Helmut zur Strassen hat der Safari-Branche mehr Niveau verliehen
Helmut zur Strassen, geb. am 17. Februar 1929 in Frankfurt am Main, gest. am 6. Februar 2023 in Windhoek, hat die Zunft der Reiseleiter, Fremdenführer, auch genannt Tour Guides, in Namibia nachhaltig geprägt. Er hat seine Frau Alrun und aus erster Ehe zwei Kinder und Enkel hinterlassen.
In den Tagen, als die erwachende Touristikbranche im Lande sowohl für etablierte Fuhrunternehmen als auch Jungunternehmer schnellen Erfolg versprach, hat zur Strassen bereits vorgeführt, dass den Touristen, die bis heute in großer Zahl aus Übersee kommen, die Namibia, die „Afrika erleben wollen, mehr geboten werden muss als ein altes Allradfahrzeug und ein bisschen Campingausrüstung."
Niveau verlangt
Neben der selbstverständlichen Leistung der Branche wie zuverlässiger Transport und gute Unterkunft muss der Tour Guide auf alle Fälle auch zur knappen, exakten Einführung imstande sein, besondere Bereiche der Landeskunde des faszinierenden Landes Namibia anzuschneiden – sei es auf und unter dem Boden sowie in der Luft und am auffälligen Sternhimmel Namibias – also im Bereich der Fauna, Flora, Geologie vor allem Mineralogie, Astrologie samt Streifzügen in die Landesgeschichte.
Als Reiseleiter hat zur Strassen diese Ansprüche zunächst als Autodidakt aus eigenem Antrieb nicht nur vorgelebt, sondern aktiv in der Ausbildung seiner – zum Teil angehenden – Berufskollegen, den Tour Guides, weitergegeben – zuerst, 1994, bei der in Südwestafrika aktiven TASA (Tour Association of South Africa) und ab selbigem Jahr auch bei der Namibian Academy of Tourism and Hospitality (NATH), der namibischen Volkshochschule für Fremdenverkehr und Gastgewerbe. Wie war es dazu gekommen?
Eigentlich hatte Helmut zur Strassen vor, ein formales Studium für eine akademische Laufbahn anzutreten. Sein Vater war Zoologieprofessor. Die Folgen des 2. Weltkriegs hatten dies verhindert. Als 15-Jähriger war er 1944 wie andere Jugendliche noch in den Schanzeneinsatz und danach in den Volkssturm des ausblutenden NS-Regimes einberufen worden. Am 10. Mai 1945 nahmen ihn amerikanische Truppen im Böhmerwald gefangen. Mit einigen Kameraden hatte er das Glück, als 16-Jähriger bereits am 26. Mai 1945 in Passau (Niederbayern) aus der Gefangenschaft entlassen zu werden.
Volontär der Landwirtschaft
Noch im selben Jahr trat er eine Landwirtschaftslehre in Bad Soden an, die er fünf Jahre später erfolgreich abschloss. Zur Strassen arbeitete als Volontär auf zwei Bauernhöfen und wechselte 1951 dann zur Hoch- und Tiefbau-Firma Heinrich Borsch im Taunus, wo er die Grundbegriffe des Maurerhandwerks erlernte. In dieser Zeit erwähnte ein Bekannter, dass der Farmer H. Th. Forster bei Kamanjab im damaligen Südwestafrika dringend einen Verwalter suchte. Zur Strassen bewarb sich erfolgreich und trat im April die Schiffsreise nach Südwestafrika an.
Nach zwei Jahren bei Kamanjab wechselte er zu der bekannten Farm Onguma bei Namutoni, wo er zuweilen den damaligen Farmverwalter Peter Stark (der weiße Buschmann) vertrat. Danach nahm er eine Stelle, ebenfalls als Vewalter, auf der Farm Gutwohne am Omuramba Ovambo an der Roten Linie an. Ab 1959 folgten Dienstjahre bei der Fleischvermarktung in der Landesmitte und im Norden, zuerst in der Firma Unie Vleis und danach bei Karroo Vleisbeurs. Auf dem Weg zur Farmerschaft legte er jährlich zwischen 8 000 und 10 000 km zurück und lernte dabei gründlich Land und Leute kennen. Er sollte die Farmer überzeugen, ihr Vieh nach Südafrika zu liefern. Er schaffte sich eine Viehherde an und betätigte sich auch als Versicherungsagent für Prudential und Shield Insurance. Das Vieh büßte er 1960 während der Dürre und der Maul- und Klauenseuche ein.
Einstieg ins Safari-Geschäft
Aufgrund seiner Landeskenntnis baten ihn Bekannte, sie auf eine Safari zum Brandberg und der Felsmalerei Weiße Dame zu führen. Sodann wurden seine Dienste und Kenntnis von anderen Reiselustigen beansprucht, so dass er 1969 schließlich formell als Reiseleiter bei Oryx Safaris antrat, später umbenannt zu Springbok Atlas Safaris. Die damalige SWA Naturschutz- und Tourismusbehörde berief ihn 1969 zum Ehrennaturschutzwart. Die Naturschutzbehörde des unabhängigen Namibia hat das sinnvolle System berufener Ehrennaturschutzwarte ohne öffentliche Erklärung abgeschafft.
Bei folgenden Organisationen hat Helmut zur Strassen als Mitglied oder im Vorstand aktiv gedient, bzw. sein breites Wissen noch vertieft und weitergegeben: World Wildlife Fund, Namibia Environment and Wildlife Society NEWS, Geological Society of Namibia, Botanicial Society und Namibia Wissenschaftliche Gesellschaft (NWG). Als Sammler hat er Gesteine, Faustkeile, Meeresmuscheln und Briefmarken sorgfältig sortiert sowie einen Sukkulentengarten betrieben. Manche Sammlerstücke dienten als Anschauungsmaterial in den Fortbildungskursen für Reiseleiter. Zwischen 1965 und 1987 hat zur Strassen als leidenschaftlicher Fotograf sieben Bildbände mit namibischen Motiven publiziert, die seine tiefe Verbundenheit mit dem Land dokumentieren.
Mit zur Strassen hat Namibia einen führenden, mitteilsamen und dabei jovial-humorvollen Universalgelehrten verloren. Sein Ausspruch 2014: „Ich habe den gefährlichsten Beruf der Welt. Ich bin Rentner. Kein Rentner hat je überlebt.“
Eberhard Hofmann
In den Tagen, als die erwachende Touristikbranche im Lande sowohl für etablierte Fuhrunternehmen als auch Jungunternehmer schnellen Erfolg versprach, hat zur Strassen bereits vorgeführt, dass den Touristen, die bis heute in großer Zahl aus Übersee kommen, die Namibia, die „Afrika erleben wollen, mehr geboten werden muss als ein altes Allradfahrzeug und ein bisschen Campingausrüstung."
Niveau verlangt
Neben der selbstverständlichen Leistung der Branche wie zuverlässiger Transport und gute Unterkunft muss der Tour Guide auf alle Fälle auch zur knappen, exakten Einführung imstande sein, besondere Bereiche der Landeskunde des faszinierenden Landes Namibia anzuschneiden – sei es auf und unter dem Boden sowie in der Luft und am auffälligen Sternhimmel Namibias – also im Bereich der Fauna, Flora, Geologie vor allem Mineralogie, Astrologie samt Streifzügen in die Landesgeschichte.
Als Reiseleiter hat zur Strassen diese Ansprüche zunächst als Autodidakt aus eigenem Antrieb nicht nur vorgelebt, sondern aktiv in der Ausbildung seiner – zum Teil angehenden – Berufskollegen, den Tour Guides, weitergegeben – zuerst, 1994, bei der in Südwestafrika aktiven TASA (Tour Association of South Africa) und ab selbigem Jahr auch bei der Namibian Academy of Tourism and Hospitality (NATH), der namibischen Volkshochschule für Fremdenverkehr und Gastgewerbe. Wie war es dazu gekommen?
Eigentlich hatte Helmut zur Strassen vor, ein formales Studium für eine akademische Laufbahn anzutreten. Sein Vater war Zoologieprofessor. Die Folgen des 2. Weltkriegs hatten dies verhindert. Als 15-Jähriger war er 1944 wie andere Jugendliche noch in den Schanzeneinsatz und danach in den Volkssturm des ausblutenden NS-Regimes einberufen worden. Am 10. Mai 1945 nahmen ihn amerikanische Truppen im Böhmerwald gefangen. Mit einigen Kameraden hatte er das Glück, als 16-Jähriger bereits am 26. Mai 1945 in Passau (Niederbayern) aus der Gefangenschaft entlassen zu werden.
Volontär der Landwirtschaft
Noch im selben Jahr trat er eine Landwirtschaftslehre in Bad Soden an, die er fünf Jahre später erfolgreich abschloss. Zur Strassen arbeitete als Volontär auf zwei Bauernhöfen und wechselte 1951 dann zur Hoch- und Tiefbau-Firma Heinrich Borsch im Taunus, wo er die Grundbegriffe des Maurerhandwerks erlernte. In dieser Zeit erwähnte ein Bekannter, dass der Farmer H. Th. Forster bei Kamanjab im damaligen Südwestafrika dringend einen Verwalter suchte. Zur Strassen bewarb sich erfolgreich und trat im April die Schiffsreise nach Südwestafrika an.
Nach zwei Jahren bei Kamanjab wechselte er zu der bekannten Farm Onguma bei Namutoni, wo er zuweilen den damaligen Farmverwalter Peter Stark (der weiße Buschmann) vertrat. Danach nahm er eine Stelle, ebenfalls als Vewalter, auf der Farm Gutwohne am Omuramba Ovambo an der Roten Linie an. Ab 1959 folgten Dienstjahre bei der Fleischvermarktung in der Landesmitte und im Norden, zuerst in der Firma Unie Vleis und danach bei Karroo Vleisbeurs. Auf dem Weg zur Farmerschaft legte er jährlich zwischen 8 000 und 10 000 km zurück und lernte dabei gründlich Land und Leute kennen. Er sollte die Farmer überzeugen, ihr Vieh nach Südafrika zu liefern. Er schaffte sich eine Viehherde an und betätigte sich auch als Versicherungsagent für Prudential und Shield Insurance. Das Vieh büßte er 1960 während der Dürre und der Maul- und Klauenseuche ein.
Einstieg ins Safari-Geschäft
Aufgrund seiner Landeskenntnis baten ihn Bekannte, sie auf eine Safari zum Brandberg und der Felsmalerei Weiße Dame zu führen. Sodann wurden seine Dienste und Kenntnis von anderen Reiselustigen beansprucht, so dass er 1969 schließlich formell als Reiseleiter bei Oryx Safaris antrat, später umbenannt zu Springbok Atlas Safaris. Die damalige SWA Naturschutz- und Tourismusbehörde berief ihn 1969 zum Ehrennaturschutzwart. Die Naturschutzbehörde des unabhängigen Namibia hat das sinnvolle System berufener Ehrennaturschutzwarte ohne öffentliche Erklärung abgeschafft.
Bei folgenden Organisationen hat Helmut zur Strassen als Mitglied oder im Vorstand aktiv gedient, bzw. sein breites Wissen noch vertieft und weitergegeben: World Wildlife Fund, Namibia Environment and Wildlife Society NEWS, Geological Society of Namibia, Botanicial Society und Namibia Wissenschaftliche Gesellschaft (NWG). Als Sammler hat er Gesteine, Faustkeile, Meeresmuscheln und Briefmarken sorgfältig sortiert sowie einen Sukkulentengarten betrieben. Manche Sammlerstücke dienten als Anschauungsmaterial in den Fortbildungskursen für Reiseleiter. Zwischen 1965 und 1987 hat zur Strassen als leidenschaftlicher Fotograf sieben Bildbände mit namibischen Motiven publiziert, die seine tiefe Verbundenheit mit dem Land dokumentieren.
Mit zur Strassen hat Namibia einen führenden, mitteilsamen und dabei jovial-humorvollen Universalgelehrten verloren. Sein Ausspruch 2014: „Ich habe den gefährlichsten Beruf der Welt. Ich bin Rentner. Kein Rentner hat je überlebt.“
Eberhard Hofmann
Kommentar
Rolf Siemon
Schade, ein herzliches Beileid. Aber ein sehr interessantes Leben!!!