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Aachen-Trainer Hyballa: "Ich werde versuchen, alles raus zu kitzeln"

Alemannia Aachen hat einen neuen Cheftrainer. Der 34-jährige Peter Hyballa wird Nachfolger von Michael Krüger und ist somit der jüngste Trainer im deutschen Profi-Fußball.
Der 34-jährie Fußballlehrer war zuletzt für die A-Junioren des Bundesligisten Borussia Dortmund verantwortlich und sollte zur neuen Saison ursprünglich Rot-Weiss Essen übernehmen. Doch an der Hafenstraße gingen die Lichter aus, RWE musste aus der viertklassigen Regionalliga zwangsabsteigen.
Der gebürtige Bocholter, der einst den namibischen Erstligisten Ramblers FC trainierte, unterschrieb in Aachen einen Zweijahresvertrag. Andreas Shiyoo sprach für die AZ mit dem ehrgeizigen Trainer über seine neuen Ziele bei der Alemannia, seine Zukunftspläne und die Entwicklung im namibischen Fußball.

AZ: Guten Tag Herr Hyballa. Erklären Sie uns doch, wie es zu der überraschenden Verpflichtung kam?

P. Hyballa: Kurz nach dem Lizenzentzug von Rot-Weiss Essen habe ich sofort gesagt, dass ich die Mannschaft nicht weiter trainieren möchte und so war ich frei auf dem Markt - was auch medial verkauft wurde - und dann einen Tag später hat mich Aachens Sportdirektor Erik Meijer angerufen und zu einem Gespräch eingeladen.

AZ: Ihr Sportdirektor Eric Meijer sagte, er habe einen Trainer gesucht, der zur Alemannia passe. Das treffe auf Sie zu 100 Prozent zu. Was verkörpert denn der Trainer Peter Hyballa? Erklären Sie mal Ihr Geheimnis.

P. Hyballa: Ich hab kein Geheimnis. Ich bin so wie ich bin - dass wichtigste bei mir ist die Trainingsarbeit, wo wir viele Sachen entwickeln und richtig hart arbeiten. Wir versuchen viel mit variantenreichen Spielformen zu arbeiten, wo wir dass Spiel kopieren. Ich versuche eine gewisse Trainer-Grammatik vorzugeben, die die Spieler im Wettspiel ausfüllen müssen. Ich bin sehr pedantisch und akribisch in der Trainingsarbeit und versuche, meinen Job leidenschaftlich auszufüllen.

AZ: Also ein Trainer-Typ wie José Mourinho?

P. Hyballa: Also ich würde mich nicht mit Mourinho vergleichen wollen, dann wäre ich größenwahnsinnig - ich bin Hyballa - dazu sieht er mit Sakko und Hemd auch besser aus als ich(lacht).

AZ: Ursprünglich war mit Borussia Dortmund eine Zusammenarbeit bis 2011 geplant. Was hat Sie letztlich zu diesem überraschenden Schritt bewegt, den BVB vorzeitig zu verlassen?

P. Hyballa: Ich glaube, ich brauchte einfach einen neuen Reiz - ich kenne alles im Nachwuchsbereich, jeden Trainer, jedes Turnier, jeden Nebenplatz - habe leider nur den deutschen Vize-Titel geholt, obwohl ich unbedingt Meister werden wollte. Aber ich wollte einfach etwas Neues machen und deshalb unbedingt in den Seniorenfußball. Dies habe ich dann den BVB-Verantwortlichen Lars Ricken und Michael Zorc mitgeteilt und die beiden haben klasse reagiert und meine Entscheidung auch verstanden.

AZ: Laut offiziellen Meldungen heißt es, dass nach intensiven Gesprächen mit Borussias sportlicher Leitung ein hundertprozentiges Engagement nicht mehr möglich war. Was heißt das im Klartext?

P. Hyballa: Ich mache alles nur 100-prozentig. Ich möchte meine Arbeit nicht mit halben Herzen machen, sondern nur wenn ich voll dahinter stehe. Auch wenn Borussia Dortmund ein toller Klub ist - ich hätte nicht mehr zu 100 Prozent hinter meiner U19-Trainer-Tätigkeit gestanden.

AZ: Trainingsauftakt war bereits am 28. Juni 2010. Wie laufen denn die Vorbereitungen für die neue Saison?

P. Hyballa: Die Testspiele und das Trainingslager in Österreich wurden von Erik Meijer schon koordiniert. Alles andere wird sich in der Zusammenarbeit mit der Mannschaft im täglichen Training regeln.

AZ: Soviel Zeit haben Sie aber nicht mehr. Können Sie in dieser kurzen Zeit eine gute Mannschaft zusammenstellen?

P. Hyballa: Eine gute, junge und leidenschaftliche Mannschaft ist ja schon da. Ich werde versuchen, alles raus zu kitzeln - und vielleicht holen wir noch den einen oder anderen Spieler - aber in der Ruhe liegt die Kraft.

AZ: Wie lautet das Saisonziel?

P. Hyballa: Wir wollen leidenschaftlichen und erfolgreichen Fußball spielen - eine bestimmte Platzierung gebe ich nicht als Endziel heraus - ich muss mir erst selbst ein Bild von der Mannschaft machen. Alles andere wäre unseriös.

AZ: Sie haben immer wieder betont, irgendwann wieder einmal als Trainer in Namibia tätig werden zu wollen. Haben Sie nach dem Aus bei Rot-Weiß Essen mit dem Gedanken gespielt vielleicht doch wieder in Namibia eine Mannschaft zu trainieren?

P. Hyballa: Ich habe mit dem Gedanken gespielt in Namibia Urlaub zu machen und viele alte Bekannte wieder zu sehen sowie den Sonnenuntergang bei einem Sundowner zu genießen (lacht). Nein, als Trainer wollte ich jetzt nicht in Namibia arbeiten - ich wusste, dass ich nahe am europäischen Profifußball dran bin und deshalb habe ich auch nach dem plötzlichen Aus bei Rot-Weiss Essen erst einmal abgewartet.

AZ: Welche Teams würden für Sie - falls das Thema Namibia irgendwann einmal konkret werden sollte - eine Rolle spielen? Oder würde Sie eher der Posten des Nationaltrainers reizen?

P. Hyballa: Ich beschäftige mich momentan nicht mit dem Thema - erst wenn ich wesentlich älter bin. Der Posten als namibischer Nationaltrainer hätte doch was. Aber jetzt denke ich nur an die Alemannia.

AZ: Was würden Sie nach ihren nicht besonders positiven Eindrücken im sportlichen Bereich jetzt anders machen?

P. Hyballa: Ich hätte nicht so dermaßen ehrgeizig sein sollen. Ich wollte alles direkt tausend-prozentig machen und das funktioniert im südlichen Afrika leider noch nicht. Ich hätte einiges gelassener sehen sollen, obwohl ich wegen meiner Trainingsarbeit sowie meiner Akribie auch viel Lob von Spielern und Funktionären bekommen habe. Aber ich komme sicherlich als älterer Mann irgendwann wieder und werde dann auch relaxter sein (schmunzelt).

AZ: Wie sehen Sie nach ihrem Abgang die Entwicklung im namibischen Fußball?

P. Hyballa: Um ehrlich zu sein habe ich da nicht mehr den genauen Überblick. Ich glaube in der Nachwuchsförderung ist ein bisschen mehr entstanden. Dennoch haben die NFA und die Liga immer noch die gleichen Probleme. Die Nationalmannschaft war wenigstens mal beim Afrika Cup dabei. Aber aktuell sieht's ja wieder nicht so rosig aus, d.h. es gibt weiterhin viel zu tun.

AZ: In Namibia hatten Sie bekanntlich viele weibliche Fans. Dürfen sich die Frauen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten weiterhin Chancen beim "Bocholter Sunnyboy" machen oder ist der Zug schon längst abgefahren?

P. Hyballa: Dass ich so viele weibliche Fans hatte, wusste ich gar nicht (lacht) - denn ich bin mittlerweile ein älterer Herr geworden (lacht) - ob der Zug abgefahren ist, sage ich nicht, die Frage ist mir zu privat (schmunzelt)...

AZ: Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg für die bevorstehende Saison mit der Alemannia!

Hyballas frühere Stationen:

VfL Wolfsburg U19, Ramblers Windhoek (1. Liga Namibia), Arminia Bielefeld U19, Preussen Münster U17 und Co-Trainer 1. Mannschaft, 1.FC Bocholt U19.

seit 1.7.2007 bei Borussia Dortmund U19

Erfolge mit dem VfL Wolfsburg: DFB-Vizepokalsieger 2007, Norddeutscher Vize-Meister 2007, 3 Mal niedersächsischer Pokalsieger 2005-2007.

Erfolge mit dem BVB: Westfalenpokalsieger 2008, Westdeutscher Meister 2009, DFB-Vizepokalsieger 2009, Deutscher Vizemeister 2009.

DFB-Fußball-Lehrer ("Pro Licence Coach") seit 2005.
Magister der Sportwissenschaften.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-24

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