Parallelen zwischen dem 22. Juni 1941 und dem 24. Februar 2022
Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg ist mehrfach an das Jahr 1941 erinnert worden, als die Wehrmacht die Grenzen zur Sowjetunion überschritt, was in der Geschichtsschreibung gemeinhin als „Überfall“ bezeichnet wird. Dabei gibt es genügend Beweise dafür, dass die Rote Armee im Juni 1941 bereits einen riesigen Truppenaufmarsch vollzogen hatte, um das Deutsche Reich anzugreifen, welches die sowjetischen Pläne dann mit diesem Präventivschlag vorerst zunichte machte. Ein vor 20 Jahren verstorbener Onkel von mir, der zu den ersten deutschen Soldaten gehörte, die am 22. Juni 1941 in die UdSSR eindrangen, hat später stets erzählt, sie hätten damals gestaunt, auf wieviel feindliches Kriegsmaterial man beim Vormarsch unmittelbar hinter der Grenze gestoßen sei, so dass der Eindruck entstand, man sei der Roten Armee gerade noch zuvorgekommen.
Leider kommen in den Medien fast nur Verfechter der deutschen Angriffsthese zu Wort, die sich auf die angeblich alleingültigen Forschungsergebnisse der Geschichtswissenschaft berufen. Tatsächlich aber wird seit Jahrzehnten unter deutschen und russischen Historikern um dieses Thema gerungen, und so kann man die These vom Präventivkrieg keineswegs nur als „Mythos rechtsgerichteter und antikommunistischer Kreise“ verwerfen, wie es oft getan wird. Als erster Nicht-Deutscher vertrat ausgerechnet der ehemalige sowjetische Geheimdienstoffizier Viktor Suworow in einem Buch eine konträre Ansicht dazu, aber auch die russischen Militärhistoriker Waleri Danilow, Wladimir Neweschin, Michail Meltjuchow und Boris Sokolow haben nachgewiesen, dass Deutschland 1941 einem Angriff der Sowjetunion wenige Tage zuvorkam. Ebenso hat der polnischstämmige Historiker Bogdan Musial in einem umfangreichen Werk zahlreiche Belege dafür vorgelegt, und schließlich veröffentlichte der ehemalige Generalmajor der Nationalen Volksarmee der DDR und von 1985 bis 1990 letzte Kommandeur der 3. Luftverteidigungsdivision, Bernd Schwipper, 2015 ein bahnbrechendes Buch mit dem Titel „Deutschland im Visier Stalins – Der Weg der Roten Armee in den Europäischen Krieg und der Aufmarsch der Wehrmacht 1941 – Eine vergleichende Studie anhand russischer Dokumente“, in dem er die These vom Präventivschlag wissenschaftlich untermauerte. Schwipper konnte nämlich während seines Studiums an der Generalstabsakademie in Moskau Quellenmaterial einsehen, das westlichen Forschern damals nicht zugänglich war, und so ist es erfreulich, dass hier ein fundiertes Werk vorliegt, das zu einem anderen, nicht politisch korrekten Ergebnis gelangt als die gängige und gebetsmühlenartig wiederholte Behauptung vom deutschen Einfall in die Sowjetunion. Zwar ist nicht damit zu rechnen, dass die Geschichtsbücher nun einer Revision unterzogen werden, denn was nicht sein darf, kann ja nicht sein. Überdies müssen diejenigen, die sich die hier unterbreiteten Thesen zu eigen machen, befürchten, sofort in die rechte Ecke gestellt zu werden, weil man ihnen letztlich eine Verharmlosung nationalsozialistischer Verbrechen vorwirft, wovor natürlich viele zurückschrecken, denn jeder angesehene Historiker würde damit seine weitere Karriere gefährden und zur persona non grata erklärt.
Tatsache aber ist, dass der sowjetische Verteidigungsminister Timoschenko am 11. Juni 1941 anordnete, die westlichen Militärbezirke des Landes sollten am 1. Juli zur Durchführung von Angriffsoperationen bereit sein, da er glaubte, die Wehrmacht werde in jenen Tagen zur Offensive gegen Großbritannien schreiten und sei dann im Osten geschwächt. Als die Deutschen am 22. Juni dennoch im Osten zuschlugen, bemerkte Stalin gegenüber Generalstabschef Schukow: "Warum verspäten wir uns immer?" Und hier nun bieten sich Parallelen zum 24. Februar 2022 an, wie auch immer man das beurteilen mag...
Wolfgang Reith
Leider kommen in den Medien fast nur Verfechter der deutschen Angriffsthese zu Wort, die sich auf die angeblich alleingültigen Forschungsergebnisse der Geschichtswissenschaft berufen. Tatsächlich aber wird seit Jahrzehnten unter deutschen und russischen Historikern um dieses Thema gerungen, und so kann man die These vom Präventivkrieg keineswegs nur als „Mythos rechtsgerichteter und antikommunistischer Kreise“ verwerfen, wie es oft getan wird. Als erster Nicht-Deutscher vertrat ausgerechnet der ehemalige sowjetische Geheimdienstoffizier Viktor Suworow in einem Buch eine konträre Ansicht dazu, aber auch die russischen Militärhistoriker Waleri Danilow, Wladimir Neweschin, Michail Meltjuchow und Boris Sokolow haben nachgewiesen, dass Deutschland 1941 einem Angriff der Sowjetunion wenige Tage zuvorkam. Ebenso hat der polnischstämmige Historiker Bogdan Musial in einem umfangreichen Werk zahlreiche Belege dafür vorgelegt, und schließlich veröffentlichte der ehemalige Generalmajor der Nationalen Volksarmee der DDR und von 1985 bis 1990 letzte Kommandeur der 3. Luftverteidigungsdivision, Bernd Schwipper, 2015 ein bahnbrechendes Buch mit dem Titel „Deutschland im Visier Stalins – Der Weg der Roten Armee in den Europäischen Krieg und der Aufmarsch der Wehrmacht 1941 – Eine vergleichende Studie anhand russischer Dokumente“, in dem er die These vom Präventivschlag wissenschaftlich untermauerte. Schwipper konnte nämlich während seines Studiums an der Generalstabsakademie in Moskau Quellenmaterial einsehen, das westlichen Forschern damals nicht zugänglich war, und so ist es erfreulich, dass hier ein fundiertes Werk vorliegt, das zu einem anderen, nicht politisch korrekten Ergebnis gelangt als die gängige und gebetsmühlenartig wiederholte Behauptung vom deutschen Einfall in die Sowjetunion. Zwar ist nicht damit zu rechnen, dass die Geschichtsbücher nun einer Revision unterzogen werden, denn was nicht sein darf, kann ja nicht sein. Überdies müssen diejenigen, die sich die hier unterbreiteten Thesen zu eigen machen, befürchten, sofort in die rechte Ecke gestellt zu werden, weil man ihnen letztlich eine Verharmlosung nationalsozialistischer Verbrechen vorwirft, wovor natürlich viele zurückschrecken, denn jeder angesehene Historiker würde damit seine weitere Karriere gefährden und zur persona non grata erklärt.
Tatsache aber ist, dass der sowjetische Verteidigungsminister Timoschenko am 11. Juni 1941 anordnete, die westlichen Militärbezirke des Landes sollten am 1. Juli zur Durchführung von Angriffsoperationen bereit sein, da er glaubte, die Wehrmacht werde in jenen Tagen zur Offensive gegen Großbritannien schreiten und sei dann im Osten geschwächt. Als die Deutschen am 22. Juni dennoch im Osten zuschlugen, bemerkte Stalin gegenüber Generalstabschef Schukow: "Warum verspäten wir uns immer?" Und hier nun bieten sich Parallelen zum 24. Februar 2022 an, wie auch immer man das beurteilen mag...
Wolfgang Reith
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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