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Ein Gigant ist von uns gegangen: Dieter Springer. Foto: Privat
Ein Gigant ist von uns gegangen: Dieter Springer. Foto: Privat

Ein Philanthrop hat uns verlassen

Dieter Springer im Alter von 91 Jahren verstorben
Es sei eine Erlösung und für alle Beteiligten das Beste gewesen. Dieser Satz fällt

häufig, wenn ein todkranker Mensch für immer die Augen schließt und ein langer

Leidensweg endet. Es ist ein Satz, der Trost spenden will. Der den Schmerz lindern

und die Leere füllen soll, die dann von Freunden, Angehörigen und Bekannten des

Verstorbenen Besitz ergreift.



Im Falle des am 23. September verstorbenen Unternehmers, Familienvaters und

Altruisten, Dieter Springer, ist dieses Vakuum besonders groß, weil er so viele

Menschen berührt und so viele Leben bereichert hat. Davon zeugen zahlreiche

Bilder in alten Kartons, Diakästen und Foto-Alben, die alle etwas gemeinsam

haben: Sie zeigen ihn selten allein, sondern fast immer in Gesellschaft – nicht vor,

hinter, oder neben Anderen, sondern immer mitten unter ihnen.



Was die Bilder nur andeuten, ist vielleicht das, was von Dieter am meisten in

Erinnerung bleiben wird: Sein ausgeprägter Gemeinschaftssinn. Seine

Lebensfreude. Seine unkomplizierte und umgängliche Art, seine Offenherzigkeit,

Nächstenliebe und Freigiebigkeit. Die Gabe, durch sein Charisma fast nebenbei

zum Freund zu machen, wer eben noch Fremder war.



Und noch etwas dokumentieren die teilweise vergilbten Momentaufnahmen aus

seinem Leben: Sie zeigen ihn selten in prominenter Position. Er war nicht jemand,

der sich in den Vordergrund gedrängt oder nach Aufmerksamkeit und

Anerkennung gestrebt hat. Und dennoch stand er stets im Mittelpunkt, weil ihn

eine magnetische Anziehungskraft, eine natürliche Autorität, die Aura einer

Respektsperson umgab.



Vielleicht war es das, was ihn so vielen Wegbegleitern sympathisch machte. Dass

er sich nicht zu profilieren versuchte, sondern Mitmenschen durch seine

Bescheidenheit, seine Hilfsbereitschaft, sein Entgegenkommen und seinen

unverwechselbaren Humor für sich eingenommen hat. Dass er nicht berechnend

oder eigensinnig, sondern stets natürlich und authentisch wirkte.



Wer Dieter kannte, der weiß, dass er selten den Weg des geringsten Widerstands

gewählt hat und gelegentlich gegen den Strom geschwommen ist. Dass er

energisch und ungeduldig werden konnte, weil er sich so leidenschaftlich für seine

Überzeugungen eingesetzt hat. Dass ihm Prinzipien wichtiger, als Popularität

waren. Egal ob Andere stets einer Meinung mit ihm waren - sie spürten instinktiv:

Auf diesen Menschen ist Verlass, in guten und in schlechten Zeiten.



Wer sich heute an Dieter erinnert, dem fallen Begriffe wie Risikobereitschaft,

Willensstärke, Beharrlichkeit und Zielstrebigkeit ein. Dem ist vor allem eins im

Gedächtnis geblieben: Wie er sich scheinbar mühelos über Hindernisse und

Widrigkeiten aller Art hinwegsetzen konnte.



Vermutlich war es diese Eigenschaft, die ihn antrieb, im Jahre 1952 eine Stelle als

Konditor im Strand Café in Swakopmund anzunehmen und aus Deutschland ins

damalige Südwestafrika auszuwandern. Und gewiss waren es diese

Charakterzüge, die ihm ermöglicht haben, hier aus dem Nichts eine

Schokoladenfabrik aufzubauen, deren Produkte über die Landesgrenzen hinweg

bekannt und begehrt waren.



Was Dieter ausgezeichnet hat, ist jedoch nicht nur der berufliche Erfolg, sondern

vor allem sein ehrenamtliches Engagement bei zahlreichen Organisationen und

Vereinen, zu denen der Deutsche Kulturrat, die Arbeitsgemeinschaft Deutscher

Schulvereine (AGDS), die Wissenschaftliche Gesellschaft (NWG), die Deutsch-

Namibische Entwicklungsgesellschaft (DNEG), der Lions Club Windhoek und das

Projekt Lilie gehörten.



Für Manchen ist freiwillige Einsatz auch Mittel zur Selbstdarstellung. Dieter

gehörte nicht dazu. Das sagen selbst jene, die sich in diversen Vereinen mitunter

an ihm abgearbeitet und mit ihm Differenzen ausgetragen haben. Die mit ihm

Spenden gesammelt, gelacht, gestritten und beim gemeinsamen Bier wieder

versöhnt haben. Die in der Sache gelegentlich anderer Meinung waren, sich in

einem aber einig sind: Die deutschsprachige Gemeinschaft Namibias hat seinem

Organisationstalent viel zu verdanken. Wir haben von seiner Fähigkeit profitiert in

der ihm eigenen Art Kompromisse zu schmieden: Leise, gradlinig und

schnörkellos.



Viele haben noch seine Stimme im Ohr. Es war eine weiche, beruhigende Stimme.

Eine Stimme, die Geborgenheit bot. Eine Stimme, die nun auf ewig verstummt ist.

Was bleibt ist eine schreckliche Sprachlosigkeit. Eine ohrenbetäubende Stille. Ein

kollektives Schweigen, in der sich angesichts des großen Verlusts kaum Worte

finden. Aber es bleiben auch Erinnerungen. Erinnerungen an schwerelose Zeiten,

unbeschwertes Feiern und gemütliches Beisammensein.



Es wird lange dauern, bis wir, die ihn kannten, den Verlust von Dieter verwunden

haben und loslassen können. Weil er von so ungewöhnlicher Strahlkraft war und

die Welt ohne ihn so viel dunkler erscheint. Aber er war auch eine Frohnatur, die

das Leben liebte. Lasst uns, die er nun zurücklässt, deshalb nicht in tiefer Trauer

versinken, sondern sein Wirken feiern und uns freuen, dass wir ihn ein Stück des

Weges begleiten durften. Das hätte er so gewollt.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-24

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