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Die AZ im Gespräch mit dem Deutschen Botschafter Herbert Beck

Stefan Noechel
Morgen (1. Juli) reist der deutsche Botschafter in Namibia, Herbert Beck, mit seiner Frau Ulrike zurück nach Deutschland. Fast drei der vier Jahre seiner Amtszeit wurden durch die Corona-Pandemie geprägt. Zu den Höhepunkten und Herausforderungen seiner Tätigkeit in Namibia befragte ihn der freischaffende Journalist Sven-Eric Stender.

SES: Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Entwicklungen, Aktivitäten und Projekte der Botschaft während Ihrer Amtszeit?

HB: Zunächst: Die deutsch-namibischen Beziehungen halten sich glücklicherweise nicht an Amtszeiten von Botschaftern. Die gemeinsam vereinbarten Projekte etwa im Rahmen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit, die seit der Unabhängigkeit mittlerweile einen Umfang von rund 1,6 Milliarden Euro erreicht haben, gehen weiter. Die wichtigste neue Entwicklung während meiner Zeit war sicherlich das Projekt zur Gewinnung von grünem Wasserstoff (GH2) in Namibia. Im Bereich der Kultur bildete die namibische Oper 'Chief Hijangua' einen Höhepunkt, die im vergangenen September in Windhoek Premiere hatte und nun auch in Berlin aufgeführt wird. Erwähnen möchte ich – stellvertretend für die zahllosen deutschen privaten Initiativen – das Projekt Städtepartnerschaften der Deutsch-Namibischen Gesellschaft, das die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und dadurch vor allem auch die Kontakte zwischen Menschen nachhaltig fördern möchte. Ermutigend war auch das große Interesse junger Namibierinnen und Namibier an der von der GIZ [Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit; d. Red.] unterstützten 'AfricanSkills' zur Förderung der afrikaweiten Entwicklung von Berufsausbildung in Swakopmund. Berufliche Fachkenntnisse sind sicherlich ein wesentlicher Schlüssel zur Verringerung der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Namibia.

SES: Mitte Mai 2021 paraphierten die Sonderbeauftragten Deutschlands und Namibias die so genannte Joint Declaration zur deutschen Kolonialzeit und einer Wiedergutmachung für die Nachkommen der damals betroffenen Volksgruppen. Vor allem in Namibia, aber auch in Deutschland löste diese Gemeinsame Erklärung, auch als Versöhnungsabkommen bezeichnet, kontroverse Debatten aus. Wie haben sich Abkommen und Debatte auf die Arbeit der Botschaft ausgewirkt?

HB: Im Gegensatz zu meinem Vorgänger war ich ja nicht mehr Teil des Verhandlungsteams. Das war meiner Ansicht nach eine gute Entscheidung. Die Gemeinsame Erklärung ist vornehmlich eine Angelegenheit zwischen den Hauptstädten. Als Botschafter bin ich natürlich Vertreter der deutschen Regierung, gleichwohl wirke ich in erster Linie im Lande. Insofern habe ich eine andere Funktion als etwa die zuständigen Kolleginnen und Kollegen des Auswärtigen Amts in Berlin.

Die Paraphierung der Erklärung hat die Arbeit der Botschaft nicht grundsätzlich verändert. Ich stehe selbstverständlich im Kontakt mit verschiedenen Vertretern von OvaHerero und Nama, die sich an uns wenden. Die Unterstützung der Neugestaltung der Maharero-Gräber in Okahandja durch Mittel des Auswärtigen Amts ist ein aktuelles Beispiel der Zusammenarbeit. Wir sind natürlich auch für Abgeordnete des Deutschen Bundestags da. Die Begleitung der Reise der Parlamentariergruppe Südliches Afrika des Deutschen Bundestags nach Lüderitz, einschließlich Shark Island (Haifischinsel), und Keetmanshoop im Oktober 2022 diente dazu, dass sich die Abgeordneten selbst einen Eindruck vom Stand der Beziehungen und der Gemeinsamen Erklärung machen konnten.

SES: Worin sehen Sie bis heute die wichtigsten Knackpunkte für die abschließende Unterzeichnung des Abkommens?

HB: Ich würde nicht von Knackpunkt sprechen, ich sehe aber, dass die namibische Seite ihren Diskussionsprozess noch nicht abgeschlossen hat.

SES: Wie schätzen Sie die Chancen für einen baldigen Abschluss ein?

HB: Die Chancen bestehen. Deutschland ist bereit zu unterschreiben und mit der Implementierung der zugesagten 1,1 Milliarden Euro zu beginnen.

SES: Fast ein Dreiviertel Ihrer Amtszeit war geprägt von der Corona-Krise. Was waren die größten Herausforderungen, die sich daraus ergaben?

HB: Im April 2020 war die große Herausforderung die Rückführung der deutschen Staatsangehörigen und Bürger anderer Staaten. Vorbereitungen zu treffen, die Fluglisten zusammenzustellen, die Menschen überhaupt zu erreichen und zum Flughafen zu bringen – das war schon eine Mammutaufgabe, die die Kolleginnen und Kollegen der Botschaft mit Bravour bewältigt haben. Danach kamen medizinische und andere Unterstützungsleistungen, einschließlich Impfstoffe.

Für unsere Arbeit bedeutete die Pandemie eine grundlegende Umstellung. Ein Teil der Mitarbeiter arbeitete von zuhause aus, ein Teil war anwesend, um einerseits den Botschaftsbetrieb aufrechtzuerhalten und andererseits maximalen Schutz der Mitarbeiter zu gewährleisten.

SES: Mussten wichtige Vorhaben verschoben oder ganz gestrichen werden – und wenn ja, welche?

HB: Die gesamte Zusammenarbeit wurde ausgebremst. Beispiele sind die Evaluierung von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit, die Kooperation im Kulturbereich und zwischen unseren Universitäten. Direkte Kontakte zur Regierung waren stark eingeschränkt. Und unsere Konsularabteilung hat monatelang praktisch keine Visa ausgestellt.

Andererseits erhielt die Kooperation in Bereichen wie Gesundheit und Naturschutz durch Notmaßnahmen einen Schub. Viele haben noch die Bilder im Kopf von den Antonov-Transportmaschinen, die im Juli 2021 in Namibia landeten, randvoll mit Hilfsgütern aus Deutschland. Der ausbleibende Tourismus führte zu schwierigen Lagen vor allem in den kommunalen Hegegebiete, die plötzlich keine Einnahmen mehr hatten. Hier half Deutschland den zuständigen Stellen, um die Gemeinden durch diese kritische Zeit zu bringen.

SES: Ein weiteres großes Projekt, das während Ihrer Amtszeit aus der Taufe gehoben wurde, ist die geplante Produktion von Grünem Wasserstoff in Namibia...

HB: Ja, das ist ein spannendes Thema. Als erstes Land unterzeichnete Deutschland, in Person der damaligen Ministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, im August 2021 eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit mit Namibia und stellte 40 Millionen Euro bereit, mit denen mittlerweile vier Pilotprojekte und Stipendien finanziert werden. Im Dezember 2022 besuchte der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, Namibia und stellte klar, dass Deutschland Interesse am Kauf von GH2 habe, es aber zunächst um bezahlbare erneuerbare Energie für Namibia gehe, als Grundlage für die Industrialisierung des Landes und zur Schaffung dringend benötigter Arbeitsplätze. Ende Mai wurde nun die Umsetzungsvereinbarung zwischen der namibischen Regierung und Hyphen Hydrogen zum Bau der GH2-Anlagen südlich von Lüderitz unterzeichnet. Ein Projektvorhaben von weltweiter Bedeutung.

SES: Hat die deutsche Botschaft während Ihrer Amtszeit an Bedeutung gewonnen – im Vergleich zu deutschen Vertretungen in anderen Ländern der Region und weltweit? Wenn ja, in welcher Hinsicht?

HB: Die deutsche Botschaft in Windhoek hat immer eine besondere Bedeutung gehabt, weil uns die Geschichte mit Namibia verbindet. Zudem leben rund 20 000 Deutschstämmige im Lande, wie auch viele Namibierinnen und Namibier mit engen Beziehungen zu Deutschland, etwa die so genannten DDR-Kinder. Wir haben also eine Breite an Beziehungen und gemeinsamen Themen, die in dieser Weise wohl nur mit wenigen anderen Ländern existiert.

SES: Sie sind vor vier Jahren in Namibia mit bestimmten Erwartungen und Vorstellungen eingetroffen. Was hat Sie am meisten überrascht?

HB: Die Freundlichkeit und Zugewandtheit der Menschen. Das gilt übrigens auch für Vertreter der OvaHerero und Nama, die im persönlichen Kontakt hart in der Sache, aber stets zuvorkommend im Umgang waren.

SES: Morgen am 1. Juli steigen Sie in den Flieger. Was aus Namibia werden Sie in Deutschland am meisten vermissen?

HB: Trotz aller Naturschönheiten: die Menschen. Ich denke speziell an die jungen Namibierinnen und Namibier, die ich in der Basketball Artist School in Katutura (die seit Jahren aus Deutschland unterstützt wird; d. Red.) kennengelernt habe. Sie stammen aus oft sehr schwierigen Verhältnissen und hatten keinen einfachen Start ins Leben. Man merkt aber, wie sie aktiv kämpfen, um ihren Platz im Leben und in diesem Land zu finden. Sie werden mir und meiner Frau fehlen.

SES: Worauf freuen Sie sich in Deutschland am meisten?

HB: Das sind auch wieder Menschen (lacht). Unsere beiden Söhne leben in München und Brüssel. Wir freuen uns, ihnen wieder näher zu sein. Das Zweite ist das Kulturangebot in Berlin, vor allem, was Jazz angeht.

SES: Mit Ihrer Amtszeit in Namibia endet auch Ihr Berufsleben. Was haben Sie sich für Ihren Ruhestand vorgenommen?

HB: Nichts Konkretes bisher. Wir haben jetzt zwölf Jahre im Ausland gelebt und möchten erstmal einfach wieder in Deutschland ankommen. Meine Frau wird sicherlich weiter Deutsch als Fremdsprache unterrichten und ich werde sicherlich auch Möglichkeiten für ein sinnvolles Engagement finden.

SES: Würden Sie gern von sich aus noch etwas erwähnen?

HB: Ja, gern. Meine Hoffnung und Erwartung ist, dass Deutschland und Namibia sich in Zukunft weiter aufeinander zubewegen. Alle sind aufgefordert, Deutsche wie Namibier, an der gemeinsamen Zukunft zu arbeiten. Es gibt so viele Möglichkeiten und Ansatzpunkte.

SES: Vielen Dank für das Gespräch.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-12-26

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