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Vom Ausland in die Selbstständigkeit

Wie eine gebürtige Namibierin sich kreativ neu erfindet
In Deutschland richtete Nicole Werner die Kulisse der ehemaligen Kultserie Lindenstraße ein. Zurück in ihrer Heimat Namibia wagt die gelernte Raumausstatterin den Sprung in die Selbstständigkeit und gründet ihr eigenes Taschen- und Klamottenlabel „Nockels". Die AZ hat sie in ihrer Werkstatt besucht.
Von Lea Dillmann Windhoek
Von Lea Dillmann Windhoek Einst wurden in dem rund 24 Quadratmeter großen Raum Konferenzen abgehalten, heute türmen sich auf den Tischen Kisten mit zusammengerollten Stoffen, Borten und Bändern in den unterschiedlichsten Farben sowie eine Reihe an antiker Sessel, die darauf warten, neu bezogen zu werden. Als Nicole Werner vor drei Jahren nach langer Zeit im Ausland auf die Farm ihrer Eltern und ihres Bruders zurückkehrte, nutzte sie den Neuanfang und startete ihre eigene Textilmarke. „Dieser Raum stand damals leer“, erinnert sich Nicole während sie ihre Werkstatt auf der Gästefarm Elisenheim durch den weißen Streifenvorhang betritt. Ihre Mutter schlug deshalb vor, sie solle doch etwas Neues daraus machen.

Inzwischen hat Nicole die alten Möbel durch Regale ersetzt, die von dem mit klassischen Plattklippen verlegten Boden bis zur Decke reichen. Ein meterhoher Spiegel lässt den Raum größer wirken. In der Mitte bilden mehrere Tische eine große Arbeitsfläche. Die frisch gestichenen Wände in Lehmfarben und einem dunklen Grauton sorgen für eine gemütliche Atmosphäre. Gleich rechts neben der Tür stehen ihre wichtigsten Stücke: eine Overlock-Maschine, mit der sich spezielle Stiche herstellen lassen. Nicole hatte sie glücklicherweise günstig auf dem Gebrauchtmarkt erstanden. Eine alte Nähmaschine von der deutschen Traditionsmarke Seiko, die für härtere Stoffe geeignet ist, sowie ein weiteres Modell aus China.

Stoffe aus aller Welt „Ich habe schon immer gerne 'gebrandet‘“, sagt die 34-Jährige sitzend und ihren Arm auf der Stuhllehne gelehnt. Bereits in ihrer Schulzeit habe sie ihre Kleidung „aufgepimpt“ und mit Stoffen ergänzt. Sie war zwölf Jahre alt, als sie an der Maschine ihrer Mutter zu nähen begann. Bis heute genieße Nicole ihre „Sewing-Skills“ („Nähkenntnisse“) und habe deshalb beschlossen, selbstständig Taschen und Kleidung zu kreieren. Jedes Teil, das sie heute fertigt, bekommt im letzten Schritt die Aufschrift „Nockels“ verpasst – der Name ihres Labels, ihr Spitzname. Ihre Mutter hatte sie, als sie noch ein Kind war, einmal gefragt, wie denn ihr Name laute. Sie müsse das schließlich wissen, für den Fall, dass sie verloren ginge. Statt mit ihrem richtigen Namen hatte Nicole damals mit „Nockels“ geanwortet. Das sei bis heute in der Familie hängen geblieben. Ihre Familie lebt bereits in zweiter Generation in Namibia. Ihr Großvater, ein Tischler aus Hamburg, sei damals nach Afrika ausgewandert. Auch ihre Großmutter stammte aus Deutschland.

Als gelernte Raumausstatterin hätte sich Nicole nach ihrer Rückkehr auf die Farm auch einen Job bei einem in Windhoek ansässigen Unternehmen suchen können. Doch sie wünschte sich mehr Flexibilität. „Mir war klar, dass ich nicht nur 21 Urlaubstage haben will“, erklärt sie. Dafür sei ihre Reiselust viel zu groß. Deshalb versuchte sie es zunächst mit der Selbstständigkeit. „Den Job, den ich heute mache, gibt es so nicht“, sagt sie schmunzelnd. Sie verwirklicht Projekte, auf die sie Lust hat. Sie näht Taschen aus Stoffen, die sie auf ihren Reisen durch Südamerika und Europa gesammelt hat. Zuletzt fand sie alte Burda-Schnittmuster ihrer Mutter. Genau zur richtigen Zeit, wie sie betont, da die 90er-Mode ja schließlich aktuell einen Comeback feiert. Ihren Tag kann sie selbst einteilen – ein weiterer Vorteil ihrer Selbstständigkeit. Nur die finanzielle Stabilität vermisst sie. Um ein garantiertes Einkommen zu haben, bepolstert sie nebenbei Möbel. Über die vergangenen drei Jahre hat sie sich so einen eigenen Kundenstamm in und um Windhoek aufgebaut.

Reine Unikate Ihre Taschen, Kissen und Kleidung vermarktet sie über die Plattform Instagram. Dort gibt sie auch Einblicke in ihren Arbeitsalltag. Bisher hat sie um die 800 Followers. „Meist schreiben mich die Leute an, wenn sie sich für ein bestimmtes Teil interessieren“, erklärt sie. Ist dieses bereits verkauft, fertige sie auch gerne eines im ähnlichen Stil. Da sie jedoch begrenzte Stoffmengen eines Musters oder einer Farbe kauft, stellt sie ausschließlich Einzelstücke her. „Das gibt jedem Produkt eine eigene Story.“ Künftig möchte sie zudem verstärkt Materialien wie Leder recyceln. Das sei nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch günstiger für sie und ihre Kunden. Gelernt hat „Nockels“ ihr Handwerk in Deutschland. Nach ihrem Schulabschluss ging sie nach Köln für eine Lehre als Raumausstatterin beim WDR, dem Westdeutschen Rundfunk. Neben den theoretischen Inhalten zu Stoffen und Nähtechniken, konnte sie dabei ihre praktischen Fähigkeiten weiterentwickeln. Gemeinsam mit ihren Kollegen war sie für die Gestaltung verschiedener Filmsets zuständig – zumindest für alles, was mit Stoff zu tun hat. „Irgendjemand muss ja die Gardinen für die Lindenstraße nähen“, berichtet sie lachend. Auch für Produktionen wie „Captain Blaubeer“ und „Die Sendung mit der Maus“ hat sie gearbeitet. Später war sie einige Jahre im Messebau tätig und verbrachte unter anderem ein Jahr in Neuseeland. „Ich finde so gut wie überall einen Job“, sagt sie. Das sei ein wesentlicher Vorteil im Handwerk, vor allem wenn man in Deutschland ausgebildet wurde.

Noch steckt sie in den Startlöchern ihrer Selbstständigkeit, erzählt Nicole, sie steht bisherallein hinter ihrem Label. Deshalb sei sie aktuell sehr beschäftigt. Gleichzeitig mache sie aber genau das besonders stolz, weil sie weiß, ganz allein sie hat es soweit gebracht. Sie könne sich aber durchaus vorstellen im kommenden Jahr zumindest jemanden für die Buchhaltung anzustellen. Dann könne sie sich voll und ganz auf die Produktion und den Kundenkontakt konzentrieren. In Namibia möchte sie vorerst bleiben. Corona habe das Reisen schwieriger gemacht. Außerdem sei es in Namibia leichter für sie, in der Textilbranche Fuß zu fassen. „Das Land ist nicht so überladen.“ Irgendwann möchte sie dann ihre eigene „Base“ aufbauen. „Oben Wohnen, unten eine Werkstatt“, beschreibt sie ihren Traum. Bis dahin wird „Nockels“ jedoch noch eine Weile in ihrem Raum bleiben.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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