmen. In seinem Vorwort zeigt er sich auch offen für andere Ergänzungen und Korrekturen.

Das ist ein Angebot zu einem Dialog. Es sollte gerade von jenen Namibiern aktiv angenommen werden, die sich über einseitige Darstellungen deutscher Autoren aufregen. Die ideale Gelegenheit dazu bietet die Buchvorstellung am Dienstag, 1.2 um 19 Uhr im Goethe-Institut.

Sven-Eric Stender

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-21

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