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Kongobecken funktioniert anders als erwartet

Eine Heimat für seltene Arten wie Gorillas, Schimpansen und Büffel und mit über 200 Millionen Hektar größer als Alaska – das Kongobecken wird oft als eine der letzten Wildnisse der Erde bezeichnet.
Von Katharina Moser
Das Kongobecken ist der zweitgrößte Tropenwald auf dem Planeten und erstreckt sich über die sechs Länder Kamerun, die Zentralafrikanische Republik, die Demokratische Republik Kongo, die Republik Kongo, Äquatorialguinea und Gabun. Nicht nur beheimatet das Becken um die 10 000 Pflanzenarten und hunderte Säugetier-, Vogel- und Fischarten, auch misst man der Landschaft aus Flüssen, Savannen, Sümpfen und Wäldern eine wichtige Rolle in der Aufnahme und Abgabe von Treibhausgasen bei. Die Ergebnisse einer Langzeitstudie, die vor kurzem im Magazin Nature veröffentlicht wurden, zeigen nun, dass das Kongobecken ganz anders funktioniert als viele Regenwälder und sich entgegen anderer Modelle verhält.

Die mehrjährige Studie (DOI: 10.1038/s41467-022-27978-6) wurde von kongolesischen Wissenschaftlern in Zusammenarbeit mit einem internationalen Team durch die ETH Zürich durchgeführt. Die Wissenschaftler, die die Studie zwischen 2016 und 2020 durchführten, sind die ersten, die derart genaue Daten zu den Gasemissionen des Kongobeckens erhoben haben. Bisher verließen sich die Wissenschaftler auf Modelle, die aber durch die Studie widerlegt werden. Die einzigen ähnlichen Messungen wurden vor fast 60 Jahren gemacht, als die Demokratische Republik Kongo gerade erst seine Unabhängigkeit von Belgien erlangt hatte. Seitdem hat sich nicht nur die politische Lage der Republik, sondern auch die Rolle der Klimaforschung verändert.

Das Forscherteam unterschied bei seinen Messungen zwischen den drei Waldtypen Bergwälder, Sumpfwälder und Tieflandwälder. Die Forscher kommen zu einem erstaunlichen Schluss: Entgegen entwickelter Modelle entlässt das Becken Methan in die Atmosphäre und die Emissionen von Lachgas (N_2 O) sind geringer als erwartet. Bisher galten Regenwälder als Methanspeicher und Hauptquellen für den Ausstoß von Stickoxiden, so Mitautor Matti Barthel.

Hatte man das Kongobecken zuvor für einen „N_2 O-Hotspot“ gehalten, geht man nun davon aus, dass Mikroorganismen in der Erde des Waldes einen Großteil des produzierten giftigen N_2 O direkt weiter zu ungiftigem N_2 konvertieren.

Auch die Ströme von Methan verliefen anders als von Modellen vorhergesagt. In Berg- und Tieflandwäldern wird wie erwartet Methan gespeichert. In Sümpfen hingegen werden gelegentlich große Mengen des Gases ausgestoßen, und zwar bis zu 1 500 Mal mehr in der Regenzeit als in der Trockenzeit. „Die hohen Methanemissionen aus den Sumpfwäldern entstehen durch methanproduzierende Bakterien, die unter sauerstoffarmen Bedingungen im Boden leben“, erklärt der beteiligte Wissenschaftler, Matti Barthel. „Überflutung verursacht, dass kein Sauerstoff in den Boden gelangt, was das Wachstum dieser Mikroorganismen begünstigt.“ Dies sei auch der Grund, warum Sümpfe oder Reisfelder generell als große Methanquellen gelten. Im Gegensatz dazu fördere gut „durchlüfteter“ Waldboden das Wachstum von Bakterien, die Methan in ihrem Stoffwechsel verbrauchen. Deshalb sind die nicht überfluteten Wälder eine Methansenke, also Methan wird vom Waldboden aufgenommen. „Vereinfacht gesagt agiert Wasser also wie ein Schalter: Sind die Bodenporen komplett mit Wasser gesättigt, das heißt sauerstoffarm, wird Methan produziert, sind die Bodenporen hingegen gut belüftet, wird Methan konsumiert“, so Barthel.

Die dadurch verursachten Methanemissionen in Sümpfen überwiegen die Aufnahmefähigkeit der beiden anderen Waldtypen – somit wird die Speicherfähigkeit des Beckens wieder ausgeglichen, das Kongobecken ist also kein Nettospeicher, wie beispielsweise das Amazonasbecken.

Barthel zufolge sind die Erkenntnisse höchst bedeutend: „Mittels dieser Daten können Modelle verfeinert werden und somit gewinnen wir ein besseres Verständnis für Senken und Quellen von atmosphärischen Treibhausgasen.“ Umso wichtiger ist es ihm jedoch klarzustellen, dass die Forschungsergebnisse von vielen Medien falsch verstanden worden seien, die berichtet hatten, das Kongobecken sei also ein Methanemittent, der den Klimawandel womöglich verschärfe. „Das Kongobecken speichert enorme Mengen an Methan, was wir auch in der Studie zeigen. Wir sagen lediglich, dass die hohen Ausgasungen aus den Sumpfwäldern die Methanaufnahme ausgleichen könnten,“ sagt Barthel. „Dies ist aber sehr spekulativ und bedarf genauerer Messungen. Das wird im Artikel auch ausdrücklich erwähnt.“ Wie er erklärt, lagert unter dem Sumpfwald auch sehr viel Torf. Wenn man also den Sumpfwald abholzte, würde zwar kein Methan mehr ausgestoßen, das Kohlenstoffdioxid, was dadurch freigesetzt würde, sei aber „um ein Tausendfaches schlimmer“ als die Methanemissionen. „Dieses wäre uralter Kohlenstoff, der dann in die Atmosphäre gelangt.“ Methan werde auch in allen anderen Sumpfwäldern der Erde freigesetzt. „Das Kongobecken ist da nichts Besonderes in diesem Sinne.“

Gerade angesichts dieser Gasverteilungen mahnen die Verfasser der Studie, dass das Kongobecken um jeden Preis geschützt werden müsse. „Wir müssen schnellstmöglich handeln, um den Regenwald des Kongobeckens zu erhalten“, plädiert Barthel. Im Zuge des Bevölkerungswachstums im Kongo wachse das Bedürfnis nach Anbauflächen, um die Nachfrage nach Edelhölzern auf dem Weltmarkt und nach Holzkohle für den lokalen Bedarf zu decken. „Wir brauchen also schnelle Maßnahmen, um den Anbau nachhaltiger zu gestalten. Der Wald des Kongobeckens bleibt neben dem Amazonasbecken die zweitgrößte Lunge der Erde und spielt eine zentrale Rolle bei der Speicherung von Treibhausgasen. Methan und Lachgas sind nur eine Komponente dieses Systems.“

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-12-22

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