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Eröffnungsszene der Oper „Chief Hijangua“ bei der zweiten Aufführung in Windhoek.  Foto: Sven-Eric Stender
Eröffnungsszene der Oper „Chief Hijangua“ bei der zweiten Aufführung in Windhoek. Foto: Sven-Eric Stender

Teil II: Den Genozid verarbeiten – mit einer Oper?

Wazon Gastredakteur
,,It is all about working together, overcoming the past and moving forward", sagt Eslon Hindundu, Komponist und Dirigent der Oper "Chief Hijangua" zum Thema Kolonialismus und Völkermord. Diese Zusammenarbeit fand über Grenzen von Volksgruppen, Staaten und Kontinenten hinweg statt. Die Beteiligten stammen aus Namibia, Südafrika und Deutschland.

An der Entwicklung der Charaktere waren in unüblichem Ausmaß die Solisten beteiligt. Etwa bei der jungen Herero-Frau Matijua und der Missionarstochter Maria, die sich beide im Konflikt finden zwischen den Regeln ihrer Gemeinschaft und ihren Gefühlen für Hijangua, den jüngeren Sohn des Herero-Chiefs. ,,Wir haben viel diskutiert und im Laufe der Proben geändert", erklärt Regisseurin Kim Meyer.

Das gilt sogar für die Besetzung der beiden Sopran-Rollen. Natasha Ndjiharine spielte anfangs Matijua. ,,Ihre Stimme passte jedoch viel besser zu Maria", so Meyer. Die junge Regisseurin brach aus diesem Grund bewusst mit Konventionen der klassischen Oper. Matijua wurde beim erneuten Casting mit Henrike Henoch besetzt. ,,Wir haben nach einer deutschen Sopranistin gesucht, hätten bei besserer Eignung aber auch eine Namibierin oder Südafrikanerin gewählt."

Henoch und Ndjiharine sind die sich spiegelnden Gesichter der deutsch-namibischen Koproduktion auf der Bühne. Natürlich weder black- noch white-faced, lassen sie den Zuschauer über seine Vorurteile stolpern (wie auch Yonwaba Mbo als Pastor und Rheinaldt Moagi als Major). Und die Institution der Oper über eine ihrer Konventionen, Stichwort: Othello.

Orchester tanzt auf der Bühne

Gesungen wird auf OtjiHerero und Deutsch. Vor allem für Henoch eine Herausforderung. Die Zuschauer freuten sich über die englischen ,,Untertitel", die auf eine Fläche oberhalb der Bühne projiziert wurden. Ebenfalls unüblich für eine Oper. Genauso wie das Orchester (Musiker des Namibian National Symphony Orchestra), das nicht in seinem Graben, sondern im Hintergrund der Darsteller auf der Bühne saß. Bei der Hochzeits-Szene im Dorf erhoben sich einige der Musiker und tanzten am Platz mit.

Unüblich schließlich auch die afrikanischen Melodien und Rhythmen, die Komponist Hindundu einfließen lässt. In der Eröffnungsszene zitiert er das Lied ,,Ndundu yo Meva" der OvaHerero zum Waterberg, der bei ihnen Ndundu Kaondeka heißt.

Doch warum die europäische Kunstform der Oper? ,,Ich habe, wie viele Namibier, von klein auf im Chor gesungen, später Chöre dirigiert und Chorlieder komponiert", erklärt der Gründer des Chors Vox Vitae, mit dem er auch an internationalen Wettbewerben erfolgreich teilnahm. ,,Auf einer dieser Auslandsreisen habe ich eine Oper besucht und mich auf Anhieb in diese Kunstform verliebt." Schön und gut, aber spricht er damit auch afrikanischstämmige Namibier an? ,,Wir lieben Musik und das Singen, warum also nicht die Oper?", erwidert Hindundu. ,,Wir müssen sie nur kennenlernen. Und dazu will ich beitragen."

Die Kommentare der afrikanischstämmigen Besucher in der Pause und nach der Vorstellung gaben ihm Recht. Stellvertretend und zusammenfassend das Urteil von Parlamentspräsident Peter Katjavivi: ,,Amazing!", in dem vielleicht auch ein wenig Stolz mitschwang. Denn die Installation ,,They tried to bury us" seiner Tochter Isabel Tueumuna Katjavivi zum Genozid wurde (mit Hinweis im Programmheft) auf der Bühne zitiert – in Form der Gips-Masken, die in der Eröffnungsszene den Schlaf und im tragischen Finale den Tod der OvaHerero symbolisierten.

Und die Deutschstämmigen? Äußerten sich ebenfalls begeistert. Erstaunlich war vor allem ihr hoher Anteil am Publikum. Denn eigentlich sind viele der Diskussion um den Genozid müde...

Hijangua in Berlin?

Was die Messlatte für das Publikum in Deutschland unerwartet hoch legt. In einem Jahr könnte die Oper in München, vielleicht auch in Berlin aufgeführt werden. Doch das steht noch in den Sternen. Vor allem wegen noch nicht gesicherter Fördergelder.

Schon die Aufführung in Windhoek kam nur zustande, weil das Unternehmen Siemens dem Kulturprojekt mit einer hohen Fördersumme durch sein Arts Program zur Seite stand. Unterstützung gab es auch vom Auswärtigen Amt, der Deutschen Botschaft und des Goethe-Instituts sowie weiteren Sponsoren wie Bank Windhoek und Energy 100 FM.

Bleibt zu hoffen, dass Deutschland trotz Ukraine & Co die Verarbeitung seiner Vergangenheit und seine Kultur nicht vergisst. Denn Kultur, so bestätigt die Oper ,,Chief Hijangua", kann versöhnliche und zukunftsweisende Brücken schlagen.

Chief Hijangua - Besprechung von Sven-Eric Stender, Teil II

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-25

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