MDR offenbart sein Unwissen zu Kirche und Kolonialismus
MDR offenbart sein Unwissen zu Kirche und Kolonialismus
Erst Mitte Dezember nahm das ZDF seine Kolonialismus-Doku „Imperialismus einfach erklärt“ aus der beliebten Sendereihe TerraX in der Mediathek offline, weil Simon Akstinat von der Bildungsstätte Geschichte die Redaktion darauf hingewiesen hatte, dass der in der Sendung behauptete Giftgas-Einsatz in Deutsch-Südwestafrika nie stattgefunden hat.
Nun leistete sich ein weiterer öffentlich-rechtlicher Sender mehrere Fehler in Sachen Kolonialgeschichte. Der MDR will in seinem Bericht „Bereichernde Diskussion über Kolonialismus im Kinoklub Erfurt“ die deutsche Kolonialzeit diskutieren und die evangelische Kirche anprangern, erleidet dabei aber totalen Schiffbruch.
Die Autorin des Berichts, die studierte Historikerin Melanie Lal, zitiert darin einen Teilnehmer der Podiumsdiskussion im Erfurter Kinoklub namens Israel Kaunatjike mit den Worten: „Eine Entschuldigung der evangelischen Kirche, die bereits im 15. Jahrhundert Missionare nach Afrika schickte, steht noch aus.“
Einerseits wurde die evangelische Kirche bekanntermaßen erst Anfang des 16. Jahrhunderts gegründet und hatte im anfänglichen Kampf um ihre nackte Existenz ganz andere Sorgen als in Afrika zu missionieren. Andererseits wird im Bericht nicht geklärt, wofür sich die Kirche überhaupt entschuldigen soll.
Darüber hinaus wird in dem MDR-Bericht behauptet: „Zwischen 1904 und 1908 wurden mindestens 54.000 OvaHerero und Nama systematisch ermordet.“
Die Herero, die den Ureinwohnern des heutigen Namibia, den San, gewaltsam deren Land geraubt hatten, begannen am 12. Januar 1904 einen Aufstand mit dem Aufruf „Tötet alle Deutschen!“, bei dem fast 10% aller Deutschen im Aufstandsgebiet ermordet wurden. Die deutsche Kolonialmacht schlug den Aufstand mit zahlreichen Opfern nieder. Wie die Leiterin des Nationalarchivs in der namibischen Hauptstadt Windhuk, Brigitte Lau, bereits Anfang der 1990er-Jahre feststellte, ist die genaue Zahl (oder eine Mindestzahl) der damaligen Toten jedoch völlig unbekannt, weil es weder vor 1904 noch nach 1908 Volkszählungen oder andere Statistiken im Gebiet des heutigen Namibias für die Herero gab.
Wenn der MDR nicht merkt, dass eine Kirche nicht vor ihrer Gründung missionieren kann, dubiose unwissenschaftliche Aussagen nicht hinterfragt und selbst gravierende Falschbehauptungen weiterträgt, wird er dem öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag nicht gerecht.
Die historischen Fake-News des MDR standen ein ganzes Jahr lang im Internet, die geschichtliche Aufarbeitung wurde behindert und die Kirche unrechtmäßig an den Pranger gestellt.
Als Simon Akstinat, der Leiter der Bildungsstätte Geschichte, am 20. Februar 2024 auf die Fehler hinweist, folgte nicht etwa eine Entschuldigung bei Kirche und MDR-Gebührenzahlern samt deutlicher Richtigstellung aller Fehler.
Nein, nur ein Fehler von mehreren wurde ohne Entschuldigung und ohne Nennung des Hinweisgebers knapp berichtigt.
Wie schon im Dezember beim ZDF versagen hier einmal mehr die internen Kontroll-Mechanismen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gerade beim sensiblen Thema Kolonialismus. Die bewusst oder unbewusst falsche Berichterstattung trägt zu einem Zerrbild der Kolonialzeit in der Öffentlichkeit bei und bringt sogar Menschen, die fälschlicherweise an den Pranger gestellt werden, in akute Gefahr. Das bislang friedliche Zusammenleben der deutschstämmigen Namibier mit den anderen Bevölkerungsgruppen des südwestafrikanischen Landes wird durch die aktuelle sehr lücken- und fehlerhafte Berichterstattung in Deutschland immer konfliktreicher.
Von Simon Akstinat - Bildungsstätte Geschichte
(Bericht gemäß einer Pressemitteilung der Internationalen Medienhilfe, IMH. Akstinat ist ein deutscher Autor und Fotograf und war von 2015 bis 2022 Chefredakteur der Jüdischen Rundschau in Berlin. Er publiziert Bücher, Hörbücher und Bildbände zu verschiedenen Themen.)
Quellenangabe:
https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/naechste-afrika-blamage-bei-den-oeffentlich-rechtlichen-zdf-loescht-giftgas-lueg-86442616.bild.html
https://www.mdr.de/kultur/kino-und-film/kolonialismus-erfurt-diskussion-vermessene-mensch-100.html
www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/mrwissen2go-und-namibia-zdf-muss-beitrag-korrigieren-19393263.html
https://twitter.com/LeutweinsG/status/1766418578327175600
Erst Mitte Dezember nahm das ZDF seine Kolonialismus-Doku „Imperialismus einfach erklärt“ aus der beliebten Sendereihe TerraX in der Mediathek offline, weil Simon Akstinat von der Bildungsstätte Geschichte die Redaktion darauf hingewiesen hatte, dass der in der Sendung behauptete Giftgas-Einsatz in Deutsch-Südwestafrika nie stattgefunden hat.
Nun leistete sich ein weiterer öffentlich-rechtlicher Sender mehrere Fehler in Sachen Kolonialgeschichte. Der MDR will in seinem Bericht „Bereichernde Diskussion über Kolonialismus im Kinoklub Erfurt“ die deutsche Kolonialzeit diskutieren und die evangelische Kirche anprangern, erleidet dabei aber totalen Schiffbruch.
Die Autorin des Berichts, die studierte Historikerin Melanie Lal, zitiert darin einen Teilnehmer der Podiumsdiskussion im Erfurter Kinoklub namens Israel Kaunatjike mit den Worten: „Eine Entschuldigung der evangelischen Kirche, die bereits im 15. Jahrhundert Missionare nach Afrika schickte, steht noch aus.“
Einerseits wurde die evangelische Kirche bekanntermaßen erst Anfang des 16. Jahrhunderts gegründet und hatte im anfänglichen Kampf um ihre nackte Existenz ganz andere Sorgen als in Afrika zu missionieren. Andererseits wird im Bericht nicht geklärt, wofür sich die Kirche überhaupt entschuldigen soll.
Darüber hinaus wird in dem MDR-Bericht behauptet: „Zwischen 1904 und 1908 wurden mindestens 54.000 OvaHerero und Nama systematisch ermordet.“
Die Herero, die den Ureinwohnern des heutigen Namibia, den San, gewaltsam deren Land geraubt hatten, begannen am 12. Januar 1904 einen Aufstand mit dem Aufruf „Tötet alle Deutschen!“, bei dem fast 10% aller Deutschen im Aufstandsgebiet ermordet wurden. Die deutsche Kolonialmacht schlug den Aufstand mit zahlreichen Opfern nieder. Wie die Leiterin des Nationalarchivs in der namibischen Hauptstadt Windhuk, Brigitte Lau, bereits Anfang der 1990er-Jahre feststellte, ist die genaue Zahl (oder eine Mindestzahl) der damaligen Toten jedoch völlig unbekannt, weil es weder vor 1904 noch nach 1908 Volkszählungen oder andere Statistiken im Gebiet des heutigen Namibias für die Herero gab.
Wenn der MDR nicht merkt, dass eine Kirche nicht vor ihrer Gründung missionieren kann, dubiose unwissenschaftliche Aussagen nicht hinterfragt und selbst gravierende Falschbehauptungen weiterträgt, wird er dem öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag nicht gerecht.
Die historischen Fake-News des MDR standen ein ganzes Jahr lang im Internet, die geschichtliche Aufarbeitung wurde behindert und die Kirche unrechtmäßig an den Pranger gestellt.
Als Simon Akstinat, der Leiter der Bildungsstätte Geschichte, am 20. Februar 2024 auf die Fehler hinweist, folgte nicht etwa eine Entschuldigung bei Kirche und MDR-Gebührenzahlern samt deutlicher Richtigstellung aller Fehler.
Nein, nur ein Fehler von mehreren wurde ohne Entschuldigung und ohne Nennung des Hinweisgebers knapp berichtigt.
Wie schon im Dezember beim ZDF versagen hier einmal mehr die internen Kontroll-Mechanismen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gerade beim sensiblen Thema Kolonialismus. Die bewusst oder unbewusst falsche Berichterstattung trägt zu einem Zerrbild der Kolonialzeit in der Öffentlichkeit bei und bringt sogar Menschen, die fälschlicherweise an den Pranger gestellt werden, in akute Gefahr. Das bislang friedliche Zusammenleben der deutschstämmigen Namibier mit den anderen Bevölkerungsgruppen des südwestafrikanischen Landes wird durch die aktuelle sehr lücken- und fehlerhafte Berichterstattung in Deutschland immer konfliktreicher.
Von Simon Akstinat - Bildungsstätte Geschichte
(Bericht gemäß einer Pressemitteilung der Internationalen Medienhilfe, IMH. Akstinat ist ein deutscher Autor und Fotograf und war von 2015 bis 2022 Chefredakteur der Jüdischen Rundschau in Berlin. Er publiziert Bücher, Hörbücher und Bildbände zu verschiedenen Themen.)
Quellenangabe:
https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/naechste-afrika-blamage-bei-den-oeffentlich-rechtlichen-zdf-loescht-giftgas-lueg-86442616.bild.html
https://www.mdr.de/kultur/kino-und-film/kolonialismus-erfurt-diskussion-vermessene-mensch-100.html
www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/mrwissen2go-und-namibia-zdf-muss-beitrag-korrigieren-19393263.html
https://twitter.com/LeutweinsG/status/1766418578327175600
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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