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Einmal Namibia und zurück – als Farmeleve in der Omaheke

Einmal ganz weit weg sein und die Zeitspanne zwischen Abitur und Beginn der Ausbildung ganz woanders verbringen – das wünschen sich viele junge Menschen. Moritz Griebel aus dem Freisinger Raum bei München hat genau das getan.
Von Brigitte Weidlich

Rund neun Monate verbrachte Griebel in Namibia - in zwei verschiedenen kommunalen Gebieten bei Herero-sprechenden Familien. Seine Eindrücke schilderte der 19-Jährige mit Rasta-Locken Ende Juli kurz vor seiner Rückkehr nahe Deutschland.

„Ich wollte ins Ausland, möglichst auf einen anderen Kontinent. Afrika hatte ich zuerst nicht so im Visier“, erzählt Griebel. Über seine Mutter, die Lehrerin ist, kam mittels zwei ihrer Schüler – die Verbindungen zu Namibia haben – ein Kontakt zustande.

„Ich war vorher noch nie in Afrika und es wurde mir angeboten, das Leben auf einer Farm kennenzulernen“, sagte er unserer Zeitung. „Das fand ich spannend.“

Griebel mit den Rastas

Anfang Dezember 2022 kam er in Namibia an, verbrachte die ersten paar Tage in Windhoek und reiste dann in die Omaheke-Region. Kein geringerer als der Herero-Paramount Chef Mutjinde Katjiua hatte dem jungen Deutschen angeboten, Farmluft zu schnuppern.

„Moritz informierte mich zuvor, dass er eine Rasta-Frisur habe und fragte mich, ob er vor seiner Abreise nach Namibia die Rasta-Locken abschneiden soll“, erinnert sich Katjiua.

„Ich schrieb zurück, er solle ruhig mit den Rasta-Locken herkommen“, so Katjiua, der bis zu seinem kürzlichen Ruhestand Professor an der Universität für Wissenschaft und Technik (NUST) in Windhoek war.

Katjiua farmt bei Otjinene auf kommunalem Gebiet und Griebel wurde sogleich in die Farmarbeit eingeführt. „Ich habe unter anderem Reiten gelernt – ohne Sattel –, wie man Rinder einfängt, sie mit dem Brenneisen kennzeichnet und in der Manga (Gehege) handhabt“, erinnert sich Griebel. Auch das Melken der Kühe wurde zur Routine und er lernte die traditionelle Omaere (gesäuerte Milch) kennen.

„Auf so einer Rinderfarm gibt es jeden Tag Arbeit und viele Aufgaben zu erledigen.“ Dass ihm alle Aufgaben Spaß gemacht haben, ist nicht zu überhören.

Familie Katjiua ist manchmal nur zum Wochenende auf der Kommunalfarm. Die Woche über war Griebel mit den Arbeitern beschäftigt, die anfallenden Aufgaben auf der Farm zu erledigen und lernte viel dabei.

Kochen im Dreifuß-Topf

Auch das Schlachten und Ausnehmen der Rinder lernte er kennen, nicht unbedingt für jeden etwas. Aber Griebel war sich für nichts zu schade. Wie man auf dem offenen Feuer im Dreifuß-Topf leckere Mahlzeiten zubereitet meisterte er ebenfalls. Unter anderem auch Pap (Maisbrei).

„Ich war bis zu meiner Ankunft in Namibia schon zwei Jahre lang Vegetarier, aber ich hab mir dann gesagt, ich esse hier was auf den Tisch kommt. Fleisch ist ja ein wesentlicher Bestandteil der meisten Gerichte in Namibia“, lacht Griebel.

Ist er jetzt perfekt, was das Kochen mit dem Dreifuß-Topf betrifft? „Naja, einiges habe ich da schon gelernt, aber es gibt auf jeden Fall bessere Köche als mich.“

Der junge „Tjirumbu“ (der Hellhäutige/Weiße), der auf dem Lande auch „Moringa“ (Abwandlung von Moritz) oder Seba genannt wurde (sein zweiter Vorname ist Sebastian), manchmal auch „Goldilocks“ wegen der Rasta-Locken, hatte sich gut eingelebt.

Durch das Leben auf der Farm konnte er auch viel über die Kultur und die Traditionen der Herero-sprechenden Namibier erfahren, bei denen die Rinder eine sehr bedeutsame Rolle spielen.

Knapp drei Wochen nach seiner Ankunft auf der Farm bei Otjinene nahm Chef Katjiua ihn zu einem jährlichen großen Herero-Treffen zum Jahreswechsel nach Toasis bei Aminuis mit.

Toasis war der Amtssitz vom legendären Herero-Häuptling (Chef) Hosea Kutako, der 1970 starb und noch als junger Mann am Herero-Aufstand zwischen 1904 bis 1908 teilgenommen hatte.

„Man hat mich sehr freundlich aufgenommen und ich habe dort feierliche Zeremonien und Rituale erlebt, wie das Spucken ins Gesicht am heiligen Feuer“ erzählt Griebel. „Auch ich kam dran.“

Farmbetrieb in Erongo

Die zweite Hälfte seiner knapp neun Monate Aufenthalt verbrachte er bei einer Herero- Familie bei Omatjette in der Erongo-Region. „Da ist die Landschaft sehr anders als in Omaheke, Dürre herrscht dort, es wird mit Kleinvieh und Geflügel gefarmt“, erinnert sich der 19-Jährige. „Der Tagesablauf dort ist recht anders, ich habe auch die Hirten mit den Herden begleitet, die den ganzen Tag draußen sind, das war auch sehr interessant.“

Die Herero-Sprache I(Otjiherero) beherrscht er mittlerweile recht gut. Inzwischen ist in dieser Familie bei Omatjette ein neues Familienmitglied geboren worden, der Junge wurde nach Moritz Griebel benannt. Darüber freut sich Griebel natürlich.

Auf die Frage, ob die koloniale Vergangenheit mit Deutschland als Thema gegenwärtig war, sagt er, es habe schon Unterhaltungen gegeben, aber es sei kein Dauerthema gewesen. „Ich habe festgestellt, dass es viele verschiedene Ansichten darüber gibt“, fasst er zusammen.

Für Paramount Chef Mutjinde Katjiua war der Aufenthalt des jungen Deutschen auf seiner Farm und in Windhoek bei seiner Familie ein Akt der Versöhnung. „Nach unserer schwierigen Vergangenheit und den Geschehnissen von 1904 bis 1908 war es mir wichtig, dass diese Begegnung stattfand, auch mit seinen Eltern, die Moritz im Mai besuchten,“ sagt Katjiua.

Griebel, der jetzt in Deutschland seine Lehre als Zimmermann beginnt, wird die „freundlichen Menschen in Namibia, die wunderschönen Landschaften und das gute Essen“ vermissen. „Wiederkommen will ich auf jeden Fall“, sagt er.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-15

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