Eine Kindheit in Namibia
Zwei Autorinnen schildern mit Liebe und Zuwendung ergreifende Alltagserfahrungen in Namibia aus jeweils unterschiedlicher Perspektive: Sylvia Schlettwein, geb. 1975 in Omaruru, Namibierin in vierter Generation. Und Anna Mandus, geboren in Deutschland, Jahrgang 1962, hat in den USA, Asien und Deutschland gelebt und sich schließlich in Namibia niedergelassen. Beide Bücher, „Katima" und „Oppi Koppi", die hintereinander in der AZ vorgestellt werden, gehören in verbindlicher Weise zusammen, da sie wesentliche, unverkennbar regionale und allgemeine Erfahrungen mit Gesellschaft, Mensch, Tier und Landschaft zum Gegenstand haben – ob auf biographischer Zeitreise durch Jugendjahre in der Region Caprivi (heute Sambesi) wie bei Sylvia Schlettwein oder auf den Routen des leichten Reiseromans mit der Autorin Anna Mandus .
Katima
„Ich bin mit der Realität der Apartheid und des Befreiungskrieges in Namibia genauso aufgewachsen wie mit der wildromantischen Schönheit der Natur im Caprivi und der liebevollen Fürsorge meiner politisch ,andersdenkenden‘ Eltern ...“ Ansprechend und lebendig schildert die Sylvia Schlettwein prägende Kindheitserlebnisse, die sie nunmehr Jahre später in der Stadtmitte Windhoeks niederschreibt: Das Chamäleon im Schwebegang; der Baobab (Affenbrotbaum), der eine Toilette in seinem fetten Stamm birgt; der verwaiste Elefantenzögling auf dem WohngrundstückM; brennende Fußsohlen auf heißem Mittagssand ... In der Grundschule unterrichten afrikaanse Lehrer in Armee-Uniform mit aufgenähtem Nachnamen auf der Brust. Und im Garten steht der in Katima Mulilo und Oshakati seinerzeit dazugehörige Standardbunker für die Familie, der zumeist als Spielhöhle der Schlettwein-Schwestern dient.
In den Kindheitheitserinnerungen, rückblickend notiert, hat eine Schilderung der Militärverhältnisse nur marginalen Platz. Deshalb sei nur kurz erwähnt, dass der Grenzkrieg – auch „low intensity warfare“ genannt – zuerst den Caprivi-Zipfel berührte, bevor die Kämpfe hauptsächlich in den namibisch-angolanischen Grenzregionen des Ovambolandes ausgetragen wurden. 1978 schlug eine Feindrakete, aus Sambia abgefeuert, in die Mannschaftsquartiere der südafrikanischen Soldaten in Katima Mulilo ein. Zehn Mann kamen ums Leben und es folgten Vergeltungsschläge nach Sambia hinein.
Bei der Vorstellung der englischen Ausgabe von „Katima“ 2023 hat die englischsprachige Moderatorin passend Sylvia Schlettweins Credo über ihre Vielsprachigkeit vorgetragen. Afrikaans gehört auch dazu. Hier ein Auszug in deutscher Übversetzung: „Ich habe persönlich keine historische Beziehung zum Englischen ... Ich träume nicht auf Englisch, ich zähle nicht auf Englisch. Aber ich schreibe meine Träume auf Englisch nieder. ... Wie andere – nicht nur afrikanische – Autoren schreibe ich in der meist publizierten Sprache in der Hoffnung auf weltweite Anerkennung. ... Aber meine Muttersprache (vernacular) ist Deutsch, die habe ich hier in Afrika von meinen Eltern erhalten, die erst in ihren Dreißigern das erste Mal Deutschland besucht haben. Wenn Englisch meiner Erzählung mehr Distanz verleiht, bringt Deutsch mich dem Lagerfeuer wieder näher. Und das brennt in den Weiten Namibias – nicht unter dem Laub eines westeuropäischen Waldes.“ Eberhard Hofmann
„Ich bin mit der Realität der Apartheid und des Befreiungskrieges in Namibia genauso aufgewachsen wie mit der wildromantischen Schönheit der Natur im Caprivi und der liebevollen Fürsorge meiner politisch ,andersdenkenden‘ Eltern ...“ Ansprechend und lebendig schildert die Sylvia Schlettwein prägende Kindheitserlebnisse, die sie nunmehr Jahre später in der Stadtmitte Windhoeks niederschreibt: Das Chamäleon im Schwebegang; der Baobab (Affenbrotbaum), der eine Toilette in seinem fetten Stamm birgt; der verwaiste Elefantenzögling auf dem WohngrundstückM; brennende Fußsohlen auf heißem Mittagssand ... In der Grundschule unterrichten afrikaanse Lehrer in Armee-Uniform mit aufgenähtem Nachnamen auf der Brust. Und im Garten steht der in Katima Mulilo und Oshakati seinerzeit dazugehörige Standardbunker für die Familie, der zumeist als Spielhöhle der Schlettwein-Schwestern dient.
In den Kindheitheitserinnerungen, rückblickend notiert, hat eine Schilderung der Militärverhältnisse nur marginalen Platz. Deshalb sei nur kurz erwähnt, dass der Grenzkrieg – auch „low intensity warfare“ genannt – zuerst den Caprivi-Zipfel berührte, bevor die Kämpfe hauptsächlich in den namibisch-angolanischen Grenzregionen des Ovambolandes ausgetragen wurden. 1978 schlug eine Feindrakete, aus Sambia abgefeuert, in die Mannschaftsquartiere der südafrikanischen Soldaten in Katima Mulilo ein. Zehn Mann kamen ums Leben und es folgten Vergeltungsschläge nach Sambia hinein.
Bei der Vorstellung der englischen Ausgabe von „Katima“ 2023 hat die englischsprachige Moderatorin passend Sylvia Schlettweins Credo über ihre Vielsprachigkeit vorgetragen. Afrikaans gehört auch dazu. Hier ein Auszug in deutscher Übversetzung: „Ich habe persönlich keine historische Beziehung zum Englischen ... Ich träume nicht auf Englisch, ich zähle nicht auf Englisch. Aber ich schreibe meine Träume auf Englisch nieder. ... Wie andere – nicht nur afrikanische – Autoren schreibe ich in der meist publizierten Sprache in der Hoffnung auf weltweite Anerkennung. ... Aber meine Muttersprache (vernacular) ist Deutsch, die habe ich hier in Afrika von meinen Eltern erhalten, die erst in ihren Dreißigern das erste Mal Deutschland besucht haben. Wenn Englisch meiner Erzählung mehr Distanz verleiht, bringt Deutsch mich dem Lagerfeuer wieder näher. Und das brennt in den Weiten Namibias – nicht unter dem Laub eines westeuropäischen Waldes.“ Eberhard Hofmann
Kommentar
Allgemeine Zeitung
Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen